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wieder einen eignen König zu geben. Letzterer erhielt 670 auch die Herrschaft über Neustrien und Burgund, wurde aber 673 wegen der drückenden und allgemein verhaßten Herrschaft seines Majordomus Wulfoald meuchlings ermordet, und nun brach eine allgemeine Anarchie und Verwirrung in den drei Reichen aus. Die Könige traten während derselben schon völlig in den Hintergrund, und die Majordomus entschieden die politischen Angelegenheiten. Während als solcher Ebroin in Neustrien und Burgund seine hervorragende Stellung durch Anwendung der rücksichtslosesten Mittel zu behaupten wußte, erhob sich in Austrasien Pippin der Mittlere (Pippin von Heristall), Sohn Ansegisels, Enkel Pippins des ältern und Arnulfs von Metz. [* 2]
Dieser besiegte 687 in der Schlacht bei Testri unweit St.-Quentin Berthar, den zweiten Nachfolger Ebroins im Majordomat von Neustrien und Burgund, und ward nach Berthars Ermordung (688) als alleiniger Majordomus des gesamten fränkischen Reichs anerkannt. Den somit erneuerten Gedanken der Reichseinheit vertrat Pippin auch gegenüber den partikularistischen Gewalten, welche sich unter den Wirren der letzten Jahrzehnte in den einzelnen Teilen der Monarchie, insbesondere in den deutschen Gebieten, gebildet hatten, auf das kräftigste. Er bezwang 689 den Friesenfürsten Ratbod und zwang ihn zur Abtretung Westfrieslands; er unterwarf 709-712 die Alemannen, welche seit längerer Zeit dem Reich entfremdet waren; auch das Christentum faßte unter ihm bei den Bayern [* 3] festen Fuß, wo der heil. Rupert zu dem Bistum Salzburg [* 4] den Grund legte, während St. Kilian in Ostfranken am Main, St. Willibrord in Friesland als Missionäre thätig waren.
Als Pippin 714 starb, übernahm seine Gemahlin Plektrudis für ihren Enkel Theudoald, den schon der Vater mit der Majordomuswürde bekleidet hatte, und für den König Dagobert III., welcher 711 seinem Vater Childebert III. gefolgt war, die vormundschaftliche Regierung, indem sie Karl Martell, den Sohn Pippins von der Alpaida, gefangen hielt. Gegen sie erhoben sich die Großen Neustriens, welche die Gelegenheit benutzten, wieder einen eignen Majordomus aufzustellen; Karl Martell aber entkam seiner Haft und trat in Austrasien an die Spitze einer großen Partei. Er erfocht bei Vincy 12. März 717 einen entscheidenden Sieg über die Neustrier, die er bis Paris [* 5] verfolgte, nötigte Plektrudis zur Unterwerfung, erhob Chlotar IV. auf den Thron, [* 6] schloß aber nach dessen Tod 719 mit dem König Chilperich II. von Neustrien einen Frieden, durch welchen er letztern als König des gesamten Reichs anerkannte.
Schon im folgenden Jahr bedrohte die fränkischen Grenzen [* 7] der gefährlichste Feind, die Araber, welche nach der Unterwerfung Spaniens 720 die Pyrenäen überschritten und trotz wiederholter Niederlagen ihre Einfälle immer wieder erneuerten, bis Karls glänzender Sieg bei Tours [* 8] 732 die abendländisch-christliche Zivilisation vor der drohenden Vernichtung bewahrte. Auch die Kämpfe des Vaters gegen die noch einmal abgefallenen Alemannen nahm Karl auf; er bezwang sie sowohl als die Bayern, Friesen und die Aquitanier; er eröffnete die Kriege gegen die Sachsen, [* 9] und in Deutschland [* 10] begann unter seinem Schutz Bonifacius (s. d. 2) das großartige Werk der Organisation der christlichen Kirche unter Anerkennung des Primats von Rom. [* 11] Die Stellung Karls, der als der Schöpfer der karolingischen Monarchie angesehen werden kann, war in seinen letzten Jahren so stark, daß er, als 737 Theuderich IV., der Nachfolger Chilperichs II., gestorben war, es wagen konnte, den Königsthron ganz unbesetzt zu lassen. Nachdem er das Reich unter seine beiden Söhne, Karlmann und Pippin den jüngern (Pippin den Kleinen, 741-768), geteilt hatte, starb Karl Martell 21. Okt. 741 zu Kiersy.
Die beiden Brüder schlugen gemeinschaftlich eine Empörung ihres Stiefbruders Grifo und einen Aufstand in Bayern nieder und hoben das Herzogtum in Alemannien ganz auf, worauf Karlmann 747 ins Kloster ging und seinem Bruder allein die Regierung überließ. Pippin, durch persönliche Tüchtigkeit vor allen im Volk ausgezeichnet, durfte nun den letzten Schritt zu dem Ziel wagen, zu welchem ihm seine Vorfahren den Weg gebahnt hatten. Mit Zustimmung des Papstes, welcher die Erhebung des Pippinschen Stammes auf den Thron der Franken jetzt um so mehr begünstigen mußte, als er der Unterstützung desselben gegen die Langobarden bedurfte, ward Pippin 751 im November zu Soissons zum König erhoben, während Childerich III., der letzte Merowinger, den die Brüder 743 auf den Thron gesetzt hatten, des sein Geschlecht auszeichnenden Schmuckes, des ungeschornen Haupthaars, beraubt und in ein Kloster geschickt wurde.
Die Mitwirkung der Kirche bei dieser Revolution fand auch in der Salbung des neuen Königs, die bis dahin den Franken unbekannt war, ihren Ausdruck. Aus Dankbarkeit kam Pippin 754 und 755 dem päpstlichen Stuhl gegen die Langobarden zu Hilfe, suchte jedoch alsdann dieselben, um nicht an ihnen einen neuen Feind zu haben, dadurch wieder zu versöhnen, daß er seine Söhne mit Töchtern des Königs Desiderius vermählte. Die Ansprüche des griechischen Kaisers auf das den Langobarden entrissene Exarchat wies er durch Abtretung desselben an die Kirche zurück.
Noch waren die Grenzen des Reichs, besonders im Osten, nicht gehörig gesichert, als Pippin (768) starb. Noch bei seinen Lebzeiten hatte er das Reich unter seine beiden Söhne so geteilt, daß Karl außer Austrasien auch Aquitanien und Karlmann alles übrige Land bekommen sollte. Dennoch verhinderte nur Karlmanns früher Tod (771) blutige Händel zwischen den Brüdern. Die unmündigen Kinder Karlmanns wurden von Karl ohne Schwertstreich aus ihren Besitzungen vertrieben, und ihr Großvater Desiderius führte durch den Versuch, ihre Rechte auf den fränkischen Thron geltend zu machen, den Sturz seines Reichs herbei (774).
Karl d. Gr. (768-814) erhob das Frankenreich zum Weltreich, welches die germanischen Stämme des Kontinents zu einer Monarchie zusammenschmolz und die abendländische Christenheit unter einem Oberhaupt vereinigte. Er unterwarf in langem blutigen Ringen die Sachsen seiner Herrschaft und dem Christentum, ordnete durch Auflösung des Herzogtums Bayern diesen Stamm seinem Reiche gänzlich unter, kämpfte mit gleichem Erfolg gegen die Dänen, Avaren und Araber und dehnte die Grenzen seines Reichs bis zum Ebro, zur Eider, zur Raab [* 12] und zum Tiber aus.
Indem er sich darauf 25. Dez. 799 in Rom vom Papst Leo III. die römische Kaiserkrone aufsetzen ließ, brachte er den universalen christlichen Charakter seiner Herrschaft zum Ausdruck und überlieferte die Idee des römischen Weltreichs den spätern Jahrhunderten. Gleichzeitig verlieh er diesem Reich eine genial angelegte Verfassung, welche dem König eine Reichsversammlung zur Seite stellte und in den Grafen und Bischöfen ein Beamtentum schuf, das die monarchische Gewalt in allen Teilen des großen vielgliederigen Reichs zur Geltung brachte. Er hob Handel und ¶
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Verkehr und legte den Grund zu einer nationalen Bildung und Gesittung, welche sich auf den Trümmern der antiken Kultur aufbaute.
Diese großartige Schöpfung hatte jedoch keinen dauernden Bestand. Als auf Karl d. Gr. in der Person seines Sohns Ludwig des Frommen (814-840) ein Herrscher folgte, welcher seiner schwierigen Aufgabe in keiner Weise gewachsen war, war die Einheit des Reichs nicht aufrecht zu erhalten, und die nationalen Verschiedenheiten traten in ihr Recht ein. Die schon 817 von Ludwig festgestellte Thronfolgeordnung, gemäß der sein ältester Sohn, Lothar, die Kaiserwürde und den größten Teil des Reichs, der zweite, Pippin, Aquitanien, der dritte, Ludwig, Bayern erhalten, die beiden letztern aber Lothar untergeordnet sein sollten, wurde von dem Kaiser selbst später zu gunsten seines Sohns von seiner zweiten Gemahlin, Judith, Karls des Kahlen, aufgehoben; dadurch aber entstand ein unheilvoller Zwist zwischen Ludwig und seinen Söhnen, welcher das Reich im Innern zerrüttete und den äußern Feinden (Normannen und Arabern) Gelegenheit zu furchtbaren Angriffen auf seine Grenzen gab. Als Ludwig, mitten im Streit gegen seine Söhne (von denen Pippin 838 gestorben war), 840 starb, versuchte Lothar mit der Kaiserkrone auch die Alleinherrschaft zu gewinnen, stieß aber allenthalben auf Widerstand. Der Streit zwischen den Brüdern wurde erst 843 durch den Teilungsvertrag von Verdun [* 14] beendigt, durch welchen das in drei Reiche, Ostfranken, Italien [* 15] (mit Burgund und Lothringen) und Westfranken, zersplittert ward.
Die älteste Linie der Karolinger, die Lothars, erlosch zuerst, nachdem sie sich 855 beim Tod Lothars I. wieder in drei Linien geteilt hatte: Burgund kam 863 nach Karls Tod unter einheimische Könige, Lothringen ward nach Lothars II. Tod (869) im Vertrag von Mersen unter die Reiche Ost- und Westfranken geteilt, in Italien erloschen die Karolinger 875 mit Kaiser Ludwig II., und nur vorübergehend erlangten die karolingischen Herrscher von West- oder Ostfranken die Kaiserkrone und die Herrschaft über Italien.
Das ostfränkische Reich erweiterte sich 870 um den deutschen, größern Teil Lothringens und umfaßte nun alle germanisch gebliebenen, deutsch redenden Stämme des Frankenreichs. Sein erster König, Ludwig der Deutsche [* 16] (843-876), verteidigte es mit Erfolg gegen Normannen und Slawen. Bei seinem Tod zerfiel es zwar durch Teilung unter seine Söhne, aber nur auf kurze Zeit: nach Karlmanns (880) und Ludwigs (882) Tod ward Karl der Dicke (876-887) Alleinherrscher, der sogar 884-887 wieder das ganze Reich unter seinem Zepter vereinigte.
Ihm folgte in Ostfranken Arnulf von Kärnten (887-899), der siegreich gegen Normannen und Slawen kämpfte. Der letzte karolingische König Ostfrankens war Ludwig das Kind (899-911). Allerdings hatten sich wieder Herzogsgeschlechter an die Spitze der fünf Stämme gestellt, welche das ostfränkische Reich bildeten, der Franken, Sachsen, Bayern, Schwaben und Lothringer; aber die völlige Auflösung des Reichs wurde noch verhindert und die Neubildung des Deutschen Reichs aus dem ostfränkischen durch die sächsischen Kaiser ermöglicht (s. Deutschland, Geschichte, S. 849). Im neuen Reich blieb der Name Franken nur dem Herzogtum Franken (s. d.). Karls des Kahlen Anteil, der alles Land westlich von Schelde, Maas und Saône bis an den Ebro und den Rhône, also Neustrien, Aquitanien, die spanische Mark, Septimanien und ein Stück von Burgund, umfaßte, behauptete schließlich allein den Namen des Frankenreichs oder Frankreichs (s. d.) und blieb am längsten unter der Herrschaft der Karolinger (bis 987).
Vgl. Watterich, Die Germanen des Rheins (Leipz. 1872);
Waitz, Das alte Recht der salischen Franken (Kiel [* 17] 1846);
Thierry, Récits des temps mérovingiens (neue Ausg., Par. 1882, 2 Bde.);
Junghans, Geschichte der fränkischen Könige Childerich und Chlodovech (Götting. 1857);
Bornhak, Geschichte der Franken unter den Merowingern (Greifsw. 1863);
Löbell, Gregor von Tours und seine Zeit (2. Aufl., Leipz. 1869);
Gérard, Histoire des Francs d'Austrasie (Brüss. 1865, 2 Bde.);
Richter, Annalen des fränkischen Reichs im Zeitalter der Merowinger (Halle [* 18] 1873);
Pertz, Geschichte der merowingischen Hausmeier (Hannov. 1819);
Lehuërou, Histoire des institutions mérovingiennes et du gouvernement des Mérovingiens (Par. 1841);
Derselbe, Histoire des institutions carlovingiennes (das. 1843);
Warnkönig und Gérard, Histoire des Carolingiens (Brüss. 1862, 2 Bde.);
Kaufmann, Deutsche Geschichte bis auf Karl d. Gr. (Leipz. 1880);
Waitz, Die Verfassung des fränkischen Reichs (Kiel 1882 ff.);
»Jahrbücher des fränkischen Reichs«, herausgegeben von Breysig, Hahn, [* 19] Ölsner, Abel, Simson und Dümmler; Arnold, Fränkische Zeit (Gotha [* 20] 1882).