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Verkehr und legte den Grund zu einer nationalen Bildung und Gesittung, welche sich auf den Trümmern der antiken Kultur aufbaute.
Diese großartige Schöpfung hatte jedoch keinen dauernden Bestand. Als auf Karl d. Gr. in der Person seines Sohns Ludwig des Frommen (814-840) ein Herrscher folgte, welcher seiner schwierigen Aufgabe in keiner Weise gewachsen war, war die Einheit des Reichs nicht aufrecht zu erhalten, und die nationalen Verschiedenheiten traten in ihr Recht ein. Die schon 817 von Ludwig festgestellte Thronfolgeordnung, gemäß der sein ältester Sohn, Lothar, die Kaiserwürde und den größten Teil des Reichs, der zweite, Pippin, Aquitanien, der dritte, Ludwig, Bayern [* 2] erhalten, die beiden letztern aber Lothar untergeordnet sein sollten, wurde von dem Kaiser selbst später zu gunsten seines Sohns von seiner zweiten Gemahlin, Judith, Karls des Kahlen, aufgehoben; dadurch aber entstand ein unheilvoller Zwist zwischen Ludwig und seinen Söhnen, welcher das Reich im Innern zerrüttete und den äußern Feinden (Normannen und Arabern) Gelegenheit zu furchtbaren Angriffen auf seine Grenzen [* 3] gab. Als Ludwig, mitten im Streit gegen seine Söhne (von denen Pippin 838 gestorben war), 840 starb, versuchte Lothar mit der Kaiserkrone auch die Alleinherrschaft zu gewinnen, stieß aber allenthalben auf Widerstand. Der Streit zwischen den Brüdern wurde erst 843 durch den Teilungsvertrag von Verdun [* 4] beendigt, durch welchen das in drei Reiche, Ostfranken, Italien [* 5] (mit Burgund und Lothringen) und Westfranken, zersplittert ward.
Die älteste Linie der Karolinger, die Lothars, erlosch zuerst, nachdem sie sich 855 beim Tod Lothars I. wieder in drei Linien geteilt hatte: Burgund kam 863 nach Karls Tod unter einheimische Könige, Lothringen ward nach Lothars II. Tod (869) im Vertrag von Mersen unter die Reiche Ost- und Westfranken geteilt, in Italien erloschen die Karolinger 875 mit Kaiser Ludwig II., und nur vorübergehend erlangten die karolingischen Herrscher von West- oder Ostfranken die Kaiserkrone und die Herrschaft über Italien.
Das ostfränkische Reich erweiterte sich 870 um den deutschen, größern Teil Lothringens und umfaßte nun alle germanisch gebliebenen, deutsch redenden Stämme des Frankenreichs. Sein erster König, Ludwig der Deutsche [* 6] (843-876), verteidigte es mit Erfolg gegen Normannen und Slawen. Bei seinem Tod zerfiel es zwar durch Teilung unter seine Söhne, aber nur auf kurze Zeit: nach Karlmanns (880) und Ludwigs (882) Tod ward Karl der Dicke (876-887) Alleinherrscher, der sogar 884-887 wieder das ganze Reich unter seinem Zepter vereinigte.
Ihm folgte in Ostfranken Arnulf von Kärnten (887-899), der siegreich gegen Normannen und Slawen kämpfte. Der letzte karolingische König Ostfrankens war Ludwig das Kind (899-911). Allerdings hatten sich wieder Herzogsgeschlechter an die Spitze der fünf Stämme gestellt, welche das ostfränkische Reich bildeten, der Franken, Sachsen, [* 7] Bayern, Schwaben und Lothringer; aber die völlige Auflösung des Reichs wurde noch verhindert und die Neubildung des Deutschen Reichs aus dem ostfränkischen durch die sächsischen Kaiser ermöglicht (s. Deutschland, [* 8] Geschichte, S. 849). Im neuen Reich blieb der Name Franken nur dem Herzogtum Franken (s. d.). Karls des Kahlen Anteil, der alles Land westlich von Schelde, Maas und Saône bis an den Ebro und den Rhône, also Neustrien, Aquitanien, die spanische Mark, Septimanien und ein Stück von Burgund, umfaßte, behauptete schließlich allein den Namen des Frankenreichs oder Frankreichs (s. d.) und blieb am längsten unter der Herrschaft der Karolinger (bis 987).
Vgl. Watterich, Die Germanen des Rheins (Leipz. 1872);
Waitz, Das alte Recht der salischen Franken (Kiel [* 9] 1846);
Thierry, Récits des temps mérovingiens (neue Ausg., Par. 1882, 2 Bde.);
Junghans, Geschichte der fränkischen Könige Childerich und Chlodovech (Götting. 1857);
Bornhak, Geschichte der Franken unter den Merowingern (Greifsw. 1863);
Löbell, Gregor von Tours und seine Zeit (2. Aufl., Leipz. 1869);
Gérard, Histoire des Francs d'Austrasie (Brüss. 1865, 2 Bde.);
Richter, Annalen des fränkischen Reichs im Zeitalter der Merowinger (Halle [* 10] 1873);
Pertz, Geschichte der merowingischen Hausmeier (Hannov. 1819);
Lehuërou, Histoire des institutions mérovingiennes et du gouvernement des Mérovingiens (Par. 1841);
Derselbe, Histoire des institutions carlovingiennes (das. 1843);
Warnkönig und Gérard, Histoire des Carolingiens (Brüss. 1862, 2 Bde.);
Kaufmann, Deutsche Geschichte bis auf Karl d. Gr. (Leipz. 1880);
Waitz, Die Verfassung des fränkischen Reichs (Kiel 1882 ff.);
»Jahrbücher des fränkischen Reichs«, herausgegeben von Breysig, Hahn, [* 11] Ölsner, Abel, Simson und Dümmler; Arnold, Fränkische Zeit (Gotha [* 12] 1882).