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Feudalismus vor der Unterdrückung durch die königliche Gewalt zu retten suchten. Allein der Krieg hatte einen für die Verschwornen ungünstigen Ausgang. Die Schlacht bei St.-Aubin vernichtete für immer die Unabhängigkeit der Bretagne, und Franz mußte im Vertrag von Sablé sich von aller Verbindung mit den Feinden des Königs lossagen und versprechen, seine Töchter (worunter seine als Nachfolgerin anerkannte Tochter Anna) nicht ohne Einwilligung des Königs zu vermählen. Kurz darauf, starb Franz. Seine Tochter Anna heiratete später Karl VIII. und nach dessen Tod Ludwig XII. von Frankreich, deren Tochter Claudia König Franz I., wodurch die Bretagne an Frankreich kam.
[Frankreich.]
5) Franz I., König von Frankreich, Sohn Karls von Orléans, [* 2] Grafen von Angoulême, und der Luise von Savoyen, geb. folgte seinem kinderlosen Oheim, dem König Ludwig XII., auf dem französischen Thron. [* 3] Seine Erziehung war sehr vernachlässigt worden, da seine ehrgeizige und gewissenlose Mutter, um ihn an sich zu fesseln und unter seiner Regierung die Herrschaft zu bewahren, lediglich seinem Stolz und seinen sinnlichen Trieben geschmeichelt hatte.
In der That überließ er die Leitung der Staatsangelegenheiten ihr und ihren Günstlingen, dem Connetable Karl von Bourbon und dem Kanzler Duprat, und unternahm sofort einen Feldzug nach Italien, [* 4] um Mailand [* 5] zu erobern. Nachdem er die dasselbe schützenden Schweizer mit Hilfe der Venezianer bei Marignano besiegt hatte (13. und trat Herzog Sforza für eine Pension von 30,000 Dukaten das Herzogtum an ab. Dieser schloß mit dem Papst Leo X. ein Konkordat ab, welches die bisherige Selbständigkeit der französischen Kirche vernichtete und die Macht über dieselbe zwischen dem König und dem Papste teilte. Auch mit König Karl I. von Spanien, [* 6] dem Herrn der Niederlande, [* 7] stellte er sich freundlich, indem er zu Noyon mit demselben ein Bündnis abschloß.
Doch suchte er die Begründung einer habsburgischen Weltherrschaft dadurch zu verhindern, daß er sich nach dem Tode des Kaisers Maximilian 1519 eifrig um die deutsche Kaiserkrone bewarb und, als ihm dies nicht glückte, mit Karl V. einen Kampf um die Herrschaft Italiens [* 8] begann. Da er aber keine Verbündeten hatte, so fiel der erste Krieg Franz' gegen Karl V. (1521-26) sehr unglücklich für den erstern aus. Nachdem sein Angriff auf die Niederlande mißglückt, im Mailändischen sein Feldherr Lautrec bei Bicocca besiegt und über die Alpen [* 9] getrieben, der Connetable von Bourbon zum Kaiser übergegangen war, führte Franz selbst ein Heer nach Italien, ward aber nach tapferer Gegenwehr bei Pavia besiegt und gefangen genommen. Er wurde nach Madrid [* 10] gebracht und nicht eher freigelassen, als bis er in dem Madrider Frieden eidlich versprochen hatte, das Herzogtum Burgund an Karl abzutreten, auf Neapel [* 11] und Mailand zu verzichten, Karl von Bourbon zu restituieren und des Kaisers Schwester Eleonore, die Witwe des Königs von Portugal, zu heiraten; zur fernern Bürgschaft für die Ausführung des Friedens mußte Franz seine beiden Söhne zu Geiseln stellen.
Aber wie Franz gegen diese drückenden Bedingungen schon voraus im geheimen protestiert hatte, ließ er sie nach seiner Freilassung trotz der Gefangenschaft seiner beiden Söhne und trotz seines Schwurs unerfüllt, indem er sich auf den Widerspruch der französischen Stände berief. Papst Clemens VII., auf die Macht des Kaisers eifersüchtig, entband Franz seines Eides und schloß mit ihm zu Cognac ein Bündnis (die Heilige Liga) zur Befreiung Italiens, welchem auch Heinrich VIII. von England beitrat.
Indes dieser zweite Krieg gegen den Kaiser (1527-29) hatte kein besseres Ergebnis als der erste. Das kaiserliche Heer unter Bourbon, der bei der Erstürmung fiel, erstürmte u. plünderte Rom [* 12] (1527) und zwang dadurch den Papst zum Frieden. Ein französisches Heer unter Lautrec, welches 1528 bis Neapel vordrang und dieses belagerte, ging infolge des Mangels zu Grunde, welcher durch den Abfall des genuesischen Admirals Doria von Franz, der ihm mit Undank vergolten hatte, verursacht worden war. Ein andres französisches Heer in der Lombardei ward bei Landriano vernichtet. So mußte Franz froh sein, in dem durch Luise von Savoyen und des Kaisers Tante Margarete von Österreich [* 13] abgeschlossenen sogenannten Damenfrieden zu Cambrai den Madrider Frieden mit der Ermäßigung bestätigt zu erhalten, daß er, anstatt Burgund abzutreten, 2 Mill. Kronen [* 14] bezahlen sollte. Er mußte unthätig zusehen, wie nun Karl die französische Partei in Italien unterwarf und bestrafte; als Feldherr und Staatsmann hatte Franz I. gleich schimpfliche Niederlagen erlitten.
Bald nachher vermählte er sich versprochenermaßen mit Eleonore von Portugal, hatte aber zugleich eine Mätresse in der Person der Anna von Pisseleu, die er zur Herzogin von Etampes (s. d.) erhob. Überhaupt entsprach den glänzenden Außenseiten Franz' I. (seinem ritterlichen und eleganten Auftreten, seiner unleugbaren Geistesgewandtheit, seinen dichterischen Anlagen) sehr wenig der Kern seines Charakters, der in Leichtsinn, Wandelbarkeit, rücksichtsloser Selbstsucht bestand.
Dabei war er im höchsten Grad ausschweifend, wenn er auch äußerlich sich kirchlich-fromm zeigte. Den Wissenschaften und Künsten günstig gesinnt, stiftete er 1516 die Universität zu Angoulême, zog berühmte Gelehrte und Künstler, z. B. Lionardo da Vinci (der 1519 auf dem Schloß Clot bei Amboise starb), in sein Land, ließ durch Pélissier hebräische und griechische Manuskripte kaufen, gründete Bibliotheken und errichtete neue Professuren; Wilhelm Budäus, der vorzüglichste Kenner des Griechischen zur damaligen Zeit, ward sein Vorleser.
Unter den Künsten pflegte er besonders die Baukunst: [* 15] das Louvre, die Schlösser zu St.-Germain en Laye, Fontainebleau, Boulogne und Chambord wurden unter ihm erbaut. Die Maler Andrea del Sarto, Rosso Rossi, Primaticcio nahm er in seine Dienste; [* 16] Ruggieri, Fontana und Bellini schmückten Fontainebleau. Die innere Gesetzgebung dagegen hat Franz keine bedeutenden Fortschritte zu danken, außer daß er in alle richterlichen Akte die französische Sprache anstatt der lateinischen einführte und die geistliche Gerichtsbarkeit bedeutend beschränkte. Franz ließ sich durchaus von Günstlingen leiten.
Nach dem Tod seiner Mutter stand er unter der Herrschaft des harten, habgierigen und fanatischen Montmorency und, nachdem derselbe 1541 in Ungnade gefallen war, unter derjenigen des Kardinals von Tournon und des Marschalls von Annebaut, wenig befähigter, aber doch redlicher Männer, welche zumal die zerrütteten Finanzen wieder in guten Stand brachten. Die glänzende, geistreiche und humanistisch gebildete Umgebung des Königs neigte sich durchgehends den aus Deutschland [* 17] herüberkommenden Lehren [* 18] der Reformation zu, so besonders des Königs geistvolle und frivole Schwester Margarete von Navarra und ihr und sein Lieblingspoet Clément Marot. Aber in seiner despotischen Weise wandte sich nach ¶
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kurzem Zögern entschieden von dem Protestantismus ab und erließ gegen sie das Edikt von Fontainebleau welches allen Richtern die strengste Bestrafung der Ketzerei als eines nicht allein religiösen, sondern auch staatsgefährlichen Verbrechens zur Pflicht machte. Trotzdem machte sich Franz durchaus kein Gewissen daraus, sich nicht allein mit den deutschen Protestanten, sondern selbst mit den furchtbarsten Feinden der Christenheit, den Türken, gegen den Kaiser zu verbünden.
Als dieser durch einen siegreichen Zug gegen die tunesischen Seeräuber seine Kräfte geschwächt hatte, eröffnete Franz seinen dritten Krieg (1536-38) gegen ihn durch die plötzliche Eroberung des mit dem Kaiser alliierten Savoyen. Nachdem ein kaiserlicher Angriff auf die Provence an den Mauern von Toulon [* 20] gescheitert war (1536), führten die Bemühungen des Papstes Paul III. den Abschluß eines zehnjährigen Waffenstillstandes auf Grund des status quo zu Nizza [* 21] herbei.
Obwohl darauf die beiden Herrscher zwei persönliche Zusammenkünfte hatten, zu Aigues-Mortes (1538) und in Paris [* 22] (1539), wo sie scheinbar freundschaftlich verkehrten, so begann Franz doch nach Karls V. unglücklicher Expedition gegen Algier einen vierten Krieg. Indem er jedoch dabei die Türken zur Verwüstung Italiens herbeirief, erregte er den Abscheu ganz Europas. Während im Süden der Graf Franz von Enghien die Kaiserlichen bei Cérisoles schlug drangen Karl V. und Heinrich VIII. erobernd bis in die Nähe von Paris vor. So mußte Franz zu Crépy mit dem Kaiser Frieden schließen, welcher auf den Friedensbedingungen von Cambrai beruhte; mit England kam ein für Franz ungünstiger Friedensschluß erst zu stande.
Vergebens hatte also Franz 30 Jahre an der Wiederherstellung der französischen Macht in Italien mit Aufopferung unzähliger Menschenleben und vieler Millionen an Geld gearbeitet, denn bei seinem Tod war die habsburgische Macht dort fester und ausgedehnter als je zuvor. Franz I. hinterließ außer seinem Sohn und Nachfolger Heinrich II. noch zwei Töchter, Claudia (vermählt mit Jakob V. von Schottland) und Margarete (die Gemahlin Emanuel Philiberts von Savoyen). 1855 wurde im Louvre sein Reiterstandbild errichtet.
Vgl. Herrmann, Franz I. (Leipz. 1824);
Röderer, Louis XII et François I (Par. 1825, 2 Bde.);
Capefigue, François I et la Renaisssance ^[richtig: Renaissance] (Brüssel [* 23] 1845, 4 Bde.);
Mignet, Rivalité de François I et Charles-Quint (Par. 1875, 2 Bde.);
Coignet, François I (das. 1885);
Paulin Paris, Études sur François I (das. 1885, 2 Bde.).
6) Franz II., König von Frankreich, Sohn Heinrichs II. und der Katharina von Medicis, Enkel des vorigen, geb. zu Fontainebleau, vermählte sich 1558 mit Maria Stuart von Schottland und bestieg nach dem Tod seines Vaters den Thron. Streitigkeiten zwischen dem protestantischen Haus Bourbon und dem katholischen Haus Guise, welches den König ganz unter seinen Einfluß gebracht hatte, zerrissen unter ihm das Land, wodurch der Keim zu blutigen Bürgerkriegen gelegt ward. Franz starb schon ohne Kinder zu hinterlassen, an den Folgen eines Geschwürs im Ohr. [* 24] Ihm folgten nacheinander seine Brüder Karl IX. und Heinrich III. auf dem Thron.
Vgl. De la Barre-Duparcq, Histoire de François II (1867).
[Modena.]
7) Franz IV. Joseph Karl Ambrosius Stanislaus, Herzog von Modena, Erzherzog von Österreich, Sohn des Erzherzogs Ferdinand von Österreich, der, ein jüngerer Bruder Josephs II., durch seine Heirat mit der Erbtochter des letzten Herzogs von Modena, Maria Beatrix von Este (geb. 1803 Erbe von Modena geworden, aber schon 1806 gestorben war, gelangte durch die Bestimmungen des Wiener Kongresses 1815 zur Erbfolge im Herzogtum Modena und folgte seiner Mutter 1829 in den Herzogtümern Massa und Carrara.
Von dem maßlosesten Haß gegen die Revolution erfüllt, sah er überall nichts als Unzufriedenheit, Verschwörungen und revolutionäres Streben. Die Jesuiten, denen er unbeschränkte Gewalt, insbesondere auch über den Jugendunterricht, einräumte, bestärkten ihn in seinem despotischen Gebaren, indem sie die Sache des Absolutismus als die Sache Gottes und der alleinseligmachenden Kirche hinstellten. Schon 1821 war er die Seele der Verfolgungen des Karbonarismus.
Noch unerbittlicher zeigte er sich nach 1830, da ihn die französische Revolution mit banger Besorgnis erfüllte, weshalb er auch den König Ludwig Philipp nicht anerkannte, dagegen Don Karlos als legitimen König von Spanien unterstützte und Dom Miguel eine Freistätte an seinem Hof [* 25] gewährte. Einen vorbereiteten Aufstand dämpfte er 1831 durch Verhaftnahme der Verschwornen; gegen weitere an verschiedenen Orten drohende Aufstände suchte er in Wien [* 26] Hilfe, worauf er alle Verdächtigen zum Tod oder zu den Galeeren verurteilen ließ.
Das Junge Italien war der vorzüglichste Gegenstand seiner Verfolgungen. Der englischen Regierung verweigerte er die wegen einiger Schmähungen, die sich öffentliche Blätter gegen jene Macht erlaubt hatten, geforderte Genugthuung, weshalb England die diplomatische Verbindung mit ihm abbrach. Er starb Franz war Feldzeugmeister in der österreichischen Armee und seit 1812 mit Beatrix, der Tochter des Königs Viktor Emanuel von Sardinien, [* 27] vermählt. Von seinen Töchtern war die ältere, Therese, die Gemahlin des Grafen von Chambord, die jüngere, Marie, ist die des spanischen Prätendenten Johann.
8) Franz V. Ferdinand Geminian, Herzog von Modena, Sohn des vorigen, geb. folgte demselben 1846 und wußte sich nach dem Tod Marie Luisens von Parma [* 28] (1847) aus deren Erbschaft das Gebiet von Tivizzano zu verschaffen. Von Jesuiten erzogen, führte er die Regierung ganz in dem despotischen Geist seines Vaters und stützte sich auf die enge Verbindung mit Österreich, wie er denn auch 1847 österreichische Truppen nach Modena kommen ließ. Dennoch wurde er durch die Revolution im Frühjahr 1848 vertrieben und begab sich nach Österreich, von wo er aber nach der Niederlage der Piemontesen wieder in seine Hauptstadt zurückkehrte.
Anfangs milder auftretend, kehrte er doch bald, zumal nach einem auf ihn gemachten Attentat, zum alten Despotismus zurück und verfügte gegen jeden eines freien Strebens Verdächtigen die härtesten Strafen. Als Verbündeter Österreichs mußte er nach der Schlacht bei Magenta (Mai 1859) abermals sein Land verlassen und zog sich mit seinen Truppen zuerst nach Brescella und von da nach Mantua [* 29] zurück. Obgleich im Vertrag von Villafranca und im Züricher Frieden die Wiedereinsetzung des Herzogs festgesetzt war, so wurde doch mit Genehmigung Napoleons III. auf den entschiedenen Wunsch der Bevölkerung [* 30] Modena dem Königreich Sardinien einverleibt. F lebte seitdem abwechselnd in Wien und auf seinen Gütern in Böhmen [* 31] und starb in Wien. Er war seit in kinderloser Ehe mit der Prinzessin Adelgunde, Tochter des Königs Ludwig I. von Bayern, [* 32] vermählt; mit Franz ¶