anderseits auf die unmittelbar praktischen
Fragen, wie »Die soziale Steuerreform«
(Mainz
[* 8] 1881). Nach seiner
Ansicht sollte
Deutschland die
Basis einer großen mitteleuropäischen
Föderation bilden, die zur Vereinigung des ganzen abendländischen
Europa
[* 9] führen müßte. Hierin erblickt er das alleinige
Mittel, um die abendländischen
VölkerEuropas
vor dem
Verfall zu retten, dem sie unvermeidlich entgegengingen, wenn sie noch weiter durch gegenseitige
Kriege ihre
Kräfte
erschöpften, während
Nordamerika
[* 10] auf Grundlage seiner unermeßlichen Naturschätze zur ökonomischen, Rußland zur strategischen
Übermacht gelange.
Dargelegt wurden diese
Ideen zuerst in seinen »Untersuchungen über das europäische
Gleichgewicht«
[* 11] (Berl. 1859),
darauf in dem
»Föderalismus«
(Mainz 1879) und in der »Weltpolitik«
(Chemnitz
[* 12] 1883), welche
Schriften
unter anderm eine neue Weltanschauung, den Realidealismus, fordern. Hiernach mußte ihm auch das heutige
Deutsche Reich,
[* 13] unter
Ausschluß
Österreichs, als unzulänglich erscheinen, wie hervorgehoben wird in den
Schriften: »Das neue
Deutschland« (Leipz. 1871) und »Die
Religion des Nationalliberalismus« (das. 1872). Überhaupt hatte Frantz sich
stets außerhalb aller
Parteien gehalten, wie er denn auch eine
»Kritik aller
Parteien« (Berl. 1862),
vonWeißenthurn,Johanna, Schauspieldichterin und Schauspielerin, geb. 1773 zu
Koblenz
[* 18] als Tochter eines
Offiziers
und spätern Schauspielers,
NamensBenjaminGrünberg,
[* 19] mußte durch
Spielen in Kinderkomödien der verwitweten und
dann wieder verheirateten
Mutter das
Brot
[* 20] verdienen helfen und kam 1787 nach
München.
[* 21] Seit 1789 am Burgtheater in
Wien
[* 22] angestellt,
verheiratete sie sich 1791 mit einem Beamten obigen
Namens, blieb jedoch bei der
Bühne. Als Schauspielerin heroischer
Rollen
[* 23] wie auch im Konversationsfach war sie vortrefflich;
Napoleon, vor dem sie in
Schönbrunn 1809 die
Phädra
spielte, ließ ihr 3000
Frank mit besondern
Komplimenten zustellen. Nachdem sie 1842 der
Bühne entsagt hatte, starb sie in
Wien.
Ihre dramatischen Werke, die fast alle Beifall fanden, erschienen gesammelt als
»Schauspiele«
(Wien 1804-17, 6 Bde.),
(lat.
Franciscus, franz.
François, ital.
Francesco, span. Francisco, s. v. w.
Franke, Franzmann), männlicher Vorname,
den zuerst Franziskus von Assissi ^[richtig:
Assisi] getragen haben soll. Merkwürdige
Fürsten dieses
Namens:
Neutral bei dem KriegPreußens
[* 50] und Rußlands gegen Frankreich (1806-1807), ergriff er 1809 zum viertenmal
die Waffen
[* 51] gegen Napoleon I., verlor aber nach der Schlacht bei Wagram
[* 52] durch den Frieden von Wien abermals 100,000 qkm
Landes mit gegen 4 Mill. Einw. Ein freundschaftlicheres Verhältnis zwischen und Napoleon schien durch die
Vermählung Napoleons mit Franz' ältester Tochter, MarieLuise, geknüpft zu werden; doch hegte Franz gegen den französischen Usurpator
eine unüberwindliche persönliche Abneigung.
Nach einer Unterredung in Dresden vereinigte sich Franz (Mai 1812) mit Napoleon zum Feldzug gegen Rußland, hielt sich nach dessen
unglücklichem Ausgang einige Zeit neutral, trat aber von Metternich klug beraten, der Koalition
gegen Frankreich bei und ward durch den ersten PariserFrieden vom in den Besitz einer Ländermasse gesetzt, wie sie
keiner seiner Vorfahren besessen. Seit 1816 herrschte Franz, die äußere Politik seinem Staatsminister, dem FürstenMetternich,
überlassend, im Innern aber mit peinlicher Geschäftigkeit alles selbst verwaltend und den gelegentlichen
konstitutionellen Anwandlungen Metternichs unzugänglich, bis zu seinem erfolgten Tod in ungestörtem Frieden, der
nur in der Lombardei 1821 durch einen bald wieder gedämpften Aufstand unterbrochen wurde.
Unter seiner Regierung, welche einer möglichst unbedingten Stabilität huldigte, ward das meiste beim
alten belassen; doch wurde durch die Veränderung und Ergänzung der Josephinischen Gesetzbücher 1804 das Strafgesetzbuch
erneuert, 1810 ein neues
Bürgergesetz, eine neue Gerichtsordnung, die Sonderung und Verteilung der politischen, der Justiz-
und Kriminalgegenstände an drei verschiedene Hofstellen angeordnet und auf Grund einer 1792 vorgenommenen Landesvermessung 1817 eine
neue Grundsteuer festgesetzt u. dgl. Im übrigen
aber war das Prinzip der österreichischen Politik unter Franz: Niederhaltung jeder freiern geistigen Bewegung auf allen Gebieten,
Unterdrückung der liberalen, konstitutionellen Bestrebungen durch solidarische Verbindung der Kabinette im Sinn derHeiligen Allianz,
Abschließung des österreichischen Staats gegen alle gefährlichen und gefürchteten Berührungen mit andern Staaten
vermittelst eines sehr ausgebildeten Spionier- und Polizeisystems, Ignorierung, resp. Verfolgung
aller Fortschritte auf dem Gebiet der höhern Wissenschaft; nicht einmal auf dem materiellen Gebiet konnten bei der infolge
dieses Systems eintretenden Stagnation die reichen Hilfsquellen des Landes gehörig ausgebeutet werden. Franz war ein engherziger
und kleinlicher Geist.
Da er aber im persönlichen Auftreten ein patriarchalisches Wohlwollen zeigte, ein schlicht bürgerliches
Wesen in seinem Verkehr, ein prunkloses Hofleben zur Schau trug und mit jedem Unterthan aufs herablassendste im WienerDialekt
verkehrte, so besaß er, zumal beim Volk, eine große Popularität. Franz war viermal vermählt: seit 1788 mit ElisabethWilhelmine,
Prinzessin von Württemberg,
[* 53] die kinderlos starb;