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Schriftbestimmungen Beschlüsse gefaßt wurden. Diese sogen. »Dresdener Beschlüsse« haben der Gabelsbergerschen Stenographie wesentlich ihre heutige Gestalt verliehen, worin sie etwa 35 Unterrichtsstunden erfordert, und die Differenzen zwischen den drei Richtungen, wenn nicht völlig verwischt, so doch ganz erheblich ausgeglichen. Jetzt sind es zwei andre Strömungen, welche miteinander kämpfen: die eine will das Gabelsbergersche System immer mehr den Forderungen einer Gebrauchsschrift anpassen, die andre verwirft alle Veränderungen, welche das System noch weiter von seinem ursprünglichen Ziel entfernen, ohne daß sie jedoch dieses Ziel noch als das eigentlichste betrachtet.
Für die praktische Tauglichkeit und Anwendbarkeit der Gabelsbergerschen Stenographie spricht am besten der Umstand, daß dieselbe in ungefähr 50 deutschen und außerdeutschen parlamentarischen Landes- und Provinzialkörperschaften teils neben andern Systemen, teils ausschließlich zur wörtlichen Aufnahme der gehaltenen Reden amtlich benutzt wird. Die Übertragungen auf fremde Sprachen wurden schon oben berührt;
in besondern Lehrbüchern niedergelegt, existieren solche auf folgende Sprachen, zum Teil in mehrfachen voneinander unabhängigen Bearbeitungen, nämlich auf das Dänisch-Norwegische, Schwedische, Niederländische, [* 2] Englische; [* 3]
auf das Lateinische, Italienische, Französische, Spanische, [* 4] Rumänische;
auf das Neugriechische;
auf das Russische, [* 5] Ruthenische, Bulgarische, Serbo-Kroatische, Slowenische, Polnische, Tschechische, Slowakische;
auf das Magyarische, Finnische und Türkische.
Von der ausgedehnten Verwendung der Gabelsbergerschen Stenographie als Gebrauchsschrift legt Zeugnis ab die Menge der Lehrbücher, deren manche schon über 50 Auflagen erlebt haben, auch der Umfang der sonstigen Litteratur, welche z. B. 40 erscheinende Gabelsbergersche Zeitschriften aufweist (am ältesten die »Münchener Blätter für Stenographie«, seit 1849), vor allem aber die Ergebnisse der Unterrichtsstatistik, denen zufolge in jedem der letzten Jahre ungefähr 20-30,000 Personen neu in das Gabelsbergersche System eingeführt wurden.
Diese Erfolge sind zum großen Teil der staatlichen Fürsorge zuzuschreiben, welcher die Gabelsbergersche Stenographie sich erfreut. In Bayern, [* 6] Sachsen [* 7] und Österreich-Ungarn [* 8] ist sie als fakultativer Lehrgegenstand an den höhern Unterrichtsanstalten eingeführt, und zur Prüfung der Stenographielehrer sind in den genannten Staaten besondere amtliche Prüfungskommissionen vorhanden. Eine Ministerialverordnung von 1842 macht in Bayern den öffentlichen Unterricht in einer andern als der Gabelsbergerschen Stenographie fast zur Unmöglichkeit.
Das Königreich Sachsen besitzt seit 1839 in dem Dresdener königlichen stenographischen Institut, dessen Mitglieder fast ausnahmslos akademisch gebildete Männer sind, eine eigne wissenschaftliche Staatsanstalt zur Förderung der Gabelsbergerschen Stenographie. Neben dieser staatlichen Pflege hat in der Gabelsbergerschen Schule das nach Stolzeschem Vorgang ausgebildete Vereinswesen nicht dieselbe Bedeutung wie in andern Schulen, ist aber dennoch sehr entwickelt.
Der erste Gabelsbergersche Stenographenverein, noch jetzt einer der hervorragendsten, entstand 1846 in Leipzig. [* 9] Gegenwärtig beträgt die Zahl solcher Vereine über 500 mit etwa 14,000 ordentlichen Mitgliedern. Nach den verschiedenen Gegenden und Provinzen sind die Vereine in Verbände organisiert; zu der noch weit entfernten Zusammenfassung aller ist der »Deutsche [* 10] Gabelsberger-Stenographenbund« bestimmt, dessen alle fünf Jahre wechselnde Vorortschaft zur Zeit der Verein »Gabelsberger« zu Berlin [* 11] innehat.
Für das deutsche Sprachgebiet stehen die Verhältnisse gegenwärtig so, daß die Gabelsbergersche Stenographie in Bayern die unbestrittene, in den übrigen süddeutschen Staaten, in Österreich-Ungarn und in Sachsen die wenig bestrittene Herrschaft besitzt, in Mittel- und Nord-Deutschland (außer Sachsen) gegenüber der Konkurrenz andrer Stenographiesysteme in der Minderheit steht und in der Schweiz [* 12] neben dem Stolzeschen System ziemlich verschwindet.
Vgl. Gerber, Gabelsbergers Leben und Streben (Münch. 1868);
Faulmann, Entwickelungsgeschichte [* 13] des Gabelsbergerschen Systems (Wien [* 14] 1868);
Rätzsch, Lehrbuch der deutschen Stenographie (12. Aufl., Dresd. 1886);
Derselbe, Kurzer Lehrgang der Stenographie (46. Aufl., das. 1885);
Albrecht, Lehrbuch der Gabelsbergerschen Stenographie (1. Kursus, 44. Aufl., Hamb. 1885; 2. Kursus, 8. Aufl., das. 1881);
Krieg, Lehrbuch der stenographischen Korrespondenzschrift (15. Aufl., Dresd. 1886);
Faulmann, Schule der stenographischen Praxis (2. Aufl., Wien 1875);
Fischer, Lehrgang der Satzkürzungen (Altenb. 1882);
Derselbe, Handbuch der Gabelsbergerschen Stenographie (das. 1885);
Häpe, Die Stenographie als Unterrichtsgegenstand (Dresd. 1863);
Eggers, Die Stenographie in den Schulen (Berl. 1863);
Schmidt, Die Redezeichenkunst als obligatorischer Lehrgegenstand (Leipz. 1875);
F. Stolze, Gabelsberger oder Stolze? (Berl. 1864);
Knövenagel, Redezeichenkunst oder deutsche Kurzschrift? (3. Aufl., Hannov. 1880);
Kaselitz, Kritische Würdigung der deutschen Kurzschriftsysteme von Stolze, Gabelsberger und Arends (Berl. 1875);
Möller-Ingram, Gabelsberger und Arends (das. 1864);
Kramsall, Gabelsberger und Faulmann (Wien 1885);
Krumbein, Kurzgefaßte Geschichte der Gabelsbergerschen Schule (2. Aufl., Hamb. 1877);
Noé, Die ersten sechs Jahrzehnte der Gabelsbergerschen Redezeichenkunst (Graz [* 15] 1878);
Kirchberger, Geschichtstafeln der Gabelsbergerschen Stenographie (Mittweida 1877);