mehr
Edzard I. (gest. 1441) folgte sein
Bruder
Ulrich , der vom
Kaiser
Friedrich III. 1454 zum
Reichsgrafen erhoben und mit dem Land
zwischen
Ems und
[* 2 ]
Weser , der Reichsgrafschaft
Ostfriesland , erblich belehnt wurde. Nach
Ulrichs
Tod 1466 übernahm seine
Witwe ,
Gräfin Theda, für ihre unmündigen
Kinder die
Regierung ; ihr und ihrem Sohn Edzard II. gelang es allmählich,
das Ansehen und die Macht der
Grafen auch in den östlichen
Bezirken , wie Ostringen und
Rüstringen , immer mehr zur Geltung
zu bringen; doch bestanden hier noch einige besondere Dynastien fort, z. B. in
Harlingerland , das erst weit später mit
Ostfriesland
vereinigt wurde. Dagegen ging das
Butjadingerland zwischen
Weser und
Jade den
Grafen verloren; die Butjadinger
wurden 1574 durch einen gemeinschaftlichen Heereszug der
Herzöge von
Braunschweig
[* 3 ] und
Lüneburg
[* 4 ] und des
Grafen von
Oldenburg
[* 5 ] besiegt und dem letztern unterworfen. Als das
Haus
Cirksena mit dem
Tode des
Fürsten
Karl Edzard (25. Mai 1744) erlosch, nahm
Preußen
[* 6 ] auf
Grund einer 1694 erhaltenen
Anwartschaft
Besitz von
Ostfriesland (s. d.).
Vgl. außer den ältern Werken von Ubo Emmius (1616), Pirius Winsemius (1622), Sjoerd Pietar (1698), P. Thaborita (»Historie
van
Friesland « , hrsg. im »Archief voor
vaterlandsche en inzonderheit Vriesche Geschiedenis« , Leeuw. 1824):
Wiarda , Ostfriesische Geschichte (Bd. 1-9,
Aurich
[* 7 ] 1791 bis
1813; Bd. 10,
Brem . 1817);
de
Crane ,
Gesta Frisonum
(Workum 1837);
Element ,
Lebens - und Leidensgeschichte der
Friesen
(Kiel
[* 8 ] 1845);
Suur, Geschichte der Häuptlinge
Ostfrieslands
(Emden
[* 9 ] 1846);
O.
Klopp , Geschichte
Ostfrieslands (Hannov. 1854 bis
1858, 3 Bde.);
Perizonius, Geschichte
Ostfrieslands
(Weener 1868-69, 4 Bde.);
Leding, Die
Freiheit der Friesen im
Mittelalter
(Emden
1878);
Hooft van Iddekinge,
Friesland
en de Friezen in de middeleeuwen
(Leiden
[* 10 ] 1881);
»Friesisches
Archiv « ,
herausgegeben von
Ehrentraut (Oldenb. 1847-54, 2 Bde.);
E.
Friedländer , Ostfriesisches Urkundenbuch
(Emden 1874-80, 2 Bde.);
die
Zeitschrift
»De vrije
Fries « (Leeuw. 1839 ff.).
Eine geographische Übersicht gibt
Ledebur , Die fünf Münsterschen
Gaue und die sieben
Seelande
Frieslands
(Berl. 1835).
Titel
Elemente zu
Friesen:
1) Karl Friedrich, eins der edelsten Opfer der deutschen Befreiungskriege und Mitbegründer der deutschen Turnkunst
2) Hermann, Freiherr von, bekannter Shakespeare-Forscher
3) Richard, Freiherr von, königlich sächs. Staatsminister
[6.731] Friesen (Frisii
Magdeburg
* 11
Magdeburg .
1)
Karl
Friedrich , eins der edelsten
Opfer der deutschen
Befreiungskriege und Mitbegründer der deutschen
Turnkunst ,
geb. 27. Sept. 1785 zu
Magdeburg ,
[* 11 ] studierte seit 1806 in
Berlin
[* 12 ]
Baukunst
[* 13 ] und
Mathematik , wurde von A. v.
Humboldt , der für ihn sehr
eingenommen war, mit zur Ausarbeitung des mexikanischen
Atlas
[* 14 ] herangezogen und wirkte, mächtig angeregt
durch
Fichtes
»Reden an die deutsche
Nation « , seit 1810 mit
Jahn und
Harnisch zusammen an Plamanns nach
Pestalozzis
Grundsätzen
eingerichteter Erziehungsanstalt.
In den
Jahren der Begründung der deutschen
Turnkunst durch
Jahn (1810-12) war er dessen thätigster Anhänger und Genosse. 1813 war
er in
Gemeinschaft mit v.
Lützow einer der Hauptwerber und Gestalter von dessen
Freischar , der er dann
als
Offizier und
Adjutant
Lützows angehörte. Dem
Überfall bei
Kitzen entging er mit
Körner , der dann bei
Gadebusch in seinen
Armen starb. 1814 nach dem
Überfall des Priestschen russisch-preußischen
Korps durch
Napoleon von
Reims
[* 15 ] nach den
Ardennen versprengt,
wurde er, allein zurückgeblieben, 16. März bei dem Dorf La Lobbe, 2
Meilen nördlich von
Rethel , von französischen
Bauern erschossen.
Seine Gebeine ruhen seit 1843 aus dem Invalidenkirchhof zu
Berlin neben denen
Scharnhorsts . Er ist verherrlicht in
Lied und
Wort
von E. M.
Arndt (»Es thront am Elbestrande« ),
Max v.
Schenkendorf ,
Immermann (in den
»Epigonen « ) u. a.
Das schönste Denkmal hat ihm in klassischen, oft citierten
Worten
Jahn in der
Einleitung zur
»Deutschen
Turnkunst « gesetzt.
Sein
Leben beschrieben
Schiele (Berl. 1875) und
Euler (das. 1885).
Meißen - Meißner
* 16
Meißen .
2)
Hermann ,
Freiherr von, bekannter
Shakespeare-Forscher , geb. 27. Febr. 1802, besuchte die
Fürstenschule zu
Meißen ,
[* 16 ] studierte
1821-25 in
Leipzig
[* 17 ] und
Göttingen ,
[* 18 ] bekleidete dann verschiedene
Ämter am sächsischen
Hof
[* 19 ] und zog sich 1843 nach
Berggießhübel
zurück, wo er in ländlicher Abgeschiedenheit bis 1859 seinen
Studien lebte. Seit 1860 fungierte er noch eine
Reihe von
Jahren
als königlicher
Hofmarschall , seit Mitte 1866 als
Oberhofmarschall , bis er 1873 in den
Ruhestand trat.
Er starb 23. Jan. 1882 in
Dresden .
[* 20 ] Angeregt durch den
Verkehr mit L.
Tieck hatte er sich frühzeitig auf dem
Felde der Novellistik
und künstlerischen
Kritik versucht; in späterer Zeit war vorzugsweise
Shakespeare der Gegenstand seiner
Studien . Als Ergebnisse
derselben erschienen außer Beiträgen zum »Jahrbuch der deutschen
Shakespeare-Gesellschaft « die feinsinnigen
»Briefe über
Shakespeares
Hamlet « (Leipz. 1864) u. »Shakespeare-Studien«
(Wien
[* 21 ] 1874-75, 3 Bde.). Außerdem schrieb er:
»Ludwig
Tieck ,
Erinnerungen eines alten
Freundes aus den
Jahren 1825-42«
(Wien 1871).
Königreich Sachsen
* 22
Sachsen .
3)
Richard ,
Freiherr von, königlich sächs. Staatsminister,
Vetter des Vorigen, geb. 9. Aug. 1808 zu Thürmsdorf bei
Königstein
in
Sachsen ,
[* 22 ] besuchte die
Fürstenschule zu
Meißen , dann die
Bergakademie zu
Freiberg
[* 23 ] und bis
Ostern 1832 die
Universitäten
Göttingen und
Leipzig . 1834 trat er in die damalige Landesdirektion zu
Dresden und nach deren
Auflösung 1835 in
die Kreisdirektion zu
Leipzig ein, ward 1836
Referendar und 1841
Regierungsrat und
Referent im
Ministerium des
Innern, wo ihm die Bearbeitung der Handelsangelegenheiten mit oblag.
Oesterreich ob der Enn
* 25
Österreich .
Während des
Dresdener
Maiaufstandes übernahm er provisorisch die Leitung des
Ministeriums , und 6. Mai 1849 wurde er noch während
der Dauer des
Aufstandes definitiv zum
Minister des Innern ernannt, in
Anerkennung der energischen und kaltblütigen Umsicht
und Entschlossenheit, mit welcher er in gefährlicher
Lage wichtige
Dienste
[* 24 ] zu leisten gewußt hatte.
Differenzen
mit dem Staatsminister
Freiherrn v.
Beust , welcher bei der
Frage über die Erneuerung der Zollvereinsverträge seine
Antipathie
gegen
Preußen bis zur
Auflösung des
Zollvereins treiben und eine Zolleinigung mit
Österreich
[* 25 ] eingehen wollte, veranlaßten
Friesen, im
Oktober 1852 seine Entlassung zu nehmen. Im Juni 1853 zum
Kreisdirektor in
Zwickau
[* 26 ] ernannt, bekleidete
er diese
Stelle bis Ende 1858. Am 1. Jan. 1859 wurde er wieder in das
Ministerium berufen und zum Finanzminister ernannt. 1866 wurde
er Mitglied der Landeskommission, welche während der durch den
Krieg veranlaßten
Abwesenheit des
Königs die
Regierung des
Landes führte, und später, im
August 1866, als zweiter
Kommissar zu den Friedensverhandlungen nach
Berlin entsandt. Nachdem
der
Friede unterzeichnet und der
König in das Land zurückgekehrt war, wurde Friesen neben seiner
Stellung als Finanzminister auch
mit dem
Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten beauftragt. Im J. 1867 nahm er teil an den
Verhandlungen
über die
Gründung des Norddeutschen
Bundes und über dessen
Verfassung , wurde zum stimmführenden Bundeskommissar für
Sachsen
ernannt und hat als solcher bei
¶
Friesensteine - Friesi
* 27
Seite 6.734.
mehr
den Sitzungen des Bundesrats und des Reichstags mitgewirkt. Im Herbst 1870 wurde er von dem Bundespräsidium zum Kommissar für
die Verhandlungen mit den süddeutschen Staaten wegen der Vereinigung derselben mit dem Norddeutschen Bund und Bildung des Deutschen
Reichs bestimmt und in dieser Eigenschaft im Oktober nach Versailles
[* 28 ] berufen, wo er die bezüglichen Verträge
mit Württemberg ,
[* 29 ] Baden
[* 30 ] und Hessen
[* 31 ] mit verhandelt und abgeschlossen hat. 1869 wurde er mit der Generaldirektion der königlichen
Sammlungen für Kunst und Wissenschaft , 1871 mit dem Vorsitz im Gesamtministerium betraut und schied 1. Nov. 1876 aus dem sächsischen
Staatsdienst . Die von ihm veröffentlichten »Erinnerungen aus meinem Leben « (Dresd . 1880, 2 Bde.) machten
durch die Leichtfertigkeit der darin enthaltenen Entstellungen von Thatsachen und der Angriffe auf Personen (ihm nachgewiesen
von Th . Flathe in Sybels »Historischer Zeitschrift « , neue Folge , Bd. 10, und von Beust in »Erinnerungen zu Erinnerungen « , Leipz. 1881)
ein peinliches Aufsehen.