sich. Als minder schwere Freiheitsstrafe erscheint die Gefängnisstrafe (von 1 Tag bis zu 5 Jahren). Die hierzu Verurteilten können auf
eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene Weise, und zwar außerhalb der Gefangenschaft nur mit ihrer Zustimmung,
beschäftigt werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen. Sowohl die erkannte
Zuchthausstrafe als die Gefängnisstrafe kann in Einzelhaft (s. d.) ganz oder teilweise vollzogen werden. Auch hat das deutsche
Reichsstrafgesetzbuch für beide Strafarbeiten das sogen. Beurlaubungssystem adoptiert.
Hiernach kann ein zu längerer Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe Verurteilter, nachdem er drei Viertel, mindestens aber ein Jahr
der Strafe verbüßt und sich während dieser Zeit gut geführt hat, mit seiner Zustimmung vorläufig
entlassen werden; doch kann diese vorläufige Entlassung, welche durch die oberste Justizaufsichtsbehörde verfügt wird,
bei schlechter Führung des Entlassenen oder, wenn derselbe den ihm bei der Entlassung auferlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt,
von jener Behörde widerrufen werden.
Als leichteste Freiheitsstrafe erscheint die Haft (von 1 Tag bis zu 6 Wochen), eine einfache Freiheitsentziehung ohne
Anhalten zur Arbeit; dieselbe tritt bei den sogen. Übertretungen ein. Neben diesen Freiheitsstrafen kommt die Festungshaft als
eine minder schwere Freiheitsstrafe (custodia honesta) für gewisse Verbrechen, namentlich für die sogen. politischen Verbrechen, vor,
welche entweder zeitlich (von 1 Tag bis zu 15 Jahren) oder lebenslänglich in Festungen oder in andern dazu
bestimmten Räumen abzubüßen ist und lediglich in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung und Lebensweise
der Gefangenen besteht.
Was das Verhältnis dieser Strafen zu einander anbelangt, so werden 8 Monate Zuchthaus einer einjährigen Gefängnisstrafe, und 8 Monate
Gefängnis einer einjährigen Festungshaft gleich erachtet. Wird gegen Militärpersonen eine Zuchthausstrafe
erkannt, so geht nach dem deutschen Militärstrafgesetzbuch die Strafvollstreckung auf die bürgerlichen Behörden über. Außerdem
bezeichnet Freiheitsstrafe im Sinn dieses letztgedachten Gesetzbuchs Gefängnisstrafe, Festungshaft und Arrest. Die militärische Freiheitsstrafe ist eine
lebenslängliche oder eine zeitliche (von 1 Tag bis zu 15 Jahren). Sie ist, wenn ihre Dauer mehr als 6 Wochen
beträgt, Gefängnis oder Festungshaft, bei kürzerer Dauer Arrest, welch letzterer wiederum in Stubenarrest, gelinden Arrest,
mittlern und strengen Arrest zerfällt.
Vgl. Militärstrafgesetzbuch für das Deutsche Reich, § 16 ff.; Deutsches Reichsstrafgesetzbuch,
§ 14 ff.
die seit Ende des 14. Jahrh. gebräuchliche Bezeichnung
eines Dynasten, welcher keinem Größern zu Diensten verpflichtet war, jetzt Titel der Adligen, welche den nächsten Rang nach
den Grafen haben, dem Baron (s. d.) entsprechend.
Die Gemahlin eines Freiherrn wird Freifrau, die Tochter Freiin genannt.
[* ] in der Heraldik ein einfacher Reif, welcher in der Vorderansicht auf sieben Spitzen
sieben Perlen, im Runden zwölf Perlen trägt. S. die
[* ]
Figur.
Name der gemäßigt konservativen Partei im preußischen Abgeordnetenhaus, welche sich im deutschen
Reichstag »deutsche Reichspartei« (s. d.)
nennt. Sie bildete
sich nach dem Krieg von 1866, als diejenigen Mitglieder der bisherigen konservativen Partei im Abgeordnetenhaus, welche Bismarcks
äußere Politik, namentlich die Annexionen und die Gründung des Norddeutschen Bundes, sowie vorsichtige Reformen im Innern billigten,
sich unter Führung des Grafen Bethusy-Huc von den Strengkonservativen trennten. Die neue Partei war die eigentliche
Regierungspartei, indem sie in den meisten Fragen zum Ministerium stand; aus ihr gingen daher auch die Minister hervor, welche
Bismarck als Hauptstützen seiner neuen politischen Richtung in das Ministerium berief, wie Achenbach, Friedenthal, Falk und Lucius.
Sie zählt jetzt im Abgeordnetenhaus 60 Mitglieder.
kleine Truppenabteilungen, gewöhnlich erst während eines Kriegs aus Freiwilligen gebildet.
Sie unterstützen die Operationen der Armee durch Unternehmungen im Rücken des Feindes gleich denen der vom Heer selbst entsendeten
Streifkorps. Im Mittelalter, auch während des Dreißigjährigen und Siebenjährigen Krieges sehr zahlreich, wurden diese Freikorps unter
minder strenger Zucht gehalten und machten sich dadurch berüchtigt. Die deutschen Freikorps (1813-14) Lützows,
v. Thielemanns, v. Colombs u. a. zeichneten sich durch Patriotismus, Disziplin und Tapferkeit vorteilhaft aus. In neuester Zeit
hat sich namentlich v. d. Tann im holsteinischen Krieg 1849 als Führer eines Freikorps einen Namen gemacht.
Vgl. Francs-tireurs, Freiwillige Jäger,
Freischaren und Parteigänger.
Ferdinand, Dichter, geb. zu Detmold, offenbarte schon früh, wiewohl unter geistig wenig anregenden
Einflüssen aufwachsend, eine lebhafte Einbildungskraft, die sich namentlich an Reisebeschreibungen nährte. Von einigem Einfluß
auf seine Richtung mag die frühe Bekanntschaft mit seinem genial-bizarren Landsmann Chr. Grabbe geworden sein. Bis
zu seinem 15. Jahr besuchte er das Gymnasium seiner Vaterstadt; in Aussicht auf das Erbe eines Oheims in Edinburg widmete er
sich jedoch dem kaufmännischen Stand und lernte bis 1831 in Soest, alle Mußestunden dem Studium der Erd- und Naturkunde, besonders
des Morgenlandes, daneben auch der englischen und französischen Litteratur in der Ursprache widmend.
Von Soest kam er in ein Wechselgeschäft zu Amsterdam, konditionierte sodann von 1837 bis 1839 in Barmen, entsagte jedoch, veranlaßt
durch den Beifall, den seine 1838 gesammelt erschienenen »Gedichte« fanden,
der kaufmännischen Laufbahn und privatisierte eine Zeitlang in Unkel bei Köln, 1840-41 in Weimar und Darmstadt.
Sein Dichterruhm war bisher fast ohne Widerspruch anerkannt worden; man erfreute sich gern an den Schöpfungen einer Phantasie,
die sich in die Farben des Morgenlandes zu kleiden liebte, bis Herweghs Genius die Gemüter in die lebendige Gegenwart zurückrief.
Infolge von dessen bekanntem Brief an den König von Preußen veröffentlichte Freiligrath sein Gedicht »Ein
Brief«, worin er jenen angriff, und das Herwegh in Veranlassung von Freiligraths Elegie auf den Tod Diego Leons mit seinem Gedicht
»Partei« beantwortete. Im J. 1842 erhielt Freiligrath durch die Gunst des Königs von Preußen einen Jahrgehalt angewiesen, in dessen
Genuß er sich nach St. Goar begab, wo er mit dem mit gleicher Auszeichnung bedachten Emanuel Geibel ein
mehr
heiteres, nur der poetischen Produktion gewidmetes Zusammenleben führte. Freiligraths Poesie begann sich aber bald aus der
tropischen Fremde der Heimat zuzuwenden, und in seinem poetischen »Glaubensbekenntnis« (Mainz 1844) trat er plötzlich offen
zur Fahne des Liberalismus über und rechtfertigte diesen Schritt in einem prosaischen Vorwort zu dem »Glaubensbekenntnis«. Zugleich
verzichtete er, zum Teil infolge seines Verkehrs mit Hoffmann von Fallersleben, 1844 für die Zukunft auf
die königliche Pension.
Seines von jetzt an kundgegebenen politischen Radikalismus wegen verfolgt, begab er sich 1845 in die Schweiz, ward aber auch
hier, erst in Rapperswyl, sodann in St. Gallen, ausgewiesen und siedelte daher 1846 nach London über, wo
er als Korrespondent in einem Handelshaus eine Anstellung fand. Die europäische Bewegung von 1848 begrüßte er mit zwei Gedichten:
»Die Revolution« und »Februarklänge«, kehrte nach Deutschland zurück und ließ sich in Düsseldorf nieder.
Ein Gedicht: »Die Toten an die Lebenden«, worin der Staatsanwalt Aufreizung zum bewaffneten Widerstand gegen
die Regierung und Majestätsverbrechen finden wollte, zog ihm Verhaftung (29. Aug.) und die Anklage auf Majestätsbeleidigung zu;
doch ward er vom Geschwornengericht 3. Okt. freigesprochen. Die Verhandlungen sind in einer besondern Schrift erschienen: »Stenographischer
Bericht des Prozesses gegen den Dichter Freiligrath Freiligrath« (Düsseld. 1848).
In Holland, wo er sich niederzulassen gedachte, 1849 ausgewiesen, lebte er nun zu Bilk bei Düsseldorf,
erhielt jedoch im Oktober 1850 die Weisung, Preußen zu verlassen. Nachdem er indes seine zehnjährige Unterthanenschaft in
Preußen nachgewiesen, wurde er im Mai 1851 als Ortsbürger in Düsseldorf aufgenommen. Wegen des zweiten Hefts seiner »Politischen
und sozialen Gedichte« und wegen seiner Beteiligung an der demokratischen Zentralbehörde in Köln sollte
er abermals verhaftet werden, entzog sich aber der Verfolgung durch die Flucht nach England. Er lebte seitdem in London, fern
von den Umtrieben der Flüchtlingspropaganda, als Manager oder Direktor einer schweizerischen Bankkommandite.
Als das Bankhaus, in welchem Freiligrath seine Stellung hatte, 1867 fallierte, kam der schon früher angeregte
Gedanke, den Dichter durch eine Nationalsubskription seiner Muse zurückzugeben, zur Ausführung. Die Ergebnisse sicherten
dem Dichter ein sorgenfreies Leben, und er kehrte 1868 nach Deutschland zurück, um sich in Kannstatt bei Stuttgart niederzulassen,
wo er starb. Freiligraths poetische Richtung zeigte sehr früh ein gewisses überwiegen kräftiger
und farbenlodernder Deskription.
Während er jeden Stoff mit einer eigentümlichen Mischung von poetischer Empfindung und schildernder Realität zu erfassen
wußte, malte er doch mit Vorliebe Bilder des Meers, der Wüste, der Steppe, der tropischen Landschaft, Bilder des Kampfes und des
Grauens, leidenschaftlich gespannte Situationen, ohne darum der zarten und selbst innigen Empfindung ganz
zu entbehren. Mit der völligen Neuheit des Inhalts verbanden Freiligraths »Gedichte« (Stuttg.
1838, 43. Aufl. 1883) eine lebendige Originalität der Formen, selbst seine Wiederaufnahme des Alexandriners war eigentümlich.
Die meiste Verwandtschaft zeigte Freiligrath mit Victor Hugo, dessen »Oden« und »Dämmerungsgesänge« er daher
auch mit noch unerreichter Meisterschaft nachdichtete (in der Sauerländerschen Ausgabe von Victor Hugos Werken). Dasselbe gilt
von seinen Nachbildungen mehrerer englischer Lyriker, wie Th. Moore,
Tannahill, Fel.
Hemans, Burns etc. Einen weniger erfreulichen Eindruck als die erste Hauptgattung seiner Dichtungsweise machten
seine spätern politischen und Zeitgedichte.
Zwar ließ sich auch hier der große Meister der Form und Sprache sowie ein eminentes Talent, Zustände
und Situationen mit energischer Lebendigkeit plastisch darzustellen, nicht verkennen; aber die revolutionäre Überhitzung
namentlich der ältern Gedichte dieser Art in den Sammlungen: »Ein Glaubensbekenntnis« (Mainz 1844, neue Ausg. 1863),
»Ça ira«
(Herisau 1846),
»Politische und soziale Gedichte« (Düsseld. 1849-51, 2 Hefte)
hatte vielfach etwas Gekünsteltes. Die spätern, in der zweiten englischen Verbannung geschriebenen Gedichte sowie die herrlichen
patriotischen Dichtungen des Jahrs 1870 zeigten hingegen den Dichter im Vollbesitz seines Schwunges und seines glutvollen Kolorits.
Gedichte aus seiner ältern, nicht politischen Zeit enthält die Sammlung »Zwischen
den Garben« (Stuttg. 1849),
die spätesten Dichtungen erschienen außer in den gesammelten Werken auch in den »Neuen Gedichten«
(das. 1876, 3. Aufl. 1880). Außerdem gab er heraus: »Rolands Album« (Gedichte, Köln 1840); in Gemeinschaft mit I. ^[Ignatz]
Hub und Aug. Schnezler den 1. und 2. Jahrgang des »Rheinischen Odeon« (Kobl. 1836 u. 1839);
mit Simrock und
Matzerath das »Rheinische Jahrbuch« (Köln 1840 und 1841);
mit Levin Schücking: »Das malerische und romantische Westfalen« (Barmen
1840-42; 2. Aufl., Paderb. 1871);
mit Duller: »1842, Gedicht zum Besten des Kölner Doms« (Darmst. 1842) und »Karl Immermann, Blätter
der Erinnerung an ihn« (Stuttg. 1842);
»Dichtung und Dichter, eine Anthologie« (Dessau 1854) und die englische
Anthologie »The rose, thistle and shamrock«.
Als Übersetzer ließ er den »Englischen Gedichten aus neuerer Zeit« (Zürich
1846) die
Übertragung von Shakespeares »Venus und Adonis« (Düsseld. 1849) und Longfellows »Hiawatha« (Stuttg. 1857) folgen. Aus seinem
Nachlaß erschienen noch zwei Jugendarbeiten: die Übersetzung von Byrons »Mazeppa« und die Erzählung »Der
Eggesterstein« (Stuttg. 1883). Freiligraths »Gesammelte
Dichtungen« (Stuttg. 1870, 6 Bde.; 5. Aufl.
1886) fanden eine glänzende Aufnahme, indem sie das Totalbild des originellen und liebenswürdigen Dichters vor die Augen
des deutschen Volkes stellten. Seit 1875 gab er für den Hallbergerschen Verlag zu Stuttgart ein illustriertes
Unterhaltungsblatt in englischer Sprache unter dem Titel: »Illustrated Magazine« heraus. - Freiligraths Gattin Ida Freiligrath zeichnete
sich ebenfalls als geschmackvolle Übersetzerin englischer Dichtungen aus;
seine älteste Tochter, Kate, übertrug Gedichte
ihres Vaters vortrefflich ins Englische.
Vgl. Schmidt-Weißenfels, Freiligrath, eine Biographie (Stuttg. 1876);
Buchner, Ferdinand Freiligrath, eine
Biographie in Briefen (Lahr 1881).