sich. Als minder schwere Freiheitsstrafe erscheint die
Gefängnisstrafe (von 1
Tag bis zu 5
Jahren). Die hierzu Verurteilten können auf
eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene
Weise, und zwar außerhalb der Gefangenschaft nur mit ihrer Zustimmung,
beschäftigt werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser
Weise zu beschäftigen. Sowohl die erkannte
Zuchthausstrafe als die
Gefängnisstrafe kann in
Einzelhaft (s. d.) ganz oder teilweise vollzogen werden. Auch hat das deutsche
Reichsstrafgesetzbuch für beide Strafarbeiten das sogen.
Beurlaubungssystem adoptiert.
Hiernach kann ein zu längerer
Zuchthaus- oder
Gefängnisstrafe Verurteilter, nachdem er drei
Viertel, mindestens aber ein Jahr
der
Strafe verbüßt und sich während dieser Zeit gut geführt hat, mit seiner Zustimmung vorläufig
entlassen werden; doch kann diese vorläufige Entlassung, welche durch die oberste Justizaufsichtsbehörde verfügt wird,
bei schlechter
Führung des Entlassenen oder, wenn derselbe den ihm bei der Entlassung auferlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt,
von jener Behörde widerrufen werden.
Als leichteste Freiheitsstrafe erscheint die
Haft (von 1
Tag bis zu 6
Wochen), eine einfache Freiheitsentziehung ohne
Anhalten zur
Arbeit; dieselbe tritt bei den sogen.
Übertretungen ein. Neben diesen Freiheitsstrafen kommt die
Festungshaft als
eine minder schwere Freiheitsstrafe (custodia honesta) für gewisse
Verbrechen, namentlich für die sogen. politischen
Verbrechen, vor,
welche entweder zeitlich (von 1
Tag bis zu 15
Jahren) oder lebenslänglich in
Festungen oder in andern dazu
bestimmten
Räumen abzubüßen ist und lediglich in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung und Lebensweise
der Gefangenen besteht.
die seit Ende des 14. Jahrh. gebräuchliche Bezeichnung
eines
Dynasten, welcher keinem
Größern zu
Diensten verpflichtet war, jetzt
Titel der Adligen, welche den nächsten
Rang nach
den
Grafen haben, dem
Baron (s. d.) entsprechend.
Die Gemahlin eines Freiherrn wird
Freifrau, die Tochter Freiin genannt.
Name der gemäßigt konservativen
Partei im preußischen Abgeordnetenhaus, welche sich im deutschen
Reichstag
»deutsche Reichspartei« (s. d.)
nennt. Sie bildete
sich nach dem
Krieg von 1866, als diejenigen Mitglieder der bisherigen konservativen
Partei im Abgeordnetenhaus, welche
Bismarcks
äußere
Politik, namentlich die
Annexionen und die
Gründung des Norddeutschen
Bundes, sowie vorsichtige
Reformen im Innern billigten,
sich unter
Führung des
GrafenBethusy-Huc von den Strengkonservativen trennten. Die neue
Partei war die eigentliche
Regierungspartei, indem sie in den meisten
Fragen zum
Ministerium stand; aus ihr gingen daher auch die
Minister hervor, welche
Bismarck als Hauptstützen seiner neuen politischen
Richtung in das
Ministerium berief, wie
Achenbach,
Friedenthal,
Falk und
Lucius.
Sie zählt jetzt im Abgeordnetenhaus 60 Mitglieder.
kleine Truppenabteilungen, gewöhnlich erst während eines
Kriegs aus
Freiwilligen gebildet.
Sie unterstützen die
Operationen der
Armee durch
Unternehmungen im
Rücken des Feindes gleich denen der vom
Heer selbst entsendeten
Streifkorps. Im
Mittelalter, auch während des Dreißigjährigen und Siebenjährigen
Krieges sehr zahlreich, wurden diese Freikorps unter
minder strenger
Zucht gehalten und machten sich dadurch berüchtigt. Die deutschen Freikorps (1813-14)
Lützows,
v. Thielemanns, v.
Colombs u. a. zeichneten sich durch
Patriotismus,
Disziplin und
Tapferkeit vorteilhaft aus. In neuester Zeit
hat sich namentlich
v. d.
Tann im holsteinischen
Krieg 1849 als
Führer eines Freikorps einen
Namen gemacht.
Ferdinand, Dichter, geb. zu
Detmold,
[* 3] offenbarte schon früh, wiewohl unter geistig wenig anregenden
Einflüssen aufwachsend, eine lebhafte
Einbildungskraft, die sich namentlich an
Reisebeschreibungen nährte. Von einigem Einfluß
auf seine
Richtung mag die frühe Bekanntschaft mit seinem genial-bizarren Landsmann
Chr.
Grabbe geworden sein. Bis
zu seinem 15. Jahr besuchte er das
Gymnasium seiner Vaterstadt; in Aussicht auf das
Erbe eines Oheims in
Edinburg
[* 4] widmete er
sich jedoch dem kaufmännischen
Stand und lernte bis 1831 in
Soest,
[* 5] alle Mußestunden dem
Studium der
Erd- und Naturkunde, besonders
des
Morgenlandes, daneben auch der englischen und französischen Litteratur in der Ursprache widmend.
Von
Soest kam er in ein Wechselgeschäft zu
Amsterdam,
[* 6] konditionierte sodann von 1837 bis 1839 in
Barmen,
[* 7] entsagte jedoch, veranlaßt
durch den Beifall, den seine 1838 gesammelt erschienenen »Gedichte« fanden,
der kaufmännischen Laufbahn und privatisierte eine Zeitlang in
Unkel bei
Köln,
[* 8] 1840-41 in
Weimar
[* 9] undDarmstadt.
[* 10] Sein Dichterruhm war bisher fast ohne
Widerspruch anerkannt worden; man erfreute sich gern an den
Schöpfungen einer
Phantasie,
die sich in die
Farben des
Morgenlandes zu kleiden liebte, bis
HerweghsGenius die
Gemüter in die lebendige Gegenwart zurückrief.
Freimarken - Freimaure
* 12 Seite 6.651.
Infolge von dessen bekanntem
Brief an den König von
Preußen
[* 11] veröffentlichte Freiligrath sein Gedicht »Ein
Brief«, worin er jenen angriff, und das
Herwegh in Veranlassung von Freiligraths
Elegie auf den
TodDiegoLeons mit seinem Gedicht
»Partei« beantwortete. Im J. 1842 erhielt Freiligrath durch die
Gunst des
Königs von
Preußen einen Jahrgehalt angewiesen, in dessen
Genuß er sich nach St. Goar begab, wo er mit dem mit gleicher Auszeichnung bedachten
EmanuelGeibel ein
¶
mehr
heiteres, nur der poetischen Produktion gewidmetes Zusammenleben führte. Freiligraths Poesie begann sich aber bald aus der
tropischen Fremde der Heimat zuzuwenden, und in seinem poetischen »Glaubensbekenntnis« (Mainz
[* 13] 1844) trat er plötzlich offen
zur Fahne des Liberalismus über und rechtfertigte diesen Schritt in einem prosaischen Vorwort zu dem »Glaubensbekenntnis«. Zugleich
verzichtete er, zum Teil infolge seines Verkehrs mit Hoffmann von Fallersleben, 1844 für die Zukunft auf
die königliche Pension.
In Holland, wo er sich niederzulassen gedachte, 1849 ausgewiesen, lebte er nun zu Bilk bei Düsseldorf,
erhielt jedoch im Oktober 1850 die Weisung, Preußen zu verlassen. Nachdem er indes seine zehnjährige Unterthanenschaft in
Preußen nachgewiesen, wurde er im Mai 1851 als Ortsbürger in Düsseldorf aufgenommen. Wegen des zweiten Hefts seiner »Politischen
und sozialen Gedichte« und wegen seiner Beteiligung an der demokratischen Zentralbehörde in Köln sollte
er abermals verhaftet werden, entzog sich aber der Verfolgung durch die Flucht nach England. Er lebte seitdem in London, fern
von den Umtrieben der Flüchtlingspropaganda, als Manager oder Direktor einer schweizerischen Bankkommandite.
Als das Bankhaus, in welchem Freiligrath seine Stellung hatte, 1867 fallierte, kam der schon früher angeregte
Gedanke, den Dichter durch eine Nationalsubskription seiner Muse zurückzugeben, zur Ausführung. Die Ergebnisse sicherten
dem Dichter ein sorgenfreies Leben, und er kehrte 1868 nach Deutschland zurück, um sich in Kannstatt
[* 18] bei Stuttgart
[* 19] niederzulassen,
wo er starb. Freiligraths poetische Richtung zeigte sehr früh ein gewisses überwiegen kräftiger
und farbenlodernder Deskription.
Während er jeden Stoff mit einer eigentümlichen Mischung von poetischer Empfindung und schildernder Realität zu erfassen
wußte, malte er doch mit Vorliebe Bilder des Meers, der Wüste, der Steppe, der tropischen Landschaft, Bilder des Kampfes und des
Grauens, leidenschaftlich gespannte Situationen, ohne darum der zarten und selbst innigen Empfindung ganz
zu entbehren. Mit der völligen Neuheit des Inhalts verbanden Freiligraths »Gedichte« (Stuttg.
1838, 43. Aufl. 1883) eine lebendige Originalität der Formen, selbst seine Wiederaufnahme desAlexandriners war eigentümlich.
Die meiste Verwandtschaft zeigte Freiligrath mit VictorHugo, dessen »Oden« und »Dämmerungsgesänge« er daher
auch mit noch unerreichter Meisterschaft nachdichtete (in der Sauerländerschen Ausgabe von VictorHugos Werken). Dasselbe gilt
von seinen Nachbildungen mehrerer englischer Lyriker, wie Th. Moore,
Tannahill, Fel.
Hemans, Burns etc. Einen weniger erfreulichen Eindruck als die erste Hauptgattung seiner Dichtungsweise machten
seine spätern politischen und Zeitgedichte.
Zwar ließ sich auch hier der große Meister der Form und Sprache
[* 20] sowie ein eminentes Talent, Zustände
und Situationen mit energischer Lebendigkeit plastisch darzustellen, nicht verkennen; aber die revolutionäre Überhitzung
namentlich der ältern Gedichte dieser Art in den Sammlungen: »Ein Glaubensbekenntnis« (Mainz 1844, neue Ausg. 1863),
»Politische und soziale Gedichte« (Düsseld. 1849-51, 2 Hefte)
hatte vielfach etwas Gekünsteltes. Die spätern, in der zweiten englischen Verbannung geschriebenen Gedichte sowie die herrlichen
patriotischen Dichtungen des Jahrs 1870 zeigten hingegen den Dichter im Vollbesitz seines Schwunges und seines glutvollen Kolorits.
Gedichte aus seiner ältern, nicht politischen Zeit enthält die Sammlung »Zwischen
den Garben« (Stuttg. 1849),
die spätesten Dichtungen erschienen außer in den gesammelten Werken auch in den »Neuen Gedichten«
(das. 1876, 3. Aufl. 1880). Außerdem gab er heraus: »RolandsAlbum« (Gedichte, Köln 1840); in Gemeinschaft mit I. ^[Ignatz]
Hub und Aug. Schnezler den 1. und 2. Jahrgang des »RheinischenOdeon« (Kobl. 1836 u. 1839);
Als Übersetzer ließ er den »Englischen Gedichten aus neuerer Zeit« (Zürich
[* 24] 1846) die
Übertragung von Shakespeares »Venus und Adonis« (Düsseld. 1849) und Longfellows »Hiawatha« (Stuttg. 1857) folgen. Aus seinem
Nachlaß erschienen noch zwei Jugendarbeiten: die Übersetzung von Byrons »Mazeppa« und die Erzählung »Der
Eggesterstein« (Stuttg. 1883). Freiligraths »Gesammelte
Dichtungen« (Stuttg. 1870, 6 Bde.; 5. Aufl.
1886) fanden eine glänzende Aufnahme, indem sie das Totalbild des originellen und liebenswürdigen Dichters vor die Augen
des deutschen Volkes stellten. Seit 1875 gab er für den Hallbergerschen Verlag zu Stuttgart ein illustriertes
Unterhaltungsblatt in englischer Sprache unter dem Titel: »Illustrated Magazine« heraus. - Freiligraths GattinIda Freiligrath zeichnete
sich ebenfalls als geschmackvolle Übersetzerin englischer Dichtungen aus;
seine älteste Tochter, Kate, übertrug Gedichte
ihres Vaters vortrefflich ins Englische.
[* 25]