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und Lüneburg [* 2] blieben dem Welfen, der auf mehrere Jahre in die Verbannung gehen mußte. Friedrichs Macht stand glänzender da als zuvor; das zeigte namentlich das berühmte, Pfingsten 1184 zu Mainz [* 3] gefeierte Fest der »Schwertleite« seiner beiden ältesten Söhne, König Heinrichs (seit 1169) und Friedrichs. Wegen der endgültigen Entscheidung über die streitigen Mathildischen Güter, die Friedrich 1177 einfach behalten hatte, und über seinen Plan, seinen Sohn Heinrich noch bei seinen Lebzeiten zum Kaiser gekrönt zu sehen, zerfiel Friedrich noch einmal mit der Kurie, trug aber, durch die Lombarden und die deutschen Bischöfe eifrig unterstützt, einen vollständigen Sieg davon. 1186 vermählte er zu Mailand [* 4] seinen Sohn Heinrich mit Konstanze, der Erbin des Normannenreichs in Unteritalien und Sizilien, [* 5] und ließ ihn zum »Cäsar« krönen.
Als erster Fürst der Christenheit geehrt, wollte Friedrich auch den Pflichten eines solchen nachkommen; deshalb nahm er 1188 das Kreuz [* 6] und rüstete zum Zug zur Befreiung Jerusalems. Im Mai 1189 brach er von Regensburg [* 7] mit einem glänzenden Heer auf, zog durch Ungarn, [* 8] Serbien [* 9] und Griechenland, [* 10] wo er Verrat und Feindschaft durch Strenge vergelten mußte, und betrat, von Gallipoli aus übersetzend, den Boden Asiens. Unter furchtbaren Entbehrungen und großen Verlusten erreichte das Heer Ikonion, wo es wie durch ein Wunder über die feindliche Übermacht einen glänzenden Sieg davontrug (18. Mai). Ungefährdet kam man dann in das christliche Armenien. Den Taurus übersteigend, wandte sich das Heer südwärts nach Selefke (Seleukia), um dies durch das sehr mühsam zu passierende Bergland am Kalykadnos (Gök-su) zu erreichen.
Den schwierigen Weg abzukürzen und vor dem Heer Selefke zu erreichen, schlug Friedrich einen andern, direkt in das Thal [* 11] des Gök-su hinabführenden Pfad ein. Bei der Mittagsrast am Flusse suchte er trotz der Warnungen seiner Begleitung Erquickung in einem Bad, [* 12] aber von einem Schlagfluß gelähmt, ward er von den Wellen [* 13] weggerissen und als Leiche aus dem Fluß gezogen. Friedrichs Herz und Eingeweide [* 14] wurden in Tarsos, das von den Gebeinen gelöste Fleisch in Antiochia, die Gebeine wahrscheinlich in Tyrus bestattet. In Deutschland [* 15] erregte die Kunde allgemeine Trauer, besonders in den untern Schichten der Nation; in den spätern Zeiten der Ohnmacht Deutschlands [* 16] galt Friedrich als der mächtigste Herrscher des Reichs, und man ersehnte seine Rückkehr; daher wurde die eigentlich seinen Enkel Friedrich II. betreffende Sage, er sei gar nicht gestorben, auf ihn übertragen.
Nach dieser Sage schläft er nur in dem Untersberg bei Salzburg [* 17] oder in dem Kyffhäuser in Thüringen, um, wenn es notthut, zu künftiger Rettung Deutschlands wieder aufzustehen. Unterdes wächst der rote Bart durch den Tisch von Stein, und von Zeit zu Zeit bewegt der Kaiser das blonde Haupt, um zu vernehmen, ob die Raben noch um den Berg kreisen oder die Stunde des Erwachens für ihn erschienen sei und das goldene Zeitalter für Deutschland beginnen solle. Nächst Karls d. Gr. Heldenthaten ist keines deutschen Kaisers Angedenken tiefer mit dem Volksbewußtsein verwachsen, keinen hat das Lied und die Sage mehr verherrlicht als Friedrich den Rotbart.
Vgl. J. ^[Johannes] Voigt, Geschichte des Lombardenbundes und seines Kampfes mit Kaiser Friedrich I. (Königsb. 1818);
Friedrich v. Raumer, Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Bd. 2 (5. Aufl., Leipz. 1878);
Prutz, Kaiser Friedrich I. (Danz. 1871-73, 3 Bde.);
Kallsen, Friedrich Barbarossa (Halle [* 18] 1882);
Dettloff, Der erste Römerzug Friedrichs I. (Götting. 1877);
Ribbeck, Friedrich I. und die römische Kurie 1157-59 (Leipz. 1881);
Scheffer-Boichorst, Kaiser Friedrichs I. letzter Streit mit der Kurie (Berl. 1866);
Fischer, Geschichte des Kreuzzugs Friedrichs I. (Leipz. 1870).
2) Friedrich II., Enkel des vorigen, Sohn des Kaisers Heinrich VI. und der Konstanze von Neapel, [* 19] als König von Sizilien Friedrich I. genannt, geb. zu Jesi in der Mark Ancona, [* 20] ward, noch ungetauft, von den deutschen Fürsten zum dereinstigen Nachfolger seines Vaters ernannt und schon im 4. Lebensjahr durch den Tod seines Vaters Erbe der Krone von Sizilien. In kurzem auch seiner Mutter beraubt, die ohnmächtig unter den aufständischen Großen die Vormundschaft über ihn dem Papst Innocenz III., den sie als ihren Lehnsherrn anerkannte, übertragen hatte, verlebte das Kind von Apulien zu Palermo [* 21] eine überaus klägliche Jugend; aber frühzeitig ward er Meister seines Willens und seiner vielseitigen Begabung. Im 14. Jahr erklärte ihn der Papst für mündig, und bald nachher vermählte er ihn mit der zehn Jahre ältern Konstanze, der Tochter des Königs Alfons von Aragonien, der kinderlosen Witwe des Königs Emmerich [* 22] von Ungarn.
Als nun der Kaiser Otto IV. nach dem Tod seines Gegners Philipp von Schwaben mit dem Papst zerfiel, forderte dieser 1210 die deutschen Fürsten auf, einen andern Kaiser zu wählen, und schlug den jungen Friedrich vor. Dieser erhielt 1211 die Einladung, nach Deutschland zu kommen, um die Königskrone zu empfangen. Der 18jährige Jüngling, vom Geist seines Ahnen Barbarossa ergriffen, folgte, nachdem er seinen erstgebornen Sohn, Heinrich, zum König von Sizilien hatte krönen lassen, dem Ruf, leistete Innocenz zu Rom [* 23] noch einmal den Lehnseid, empfing dessen Segen und brach darauf, machtlos und einem Pilger gleich, in Begleitung eines päpstlichen Legaten und weniger Großen Siziliens in abenteuerlicher Weise zur See über Genua [* 24] nach der Lombardei auf, sein väterliches Reich zu erobern.
Glücklich gelangte er auf beschwerlichem Weg 1212 über die Alpen [* 25] und gewann seinem Gegner Konstanz [* 26] ab, dann auch Breisach, den Schlüssel des Reichs, worauf ganz Schwaben, ja die meisten deutschen Fürsten und Städte dem ebenso freigebigen wie ritterlichen Hohenstaufen zufielen. Friedrich schloß sogleich ein Bündnis mit König Philipp August von Frankreich gegen Otto, trieb diesen den Rhein hinab und ließ sich 1215 in Aachen [* 27] krönen. Mit dem Glück entwickelten sich in dem jugendlichen Fürsten immer umfassendere Pläne.
Zunächst lag ihm daran, die Fürsten des Reichs für die Wahl seines Sohns Heinrich zum römischen König zu gewinnen; sodann hoffte er trotz seines Versprechens, nach erlangter Kaiserkrone seinen Sohn aus der väterlichen Gewalt entlassen und sich selbst nicht mehr König von Sizilien nennen zu wollen, vom Papste die Vereinigung Siziliens und des Kaiserreichs in seiner Person zugestanden zu erhalten. Beides gelang ihm wider Erwarten. Um des Reichsfriedens willen und aus Dankbarkeit für die von Friedrich gewährten Hoheitsrechte erwählten die Reichsfürsten den jungen Heinrich, der schon im Sommer 1216 mit seiner Mutter nach Deutschland gekommen war, im April 1220 kurz vor Friedrichs Aufbruch nach Italien [* 28] in Frankfurt [* 29] zum römischen König. Der Nachfolger Innocenz' III., der milde und friedliebende Honorius III., erkannte, wenn auch widerwillig, die Personalunion des Reichs und Siziliens an und setzte Friedrich in Rom die Kaiserkrone auf. Friedrich seinerseits kam den Wünschen der Kirche durch bedeutende Konzessionen, durch Erlassung strenger Gesetze gegen die Ketzer und die in den städtischen Kommunen zum Nachteil der kirchlichen Macht ¶
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erlassenen Statuten, sodann durch die Erneuerung des schon in Deutschland aus eignem Antrieb abgelegten Kreuzzugsgelübdes entgegen. Im August des nächsten Jahrs sollte er nach dem Orient aufbrechen. Bis dahin hoffte er der im Königreich seit dem Tod seines Vaters eingerissenen zügellosen Willkürherrschaft der Großen und dem Ungehorsam der Sarazenen auf dem Inselland ein Ende zu machen. Mit staatsmännischer Einsicht und rücksichtsloser Machtentwickelung ging er, auch der Geistlichkeit gegenüber, an die Restitution der königlichen Rechte.
Die widerspenstigen Großen mußten sich beugen; nur die Unterwerfung der Sarazenen war in so kurzer Zeit nicht durchzusetzen. Wiederholt schob Honorius, der die Verwirklichung seines heiß ersehnten Ziels, der Eroberung Jerusalems, nur von der Macht des Kaisers hoffen konnte, den Kreuzzug, zuletzt im Juli 1225, auf weitere zwei Jahre hinaus. Um Friedrich, der übrigens von seinem Ernst hinsichtlich des Kreuzzugs durch umfangreiche Rüstungen [* 31] bereits hinlänglich Zeugnis abgelegt hatte, auf das engste an die päpstlichen Interessen im Orient zu fesseln, bestimmte er ihn zur Vermählung mit Jolante, der Tochter Johanns von Brienne, Königs von Jerusalem. [* 32]
Der zweijährige Aufschub reichte zwar aus, den Geist der Rebellion im Königreich, besonders durch die Verpflanzung der Sarazenen nach der Stadt Luceria in der Landschaft Capitanata, zu brechen, aber nicht den der auf ihre Macht trotzenden Lombarden. Als sie Friedrich zum Reichstag nach Cremona berief, blieben die Mailänder mit ihren Anhängern aus und erneuerten 6. März, im ganzen 15 Städte, den alten Lombardenbund. Friedrich ließ sich im Augenblick daran genügen, über sie die Acht auszusprechen, und willigte ein, als Honorius seine Vermittelung anbot, die so einseitig ausfiel, daß zwar die Rechte der Kirche, nicht aber die des Reichs gewahrt waren.
Selbst diese parteiische Entscheidung erkannte an, um den Kreuzzug nicht wiederum verzögern zu müssen. Dennoch verfiel er dem Bann von seiten des Nachfolgers des Honorius, des leidenschaftlichen Gregor IX., als er 1227 zwar sich in Brindisi nach Palästina [* 33] einschiffte, aber, auf der See erkrankt, wieder umkehrte. Dennoch erfüllte Friedrich sein Gelübde und trat im Juni 1228 den Kreuzzug an. Aber der unversöhnliche Papst betrieb in Deutschland den Sturz der staufischen Dynastie und die Wahl eines Gegenkönigs; ein Heer geworbener Schlüsselsoldaten fiel in das Königreich Neapel ein und eroberte es fast ganz. Im Königreich Jerusalem suchte der fanatische Haß der vom Patriarchen geführten Päpstlichen die Pläne Friedrichs zu vereiteln, ja ihm den Untergang zu bereiten. Gleichwohl zog Gregor in allen Stücken den kürzern.
Auf die Nachricht von dem Verlust seines Königreichs wußte Friedrich den Sultan Alkâmil zu einem für die Christen höchst vorteilhaften zehnjährigen Vertrag zu bewegen; dann brach er, nachdem er sich zu Jerusalem in der Grabeskirche selbst die Krone auf das Haupt gesetzt hatte, nach Italien auf, eroberte sein Königreich wie im Flug zurück und zwang dem noch immer starren Gregor doch endlich, vornehmlich durch den von den deutschen Fürsten, die über die reichsfeindlichen Agitationen der Päpstlichen empört waren und von der staufischen Dynastie nicht lassen wollten, ausgeübten Nachdruck, im August 1230 den Frieden von San Germano ab, der freilich nur die Geltung eines Waffenstillstandes hatte; denn die königliche Macht, deren Entfaltung und Befestigung der Kaiser nunmehr in seinem Erbreich Sizilien seine ganze Thätigkeit zuwandte, blieb für die römische Kirche ein Stein des Anstoßes.
Die ganze staatliche, wirtschaftliche und militärische Neuorganisation des Königreichs im Sinn des aufgeklärten Absolutismus erhielt ihren Ausdruck durch ein neues Gesetzbuch, die sizilischen Konstitutionen, an deren Abfassung neben dem Kaiser der Erzbischof Jakob von Capua, dann auch der Großhofrichter Peter de Vinea den vornehmsten Anteil hatten. Trotz des päpstlichen Zorns über diese ruchlosen Gesetze wurden sie im August 1231 zu Melfi publiziert. So erstarkt, zögerte Friedrich nicht, an die Stillung der Zwietracht in ganz Italien zu gehen.
Auf den 1. Nov. schrieb er einen Reichstag nach Ravenna aus, worauf die feindlichen Kommunen in der Lombardei den Lombardenbund erneuerten und sich mit Friedrichs eignem Sohn Heinrich, der bisher in Deutschland vieles zur Unzufriedenheit des Vaters unternommen hatte und 1235, von gewissenlosen Ministerialen bethört, zum offenen Aufstand überging, verbanden. Friedrich erschien ohne Heer in Deutschland, Fürsten und Städte schlossen sich ihm an; Heinrich mußte sich demütigen und ward über die Alpen geschickt, wo er 1242 zu Martorano starb. Friedrich verheiratete sich 1235, seit 1227 zum zweitenmal verwitwet, mit Isabella, der Schwester König Heinrichs III. von England.
Dann hielt er einen glänzenden Reichstag zu Mainz, übergab daselbst dem einzigen Nachkommen Heinrichs des Löwen, Otto, seine Stammländer als Herzogtum, endete so den langen Streit zwischen Hohenstaufen und Welfen und sicherte sich Schwaben und andres Erbgut. Hierauf wurden die Rechte der Fürsten, meist auf Kosten der Freiheiten der Städte, bestätigt und ein allgemeiner Landfriede in deutscher Sprache [* 34] bekannt gemacht. Huldigend erschienen die Stände von Arelat und Burgund: Friedrich stand auf der Höhe seines Glückes. 1236 entriß er dem widerspenstigen Herzog Friedrich dem Streitbaren Österreich [* 35] und Steiermark [* 36] und nahm diese Herzogtümer in eigne Verwaltung und erreichte 1237 die Wahl seines zweiten Sohns, Konrad, zum römischen König.
Mit stattlicher Reichsmacht brach Friedrich darauf nach der Lombardei auf und erfocht über die Mailänder den großen Sieg von Cortenuova; nun zogen sich aber die Lombarden hinter die Mauern ihrer schwer einnehmbaren Städte zurück und schöpften neuen Mut infolge der mißglückten Belagerung von Brescia, und als Friedrich seinen natürlichen Sohn Enzio mit einer sardinischen Fürstin vermählte und, trotz des Widerspruchs des Papstes, als König von Sardinien [* 37] ausrufen ließ, traf ihn ein neuer Bannfluch Gregor begann den Vernichtungskampf mit einer Denkschrift voll der schwersten und ungerechtesten Anklagen zum Beweis der Ketzerei des Kaisers, wogegen dieser in einer Verteidigungsschrift protestierte und die Hilfe aller christlichen Fürsten aufrief.
Zugleich betrieb Gregor im Deutschen Reich die Erhebung eines Gegenkönigs, der sich aber weder in Deutschland noch in Dänemark, [* 38] Frankreich und England finden wollte, und rief die sizilischen Großen zur Empörung auf. Friedrich brach indessen in den Kirchenstaat ein, den er 1240 bis auf Rom eroberte, und erfocht Friedrichs Flotte unter König Enzio in der Nähe der Insel Monte Cristo einen glänzenden Sieg über die genuesische, auf welcher sich die von Gregor zu einem Konzil nach Rom berufenen, dem Kaiser feindlichen Prälaten Frankreichs und Spaniens befanden. Nachdem Gregor IX. gestorben, schien die erst zwei Jahre danach erfolgte Wahl des Friedrich befreundeten Innocenz IV. den italienischen wilden Parteikämpfen eine Schranke zu setzen; doch scheiterten die Unterhandlungen zwischen Papst und Kaiser, in denen dieser vor allem die Lösung vom ¶