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Bann verlangte, daran, daß Innocenz, ganz für die hierarchischen Pläne gewonnen, 1244 über Genua [* 2] nach Lyon [* 3] floh. Dorthin berief er eine große Kirchenversammlung (1245) und bestand darauf, daß der Kaiser persönlich erscheinen solle, um sich von der Anklage des Meineides, Friedensbruchs, Kirchenraubes, der Heiligenschändung und Ketzerei zu reinigen, entsetzte den Kaiser, der hierauf nicht einging, 17. Juli aller seiner Würden, befahl den Deutschen die Wahl eines neuen Königs, verband sich auf das engste mit den Lombarden und ward sogar Teilnehmer einer Verschwörung zur heimlichen Ermordung des Kaisers, die aber entdeckt ward.
Wohl stellte sich Friedrich dem Bannfluch kühn entgegen, erließ an alle Monarchen Europas Schreiben, worin er die Rechtmäßigkeit seines Strebens nach Befreiung der weltlichen Macht von den Ketten der Hierarchie darzustellen suchte, und entwickelte in Deutschland [* 4] und Italien [* 5] eine außerordentliche Thätigkeit zur Verteidigung seiner Rechte; die Geistlichen, welche gegen ihn das Kreuz [* 6] und Rebellion predigten, und die Kriegsgefangenen bestrafte er mit dem Tod. Indessen predigten Scharen von Bettelmönchen im ganzen römischen Reich erfolgreich den Abfall vom Kaiser, und in Deutschland erhoben zuerst die geistlichen Fürsten das Banner des Aufruhrs und wählten den Landgrafen Heinrich Raspe von Thüringen, nach dessen Tod (1247) Wilhelm von Holland zum Gegenkönig. Friedrich erhielt aus Deutschland nun keinen Zuzug mehr, und auch die Kräfte Siziliens waren erschöpft.
Die Niederlage, welche er vor Parma [* 7] erlitt, vernichtete seine letzte Streitmacht. Die Bolognesen nahmen in dem Treffen bei Fossalta Friedrichs Lieblingssohn, König Enzio, gefangen, und sein vertrautester Rat, Peter de Vinea, wurde, von den Päpstlichen bestochen, zum Verräter seines Herrn. Nicht überwunden, aber wegen Erschöpfung seiner Hilfsmittel ohne Aussicht auf dauernden Sieg und innerlich gebrochen, starb Friedrich zu Fiorentino in Apulien. Im Testament hatte er seinen Sohn, den römischen König Konrad IV., und für den Fall, daß dieser kinderlos sterben sollte, Isabellas Sohn Heinrich und dann in gleichem Fall Manfred, den Sohn seiner Geliebten Blanca von Lancia, mit der er sich erst auf dem Sterbebett trauen ließ, zu Haupterben ernannt. Für seinen unehelichen Sohn Friedrich von Antiochia (gest. 1258) hatte er Toscana bestimmt. - Ein an Schicksalen und Bestrebungen reicheres Fürstenleben als das Friedrichs II. hat das ganze Mittelalter nicht aufzuweisen, und überhaupt kennt die Geschichte niemand, der bei solcher Fülle des Gemüts, bei solcher Unerschöpflichkeit seiner Pläne und Mittel, bei so raschem Wechsel von Glück und Unglück eine größere Elastizität des Geistes und Charakters gezeigt hätte als Friedrich. Unter allen Hohenstaufen ist ihm an geistigen Vorzügen keiner gleichzustellen, in sittlicher Beziehung aber steht ihm sein Großvater Friedrich I. weit voran. Friedrich war dem sinnlichen Genuß über Gebühr ergeben.
Krieger und Dichter, Gesetzgeber und Künstler, mit dem Kreuz bezeichnet und doch von den Christen verraten und von Sarazenen geehrt, heftig in der Liebe wie im Haß, fromm und Ketzer, in seiner Ansicht über Kirchentum und Papst seiner Zeit weit vorauseilend und doch ihr huldigend, einen Städtebund bekämpfend und anderswo die Städte hebend, endlich, fast sein Ziel erreichend, vom Schicksal selbst erreicht, ist Friedrich eine schwer festzuhaltende, schwer zu begreifende und doch bei allen Fehlern bezaubernde und unwiderstehliche Erscheinung.
Von seiner Irreligiosität hat die päpstliche Partei viel Übertriebenes ausgesagt. Nicht zu leugnen möchte sein, daß Friedrich im Umgang mit Menschen so verschiedenen Glaubens, so geistreich und so genial, oft in bitterster Stimmung gegen die Kirche, den strengen Kirchenglauben zwar, wenn es die Umstände zu fordern schienen, äußerlich bekannt, im Herzen aber nur zum kleinsten Teil zu dem seinigen gemacht habe. Trotzdem er sich wenig um Deutschland gekümmert und selten dagewesen, blieb er dem deutschen Volk als letzter gewaltiger Vertreter des großen Staufengeschlechts in lebendigstem Gedächtnis; man hielt ihn nicht für tot, und noch 30 Jahre nach seinem Tode traten Männer auf, die sich für Friedrich ausgaben und viel Anhang fanden; ja, die Sage vom Zauberschlaf in einem Berg bezieht sich ursprünglich auf Friedrich (s. oben unter Friedrich I.).
Vgl. Raumer, Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit (5. Aufl., Leipz. 1878, 6 Bde.);
Höfler, Kaiser Friedrich II. (Münch. 1844);
Abel, Kaiser Otto IV. und König Friedrich II. (Berl. 1856);
Schirrmacher, Kaiser Friedrich II. (Götting. 1859-1865, 4 Bde.);
Winkelmann, Kaiser Friedrich II. (Bd. 1, Berl. 1863; Bd. 2, Reval [* 8] 1865);
Huillard-Bréholles, Historia diplomatica Friderici II. (Par. 1852-61, 12 Bde.);
A. del Vecchio, La legislazione di Federico II Imperatore (Turin [* 9] 1874).
3) Friedrich (III.) der Schöne, Sohn Albrechts I. und Elisabeths von Kärnten, geb. 1286, übernahm nach dem Tod seines ältern Bruders, Rudolf, und der Ermordung seines Vaters 1308 als der älteste noch lebende Sohn die Regierung des Herzogtums Österreich [* 10] für sich und seine jüngern Brüder. Mit seinem Vetter Ludwig von Bayern [* 11] zugleich erzogen, war er durch ein inniges Freundschaftsband mit diesem verbunden, als die Übertragung der Vormundschaft über die niederbayrischen Herzöge an Friedrich den darüber eifersüchtigen Ludwig gegen den Freund unter die Waffen [* 12] rief. Friedrich ward bei Gamelsdorf von Ludwig geschlagen und verzichtete 1314 auf die Vormundschaft.
Nach Heinrichs VII. Tod bewarb sich Friedrich um die Kaiserkrone, doch auf Antrieb des Erzbischofs von Mainz [* 13] wurde im Oktober 1314 von vier Kurstimmen Ludwig zum Kaiser erwählt, während Friedrich nur drei Stimmen auf sich vereinigte. Auch mit der Krönung zu Aachen [* 14] kam Ludwig Friedrich zuvor, der sich nun vom Kölner [* 15] Erzbischof in Bonn [* 16] die Krone aufsetzen ließ. Nach einem mehrjährigen blutigen Bürgerkrieg neigte sich der Sieg endlich auf Friedrichs Seite, der besonders an seinem Bruder Leopold eine mächtige Hilfe hatte. Bei Mühldorf auf der Ampfinger Heide ward jedoch Friedrichs Heer völlig geschlagen und er selbst nebst 1300 der Vornehmsten vom österreichischen und salzburgischen Adel gefangen.
Ludwig hielt ihn drei Jahre lang auf der Burg Trausnitz in der Oberpfalz in ritterlicher Haft, und erst der fortgesetzte Widerstand Leopolds, der Abfall des Königs von Böhmen [* 17] und der Bannfluch des Papstes machten ihn willig, Friedrich durch den Trausnitzer Vertrag freizugeben. Dafür erkannte dieser Ludwig als rechtmäßiges Reichsoberhaupt an und verpflichtete sich, sich wieder als Gefangenen zu stellen, wenn es ihm nicht gelingen würde, seine Brüder zur Unterwerfung unter Ludwig zu bewegen. Als ihm dies aber wegen der Hartnäckigkeit Leopolds nicht gelang, kehrte er, seinem Eide treu, obgleich ihn der Papst desselben entband, als Gefangener nach München [* 18] zurück. Ludwig, durch solchen Edelmut überwunden, erneuerte hierauf das alte innige Verhältnis und teilte mit Friedrich, wie sonst, Wohnung, Tisch und Bett, [* 19] und beide kamen überein, die Regierung des Reichs gemeinsam zu führen. Da ¶
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dieser Traktat jedoch vom Papst und den Kurfürsten heftig angefochten wurde, kam ein zweiter zu Ulm [* 21] zu stande, nach welchem Friedrich als römischer König Deutschland verwalten solle, während Ludwig nach Italien zur Kaiserkrönung gehe. Doch zog sich Friedrich nach Leopolds Tod (gest. 1326) von der Reichsregierung zurück und ward auch in der Herrschaft über Österreich von seinen Brüdern beschränkt. Er starb auf Schloß Gutenstein im Wiener Wald und wurde zu Mauerbach in dem von ihm gestifteten Kloster bestattet, nach dessen Aufhebung 1783 seine irdischen Überreste im Stephansdom zu Wien [* 22] beigesetzt wurden.
Friedrichs Söhne von Elisabeth, Tochter des Königs Jakob I. von Aragonien, starben früh. Friedrichs großherzige Rückkehr in die Gefangenschaft begeisterte Schiller zu seinem schönen Gedicht »Deutsche [* 23] Treue« und Uhland zu dem Drama »Ludwig der Bayer«.
Vgl. Kurz, Österreich unter Friedrich dem Schönen (Linz [* 24] 1818);
Kopp, Die Gegenkönige und Ludwig und ihre Zeit (Berl. 1858);
Döbner, Die Auseinandersetzungen zwischen Ludwig IV. und Friedrich dem Schönen 1325 (Götting. 1875).
4) Friedrich III. (in Österreich auch wohl Friedrich IV. genannt), als Erzherzog von Österreich Friedrich V., Sohn Herzog Ernsts des Eisernen von Österreich und der Cimburgis von Masovien, wurde zu Innsbruck [* 25] geboren und folgte nach dem Tod seines Vaters (1424) diesem unter Vormundschaft in der Regierung über Steiermark, [* 26] Kärnten und Krain. [* 27] 1435 trat er mit seinem Bruder Albrecht dem Verschwender die Regierung seiner Länder selbständig an und war zugleich Vormund für seine Vettern Siegmund von Tirol [* 28] und Ladislaus Posthumus von Niederösterreich, Ungarn [* 29] und Böhmen.
Nach Kaiser Albrechts II. Tod zum deutschen König erwählt, kam er erst 1442 ins Reich und ward 17. Juni zu Aachen gekrönt. Gleich im Anfang seiner Regierung schloß er 1445 mit Papst Eugen einen schmählichen Vertrag, in dem er gegen das Versprechen der Kaiserkrönung (welche, die letzte in Rom, [* 30] 1452 stattfand) und die Zahlung von 220,000 Dukaten sowie einige andre pekuniäre Vorteile sich vom Konzil zu Basel [* 31] lossagte, das infolgedessen unverrichteter Sache sich auflösen mußte; die deutsche Kirche ward durch das Wiener Konkordat 1448 wehrlos dem Papsttum überliefert. Friedrich kümmerte sich fast nur um die Vergrößerung seiner Erblande und verwickelte sich in viele unglückliche Kriege. Um die Eidgenossen zu unterwerfen, rief er die Armagnaken (s. d.) unter der Führung des Dauphins ins Reich, die nach dem blutigen Kampf bei St. Jakob 1444 die deutschen Lande diesseit und jenseit des Rheins furchtbar verwüsteten, während Friedrich 1450 die Herrschaft in der Schweiz [* 32] für immer verlor.
Die österreichischen Erblande wurden durch die Fehde Friedrichs mit seinem Bruder Albrecht und durch einen Einfall des ungarischen Gubernators Johann Hunyadi heimgesucht, der den jungen König Wladislaw den Händen des Vormundes entreißen wollte. Nach jahrelangen Kämpfen und Aufständen der Bevölkerung [* 33] Österreichs, auch Wiens, gelangte Friedrich endlich nach Albrechts Tod (1463) zum alleinigen Besitz Österreichs. Das Erbe Wladislaws (gest. 1457), die Königreiche Böhmen und Ungarn, glückte ihm indes nicht an sein Haus zu bringen. In Böhmen wurde Georg Podiebrad auf den Thron [* 34] erhoben, in Ungarn Matthias Corvinus, und als Friedrich auf Anstiften einer ungarischen Adelspartei sich zum König von Ungarn krönen ließ, reizte er Matthias zum Krieg, der schließlich mit der Einnahme Wiens durch diesen (1485) endete.
Erst nach Matthias' Tod (1490) eroberte Friedrichs Sohn Maximilian Österreich wieder. Unthätig sah Friedrich den immer häufigern und weiter vordringenden Einfällen der Türken zu. Er begnügte sich, Reichstag auf Reichstag zu berufen, auf diesen von den Ständen Hilfe zu fordern, sich aber zu beruhigen, wenn dieselbe wegen der Schwerfälligkeit der Reichsverfassung nicht bewilligt oder nicht geleistet wurde. Große Kriege wüteten in Deutschland unter den Fürsten und Städten, ohne daß Friedrich einen Versuch machte, den Landfrieden aufrecht zu erhalten.
Namentlich als er, aus seinen Erblanden vertrieben, ohne festen Aufenthalt umherzog, zeigte sich die kaiserliche Ohnmacht in kläglichster Blöße. Friedrich selbst ließ sich indes durch solche Dinge wenig anfechten. In Armut und Verbannung schmiedete er Pläne auf Erhebung des Hauses Habsburg zur Weltherrschaft, und wenn auch seine Zusammenkunft mit Karl dem Kühnen 1473 in Trier [* 35] noch keinen Erfolg hatte, da Friedrich Trier plötzlich verließ, ehe er Karl die Königswürde verliehen, so brachte er doch nach Karls Tod 1477 die Heirat von dessen Tochter Maria mit seinem Sohn Maximilian zu stande, welche die Weltmacht seines Hauses begründete.
Auf seinen Büchern, Gefäßen und Palästen befand sich das Anagramm A. E. I. O. U. (Austriae Est Imperare Orbi Universo, »Es ist Österreichs Bestimmung, über den Erdkreis zu herrschen«). Nach Österreichs Wiedereroberung (1490) überließ er seinem Sohn Maximilian die Regierung, während er selbst zu Linz seinen Lieblingsneigungen, Astrologie, [* 36] Alchimie und Botanik, lebte. In den letzten Jahren seines Lebens mußte er sich noch ein Bein abnehmen lassen. Er starb Der Stephansdom zu Wien enthält sein Denkmal, das noch zu Lebzeiten des Kaisers von Lerch begonnen, 1513 von M. Dichter vollendet ward. Ihm folgte sein 1486 zum römischen König ernannter Sohn Maximilian, der Sprößling aus Friedrichs Ehe mit Eleonore von Portugal. [* 37]
Vgl. Kurz, Österreich unter Kaiser Friedrich IV. (Wien 1812, 2 Bde.);
Chmel, Geschichte Kaiser Friedrichs IV. (Hamb. 1840-43, 2 Bde.).
[Anhalt.]
5) Friedrich Leopold Franz Nikolaus, Herzog von Anhalt, Sohn des Herzogs Leopold Friedrich von Anhalt-Dessau und der Herzogin Friederike, einer gebornen Prinzessin von Preußen, [* 38] geb. machte seine Studien auf der Universität zu Bonn und in Genf, [* 39] trat 1851 in das 1. Garderegiment zu Fuß in Potsdam [* 40] ein, nahm aber seit 1853 seinen bleibenden Aufenthalt in Dessau. [* 41] 1864 machte er im Stab [* 42] seines Schwagers, des Prinzen Friedrich Karl von Preußen, den schleswigschen Feldzug mit, wurde 1867 Generalleutnant à la suite der Armee und beteiligte sich auch 1870/71 am deutsch-französischen Krieg.
Als sein Vater starb, folgte ihm in der Regierung über die zum Herzogtum Anhalt [* 43] vereinigten Länder Anhalt-Dessau-Köthen-Bernburg. Er ist seit vermählt mit der Prinzessin Antoinette von Sachsen [* 44] (geb. Tochter des verstorbenen Prinzen Eduard von Sachsen-Altenburg. Kinder dieser Ehe sind: der Erbprinz Friedrich, geb. 1856 (der frühere Erbprinz, Leopold, geb. 1855, starb 1886);
die Prinzessin Elisabeth, geb. 1857;
Prinzessin Alexandra, geb. 1868.
[Baden.]
6) Friedrich I., Markgraf von Baden, Sohn des Markgrafen Hermann VI. zu Baden [* 45] und Gertruds, Tochter des Herzogs Heinrich des Gottlosen von Österreich, geb. 1249, folgte seinem Vater 1250 unter der Vormundschaft seiner Mutter in der Regierung, ward aber vom König Ottokar von Böhmen aus der Erbschaft in Österreich verdrängt; gleichwohl nannte er sich noch immer Herzog von Österreich. Er ¶