Name eines altrömischen plebejischen Geschlechts, welches seit der Mitte des 7. Jahrh. der Stadt erwähnt wird.
Eine Familie dieses Geschlechts führte den Beinamen Calenus, der ohne Zweifel von dem Munizipium Cales in
Kampanien abzuleiten ist; ihr gehören die meisten der uns bekannten Glieder desselben an. Der bedeutendste Träger des Namens
ist Quintus Fufius Calenus, Freund von Clodius, Cäsar und Antonius, dagegen ein heftiger Feind des Cicero. Als Volkstribun 61 v. Chr.
trug er wesentlich zur Freisprechung des Clodius wegen des Frevels gegen die Bona Dea bei; als Prätor (59)
gab er eine Lex judiciaria, nach welcher die drei Stände, die am Richteramt teilhatten, abgesondert stimmen sollten.
Cäsar begleitete er als Legat nach Gallien und, als 49 der Bürgerkrieg ausbrach, nach Spanien. Als Cäsar sodann zu Anfang des
Jahrs 48 mit einem Teil seines Heers nach Griechenland übersetzte, folgte ihm Fufius auch dahin, wurde dann
mit den Schiffen nach Brundusium zurückgeschickt, um die übrigen Truppen zu holen, aber auf der Überfahrt von Bibulus ereilt
und verlor die meisten seiner Schiffe an diesen; er selbst rettete sich und führte nachher mit M. Antonius
die übrigen Truppen Cäsar glücklich zu. Vor der Schlacht bei Pharsalos von Cäsar nach Achaia gesandt, nahm er Delphi, Theben,
Orchomenos sowie später nach dieser Schlacht Athen, Megara und Paträ ein. Nach Cäsars Rückkehr aus Asien ward Fufius 47 mit P. Vatinius
Konsul. Nach Cäsars Ermordung 44 hielt er sich zur Partei des Antonius und war dessen Legat in Gallien; im
perusinischen Krieg (41-40) wurde er von L. Antonius, dem Bruder des M. Antonius, gegen Oktavian zu Hilfe gerufen, verzögerte
aber seinen Marsch und starb kurz nach der Übergabe von Perusia, worauf sein Sohn das Heer ohne Schwertstreich Oktavian
übergab.
(ital. Fuga, franz. u.
engl. Fugue), die höchste und bedeutungsvollste kontrapunktische Kunstform,
der endliche Abschluß der Jahrhunderte währenden Ausbildung des polyphonen Stils, in welchem alle Stimmen gleichberechtigt und
gleich bedacht sind. Wenn auch Vergleiche oft hinken, so ist doch der Vergleich der Fuge mit der Gotik in der Baukunst zu treffend,
als daß man ihn ignorieren könnte; wie dort durch fortgesetzte Gliederung der schweren Masse Leben eingehaucht
wird, so löst die Fuge durch melodische Durchbildung aller Stimmen die Harmonie völlig in Melodie auf.
Der Name Fuge stammt vom lateinischen fuga (»Flucht«),
weil das die verschiedenen Stimmen durchlaufende Thema bald hier, bald dort
die Aufmerksamkeit auf sich zieht und so gleichsam immer wieder entwischt. Die und das englische Catch
(s. d.),
dessen Name (»haschen«) an den der Fuge erinnert, sind ohne Zweifel Geschwister; beide treten etwa gleichzeitig (kurz
nach 1600) individuell entwickelt auf. Im 16. Jahrh. ist Fuga neben Consequenza der allgemeine
Name imitierender Sätze, besonders der streng imitierenden, heutigestags Kanon genannten; so ist z. B.
Fuga sub minimam ein Kanon, bei dem die zweite Stimme eine Minima (ganze Taktnote) später einsetzt als die erste. Die freiern,
manchmal der wirklichen Fuge schon sehr nahe kommenden Bildungen, welche gegen Ende des 16. Jahrh. im Klavier- und Orgelsatz
auftreten (G. Gabrieli, O. Vecchi), hießen dagegen Ricercar, Toccata, Fantasia, Sonata.
Der Name Ricercar (»immer wieder aufsuchen«) verrät schon den Grundgedanken
der eigentlichen Fuge; beim streng durchgeführten Kanon konnte von einem Immerwiederaufsuchen nicht die Rede sein, weil dieses
erst das Fallenlassen voraussetzt. In neuerer Zeit, seit dem vorigen Jahrhundert, versteht man unter Ricercar
oder Ricercata eine besonders kunstvoll gearbeitete Fuge. Die Fuge ist nur eine teilweise und periodische Nachahmung (Imitatio partialis
oder periodica), der Kanon dagegen eine durchgängige, unausgesetzte (Imitatio totalis).
Die wichtigsten Namen der ältern Geschichte der Fuge sind: A. und G. Gabrieli, Frescobaldi, Froberger, J. P. ^[Jan Pieterszoon]
Sweelinck, Scheidt, Pachelbel, Buxtehude;
ihre höchste künstlerische Ausbildung erhielt sie durch J.
S. Bach (instrumental) und Händel (vokal).
Die wesentlichsten Teile und termini technici der Fuge sind: das Thema (Führer, Dux,
Subjekt, Guida, auch Hauptsatz, Vordersatz), von der beginnenden Stimme (die jede der beteiligten sein kann) zuerst allein vorgetragen,
worauf eine zweite mit der Antwort (Gefährte, Comes, Risposta. Consequente, Nachsatz) einsetzt, während
die erste dagegen einen rhythmisch und melodisch prägnanten Kontrapunkt ausführt (Gegensatz, Kontrasubjekt). Ist die Fuge mehr
als zweistimmig (eine zweistimmige Fuge ist kaum als eine rechte Fuge anzusehen), so bringt die dritte Stimme wieder den Führer,
die vierte den Gefährten etc. Das einmalige Durchlaufen des Themas, resp. seiner Beantwortung durch alle
Stimmen heißt eine Durchführung (Widerschlag, Repercussio). Je größer die Zahl der Stimmen der Fuge ist, desto größer pflegt
auch die der Durchführungen zu sein, weil die Folge der Stimmeneinsätze eine desto mehrfachere Permutation gestattet; z. B.
gestattet die vierstimmige Fuge 24 verschiedene Stimmfolgen, die mit dem Dux einsetzen und regelmäßig
mit Dux-Comes
mehr
wechseln. Die fünfstimmige Fuge gestattet aber 120 verschiedene Stimmenfolgen dieser Art. Dazu kommen ebenso viele
Möglichkeiten für die im Verlauf der Fuge auftretenden fernern Durchführungen, welche mit dem Comes anfangen dürfen (die
zweite Durchführung beginnt sogar regelmäßig mit dem Comes), sowie die Lizenzen, daß zwei Stimmen nacheinander den Dux oder
Comes bringen. Die Vielgestaltigkeit der Fuge trotz des scheinbaren Schematismus ist hieraus klar ersichtlich.
Der Gefährte ist eine Transposition des Führers auf die Quinte (Unterquarte, Oberduodezime, Unterundezime) und zwar entweder
eine ganz getreue Transposition (Realfuge) oder eine durch Rücksichten auf die Festhaltung der Tonart modifizierte (tonale
Fuge, Fuga de tono). Das Hauptgesetz für die tonale Beantwortung des Fugenthemas ist, daß Tonika und Dominante
(Prime und Quinte der Tonart) einander gegenseitig antworten, z. B. ^[img]
Bei Bach sind beide Arten häufig zu finden.
Vgl. Hauptmanns Erläuterungen zu Bachs Kunst der Fuge sowie desselben bezügliche Aufsätze
in den Wiener »Rezensionen« (1865, abgedruckten desselben »Opuscula«),
wo die Gesetze für die tonale Beantwortung des Themas in geistvollster Weise dargelegt und die frühern Aufstellungen eines
Marpurg, Kirnberger, Albrechtsberger, Sechter etc. vervollständigt sind.
Der ersten Durchführung (Exposition) der Fuge folgt ein
meist nur kurzes Zwischenspiel (Zwischensatz, Episode, Divertimento, Andamento), das Motive des Themas oder Kontrasubjekts frei
verarbeitet und eine leichte Modulation in eine verwandte Tonart macht, aber schnell zurückkehrt; bei
ausgedehnten Fugen müssen die Episoden interessant gestaltet werden, wenn nicht die ewige Wiederkehr des Themas ermüden soll.
Eine dritte Durchführung pflegt ganz frei angelegt zu werden, das Thema in andrer Tonart zu bringen und die Antworten nicht
in der Quinte, sondern in andern Intervallen, auch wohl wieder andern Tonarten. Besondere Freiheiten sind die Beantwortung des
Themas in der Umkehrung, Verkürzung oder Verlängerung und mit einzelnen rhythmischen Abweichungen. Die letzte Durchführung ist
in der Regel ein kontrapunktisches Kunststück, nämlich die mehrfache Engführung (Stretto) von Führer und Gefährten (Einsätze
in schneller Folge, so daß beide teilweise zugleich erklingen).
Die Fuge ist recht eigentlich der Tummelplatz aller kontrapunktischen Künste, sofern die gleichzeitige Fortführung des Themas
und seines Kontrapunktes die Anwendung des doppelten Kontrapunktes in der Oktave und in der Duodezime bedingt und zu kanonischen
Führungen aller Art bis zum Krebskanon Gelegenheit geboten ist. Da das Thema der Fuge entweder kurz oder,
wenn länger, rhythmisch sehr übersichtlich gestaltet und aus wenigen Motiven zusammengesetzt ist, so bleibt es in allen
Verkleidungen leicht kenntlich.
Wird das Kontrasubjekt mit seiner Beantwortung durch die ganze Fuge als Gesellschafter des Themas und der Antwort festgehalten,
so ist die Fuge eine strenge (obligate). Die sogenannte Doppelfuge ist eine Fuge mit zwei Themata, von denen
erst das eine und dann das andre regulär durch geführt wird, das zweite aber sich in einer dritten Durchführung als Kontrapunkt
des ersten erweist.
Vgl. auch Choralbearbeitung.
Das Beste über Fugenlehre ist außer den genannten Aufsätzen
von M. Hauptmann zu finden in Marpurgs »Abhandlung von der Fuge«, Albrechtsbergers »Gründlicher
Anweisung zur Komposition«, Cherubinis
»Cours de contrepoint et de fugue«, Fétis' »Traité de la fugue«, E. Fuge E. Richters »Lehrbuch der Fuge« (5. Aufl.,
Leipz. 1886) und Dehn-Scholz' »Lehre vom Kontrapunkt« (2. Aufl., Berl. 1882).