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rauhes Weideland für Kühe und Schafe, [* 2] von denen die dünngesäete Bevölkerung [* 3] Käse gewinnt. Jenseit des Thals der Truyère erhebt sich die mittlere und größte Gruppe, der Cantal, ein mächtiger, dem Ätna [* 4] vergleichbarer erloschener Vulkan, ein Trachytdom, dessen Hauptgipfel, der Plomb du Cantal, 1858 m Höhe erreicht. Das Gebirge ist von den Meteorwassern und zahlreichen kleinen, radialen Flüssen derartig tief eingefurcht worden, daß ohne besondere Schwierigkeiten durch einen Tunnel [* 5] von 1159 m Höhe mitten durch dasselbe unter Benutzung zweier korrespondierender Thäler die Eisenbahn von Clermont nach Toulouse [* 6] hat gelegt werden können.
Herrliche Wälder bedecken zum Teil noch heute das Gebirge, namentlich an der regenreichern Westseite. Die dritte, nördlichste Gruppe, durch ein überaus ödes Hochland vom Cantal getrennt, zerfällt wieder in zwei Gruppen, die des Mont Dore und die des Puy de Dôme. Erstere gipfelt in der Vulkanruine des Puy de Sancy (1886 m), des höchsten Gipfels Innerfrankreichs, an welchem die Dordogne entspringt, die in tief eingeschnittenem Thal [* 7] erst nördlich, dann westlich gewendet das ganze Gebirge durchfließt.
Mehr als 30 km weit haben sich einzelne Lavaströme ergossen, und mehrere kleine Moore füllen kleinere, noch als solche erkennbare Krateröffnungen; andre Seen sind als Aufstauungen durch Lavaströme anzusehen. Heiße, vielbesuchte Heilquellen (Mont Dore und Bourboule) zeugen noch von der ehemaligen vulkanischen Thätigkeit, die hier von der zweiten Hälfte der Tertiärzeit bis zum Beginn der Quartärzeit geherrscht hat. Die Gruppe des Puy de Dôme besteht aus einer südnördlichen Reihe von mehr als 60 vulkanischen Kegeln (Puys), die sich mit zahlreichen wohlerhaltenen Kratern und Lavaströmen auf ca. 1000 m hohem Granitplateau 150-500 m hoch erheben, der Puy de Dôme selbst mit 1465 m der höchste.
Das Granitplateau, auf welchem sich diese alten Vulkane [* 8] der Auvergne erheben, setzt sich noch weit nach W. fort, durch die Flüsse [* 9] in zahlreiche Stücke zerschnitten. Der höchste und rauheste Teil desselben, in dem aber kein Gipfel 1000 m erreicht, ist das Plateau von Millevache (Mont Besson 984 m) mit den Quellen der Vienne, der Creuse, der Vézère und andrer Zuflüsse der Dordogne. Weite Striche sind hier mit Heidekraut bewachsen, aber auch Eichen- und Kastanienwälder finden sich. Der westlichste Teil wird als Plateau von Limousin bezeichnet. Auch hier kommen einzelne kleinere Kohlenbecken, wie die von Argentat und Brive im Dordogne-, von Decazeville im Lotbecken, vor.
Das zentrale Hochfrankreich ist der verhältnismäßig am dünnsten bevölkerte und ärmste Teil des Landes, mit wenig fruchtbarem Boden und rauhem Klima, [* 10] abgeschieden vom Weltverkehr. Nur einzelne Becken am Rande desselben machen, zum Teil erst in neuester Zeit durch Auffindung von Kohlenlagern, eine Ausnahme. Die Bevölkerung ist rauh und ungelenk wie der Boden, noch fern von Hyperkultur, aber bieder und ehrlich; alljährlich wandern Tausende derselben aus, um in den Ebenen und großen Städten, namentlich in Paris, [* 11] Unterhalt zu suchen.
Das Hochland ist rings von einer breiten Zone jurassischer Gesteine, [* 12] namentlich Kalksteine, umlagert, durch die es sich allmählich gegen das Becken der Loire und Garonne wie gegen den Ozean hinabsenkt. Namentlich im W., in den historischen Landschaften Angoumois und Aunis, ist dieselbe sehr breit, und im SW., zwischen dem mittlern Aveyron und Lot, entwickelt sie sich noch einmal zu einem den Causses ähnlichen Plateau, das nur infolge geringerer Höhe auch milderes Klima hat.
Man kann den Wechsel der geologischen Formation am Lauf der Flüsse, des Lot, der Dordogne u. a., erkennen, welche beim Eintritt in die Juraschichten außerordentliche Schlangenwindungen zu beschreiben beginnen. So ist das aus altkristallinischen Gesteinen aufgebaute zentrale Hochfrankreich fast ringsum (nur in den Bergen [* 13] des Vivarais treten dieselben unmittelbar an den Rhône heran) von einer breitern oder schmälern Zone jurassischer Gesteine umschlossen, die in Bezug auf Klima, Bodenerzeugnisse und Fruchtbarkeit sich deutlich von jenen abheben und, meist nur aus Hügelland bestehend, den Übergang zu den das Hochland an drei Seiten umlagernden Ebenen des Rhône, der Garonne, Loire und Seine bilden, so daß eben nur im NO. eine Verbindung mit den östlichen Grenzgebirgen vorhanden ist.
Im O. zunächst ist Hochfrankreich vorgelagert und trennt es wie ein Graben von Alpen [* 14] und Jura die breite Thalebene der Saône und des Rhône, welche sich nach NO. im Thal des Doubs bis zur Ill und dem Elsaß fortsetzt als ein mehrere Meilen breites Thor von kaum 350 m Höhe, durch welches eine Heer- wie Handelsstraße seit der ältesten Zeit aus Südwestdeutschland nach Südostfrankreich und dem Mittelmeer, jetzt auch Eisenbahn und (Rhein-Rhône-) Kanal [* 15] führen. Daher die hohe strategische Bedeutung von Belfort [* 16] und des jetzt so verstärkten Besançon. [* 17]
Diese Pforte erweitert sich zur Ebene von Burgund, die bei einer Höhe von 200-250 m, einer Breite [* 18] von 41-50 km und auf weite Strecken fast wagerechtem Boden (tertiäre und quartäre Schichten, nach den Rändern zu Jurakalk) von der langsam fließenden Saône, die sich oberhalb Châlon, dem Mittelpunkt der Ebene, mit dem Doubs vereinigt, entwässert wird. Sie hebt sich in dem Hügelland der Franche-Comté sanft auf die Höhen des Jura, während sie nach S. hin, zwischen Saône und Ain, dem Rhônezufluß aus dem Jura, sich zu dem merkwürdigen, von unzähligen kleinen Seen bedeckten kleinen Plateau (300 m) des Pays de la Dombes hebt.
Auch jenseit von Lyon, [* 19] dem Vereinigungspunkt von Saône und Rhône und darum einem wichtigen Verkehrsmittelpunkt, erstreckt sich die Ebene überwiegend auf dem linken Rhôneufer; aber im S. der Isère treten die Vorhöhen der Alpen näher an den Rhône heran, und die Ebene verengert sich; noch mehr südlich von der Drômemündung, jenseit Montélimart, aber tritt der Fluß durch die Enge von Donzère in die sich nun immer mehr erweiternde Ebene der Provence und von Languedoc, die sich, rings von Bergen umsäumt, ihrem Klima und ihrer Vegetation nach durchaus vom übrigen Frankreich absondert.
Auch sie besteht fast nur aus tertiären und quartären Bildungen, zum Teil, wie schon von Avignon an, jüngster Entstehung. Die Ebene von Languedoc, vom Rhône bis zu den Pyrenäen, steht, eine bis in die Mitte der Tertiärzeit noch vorhanden gewesene Meerenge ersetzend, durch die Einsenkung von Castelnaudary (190 m), durch welche der Canal du Midi oder Languedockanal (s. d.) die Garonne und somit den Ozean mit dem Mittelmeer verbindet, mit dem Garonnebecken, der aquitanischen Ebene, in Verbindung. Das Garonnebecken, der ganze Südwesten von Frankreich, ist ein zu Ende der Tertiärzeit erst trocken gewordener Meeresteil, der sich als ein großes Dreieck [* 20] zwischen dem Meer, dem zentralen Hochland und den Pyrenäen ausdehnt; Toulouse ist Mittelpunkt des obern, Bordeaux [* 21] des untern Beckens, welches selbst im erstern Teil nur 133 m Seehöhe erreicht. Nach W. hin, am Meer entlang zwischen Adour und Gironde, besteht ¶
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die Ebene aus dem Sumpf- und Heidegebiet der ^[richtig: des] Landes, an der untern Garonne bis an die Charente aus dem hügeligen Gebiet, welches die berühmten Bordeauxweine hervorbringt. Nach NO. hin steht das Garonnebecken durch den fast genau von N. nach S. gerichteten Teil des Charentethals, darauf eine nur 150 m erreichende Schwelle und jenseit derselben durch den gleich gerichteten Clain, den Nebenfluß der Vienne, über Poitiers mit der großen nordfranzösischen Ebene im Loire- und Seinebecken in Verbindung.
Diese Einsenkung zwischen Angoulême und Poitiers ist eine der wichtigsten, historisch berühmtesten Straßen von Frankreich, welche den Norden [* 23] mit dem Südwesten und Spanien [* 24] verband, daher bezeichnet durch zahlreiche Schlachten, [* 25] die an derselben geschlagen wurden, namentlich an ihrem nördlichen Ende bei Poitiers. Die Ebene an der Loire breitet sich fast gleichmäßig zu beiden Seiten des Flusses aus (Orléans [* 26] 93 m), zwischen Loire und Cher als das noch immer mit Seen und Sümpfen bedeckte und nicht völlig fieberfreie Gebiet der Sologne.
Eine weite Ausbuchtung der Ebene begleitet südwärts die Vienne und den Cher bis Poitiers (190 m) und Bourges (130 m), eine noch größere im N. reicht an der Sarthe bis Le Mans; [* 27] an der untern Loire verengert sich aber die Ebene wieder bis auf etwa 100 km und besteht nicht mehr aus tertiären und darunterliegenden, in den Flußthälern aufgeschlossenen Kreideschichten, sondern aus Granit, durch welchen sich die Loire unterhalb der Mündung der Maine in tiefer eingeschnittenem Thal einen Weg zum Meer gebahnt hat.
Jene eben geschilderte Einsenkung nämlich ist eine in der Jurazeit vorhanden gewesene Meerenge zwischen dem granitischen Hochfrankreich und dem ebenfalls überwiegend granitischen Nordwestfrankreich. Doch hat letzteres kein eigentliches zusammenhängendes Gebirgssystem und unbedeutende Höhen; das kleine Plateau von Gâtine in Poitou, welchem westlich die Ebene der Vendée vorgelagert ist, erreicht kaum 300 m und die Montagne d'Arrée (s. d.) in der nordwestlichsten Bretagne nur 391 m. Zwei breite Granitzonen, deren eine mit Ostwestrichtung bei Alençon, die andre mit Südost-Nordwestrichtung mit dem Gâtineplateau beginnt, stoßen in dieser Montagne d'Arrée zusammen und bilden, paläozoische (silurische) Schichten in der Mitte, den Boden Nordwestfrankreichs, das somit auch in dieser Hinsicht wie in Bezug auf seine reiche Küstenbildung, sein winterlich mildes, stets feuchtes Klima und seine Bevölkerung eine Sonderstellung einnimmt.
Dem Verkehr bieten sich hier bei der geringen Höhe der Granit- und Schieferplatte nur geringe Schwierigkeiten, Kanäle, die jetzt freilich für den Verkehr fast unnütz geworden sind, verbinden mitten durch das Land Nantes [* 28] mit Brest und St.-Malo, letzterer hat nur eine Scheitelhöhe von 64 m. Ostwärts umfaßt dieses aus älterm Gestein bestehende Gebiet der Bretagne auch noch den Südwesten der Normandie und die Halbinsel Cotentin, ja dort finden sich bei Alençon Höhen von 417 m, die höchsten Punkte Nordwestfrankreichs.
Wie aber das zentrale Hochland von einer Jurazone umgeben ist, welche auf dem ältern Gestein auflagert, so auch das nordwestliche gegen das Becken der Seine hin. Dieses letztere ist von der Loireebene nicht zu scheiden, und die Kanäle von Orléans und Briare, welche beide Flußsysteme verbinden, übersteigen mit ihren Scheitelpunkten 100 m nicht beträchtlich. Das Becken der Seine ist fast kreisrund und ringsum von einem Gürtel [* 29] von Jurakalksteinen umschlossen, welche nur an der Peripherie anstehen, nach innen aber das Liegende eines zweiten konzentrischen Ringes von Kreidekalken bilden, die ihrerseits überwiegend von tertiären Schichten bedeckt und nur an der Sohle der Flußthäler durch Erosion [* 30] bloßgelegt sind.
Der geologische Bau und die Entstehung des Seinebeckens sind eine ganz ähnliche wie die des Garonnebeckens. Es trägt den Charakter eines Hügellandes, das sich nur an den Rändern hier und da bis zu 300 m und mehr hebt. Paris, das nur noch 25-30 m ü. M. liegt, ist der Mittelpunkt; dort vereinigt sich die Marne mit der Seine, wenig unterhalb auch die Oise, dorthin konvergieren demnach alle Straßen, welche von NW., O., SO. und S. über den Rand in das Becken eingetreten sind. So erleichtert ist auch hier der Verkehr, daß Kanäle nicht nur das Seinegebiet mit dem der Loire und Saône, sondern auch mit Schelde, Maas und Rhein verbinden. So dem Verkehr mit dem Ausland günstig gelegen, wohlbewässert und fruchtbar, daß selbst die Abhänge des plateauartigen Kreidekalkgebiets der Champagne, das sonst nur als Weideland zu dienen vermag, noch die berühmten Weine hervorbringen, hat das Seinebecken und sein von der Natur so scharf bezeichneter Mittelpunkt schon früh die Führerrolle in Frankreich zu übernehmen vermocht.
Der Nordost- und Ostrand des Seinebeckens bildet nun zugleich einen Teil der vom Mittelmeer bis zum Kanal durch sich aneinander fügende Gebirge und Höhenzüge deutlich bezeichneten Ostgrenze Frankreichs. Dieselben beginnen an der engsten Stelle des Kanals (jenseit dessen sie sich in England fortsetzen), am Kap Gris Nez und bilden als ein niederer Höhenzug die Berge von Artois, die Wasserscheide zwischen dem belgischen Tiefland und der Somme und Oise. Kein Punkt in diesem Höhenzug erreicht 200 m, aber nach O. hin tritt an die Stelle der Kreide- und tertiären Bildungen die Kohlenformation, die eine bedeutende Industrie ins Leben gerufen hat.
Hier ist also die Grenze Frankreichs eine völlig offene, hier liegen daher zahlreiche Schlachtfelder und starke Festungen. Günstiger ist das Verhältnis nach dieser Seite hin weiter nach SO., wo von den Quellen der Schelde und Sambre an sich die äußersten Ausläufer der Ardennen, des Westflügels des Rheinischen Schiefergebirges, anschließen, deren einförmige, paläozoische (devonische) Schieferplatte noch von dichten Wäldern bedeckt und von der Maas und ihren Nebenflüssen Chiers und Semoy in tief eingeschnittenen, vielgewundenen Thälern durchbrochen wird.
Das ganze Ardennengebiet ist daher schwer zugänglich und von jeher vom Verkehr gemieden worden. In den südlichen Ardennen beginnt die Jurazone, welche das Seinebecken im O. und SO. umgrenzt und hier die Wasserscheide gegen die Maas bildet. Namentlich früher reichbewaldet, wird die höchste Erhebung derselben mit dem Namen Argonnen bezeichnet, welche die Westgrenze des Plateaus von Lothringen bilden. Im W. dem Jura, im O. der Trias angehörig, mitten von der Mosel durchflossen, dacht sich dasselbe nach N. ab, hat aber eine mittlere Höhe von 300-400 m. Im S. verwächst es mit den Monts Faucilles (Sichelbergen), im SO. mit den Vogesen, deren Kamm vom Mont Donon südwärts die Grenze bildet. Der Abfall der Vogesen ist nach O. zur Rheinebene ein steiler, zum westlichen Hochland ein sanfter; bei einer mittlern Kammhöhe von 1000 m erreichen die gewölbten Granitkuppen im S. 1400 m. Die westliche Abdachung bildet noch Buntsandstein. Nach S. fällt das Gebirge ziemlich steil zu der schon erwähnten Pforte von Belfort und Montbéliard ab, jenseit welcher sich der Jura erhebt. ¶