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einige Teile der pfälzischen Länder, überließ aber dieselben freiwillig seinem ältern Bruder, dem Kurfürsten Ludwig IV. Als dieser 1449 seinem minderjährigen Sohn Philipp das Kurfürstentum hinterließ, wurde Friedrich Vormund und Administrator des Landes. Um den Angriffen der fehdelustigen Nachbarn erfolgreicher entgegentreten zu können, ließ er sich 1452 von den Ständen des Landes die Regierung als Kurfürst auf Lebenszeit mit der Bedingung übertragen, daß er sich nie standesgemäß vermählen und seinen Neffen Philipp als Sohn und Nachfolger annehmen wolle.
Kaiser Friedrich III. versagte jedoch seine Einwilligung, und gleichzeitig verweigerten die zum kurfürstlichen Präzipuum gehörigen Städte der Oberpfalz den Gehorsam; doch brachte Friedrich die letztern schon 1454 zur Unterwerfung, besiegte auch die Lützelsteiner Grafen und vereinigte ihre Grafschaft mit der Pfalz, demütigte den Pfalzgrafen von Veldenz und schloß mit Baden [* 2] und Kurmainz Frieden. Als er später den abgesetzten Erzbischof Dietrich von Mainz [* 3] gegen den an seine Stelle gesetzten Adolf von Nassau unterstützte, sprach Kaiser Friedrich III. die Reichsacht gegen Friedrich aus und sandte ein Heer unter dem Brandenburger Kurfürsten Albrecht Achilles gegen ihn; auch wußte der Kaiser den Grafen Ulrich von Württemberg, [* 4] den Markgrafen Karl von Baden und den Bischof Georg von Metz [* 5] zur Teilnahme an diesem Krieg zu bewegen, der, unter dem Namen des Pfälzer Kriegs bekannt, anfangs unglücklich für Friedrich verlief, bis es ihm gelang, Ulrich, Karl und den Bischof Georg bei Seckenheim zu Schlagen und gefangen zu nehmen.
Alle drei mußten sich mit schwerem Lösegeld und Gebietsabtretung loskaufen und versprechen, den Kurfürsten mit dem Papst und mit dem Kaiser auszusöhnen. Letzteres gelang zwar nicht, doch blieb Friedrich fortan unangefochten im Besitz seiner Eroberungen. Seiner Ehe mit Klara Dett aus Augsburg, [* 6] die er zum Fräulein v. Dettingen erhob und 1472 heiratete, entsprangen zwei Söhne, Friedrich und Ludwig, von denen der letztere Stammvater der Fürsten von Löwenstein-Wertheim wurde. Friedrich starb nach erfolgreicher Regierung ihm folgte sein Neffe Philipp der Aufrichtige.
Vgl. Kremer, Geschichte des Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz (Mannh. 1766, 2 Bde.);
K. Menzel, Kurfürst Friedrich der Siegreiche von der Pfalz (Münch. 1861).
45) Friedrich II., Kurfürst von der Pfalz, vierter Sohn des Kurfürsten Philipp, geb. 1482, diente als junger Prinz und Freund Philipps des Schönen den Interessen des habsburgischen Hauses und der habsburgischen Politik ebensowohl als diplomatischer Unterhändler wie als militärischer Führer, sah sich aber für seine treuen Dienste [* 7] schlecht belohnt, da man ihm die Hand [* 8] einer habsburgischen Prinzessin unter allerlei Vorwänden versagte. Er folgte 1544 seinem ältern Bruder, Ludwig, in der Regierung, ließ die Reformation in der Pfalz sich ausbreiten und starb 1556. Seine Ehe mit der dänischen Prinzessin Dorothea war kinderlos. Wir besitzen eine sehr interessante Lebensgeschichte dieses ritterlichen Fürsten, von seinem Geheimsekretär verfaßt: Hubertus Thomas Leodius' »Annales de vita et rebus gestis Friderici II. electoris palatini« (Frankf. 1624), auch wiederholt ins Deutsche [* 9] übersetzt, ein vortrefflicher Fürstenspiegel des 16. Jahrh.
46) Friedrich III., der Fromme, Kurfürst von der Pfalz, Sohn des Pfalzgrafen Johann II. von Pfalz-Simmern, geb. zu Simmern, folgte dem kinderlosen Kurfürsten Otto Heinrich (1556-1559) in der pfälzischen Kur. In den Wissenschaften früh unterrichtet, ward Friedrich seit 1546 ein eifriger, überzeugungstreuer Anhänger der Reformation. Vermählt mit Maria, der Tochter des Markgrafen Kasimir von Kulmbach 1537, hatte er eine zahlreiche Familie; er war ein armer, mit materieller Not vielfach kämpfender Fürst, als er die Kur erhielt.
Als Kurfürst stand er im Reich in großem Ansehen wegen der Energie, mit der er die protestantische Sache vertrat. Der reformierten Auffassung sich zuneigend, trat er bei der seit 1560 immer schroffer werdenden Parteiung zwischen Lutheranern und Reformierten immer entschiedener für die Sache der Reformierten auf. Sein Werk ist der »Heidelberger Katechismus«, auf dessen Redaktion bis ins einzelne hinein er großen Einfluß ausgeübt hat; er setzte es durch, daß die Pfalz diesem Bekenntnis anhing; die Lutheraner wichen aus dem Lande.
Diese pfälzische Religionsveränderung wurde von den deutschen Protestanten nicht gern gesehen. Man bestritt den Calvinisten die »Zugehörigkeit zu den Augsburger Konfessionsverwandten«, denen der Religionsfriede von 1555 Duldung zuerkannt hatte; man wollte die Reformierten als außerhalb des Friedens stehende Sektierer bezeichnen. Auf dem Augsburger Reichstag von 1566 hatte Kurfürst Friedrich deshalb heftige Anfechtungen zu bestehen: sein Glaubensmut und seine Energie überwanden damals die Gegner.
Aber der Zwiespalt und Gegensatz der beiden protestantischen Richtungen, die vornehmlich durch Kursachsen und Kurpfalz repräsentiert wurden, that der allgemeinen Sache des Protestantismus großen Schaden. Auch im eignen Haus hatte Friedrich Ärger: der älteste Sohn, Ludwig, war Lutheraner, der zweite, Johann Kasimir, Anhänger der väterlichen Religion und Politik. Mit allen Gegnern der habsburgisch-katholischen Partei in Europa [* 10] stand in Verbindung: in England, in Frankreich und in den Niederlanden reichte er den kämpfenden Protestanten die Hand.
Besonders die französischen Hugenotten erfreuten sich wiederholt seines Rats und seiner Hilfe, so 1562 und 1567. Im J. 1568 nahm Joh. Kasimir im Auftrag des Vaters am Hugenottenkrieg teil, und der niederländische Aufstand wurde von einem pfälzischen Heer unterstützt. Der dritte Sohn Friedrichs, Christoph, fand in der Schlacht auf der Mooker Heide (April 1574) den Tod. Im Innern suchte der Kurfürst auf alle Weise die Blüte [* 11] der Heidelberger Universität zu heben und sorgte unablässig für das Kirchen- und Schulwesen seines Landes. Er starb
Vgl. Kluckhohn, Briefe Friedrichs des Frommen, Kurfürsten von der Pfalz (Braunschw. 1868-72, 2 Bde.);
Derselbe, Friedrich der Fromme, der Schützer der reformierten Kirche (Nördling. 1878).
47) Friedrich IV., Kurfürst von der Pfalz, Enkel des vorigen, Sohn Ludwigs IV. (1576-83), geb. zu Amberg, [* 12] war beim Tod seines Vaters minderjährig und stand bis 1592 unter der Vormundschaft seines Oheims Johann Kasimir, der das unter Ludwig lutherisch gewordene Land wieder zu dem reformierten Bekenntnis Friedrichs III. zurückführte. Wie Johann Kasimir, so gehörte auch Friedrich IV. zu den entschiedensten und energischten Vorkämpfern des Protestantismus, zu den kräftigsten Gegnern der habsburgisch-katholischen Partei: in die kölnischen Händel (1583), in die Straßburger Wirren (1592) mischte er sich ein;
mit Heinrich von Béarn (dem nachmaligen König Heinrich IV.) unterhielt er Verbindungen, und auch die deutschen Protestanten zu einer Union zusammenzufassen machte die pfälzische Politik wiederholte Versuche, ¶
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besonders 1594 auf dem Heilbronner Konvent, 1598 auf dem Reichstag und in der Frankfurter Versammlung. Endlich 1603 schien die pfälzische Unionsidee sich ihrer Verwirklichung zu nähern; aber erst kam die Union wirklich zu stande. An ihrer Spitze stand die Pfalz, gestützt auf die Bundesgenossenschaft Heinrichs IV. von Frankreich. Klare Einsicht in die Notwendigkeiten der Lage und eifriges Festhalten an der einmal erfaßten Idee charakterisieren Friedrich IV., seine Mittel reichten aber nicht hin, alles, was nötig erschien, wirklich zu leisten. Er starb
48) Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz, Sohn des vorigen und der Luise Juliane von Nassau-Oranien, geb. zu Amberg, folgte seinem Vater 1610 unter der Vormundschaft des Pfalzgrafen von Zweibrücken, [* 14] Johann IV., in der Kurwürde. Nachdem er sich 1613 mit Elisabeth, der Tochter König Jakobs I. von England, vermählt, übernahm er 1615 die Regierung und trat an die Spitze der protestantischen Union. Wegen dieser Stellung wurde er, obgleich er keineswegs hervorragende Eigenschaften besaß, 1619 von den böhmischen Ständen fast einstimmig zum König von Böhmen [* 15] gewählt. Friedrich verweigerte anfangs die Annahme der Krone, ließ sich aber von seiner Gemahlin und seinem Oheim, im Vertrauen auf die Union und seinen Schwiegervater, dazu überreden und wurde zu Prag [* 16] gekrönt. Zu schwach, um die Krone gegen Kaiser Ferdinand II. zu behaupten, und unter Lustbarkeiten die Anstalten zur Verteidigung versäumend, ward er am Weißen Berg bei Prag von den Kaiserlichen und Bayern [* 17] unter Tilly geschlagen, während auch sein Erbland, die Pfalz, von den Spaniern und Bayern erobert wurde. Er flüchtete nach Holland und erhielt wegen seiner kurzen Herrschaft den Beinamen Winterkönig. 1621 in die Reichsacht erklärt, glaubte er nach dem Sieg Ernsts von Mansfeld über Tilly bei Wiesloch (1622) sein Land wieder in Besitz nehmen zu können, sah sich aber nach der Niederlage des Herzogs Christian von Braunschweig [* 18] bei Höchst zum zweitenmal zur Flucht genötigt, worauf er sein Schicksal der Gnade des Kaisers anheimstellte. Dieser aber verlieh 1623 die Kurpfalz dem Herzog Maximilian von Bayern. Friedrich starb in Mainz. Erst sein Sohn wurde wieder in die Kur eingesetzt.
Vgl. Lipowski, Friedrich V. (Münch. 1824).
[Preußen.]
49) Friedrich I., erster König von Preußen, als Kurfürst von Brandenburg [* 19] Friedrich III., Sohn des Großen Kurfürsten (s. oben 11) von dessen erster Gemahlin, Luise Henriette von Oranien, war zu Königsberg [* 20] geboren. Von Jugend an kränklich und von schwächlichem, durch ein schiefes Rückgrat entstelltem Körperbau, geistig nicht sehr begabt, wuchs er unter der trefflichen Erziehung erst des ältern Schwerin, [* 21] dann Eberhard Dankelmanns auf. Seit dem Tod seines ältern Bruders, Karl Emil Kurprinz, lebte er meist zurückgezogen und vom Vater wenig beachtet.
Diese Zurücksetzung und die Fernhaltung von aller Teilnahme an den politischen Geschäften erregten in dem mißtrauischen Gemüt des Kurprinzen Argwohn gegen seinen eignen Vater und einige Personen seiner Umgebung, so daß er 1687 sogar nach Kassel [* 22] flüchtete, weil er eine Vergiftung fürchtete, und verleiteten ihn zu heimlichen Abmachungen mit dem Kaiser in Sachen des väterlichen Testaments und des Schwiebuser Kreises. Als er zur Regierung gelangte, ordnete er vor allem diese beiden Angelegenheiten.
Der freiwillige Verzicht seiner Stiefmutter und seiner Stiefbrüder auf die zu ihren gunsten erlassenen Bestimmungen des Testaments ermöglichte die Erhaltung der Einheit des Staats. Den Kreis [* 23] Schwiebus [* 24] gab er 1694 dem Kaiser zurück, obwohl er erst jetzt erfuhr, daß derselbe eine Entschädigung für Erbansprüche, nicht bloß eine Belohnung für das Bündnis gewesen war, und erhielt dafür die Anwartschaft auf Ostfriesland und die Grafschaft Limburg. [* 25] Er wollte sich mit dem Kaiser nicht veruneinigen, um nicht das allgemeine Interesse zu schädigen. Denn für die Sache Deutschlands [* 26] und des Protestantismus schlug sein Herz ebenso warm wie das seines Vaters. Während er 6000 Mann nach den Niederlanden schickte, welche teils an der Expedition des Prinzen von Oranien nach England teilnahmen, teils die Republik während derselben schützen halfen, zog er selbst mit einem ansehnlichen Heer an den Rhein und erwarb sich durch die Eroberung Bonns ein hervorragendes Verdienst um die Vertreibung der Franzosen vom deutschen Boden.
Ja, sein Eifer veranlaßte ihn, weit mehr zu thun, als das Interesse und die Kräfte seiner Staaten erlaubten: seine Truppen fochten zu gleicher Zeit in den Niederlanden, in Italien [* 27] und in Ungarn [* 28] für den Kaiser, der keinen der Wünsche Friedrichs erfüllte, ja denselben nicht einmal zu den Friedensverhandlungen in Ryswyk zuließ. Trotzdem schloß Friedrich einen Vertrag mit dem Kaiser, durch welchen er den Einfluß und die militärische Macht seines Staats der habsburgischen Politik völlig zur Verfügung stellte, nur um die Zustimmung Leopolds zur Erhebung des souveränen Preußen [* 29] zu einem Königreich zu erlangen.
Indem Friedrich zu Königsberg sich selbst die Königskrone aufsetzte, verlieh er seinem Staate den ihm gebührenden Rang unter den europäischen Mächten und förderte auch die Erstarkung der Einheit und eines Nationalitätsbewußtseins, zugleich aber wurde dadurch seine Eitelkeit und Prachtliebe ins Maßlose gesteigert, und ungeheure Summen wurden für einen glänzenden Hofstaat und prunkvolle Feste vergeudet, während seine Verpflichtung gegen den Kaiser ihn nötigte, im spanischen Erbfolgekrieg seine Truppen (1709: 32,000 Mann) zwölf Jahre lang auf den verschiedensten Kriegsschauplätzen für die Interessen der habsburgischen Dynastie kämpfen zu lassen.
In den Schlachten [* 30] von Höchstädt, [* 31] Turin, [* 32] Oudenaarde und Malplaquet erwarben sich die preußischen Regimenter zwar große Verdienste um den Sieg der Verbündeten und begründeten den Kriegsruhm der preußischen Armee, aber die Kosten waren fast unerschwinglich, und der König war nicht nur nicht im stande, in den preußische Interessen vielmehr berührenden Nordischen Krieg entscheidend einzugreifen, sondern mußte sogar zum Schutz seiner Neutralität die friedliche Bevölkerung [* 33] seiner Lande aufbieten und als Miliz organisieren.
Auch sonst hatten die edlen Bestrebungen des Königs, welche auf die Vermehrung seiner Lande, die Hebung [* 34] der geistigen und materiellen Wohlfahrt seiner Unterthanen hinarbeiteten, nur teilweise Erfolg, weil er sich oft mit dem Schein begnügte, bei der Ausführung nicht die nötige Ausdauer bewies, endlich bei der ungeheuern Verschwendung des Hofs und der Günstlinge auch zu den notwendigsten Dingen die Gelder fehlten. Er erwarb durch Kauf Quedlinburg [* 35] und die Grafschaft Tecklenburg, aus der oranischen Erbschaft Lingen und Mörs; er war, wie sein Vater, der Schutzherr verfolgter Protestanten und nahm zahlreiche Flüchtlinge aus Frankreich und der Pfalz in seine Lande auf; er eröffnete der freiern Richtung der deutschen Wissenschaft eine Zufluchtsstätte durch ¶