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zumal Seidenwaren und sogen. Konfektionsartikel (fertige Garderobegegenstände, Ausstattungen) setzten ebenfalls große Summen um. Das Bücherantiquariat wie auch der Antiquitätenhandel stehen in hoher Entfaltung. Buchhandlungen sind zahlreich, auch das Verlagsgeschäft hat sich neuerdings wieder gehoben.
Für den Warenhandel waren ehemals die beiden Messen (Frühjahr und Herbst) von großer Bedeutung. Im 16. Jahrh. beruhte Frankfurts Größe auf denselben, und damals hatte auch der deutsche Büchermarkt hier sein Zentrum. Neuerdings sind die Messen infolge des erleichterten Reiseverkehrs und der Aufhebung aller für Handel und Gewerbe drückenden Schranken gänzlich bedeutungslos geworden. Nur die Ledermessen und die Pferdemärkte haben sich auf der alten Höhe erhalten.
Der wichtigste aller Handelszweige Frankfurts ist das Geld-, Wechsel- und Bankgeschäft. Auf ihm beruht die internationale Bedeutung Frankfurts, das einer der ersten Wechsel- und Börsenplätze Europas ist. Die Frankfurter Bank, seit 1854, mit Notenemissionsrecht, ein Institut von anerkannter Solidität, daneben eine Reichsbankhauptstelle (seit 1871) und eine Reihe von Privatbanken (ohne Notenemission, Deutsche [* 2] Effekten- und Wechselbank, Frankfurter Bankverein, Deutsche Vereinsbank) und Bankgeschäfte vermitteln und befördern den Geldverkehr. Außer der Fondsbörse (vormittags) mit dem Hauptbörsenverkehr besteht in der Effektensocietät eine regelmäßige Abendbörse. Speziellen Zwecken gewidmet sind die Hypothekenbank, Hypothekenkreditverein, Landwirtschaftliche Kreditbank, Frankfurter Baubank, Gewerbekasse, Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften (darunter Providentia und Phönix), Sparbank, Sparkasse, Ersparungsanstalt, Pfennigsparkasse etc.
Zahlreich sind die Wohlthätigkeitsanstalten und die Vereine für milde Zwecke. Neben dem städtischen Krankenhaus [* 3] bestehen das Heiliggeist-Spital (seit 1278 vorkommend, seit 1839 in einem Neubau) als Anstalt für Gesellen, Dienstboten und Fremde, das Senckenbergsche Stift, ein Hospital für Bürger und Pfründneranstalt, von dem Arzt Joh. Chr. Senckenberg (gest. 1772) gestiftet, zwei Entbindungsanstalten; ein Kinderspital, ein israelitisches Gemeindespital, Diakonissenanstalten, Armenklinik, Augenheilanstalt und kleinere Hospitalstiftungen, mehrere Spezialkliniken, eine allgemeine Poliklinik sowie zahlreiche Krankenkassen dienen der Unterstützung in Krankheitsfällen.
Ein städtisches Waisenhaus und mehrere konfessionelle Waisenanstalten, Stipendienstiftungen und Erziehungsvereine sind der Erziehung elternloser oder unbemittelter Kinder gewidmet. Der allgemeine Almosenkasten (1428 gegründet, 1532 reformiert), die konfessionellen Almosenkasten, ein Armenverein, eine Anzahl kleinerer Stiftungen und Frauenvereine ergänzen die seit 1883 nach dem Elberfelder System umgestaltete städtische Armenpflege. Die beiden ehemaligen Frauenklöster zu St. Katharina und der Weißfrauen sind in weibliche Versorgungsanstalten für Lutheraner umgewandelt, außerdem stehen dem städtischen Versorgungshaus für Altersschwache noch mehrere konfessionelle Versorgungsstiftungen u. Siechenhäuser zur Seite. Endlich befinden sich in Frankfurt [* 4] noch eine Irrenanstalt, eine Taubstummen-Erziehungsanstalt und eine Blindenanstalt.
[Bildungsanstalten, Behörden etc.]
Der Jugendbildung dienen ein städtisches Gymnasium, ein in Vorbereitung begriffenes königliches Gymnasium, 2 Realgymnasien (eins mit Handelsschule), eine Oberrealschule und 4 Realschulen, ein kath. Progymnasium, 2 höhere Töchterschulen, zahlreiche Bürger- und Volksschulen (simultane wie konfessionelle, auch israelitische). Das Städelsche Kunstinstitut (1816 von dem Bankier J. Fr. ^[Johann Friedrich] Städel gegründet) besitzt eine reiche Gemälde- und Kupferstichsammlung sowie Gipsabgüsse nach Antiken, daneben auch eine Kunstbibliothek und eine Kunstschule zur Heranbildung von Malern, Bildhauern und Architekten.
Die Kunstgewerbeschule des Mitteldeutschen Kunstgewerbevereins besitzt eine Vorschule und verschiedene Fachklassen. Der Verein unterhält daneben eine Fachbibliothek und eine permanente Kunstgewerbeausstellung, der Kunstverein eine permanente Gemäldeausstellung (zum Verkauf). Das städtische historische Museum (im Archivgebäude) enthält Gemälde und Altertümer. Das Freie deutsche Hochstift (in Goethes Vaterhaus) sammelt eine litterarische Bibliothek und veranstaltet Vortragscyklen und Einzelvorträge aus allen Wissensgebieten, das Senckenbergsche Stift, die damit verbundene Senckenbergsche naturforschende Gesellschaft (1817 gegründet und im Besitz eines bedeutenden naturhistorischen Museums), der Physikalische und Geographische Verein Spezialkurse u. Einzelvorträge ihrer Wissenschaften.
Die genannten naturwissenschaftlichen Vereine haben ihre Bibliotheken mit der des Senckenbergianums vereinigt, die Polytechnische Gesellschaft (gegründet 1816), der auch der genannte Mitteldeutsche Kunstgewerbeverein sich angeschlossen hat, ist Gründerin verschiedener nützlicher Institute (so Sparkasse, Blindenanstalt) und auch einer Bibliothek meist technischen und gewerblichen Inhalts, so daß die Stadtbibliothek in ihren Aufgaben wesentlich entlastet ist.
Daneben bestehen eine Volksbibliothek und zahlreiche kleinere Spezialbibliotheken von Vereinen und Instituten. Zwei Musikkonservatorien, eine Musikschule und mehrere Musikvereine (der Philharmonische Verein, der Cäcilienverein, Rühlsche Gesangverein u. a.) pflegen die Musik. Der Frauenbildungsverein besitzt eine Kochschule und eine gewerbliche Fortbildungsschule. In F. erscheinen sieben tägliche Zeitungen, deren älteste das »Frankfurter Journal« (nationalliberal),
deren bedeutendste aber die »Frankfurter Zeitung« (demokratisch) ist. Daneben werden eine Anzahl ausschließlich dem Geldverkehr dienender periodischer Blätter, mehrere Wochenblätter (darunter zwei humoristische) und verschiedene periodische Zeitschriften wissenschaftlichen und technischen Inhalts hier verlegt. Frankfurt ist der Sitz zahlreicher Behörden: Polizeipräsidium, zugleich Landratsamt für den Stadtkreis, Oberlandesgericht (für die Landgerichte Frankfurt, Hechingen, Limburg [* 5] a. L., Neuwied, Wiesbaden), [* 6] Landgericht (für die Amtsgerichte Bockenheim, Frankfurt, Homburg), [* 7] Oberpostdirektion, königliche Eisenbahndirektion, Handelskammer und 2 Konsistorien.
Die städtischen Behörden gipfeln in dem Magistrat (16 Mitglieder) und 57 Stadtverordneten. Die bedeutendsten europäischen und außereuropäischen Staaten haben Konsulate in Frankfurt. Von Militärbehörden sind hier Kommandantur, Kommando der 21. Division, der 21. Kavalleriebrigade und der 42. Infanteriebrigade; die Garnison bildet das 1. hessische Infanterieregiment Nr. 81. Das 1. hessische Husarenregiment Nr. 13, zur Frankfurter Garnison gehörig, liegt in Bockenheim.
Das Wappen [* 8] der Stadt ist ein weißer, goldgekrönter und -bewehrter Adler [* 9] in Rot.
An Vergnügungsorten stehen voran: Palmengarten und zoologischer Garten, [* 10] beide mit täglichen Konzerten, Opernhaus, Schauspielhaus, Museumskonzerte (Saalbau) und zahlreiche andre Konzerte. ¶
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Spaziergänge in der Umgebung: in den bedeutenden, sehr gut verwalteten Stadtwald (am Pfingstdienstag im dortigen Forsthaus das Frankfurter Volsfest ^[richtig: Volksfest], sogen. Wäldchestag), nach Bergen, [* 12] Bockenheim, Hausen, Rödelheim, Niederwald, woselbst auch die Pferderennen stattfinden. Der Rudersport [* 13] steht zu in hoher Blüte. [* 14] Der Taunusklub veranstaltet regelmäßige Exkursionen in die benachbarten Gebirge.
[Geschichte.]
Die Stelle, wo heute die Altstadt liegt, war eine sumpfige, von zahlreichen Flußarmen durchzogene Niederung und ist deshalb später bebaut worden als die Hochebene oberhalb derselben. Die Römerstraßen von Mainz [* 15] nach Heddernheim (Novus vicus), der Saalburg (Arctaunum), Friedberg [* 16] und den Grenzbefestigungen am Odenwald und Spessart umgingen diese Niederung, welche, wie noch jetzt zahlreiche Flurnamen beweisen, auf beiden Seiten des Flusses mit Wald bedeckt war. Frankfurt wird erst 793 urkundlich genannt, kommt aber schon 794 als namhafter Ort vor.
Karl d. Gr. baute sich an der »Frankenfurt« einen Königshof, welcher an der Stelle der jetzigen St. Leonhardskirche stand, und hielt 794 hier eine Kirchenversammlung, auf welcher der Adoptianismus verdammt und der Bilderdienst verworfen wurde. Ludwig der Fromme wählte Frankfurt zum Wohnsitz, erweiterte die Pfalz, ließ an der Stelle des spätern Saalhofs einen noch größern Palast erbauen und umgab die Stadt 838 mit Mauern und Gräben. Nach dem Vertrag von Verdun [* 17] (843) wurde Frankfurt die Hauptstadt des ostfränkischen Reichs oder Deutschlands. [* 18]
Das häufige Verweilen der Kaiser und Könige in Frankfurt, die wiederholt hier gehaltenen Reichstage und Kirchenversammlungen, die Errichtung eines geistlichen Stifts und die zahlreichen Schenkungen an die dortige Kirche förderten das städtische Gemeinwesen ungemein. Auch als die deutschen Kaiser keine beständige Residenz mehr hatten, blieb Frankfurt doch kaiserliches Kammergut und Hauptort von Ostfranken. Nachdem Kaiser Friedrich I. 1152 hier gewählt worden, wurde die Stadt herkömmlich Wahlstadt der deutschen Könige. Im J. 1245 wurde Frankfurt unmittelbare Reichsstadt, und 1250 wurde die Burggrafschaft daselbst in das Reichsschultheißenamt verwandelt.
Der Frankfurter Schöppenstuhl war der Oberhof (Obergericht) für die ganze Wetterau und die angrenzende Gegend. Anfangs gehörten die meisten Einkünfte der Stadt dem Reich; erst später, besonders unter Heinrich IV. und Friedrich II., wurden diese Einkünfte und sogar die Verwaltung selbst verpfändet oder verkauft. Die Gewalt in der Stadt lag zuerst in den Händen des Vogts und des Schultheißen. Schon früher wählten sich jedoch die Bürger eigne Bürgermeister mit Beisitzern, denen die Polizeiverwaltung und niedere Gerichtsbarkeit oblag, und da diese die Gunst des Kaisers genossen, ward die Würde der Vögte endlich zur Zeit des Interregnums (1257) ganz beseitigt.
Kaiser Ludwig der Bayer, dem die Bürger, obgleich Friedrich von Österreich [* 19] schon Sachsenhausen besetzt hatte, die Thore der Stadt öffneten, gab derselben 1329 die Erlaubnis, alle ihre verpfändeten Einkünfte, Ämter und Rechte einzulösen und bis zur Wiederauslösung von seiten des Reichs zu behalten. Dazu verbot er die Erbauung neuer Schlösser am Main und die Anlegung neuer Zölle in einem Umkreis von zehn Stunden, gewährte der Stadt das Recht, Bündnisse zu schließen, und erweiterte sie 1333. Auch in Frankfurt wurden die städtischen Ämter allmählich ein Erbteil einzelner hervorragender alter Geschlechter, was zu vielen Streitigkeiten mit den Zünften den Anlaß bot.
Kaiser Karl IV. teilte endlich den Rat in die drei (je aus 14 Mitgliedern bestehenden) Bänke der Schöffen, der Gemeinde und der Zünfte. Durch die Goldene Bulle wurde Frankfurt 1356 beständige Wahlstadt der deutschen Kaiser, mit der Verpflichtung, den Wahlakt zu schirmen; 16 Jahre später brachte die Stadt das Schultheißenamt an sich. Vorzügliche Verdienste um seine Vaterstadt erwarb sich Jakob Knoblauch, welcher bei Kaiser Ludwig und Karl IV. die wichtigsten Privilegien, z. B. die, jährlich neben der seit 1240 bestehenden Herbstmesse eine Ostermesse zu halten, und das Münzrecht für Frankfurt erwirkte. Er löste auch die kaiserliche Pfalz ein und stellte sie wieder her.
Sein Schwiegersohn Siegfried von Marburg [* 20] vereitelte dann einen Versuch des Landvogts Ulrich III. von Hanau, [* 21] der Stadt das Schultheißenamt zu entreißen und vor ihren Thoren einen Zoll zu errichten. Als Mitglied des Rheinisch-Schwäbischen Städtebundes schickte Frankfurt öfters seine Söldner aus, um die Burgen [* 22] der Raubritter und Wegelagerer brechen zu helfen, wobei der Stadt Niederlagen nicht erspart blieben. Kaiser Maximilians I. ewiger Landfriede gab ihr die Ruhe wieder. Seitdem blühten Künste und Gewerbe auf, die Wissenschaften wurden gepflegt, und die Erfindung der Buchdruckerkunst förderte auch hier Bildung und Intelligenz.
Die Reformation, die in Frankfurt 1530 Eingang fand, befreite die Stadt endlich von dem übermäßigen klerikalen Druck, der auf ihr gelastet hatte. Nach einigem Zögern trat Frankfurt 1536 auch dem Schmalkaldischen Bund bei, öffnete jedoch im Dezember 1546 nach dem unglücklichen Feldzug der Verbündeten an der Donau den Kaiserlichen seine Thore. In den Jahren 1531-46 wurden in Frankfurt mehrere Konvente der protestantischen Fürsten abgehalten, wie auch 1558 hier auf einem Reichstag der Frankfurter Rezeß (s. d.) geschlossen ward.
Als Kaiser Matthias 1612 die städtischen Privilegien bestätigte, kam es zu erheblichen Ruhestörungen, indem sich ein Teil der Bürgerschaft unter Leitung von Vinzenz Fettmilch gegen den Rat erhob und der Pöbel eine Judenverfolgung begann. Der Kaiser beauftragte Mainz und Hessen-Darmstadt mit der Herstellung der Ordnung, was jedoch erst 1616 gelang, wo der Bürgervertrag errichtet und das Zunftwesen aufgehoben wurde. Die Juden erlangten vom Kaiser ein Mandatum poenale restitutorium, zogen unter Militärbedeckung wieder in die Stadt ein und machten den Tag der Rückkehr (20. Adar) zu einem jährlichen Festtag, der den Namen Purim Vinz führt. Im Dreißigjährigen Krieg wußte Frankfurt stets die Neutralität zu behaupten, hatte aber dennoch viel, zumal durch die Pest, zu leiden. Im Westfälischen Frieden wurde es als Reichsstadt bestätigt und gelangte bald zu neuem Wohlstand. Im J. 1681 fand hier ein Kongreß der deutschen Fürsten statt, um der französischen Willkür entgegenzutreten; doch kam es infolge von Rangstreitigkeiten unter den Gesandten zu keinem Resultat.
Als sich die Bürger wegen der drückenden Abgaben und des willkürlichen Regiments an den Kaiser wendeten, gab dieser der städtischen Verfassung, namentlich durch Einsetzung des Bürgerausschusses, eine zeitgemäße Änderung. Während des Siebenjährigen Kriegs wurde Frankfurt von den Franzosen, welche seit 1757 öfters Truppen hatten durchmarschieren lassen, am besetzt und behielt trotz vieler Proteste die französische Besatzung bis zum Schluß des Kriegs. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. ließen sich in Frankfurt viele um ihres Glaubens willen vertriebene niederländische Familien nieder, welche den Unternehmungsgeist und die ¶