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Forstwirtschaft und Forstwissenschaft geworden. Aber die Gesamtverhältnisse jener Zeit, die geringe Entwickelung der Naturwissenschaften, die geringe Bildung der meisten Forstbeamten versagten ihnen die Krönung des Werkes, dessen Fundament sie legten. Über die Zusammenstellung schulgerechter Generalregeln, deren naturwissenschaftliche Begründung sie der Zukunft überlassen mußten, sind beide nicht weit emporgestiegen. Ja, eine gewisse doktrinäre Schulrichtung (vollkommen geeignet für die damaligen Praktiker), eine gewisse dogmatische Gebundenheit ist zur Signatur, namentlich der Hartigschen Epoche, geworden.
Gegen diese Regelgerechtigkeit und Gebundenheit trat Fr. Pfeil seit 1816 energisch auf. Autodidakt, mit scharfem und besonders kritischem Verstand ausgestattet, ist er der Begründer einer Richtung in der Forstwissenschaft geworden, welche die Berechtigung der Schulregeln leugnet und alle wirtschaftlichen Maßregeln aus der freien Beurteilung der konkreten örtlichen Verhältnisse herleitet. Gleichzeitig hat Pfeil zuerst die allgemein wirtschaftlichen Grundlagen der Forstwirtschaft klar erfaßt.
Der rasche Aufschwung, welchen seit 1820 die Naturwissenschaften nahmen, wirkte mächtig mit zu der Vertiefung der Forstwissenschaft. Auf dem forstbotanischen Gebiet hatten schon Walther und Burgsdorff vor Hartig und Cotta nicht Unbedeutendes geleistet, und Bechstein in Dreißigacker (»Forstbotanik«, 5. Aufl. von Behlen, Erfurt [* 2] 1842),
Borckhausen (»Handbuch der Forstbotanik und Forsttechnologie«, Gieß. 1800-1803),
Reum in Tharandt (»Forstbotanik«, 2. Aufl., Dresd. 1828) u. a. waren auf diesem Weg weiter vorgeschritten; Hundeshagen und Th. Hartig haben sodann auf diesem Gebiet mit Erfolg weiter gearbeitet. Die übrigen, dem Gebiet der Naturwissenschaften angehörigen forstlichen Grundwissenschaften fanden erst seit 1830 eine wahrhaft wissenschaftliche Bearbeitung, die Entomologie durch Th. Hartig und in hervorragender Weise durch Ratzeburg (»Forstinsekten«, Berl. 1839-44, 3 Bde.),
die Bodenkunde durch Hundeshagen, Senft (»Lehrbuch der Gebirgs- und Bodenkunde«, Jena [* 3] 1847, 2 Bde.),
K. Grebe. Viel früher waren die mathematischen Grundlagen der Forstwissenschaft zu einem gewissen Abschluß gekommen. Die Arbeiten von Späth in Altdorf (»Handbuch der Forstwissenschaft«, Nürnb. 1801-1805),
Däzel (»Über die zweckmäßigste Methode, große Waldungen auszumessen und zu berechnen«, Münch. 1799), die Methoden der Forsteinrichtung von G. L. Hartig und Cotta (die sogen. Fachwerksmethoden, s. Forsteinrichtung),
von Paulsen und Hundeshagen (Formelmethoden) sind hier besonders zu nennen. Die mathematische Forstwissenschaft fand später in König (»Handbuch der Forstmathematik«, 5. Aufl. von Grebe, Gotha [* 4] 1864), Preßler, K. und G. Heyer namhafte Vertreter. So sehr zur Zeit noch die Ansichten über die Ziele des forstwissenschaftlichen Strebens auseinander gehen, so viele Probleme noch zu lösen bleiben, so verschieden die Wege sind, welche man geht, um ihre Lösung zu finden: darin sind alle einig, daß die Forstwissenschaft sich zu ihrem fernern Aufbau der Methode des exakten Versuchs zu bedienen hat, und daß die in neuerer Zeit durchgeführte Organisation des forstlichen Versuchswesens in Deutschland [* 5] in erster Linie dazu berufen ist, der wissenschaftlichen Forschung wichtiges Materia- ^[Druckfehler, richtig: Material] zu liefern.
Noch bleibt vieles zu thun: die Forststatistik harrt ihrer festen Gestaltung im Deutschen Reich;
die forstliche Statik, in neuerer Zeit von K. Heyer, Preßler in Tharandt, besonders aber von G. Heyer zum Gegenstand eingehender Studien gemacht, wird einst mit Hilfe reichen statistischen Materials zur Erhellung der volkswirtschaftlichen Grundlagen der Forstwirtschaft beitragen, und die von ihr auszubauende Theorie der forstlichen Reinertragslehre (einst in ihrer Bedeutung schon von Pfeil gewürdigt, von Hundeshagen in ihren Grundzügen aufgestellt, wenngleich ihr wissenschaftlicher Ausbau diesen Männern nicht gelang) wird einst wichtige Direktiven geben.
Die in neuerer Zeit mit Lehrkräften und Lehrmitteln reich ausgestatteten forstlichen Unterrichtsanstalten arbeiten, wenngleich auf verschiedenen Wegen (Forstakademie, Universität), an der Fortbildung und Vertiefung der Forstwissenschaft. Auch in der Wirtschaft ist ein reges wissenschaftliches Leben vielerorts eingekehrt, wozu Zeitschriften und zahlreiche Vereine reiche Anregung geben. Die Forstgeschichte, d. h. die geschichtliche Darstellung der Rechtsverhältnisse des Waldes (namentlich des Waldeigentums), der Waldwirtschaft, der und Forstpolitik, wurde besonders bearbeitet durch Bernhardt, Geschichte des Waldeigentums, der Waldwirtschaft und in Deutschland (Berl. 1872-75, 3 Bde.);
Roth, Geschichte des Forst- und Jagdwesens in Deutschland (das. 1879);
v. Berg, Geschichte der deutschen Wälder bis zum Schluß des Mittelalters (Dresd. 1871);
Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft seit dem 16. Jahrhundert (Münch. 1865);
Schwappach, Grundriß der Forst- und Jagdgeschichte Deutschlands [* 6] (Berl. 1883), und dessen größeres »Handbuch der Forst- und Jagdgeschichte Deutschlands« (das. 1885 ff.).
Vgl. Heß, Encyklopädie u. Methodologie der Forstwissenschaft (Nördling. 1885 ff.).