heiteres, nur der poetischen Produktion gewidmetes Zusammenleben führte. Freiligraths Poesie begann sich aber bald aus der
tropischen Fremde der Heimat zuzuwenden, und in seinem poetischen »Glaubensbekenntnis« (Mainz 1844) trat er plötzlich offen
zur Fahne des Liberalismus über und rechtfertigte diesen Schritt in einem prosaischen Vorwort zu dem »Glaubensbekenntnis«. Zugleich
verzichtete er, zum Teil infolge seines Verkehrs mit Hoffmann von Fallersleben, 1844 für die Zukunft auf
die königliche Pension.
Seines von jetzt an kundgegebenen politischen Radikalismus wegen verfolgt, begab er sich 1845 in die Schweiz, ward aber auch
hier, erst in Rapperswyl, sodann in St. Gallen, ausgewiesen und siedelte daher 1846 nach London über, wo
er als Korrespondent in einem Handelshaus eine Anstellung fand. Die europäische Bewegung von 1848 begrüßte er mit zwei Gedichten:
»Die Revolution« und »Februarklänge«, kehrte nach Deutschland zurück und ließ sich in Düsseldorf nieder.
Ein Gedicht: »Die Toten an die Lebenden«, worin der Staatsanwalt Aufreizung zum bewaffneten Widerstand gegen
die Regierung und Majestätsverbrechen finden wollte, zog ihm Verhaftung (29. Aug.) und die Anklage auf Majestätsbeleidigung zu;
doch ward er vom Geschwornengericht 3. Okt. freigesprochen. Die Verhandlungen sind in einer besondern Schrift erschienen: »Stenographischer
Bericht des Prozesses gegen den Dichter Freiligrath Freiligrath« (Düsseld. 1848).
In Holland, wo er sich niederzulassen gedachte, 1849 ausgewiesen, lebte er nun zu Bilk bei Düsseldorf,
erhielt jedoch im Oktober 1850 die Weisung, Preußen zu verlassen. Nachdem er indes seine zehnjährige Unterthanenschaft in
Preußen nachgewiesen, wurde er im Mai 1851 als Ortsbürger in Düsseldorf aufgenommen. Wegen des zweiten Hefts seiner »Politischen
und sozialen Gedichte« und wegen seiner Beteiligung an der demokratischen Zentralbehörde in Köln sollte
er abermals verhaftet werden, entzog sich aber der Verfolgung durch die Flucht nach England. Er lebte seitdem in London, fern
von den Umtrieben der Flüchtlingspropaganda, als Manager oder Direktor einer schweizerischen Bankkommandite.
Als das Bankhaus, in welchem Freiligrath seine Stellung hatte, 1867 fallierte, kam der schon früher angeregte
Gedanke, den Dichter durch eine Nationalsubskription seiner Muse zurückzugeben, zur Ausführung. Die Ergebnisse sicherten
dem Dichter ein sorgenfreies Leben, und er kehrte 1868 nach Deutschland zurück, um sich in Kannstatt bei Stuttgart niederzulassen,
wo er 18. März 1876 starb. Freiligraths poetische Richtung zeigte sehr früh ein gewisses überwiegen kräftiger
und farbenlodernder Deskription.
Während er jeden Stoff mit einer eigentümlichen Mischung von poetischer Empfindung und schildernder Realität zu erfassen
wußte, malte er doch mit Vorliebe Bilder des Meers, der Wüste, der Steppe, der tropischen Landschaft, Bilder des Kampfes und des
Grauens, leidenschaftlich gespannte Situationen, ohne darum der zarten und selbst innigen Empfindung ganz
zu entbehren. Mit der völligen Neuheit des Inhalts verbanden Freiligraths »Gedichte« (Stuttg.
1838, 43. Aufl. 1883) eine lebendige Originalität der Formen, selbst seine Wiederaufnahme des Alexandriners war eigentümlich.
Die meiste Verwandtschaft zeigte Freiligrath mit Victor Hugo, dessen »Oden« und »Dämmerungsgesänge« er daher
auch mit noch unerreichter Meisterschaft nachdichtete (in der Sauerländerschen Ausgabe von Victor Hugos Werken). Dasselbe gilt
von seinen Nachbildungen mehrerer englischer Lyriker, wie Th. Moore,
Tannahill, Fel.
Hemans, Burns etc. Einen weniger erfreulichen Eindruck als die erste Hauptgattung seiner Dichtungsweise machten
seine spätern politischen und Zeitgedichte.
Zwar ließ sich auch hier der große Meister der Form und Sprache sowie ein eminentes Talent, Zustände
und Situationen mit energischer Lebendigkeit plastisch darzustellen, nicht verkennen; aber die revolutionäre Überhitzung
namentlich der ältern Gedichte dieser Art in den Sammlungen: »Ein Glaubensbekenntnis« (Mainz 1844, neue Ausg. 1863),
»Ça ira«
(Herisau 1846),
»Politische und soziale Gedichte« (Düsseld. 1849-51, 2 Hefte)
hatte vielfach etwas Gekünsteltes. Die spätern, in der zweiten englischen Verbannung geschriebenen Gedichte sowie die herrlichen
patriotischen Dichtungen des Jahrs 1870 zeigten hingegen den Dichter im Vollbesitz seines Schwunges und seines glutvollen Kolorits.
Gedichte aus seiner ältern, nicht politischen Zeit enthält die Sammlung »Zwischen
den Garben« (Stuttg. 1849),
die spätesten Dichtungen erschienen außer in den gesammelten Werken auch in den »Neuen Gedichten«
(das. 1876, 3. Aufl. 1880). Außerdem gab er heraus: »Rolands Album« (Gedichte, Köln 1840); in Gemeinschaft mit I. ^[Ignatz]
Hub und Aug. Schnezler den 1. und 2. Jahrgang des »Rheinischen Odeon« (Kobl. 1836 u. 1839);
mit Simrock und
Matzerath das »Rheinische Jahrbuch« (Köln 1840 und 1841);
mit Levin Schücking: »Das malerische und romantische Westfalen« (Barmen
1840-42; 2. Aufl., Paderb. 1871);
mit Duller: »1842, Gedicht zum Besten des Kölner Doms« (Darmst. 1842) und »Karl Immermann, Blätter
der Erinnerung an ihn« (Stuttg. 1842);
»Dichtung und Dichter, eine Anthologie« (Dessau 1854) und die englische
Anthologie »The rose, thistle and shamrock«.
Als Übersetzer ließ er den »Englischen Gedichten aus neuerer Zeit« (Zürich
1846) die
Übertragung von Shakespeares »Venus und Adonis« (Düsseld. 1849) und Longfellows »Hiawatha« (Stuttg. 1857) folgen. Aus seinem
Nachlaß erschienen noch zwei Jugendarbeiten: die Übersetzung von Byrons »Mazeppa« und die Erzählung »Der
Eggesterstein« (Stuttg. 1883). Freiligraths »Gesammelte
Dichtungen« (Stuttg. 1870, 6 Bde.; 5. Aufl.
1886) fanden eine glänzende Aufnahme, indem sie das Totalbild des originellen und liebenswürdigen Dichters vor die Augen
des deutschen Volkes stellten. Seit 1875 gab er für den Hallbergerschen Verlag zu Stuttgart ein illustriertes
Unterhaltungsblatt in englischer Sprache unter dem Titel: »Illustrated Magazine« heraus. - Freiligraths Gattin Ida Freiligrath zeichnete
sich ebenfalls als geschmackvolle Übersetzerin englischer Dichtungen aus;
seine älteste Tochter, Kate, übertrug Gedichte
ihres Vaters vortrefflich ins Englische.
Vgl. Schmidt-Weißenfels, Freiligrath, eine Biographie (Stuttg. 1876);
Buchner, Ferdinand Freiligrath, eine
Biographie in Briefen (Lahr 1881).
(Maurerei, Masonei, franz. Franc-maçonnerie, engl. Free-masonry), Lebenskunst: nach innen edle Gesinnung,
selbstbewußte, auf die Erfüllung der menschlichen Bestimmung hingerichtete Arbeit;
nach außen kunstgerechtes gesellschaftliches
Bauen an der Vollendung der Menschheit.
Der Pflege und Fortpflanzung der Freimaurerei dient der Freimaurerbund (die Freimaurerbrüderschaft,
nicht »Orden«),
der alle Einzelbünde als gemeinsames Band umschließt und demgemäß eine von allen trennenden Unterschieden
des Ranges, Standes, der Volksart und des religiösen Bekenntnisses freie Verbrüderung ist, gebunden nur an das Sittengesetz,
an das allen
mehr
höher strebenden Menschen Gemeinsame. Obgleich der Bund keine einheitliche Organisation und Oberleitung hat, sondern sich in
einzelne freie, weltbürgerliche Gemeinden (Logen) und Gemeinschaften (Großlogen) gliedert, so ist er doch seinem innersten
Wesen nach ein einiger und allgemeiner; alle Logen auf der ganzen Erde bilden ideell nur Eine Loge. Die Mittel,
welche er zur Erreichung seines Zweckes anwendet, sind neben Ausführung symbolisch-dramatischer Handlungen (Ritus, Gebrauchtum)
vor allem Lehre und Beispiel, sodann die Pflege schöner Geselligkeit und die übung humaner Werkthätigkeit.
Der Freimaurerbund ist kein Geheimbund, sondern vielmehr eine »geschlossene«
Gesellschaft; denn geheim ist weder sein Bestehen, noch sind es seine Grundsätze, Mitglieder, Gesetze und
seine Geschichte. Geheimhaltung gelobt der Freimaurer (nicht durch einen Eid, sondern lediglich durch das Wort eines ehrlichen
Mannes) nur bezüglich der sogen. Erkennungszeichen (Ausweise) und des Kultus. Die Gebräuche und Symbole enthalten nichts, was
der guten Sitte und den Staatsgesetzen irgendwie entgegenläuft, sie sind rein ethischer (moralischer)
Natur.
Die Wirksamkeit des Bundes ist eine geistige, nach innen gerichtete und eine äußere, sichtbare. Die erstere besteht in der
geistig-sittlichen Einwirkung auf die Mitglieder, um sie zur Selbstveredelung und zur Befreiung von Vorurteil, Aberglauben und
Leidenschaften zu leiten und sie zu guten, für das Gemeinwohl thätigen Menschen zu erziehen, unter stetem
Hinweis auf die ewigen Ideen des Wahren, Guten und Schönen. Die äußere Wirksamkeit richtet sich auf Werke der Barmherzigkeit
und Menschenliebe, auf Pflege und Gründung wohlthätiger Institute, auf Förderung der Volksbildung und ähnlicher zivilisatorischer
Unternehmungen.
Was die Organisation des Bundes anlangt, so ist derselbe in selbständige Genossenschaften (Großlogen)
föderativ gegliedert ohne Zentralleitung; als Ganzes besteht er nur in der Gemeinschaft des Zweckes und der Grundsätze sowie
in dem brüderlichen Verhältnis aller Logen untereinander, vorzugsweise verkörpert in der besuchsweisen Zulassung zu den
Versammlungen, in dem Rechte der Freizügigkeit (Affiliation) und der Pflicht gegenseitigen sittlichen Beistandes.
Innerhalb der Loge herrscht das allgemeine Priestertum, die Gleichberechtigung aller; alle maurerischen
Ämter entspringen der freien Wahl. Die Logen eines Bezirks oder Landes bilden eine Großloge oder einen freien Logenbund, innerhalb
dessen wiederum das möglichste Maß von Selbständigkeit herrscht. Die Großloge ist eine Verwaltungsbehörde zur Unterhaltung
der Verbindung unter den zu ihr gehörigen Logen, zur Ausgleichung von Streitigkeiten wie zur Aufsicht über
die Beobachtung der Statuten.
Zugleich vertritt sie die Logen ihres Bundes dem Staat gegenüber. Die Großlogen haben das Recht, alles zu verfügen, was die
Aufrechthaltung der Verfassung und die Vollziehung der Gesetze fordert. Bei den Versammlungen der Großloge ist jede Tochter-
oder Bundesloge entweder durch ihren Stuhlmeister oder durch einen frei gewählten Repräsentanten vertreten.
An der Spitze der Großloge stehen ein Großmeister und ein Beamtenrat. Gegenwärtig können sich Logen nicht aus eigner Machtvollkommenheit
bilden, sondern sie haben zu gesetzmäßigem Bestand die urkundliche Ermächtigung (Konstitution, Freibrief) von seiten einer
Großloge nötig.
Eine Loge wird begründet durch eine hinreichende (gesetzmäßige) Anzahl von Brüdern, die sich unter
dem Nachweis von dem
Vorhandensein der nötigen geistigen Kräfte und materiellen Mittel mit der Bitte um eine Konstitution
an eine der gesetzmäßig anerkannten Großlogen wenden. Die Großloge erteilt dieselbe, wenn keine Bedenken vorliegen, und
weiht die neue Loge ein, wonach diese sich dann nach den ihr erteilten Gesetzen u. Gebräuchen (Ritualen)
fortan zu richten hat, gleichzeitig aber auch von allen Freimaurerwerkstätten der Welt als gerechte und vollkommene Loge anerkannt
wird.
Nicht gehörig konstituierte Logen heißen Winkellogen, deren Mitglieder in andern Logen nicht als Besuchende zugelassen werden.
Die Logen heißen Johannislogen, weil sie Johannes den Täufer als Patron verehren, und sie arbeiten in den
drei Graden des Lehrlings, Gesellen und Meisters. Mit Rücksicht auf die in ihnen übliche Farbe heißen sie auch blaue Logen.
Logen, welche während eines Kriegs im Feld arbeiten, heißen Feldlogen. Jede Loge führt einen symbolischen
Namen, dem der Name des Ortes, wo sie ihren Sitz hat, beigesetzt wird, z. B. Minerva zu den drei Palmen im Orient zu Leipzig.
Außer den eigentlichen Mitgliedern gibt es noch Ehrenmitglieder, Brüder auswärtiger Logen, die sich um die Loge oder den Bund
verdient gemacht haben, musikalische Brüder, die meist keine Beiträge zahlen, dagegen die Feierlichkeiten
der Logen durch Musik erhöhen, und dienende Brüder, die nicht stimmfähig sind und die Aufwartung in der Loge und bei Tafel
etc. besorgen. Der Meister vom Stuhl (Logenmeister) leitet die Logenangelegenheiten. Ihm zur Seite steht in größern Logen
der »deputierte oder zugeordnete Meister«, der ihn bei Abwesenheit vertritt.
Die übrigen Beamten werden entweder aus den Meistern gewählt, oder vom Meister vom Stuhl ernannt; es sind: zwei Aufseher,
Zeremonienmeister, Sekretär, Archivar, Bibliothekar, Schatzmeister, Armenpfleger, Redner und die Schaffner (Stewards). Sämtliche
Beamte bilden das Beamtenkollegium (Beamtenloge), welches wichtige Logensachen vor der eigentlichen Versammlung berät. In
mehreren Ländern hat der Regent oder ein Prinz das Protektorat der Logen seines Landes übernommen. Zu den
Beamten gehört auch der Wachthabende (Thürhüter oder Ziegeldecker), der darauf achtet, daß während der Versammlung kein
Unbefugter eintrete.
Als Bedingungen der Aufnahme in den Freimaurerbund stellt die Verfassung fest: staatsbürgerliche Freiheit und Volljährigkeit,
guten Ruf, idealen Sinn, angemessene Bildung und Berufsbeschäftigung, Unterwerfung unter die Gesetze des
Bundes. In den Logen schwedischen Systems (Schweden, Dänemark, Große Landesloge von Deutschland in Berlin) und in denen der Großloge
zu den drei Weltkugeln in Berlin tritt noch als Erbe früherer Verirrungen das Erfordernis des christlichen Bekenntnisses hinzu.
Hat der Petent, der durch einen Bruder dritten Grades angemeldet sein muß, die ihm behändigten Fragen beantwortet,
so wird über ihn abgestimmt, und er erhält nach erfolgter Aufnahme ein Certifikat als Ausweis beim Besuch fremder Logen. Der
Übertritt eines Freimaurers in eine andre Loge erfolgt durch Affiliation. In den zweiten und dritten Grad
sowie in die höhern Grade geht man durch besondere »Beförderungslogen«. Der Sohn eines
Maurers (Lufton, altengl. lewis, Stärke) genießt bei der Aufnahme einige Vorteile. Die mystischen höhern Grade der Freimaurerei sind
meist verschwunden. Die unter einer Großloge stehenden Logen (Töchterlogen) Bilden einen Logenbund (System), und die meisten
Logenbünde oder Großlogen stehen unter sich im Verhältnis gegenseitiger