»Die güldene
Arche« (das. 1539, Bern
[* 2] 1557);
»Sprichwörter, schöne, weise, herrliche Klugreden und Hofsprüche« (Frankf. 1541, 2 Bde.;
Zürich
[* 3] 1547; bearbeitet von B. Guttenstein, Frankf. 1531, und Latendorf,
Pößneck 1876) u. a. Francks Geschichtswerke zeichnen sich
durch freimütigen
Sinn und
Gerechtigkeit aus. Auch in seinen übrigen
Schriften offenbart sich neben vielem
Phantastischen und
Mystischen eine seiner Zeit weit vorangeschrittene
Anschauung.
Vgl.
Bischof, S. und die deutsche Geschichtschreibung
(Tübing. 1856);
A.
Hase,
[* 4]
Sebastian Franck, der Schwarmgeist (Leipz. 1869);
Weinkauff,Sebastian Franck von Donauwerd (in
Birlingers »Alemannia« 1877 ff.);
2) Melchior, fruchtbarer
Komponist, geboren um 1580 zuZittau,
[* 5] wurde 1603 Hofkapellmeister in
Koburg,
[* 6] wo
er starb. Von seinen
Kompositionen, bestehend in geistlichen und weltlichen Liedern,
Psalmen und andern
Kirchenmusiken
(4-15 stimmig gesetzt), auch
Tänzen, führt
Gerbers »Tonkünstlerlexikon« 44 Sammlungen an. Seine zahlreichen weltlichen
Liederbücher haben hinsichtlich der
Texte
(Bergreihen, Reuterliedlein,
Liebes- und andreVolkslieder,
Gesänge
nach italienischen
Mustern etc.) auch litterarische Bedeutung.
worin er
Verwandtschaft mit
Gerhardt
zeigt, aber weniger innig und volkstümlich-einfach als dieser ist. Eine Gesamtausgabe seiner
»Deutschen Gedichte« erschien
Guben 1672 (neu hrsg. von Pasig,
Grimma
[* 8] 1846).
Überdies ist Franck
Herausgeber des
»Dictionnaire des sciences philosophiques« (1843-49, 6 Bde.; 2. Aufl.
in 1 Bd. 1875), für das er selbst zahlreiche und wichtige
Artikel schrieb.
1)
AugustHermann, der
Stifter des Halleschen Waisenhauses, geb. zu
Lübeck,
[* 17] erhielt
seine erste
Bildung auf dem
Gymnasium zu Gotha,
[* 18] studierte sodann in
Erfurt
[* 19] und
Kiel
[* 20]
Theologie und
Philologie und vervollkommne
sich unter Esdra Edzardis Leitung in
Hamburg
[* 21] im
Hebräischen. Im J. 1684 bezog er als
Hofmeister die
UniversitätLeipzig,
[* 22] an der
er sich 1685 als
Dozent habilitierte. Durch den
Superintendenten Sandhagen in
Lüneburg
[* 23] und
Spener (damals Oberhofprediger in
Dresden)
[* 24] erweckt und angeregt, begann er im pietistischen
Sinn collegia philobiblica zu halten, infolge deren seine akademische
Wirksamkeit auf philosophische, namentlich pädagogische, Vorlesungen eingeschränkt ward. 1690 ging Francke als Diakonus
der Augustinerkirche nach
Erfurt, ward aber 1691 von hier auf
Anzeige des orthodox-lutherischen geistlichen
Ministeriums verwiesen und nahm 1692 an der eben entstehenden
UniversitätHalle
[* 25] die mit dem Pfarramt zu Glaucha verbundene
Professur der orientalischen
Sprachen an, die er 1698 mit einer theologischen Professur vertauschte. 1715 wurde er Oberpfarrer
der Ulrichskirche und starb nach längerm Siechtum Franckes bleibende Bedeutung beruht in der
von ihm ausgegangenen mächtigen religiösen Anregung und dem damit eng verbundenen Einfluß auf das
Erziehungs- und Unterrichtswesen
seiner Zeit, für das er in seinen berühmten
Franckeschen Stiftungen in
Halle vielbewunderte und nachgeahmte Vorbilder schuf
(s. unten).
Hinsichtlich seiner eigentlich kirchlichen Wirksamkeit s.
Pietismus. Dieselbe ist durch seine geschichtliche
Stellung als
SchülerSpeners und
Lehrer des
GrafenZinzendorf bezeichnet. Die von ihm gepflegte ostindische Missionsanstalt (gegründet
1705) sowie die vom
Freiherrn v.
Canstein (s. d.) 1710 gestiftete Hallesche
Bibelanstalt deuten ihre besondere
Richtung an. Franckes
pädagogisches
Interesse erhielt nach verschiedenen
Versuchen, der bei seiner Umgebung herrschenden Unwissenheit
in göttlichen und weltlichen
Dingen zu steuern, 1695 Anstoß zur erfolgreichen Bethätigung durch ein in seine Hausbüchse
gelegtes
Geschenk von 7
Gulden. Er gründete eine
Armenschule, an der
Studenten unterrichteten.
Noch in demselben Jahr folgte die
Gründung des
Pädagogiums, der
Bürgerschule, der lateinischen
Schule und
des mit einem akademischen Freitisch verbundenen Seminarium praeceptorum, das die
Lehrer für alle diese Anstalten vorbildete. 1698 hatten
die
Schulen bereits 56
Lehrer und 409
Schüler, das
Seminar 72 Zöglinge. Mit den
Schulen war ein Waisenhaus verbunden, das nach
und nach der
Mittelpunkt aller verschiedenen Anstalten wurde. Für das
Pädagogium und die lateinische
Schule gründete Francke 1707 noch ein besonderes Seminarium selectum praeceptorum. Zur Unterbringung der Anstalten
entstand nach und nach eine ganze
Gruppe von Gebäuden, die bei dem
Tode des
Stifters gegen 2200
SchülernUnterricht und mehr
als 200 auch Unterkunft gewährten. Franckes Hauptabsicht
¶
mehr
war auf die Erziehung zur Gottseligkeit gerichtet, die von ihm tief und warm, aber in dem namentlich in erziehlicher Hinsicht
nicht unbedenklichen Sinn des Pietismus aufgefaßt ward. Daneben hatte er offenen Blick für die Bedürfnisse des praktischen
Lebens. Comenius' Anregungen folgend, gab er den Realfächern, namentlich der Naturkunde und dem Deutschen,
breitern Raum. Mit Locke betonte er Zeichnen, körperliche Übungen und sinnige Rekreationen durch Handarbeiten (Drechseln, Glasschleifen
etc.). Überhaupt zeigte er Verständnis auch für andre Richtungen und andre Bestrebungen zum Wohl der Jugend.
Die Mittel für seine großartigen Werke flossen dem gottvertrauenden Mann von allen Seiten zu. Im Lauf der
Zeit half er mit einigen wohlberechneten geschäftlichen Unternehmen (Apotheke, Medikamentenexpedition, Buchhandlung) nach
und verschmähte auch nicht Gaben, die als Bezahlung der von den Waisenkindern bedungenen Fürbitten eingingen. Im ganzen kann
man trotz einzelner Schwächen die großartige, weit in sein Jahrhundert hinaus erkennbare Einwirkung Franckes auf das Schul-
und Erziehungswesen nur als segensreich bezeichnen.
Die Franckeschen Stiftungen sind das bleibendste Vermächtnis A. H. Franckes und eine der ersten Zierden
der Stadt Halle. Reich fundiert durch bedeutenden Grundbesitz und Kapitalvermögen sowie unterstützt durch Schul- und Pensionsgelder,
Zuschüsse des Staats etc., umfassen dieselben: ein königliches evangelisches Pädagogium, 1695 gegründet, als GymnasiumOstern 1873 eingegangen,
aber als Parallelanstalt der lateinischen Schule mit den Klassen IV bis I seit Ostern 1879 wieder eingerichtet,
eine lateinische evangelische Hauptschule, ein Realgymnasium, eine höhere Töchterschule mit (Privat-) Lehrerinnenseminar,
eine Vorschule für die höhern Lehranstalten, eine Bürgerknabenschule, eine Bürgermädchenschule und eine Armen- und Freischule.
Außer den genannten Schulen gehören zu den Stiftungen eine Waisen- und eine Pensionsanstalt (letztere für Schüler der
lateinischen Schule und des Realgymnasiums), die großartige Cansteinsche Bibelanstalt, eine Mission, eine sehr bedeutende Buchdruckerei,
eine große Buchhandlung mit bedeutendem Verlag, eine Apotheke etc. Sämtliche Schulen genießen eines weitgehenden Rufs und
wurden 1885 von 3051 Schülern und Schülerinnen besucht. Dem Direktorat der Stiftungen stehen besondere Rechte zu, es beruft
die Lehrer und stellt dieselben wie auch die übrigen Beamten an, verleiht Stipendien und Freistellen
der Schule, der Waisen- und Pensionsanstalt und hat
bei etwanigen Änderungen in Bezug auf die Organisation der Anstalt durch
die zuständige Behörde (königliches Provinzialschulkollegium in Magdeburg)
[* 30] das Recht der Mitwirkung. Die Gebäulichkeiten
bilden eine aus zwei Hauptstraßen bestehende, nach Süden von Gärten und großen freien Plätzen begrenzte
kleine Stadt. Das Wappen
[* 31] oder Wahrzeichen der Stiftungen sind zwei zur Sonne
[* 32] steigende Adler
[* 33] mit den Worten aus Jesaias 40, 31. Am wurde
das Erzbild Franckes (modelliert von Rauch) enthüllt.