AndreRechtsgeschäfte dagegen können auch außergerichtlich mit voller rechtlicher Wirksamkeit abgeschlossen werden, so daß
die gerichtliche Form ihres
Abschlusses nur wegen des dadurch erleichterten
Beweises und mit Rücksicht
darauf gewählt wird, daß die Rechtskenntnis des Beamten die materielle Gültigkeit sichere. Bei den
Rechtsgeschäften der
erstern Art besteht aber wiederum insofern ein besonderer Unterschied, als es bei manchen genügt, wenn die Willenserklärung
der Kontrahenten durch den
Richter entgegengenommen (Verlautbarung,
Insinuatio) und der
Abschluß des
Geschäfts
amtlich beglaubigt wird, während in andern
Fällen eine richteramtliche
Prüfung der Rechtsbeständigkeit des
Geschäfts
(Causae cognitio)
und eine Bestätigung desselben
(Konfirmation) durch den
Richter erforderlich ist. Zu den Gegenständen der erstern Art gehören
z. B. die nach handelsrechtlichen Bestimmungen erforderlichen Anmeldungen von der
Annahme und der Änderung einer
Firma und die Angabe ihrer
Inhaber sowie die
Anzeige von dem Erlöschen einer solchen, von der Erteilung und vom Erlöschen
einer
Prokura und von den Rechtsverhältnissen der
Handelsgesellschaften behufs
Eintrags in das
Handelsregister.
Als Gegenstände der letztern Art dagegen, welche als gemischt-freiwillige bezeichnet werden, sind namentlich die
Bestellung,
Löschung und Überschreibung von
Hypotheken, die Übereignung von
Immobilien und nie
Führung der
Grund-
und
Hypothekenbücher zu nennen. Außerdem gehören noch die Auseinandersetzung gemeinschaftlicher Vermögensverhältnisse
und die damit zusammenhängende Sicherstellung solcher Vermögenskomplexe, die dazu gehörigen
Versiegelungen,
Inventuren,
Versteigerungen,
Erbteilungen und Erbauseinandersetzungen,
Beglaubigung von Ab- und
Unterschriften und das Depositenwesen in
den Bereich der freiwilligen
Gerichtsbarkeit.
Endlich begreift dieselbe auch noch das Vormundschaftswesen und die Thätigkeit der
Obervormundschaftin sich. Zuständig sind
in der
Regel die
Amtsgerichte.
In den meisten deutschen
Staaten, namentlich auch in den altpreußischen Landesteilen, ist den
Notaren, sofern es sich nur um die
Beglaubigung von Rechtsakten handelt, eine mit den
Gerichten konkurrierende
Thätigkeit eingeräumt. Nach dem französischen
System dagegen, welches auch in den
Rheinlanden und teilweise in
Bayern
[* 2] Eingang
gefunden hat, ist der größte Teil der freiwilligen
Gerichtsbarkeit, soweit es sich um bloße
Beurkundungen handelt, den
Notarenübertragen, während die Friedensrichter mit der Handhabung des Vormundschaftswesens, mit dem Vorsitz
im
Familienrat, mit der Leitung von
Subhastationen u. dgl. betraut sind, wichtigere
Angelegenheiten aber, wie die
Entscheidung über die
Adoption, Bestätigung gewisser
Vergleiche etc., von den ordentlichen
Gerichten
erledigt werden. Außerdem gehören auch noch die Hypothekenbewahrer und die Standesbeamten hierher.
S.
Personenstand.
Jäger, aus
Freiwilligen gebildete
Korps, die sich im deutschen Freiheitskampf 1813 rühmlich auszeichneten.
Am erging der Aufruf des
Königs von
Preußen
[* 3] an die nicht militärpflichtige
Jugend seines
Volkes, sich freiwillig
zum
Kriegsdienst zu stellen und bei dem Mangel an öffentlichen
Mitteln sich auf eigne
Kosten zu equipieren
und mit
Waffen
[* 4] zu versehen. Es wurde dieser
Mannschaft zugesichert, daß aus ihr vorzugsweise die Offiziersstellen besetzt
werden sollten, und daß jeder nach Beendigung des
Kriegs auf Verlangen seinen
Abschied erhalten würde.
Die freiwilligen
Jäger sollten teils als besondere
Detachements zuFuß oder zu
Pferde
[* 5] den
Infanterie- oder
Kavallerieregimentern beigegeben werden, teils als selbständige
Korps den
Dienst der leichten
Truppen versehen und,
Ehrenposten
ausgenommen, von allem Garnisondienst frei bleiben.
Gleich anfangs war der Zudrang so stark, vorzüglich bei der
Garde, daß
man ein besonderes freiwilliges Gardejägerbataillon organisierte, auch dem Gardefüsilierbataillon einDetachement
freiwilliger
Jäger beigab; dasselbe geschah später auch bei mehreren Füsilierbataillonen der
Linie.
In der
Regel zählte ein solches
Detachement nicht unter 100, öfters 150, bei der
Kavallerie 60-80 Mann. Durch Geldbeiträge
der Zurückbleibenden ward den Unbemittelten die Equipierung und
Bewaffnung erleichtert. Ende Mai war die
Aufstellung von 7000 freiwilligen
Jägern zu
Fuß und 3000 zu
Pferde beendet, aus denen zum Teil die berühmten Lützowschen und Reicheschen
Korps hervorgingen. Die freiwilligen
Jäger zeichneten sich bei
Lützen,
[* 6]
Bautzen
[* 7] und
Leipzig
[* 8] aus, und trotz nicht unbedeutender
Verluste ergänzten sie sich doch immer bald wieder. Auch von andern deutschen
Staaten,
Sachsen,
[* 9] den sächsischen Herzogtümern,
Braunschweig,
[* 10]
Hessen,
[* 11]
Bayern etc., ward diese Einrichtung nachgeahmt, indessen kamen die freiwilligen
Jäger dieser
Länder nur
wenig ins
Gefecht. Nach dem
PariserFrieden aufgelöst, wurden freiwillige Jäger 1815 aufs neue berufen. Zum Teil bildeten freiwillige Jäger den
Stamm der jetzigen preußischen Jägerbataillone.
dasRecht der freien
Bewegung in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht; das
System des freien Wegzugs und der freien Niederlassung. Die
Durchführung dieses
Systems im internationalen
Verkehr der
Völkerschaften
ist ein bedeutsames Zeichen der Kulturentwickelung der letztern, wie sie für
Deutschland
[* 12] insbesondere ein wichtiger Fortschritt
auf der
Bahn unsrer nationalen
Entwickelung gewesen ist. Denn wenn auch jene
Grundsätze des staatlichen
Lebens im
Altertum, welche den
Fremden als völlig rechtlos und ebendeshalb des besondern
Schutzes von seiten des Staatsbeherrschers
bedürftig erscheinen ließen, längst dem Humanitätsprinzip des modernen Völkerlebens gewichen sind, wenn auch die
Leibeigenschaft,
welche vormals einen großen Teil
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mehr
des deutschen Volkes an die Scholle fesselte, gefallen ist, so war doch der Umzug aus dem Gebiet des einen Staats in das eines
andern, namentlich in vermögensrechtlicher Beziehung, mehrfach beschränkt und die Niederlassung in einem fremden Territorium
bis in die neueste Zeit in mancher Hinsicht erschwert. Gleiches galt für die Heimats- und Niederlassungsverhältnisse
innerhalb der einzelnen Territorien, und namentlich war es die Engherzigkeit der Gemeindegesetzgebung der einzelnen deutschen
Staaten, welche einer freien nationalen Entwickelung hindernd in den Weg trat, zumal da infolge der politischen Zerrissenheit
Deutschlands
[* 14] die Angehörigen des einen Staats in dem andern als Ausländer betrachtet und ihnen nicht nur
von seiten der Gemeinde, sondern auch von seiten der Staatsregierung die Niederlassung nur unter mancherlei lästigen Bedingungen
gestattet wurde. Nur insofern hatte die deutsche Bundesakte vom den Angehörigen der deutschen Bundesstaaten Freizügigkeit gesichert,
als sie (Art. 18) bestimmte, daß dieselben das Recht haben sollten, Grundeigentum außerhalb des Staats,
den sie bewohnten, zu erwerben und zu besitzen, ohne deshalb in dem fremden Staat noch andern Abgaben und Lasten unterworfen
zu sein als dessen eigne Unterthanen.
Ferner war den Bundesangehörigen die Befugnis des freien Wegziehens aus dem einen Bundesstaat in den andern, der sie erweislich
zu Unterthanen annehmen wolle, garantiert, ebenso das Recht, in Zivil- und Militärdienste eines andern
Bundesstaats zu treten, sofern keine Verbindlichkeit zu Militärdiensten gegen das bisherige »Vaterland«
im Weg stehen würde, endlich auch die Freiheit von aller Nachsteuer (Jus detractus, Gabella emigrationis), insofern ein Vermögenskomplex
in einen andern deutschen Bundesstaat übergehe.
Übrigens waren die Abzugsgelder und zwar sowohl der sogen. Abschoß (Gabella hereditaria), d. h. eine Abgabe
von dem außer Landes an Fremde kommenden Vermögen, als auch die sogen. Nachsteuer (Gabella emigrationis), d. h. eine solche
von auswandernden Unterthanen, schon zuvor vielfach durch Staatsverträge zwischen den einzelnen deutschen Staatsregierungen
beseitigt worden. in diesem Sinn des Wortes besteht jetzt wohl im Verkehr aller zivilisierten Nationen untereinander,
u. einige neuere Staatsverträge des DeutschenReichs mit auswärtigen Staaten haben dies ausdrücklich sanktioniert, so z. B.
der Freundschaftsvertrag mit Persien
[* 15] vom Das Recht des beliebigen Aufenthalts und der freien Niederlassung in einem
jeden zum DeutschenBund gehörigen Staat, also das Recht der Freizügigkeit im engern Sinn, stand dagegen den Bundesangehörigen
keineswegs zu, sondern war vielmehr im Art. 14 der Bundesakte nur den sogen. Standesherren ausdrücklich eingeräumt.
Was aber die Rechtsverhältnisse in den einzelnen deutschen Staaten betrifft, so war der Zuzug und die Niederlassung von nicht
heimatsberechtigten Personen in den einzelnen Gemeinden erschwert durch verschiedenartige Bestimmungen:
es waren Anzugsgelder und sonstige Abgaben zu zahlen, vielfach mußte der Neuanziehende das Bürgerrecht erwerben und das Bürgergeld
entrichten;
außerdem ward auch wohl die Erlaubnis zur Niederlassung von dem Glaubensbekenntnis abhängig gemacht, regelmäßig
auch von dem Nachweis gehöriger Subsistenzmittel, auch bei manchen ländlichen Gemeinde- und Gutsverbänden
von der Zustimmung der Gutsherrschaft.
Zur Verehelichung durfte der Neuanziehende oft nur unter gewissen Voraussetzungen
schreiten. Dazu kamen noch die
auf das Zunftwesen bezüglichen Satzungen und die zahlreichen gewerblichen Verbietungsrechte,
welche den Gewerbebetrieb und die Freizügigkeit der Gewerbetreibenden beengten oder vielmehr geradezu ausschlossen. Das
Verdienst, auf diesem Gebiet liberalere Grundsätze zur Anwendung gebracht und die frühern engherzigen
Bestimmungen zuerst beseitigt zu haben, gebührt der preußischen Gesetzgebung.
Nach Einführung der Gewerbefreiheit für den ganzen damaligen Umfang der preußischen Monarchie wurde durch die beiden Gesetze
vom über die Aufnahme neuanziehender Personen und über die Verpflichtung zur Armenpflege das
Prinzip der freien Niederlassung zur Anwendung und Ausführung gebracht. Die Mehrzahl der übrigen deutschen Staaten und namentlich
die kleinstaatlichen Regierungen hielten dagegen an den bisherigen Normen fest, und die Bestimmung der deutschen Grundrechte
vom wonach jedem Deutschen das Recht zustehen sollte, an jedem Orte des Reichsgebiets seinen
Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen, Liegenschaften jeder Art zu erwerben und darüber zu verfügen, jeden Nahrungszweig zu betreiben
und das Gemeindebürgerrecht zu gewinnen, gelangte nicht zur praktischen Verwirklichung.
Erst die Gründung des Norddeutschen Bundes, welche für die Angehörigen desselben ein gemeinsames Bundesindigenat schuf, brachte
den Grundsatz der Freizügigkeit zunächst für das Gebiet des Norddeutschen Bundes zur Geltung, welches mit der Gründung
des nunmehrigen DeutschenReichs auf das ganze Gebiet des letztern ausgedehnt ward. Art. 3 der norddeutschen Bundesverfassung
vom enthielt nämlich folgende in die nunmehrige deutsche Reichsverfassung vom wörtlich aufgenommene
Bestimmung: »Für den ganzen Umfang des Bundesgebiets besteht ein gemeinsames Indigenat mit der Wirkung,
daß der Angehörige (Unterthan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaats in jedem andern Bundesstaat als Inländer zu behandeln
und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum Gewerbebetrieb, zu öffentlichen Ämtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung
des Staatsbürgerrechts und zum Genuß aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen
wie der Einheimische zuzulassen, auch in betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes demselben gleich zu behandeln
ist«.
Mit dieser Bestimmung waren die Schranken beseitigt, welche bisher die einzelnen deutschen Staaten voneinander getrennt und
dieselben im Verhältnis zu einander als »Ausland« hatten erscheinen lassen. Freilich war damit die Verschiedenartigkeit
der einzelnen Landesgesetzgebungen über die Heimats- und Niederlassungsverhältnisse keineswegs beseitigt, sondern zunächst
nur jedem Deutschen die Befugnis gewährleistet, unter ebendenselben Bedingungen wie der Inländer, also nach Maßgabe der
betreffenden Landesgesetzgebung, sich in einem fremden Staatsgebiet seinen Wohn- und Aufenthaltsort zu wählen. Ebendarum
aber machte sich der Erlaß verschiedener Ausführungsgesetze nötig, welche nach dieser Richtung hin Abhilfe
schaffen mußten.
Zunächst ist hier insbesondere das nunmehr zum Reichsgesetz erhobene Freizügigkeitsgesetz vom zu nennen, welches
im wesentlichen die preußische Gesetzgebung auf die übrigen Bundesstaaten ausdehnte. Hiernach hat jeder Deutsche
[* 16] das Recht,
innerhalb des Reichsgebiets an jedem Ort sich aufzuhalten oder niederzulassen, wo er eine eigne Wohnung
oder ein Unterkommen sich zu verschaffen im stand eist, an jedem OrtGrundeigentum zu erwerben und
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