der Inbegriff der Hoheitsrechte des
Staats, also der gesetzgebenden, richterlichen und
vollziehenden
Gewalt in Bezug auf das gesamte im Staatsgebiet belegene Waldeigentum. Einen wesentlichen Teil der Forsthoheit bildet
das
Recht des
Staats, die
Erhaltung und zweckentsprechende Bewirtschaftung derjenigen Waldungen ohne Unterschied des Besitzers
zu gebieten und nötigenfalls zu erzwingen, welche für die Landeskultur und das Gemeinwohl von besonderer Bedeutung sind,
der sogen.
Schutzwaldungen.
Als solche sind Waldungen zu betrachten, deren
Erhaltung zum
Schutz der
Quellen, Flußufer und
Kanäle, zur
Deckung hoher Gebirgskuppen
und Gebirgsrücken, zum
Schutz steiler Gehänge gegen Abrutschungen, Wasserrisse und Abschwemmungen, zur
Bindung von
Flugsand,
zum
Schutz der Meeresufer und Stranddünen, zum
Schutz der Kulturländereien, namentlich in den seenahen
Flachländern, gegen die schädliche
Wirkung heftiger, aushagernder Luftströmungen, aus Rücksichten der
Gesundheitspflege
namentlich in der
Nähe großer
Städte und in exponierten Gebirgslagen im
Interesse des Gemeinwohls gefordert werden muß.
In Bezug auf die Waldungen der
Gemeinden und
Stiftungen
(Kirchen,
Schulen,
Hospitäler etc.) stehen dem
Staat nach neuerer Auffassung
besondereRechte der Oberaufsicht und Wirtschaftsleitung zu, welche sich auch die rechtliche
Natur des
Gemeinde- und Stiftungseigentums gründen.
Nicht die heutige
Generation von Nutznießern (zum Fruchtgenuß Berechtigten) ist Eigentümerin, sondern eine ewige
(juristische)
Person, die
Gemeinde, die
Stiftung. Der
Staat hat das
Recht und die
Pflicht, darüber zu wachen, daß nicht der
Eigentümer durch den Nutznießer geschädigt werde. Die Forsthoheit hat ihre schärfste Ausprägung im
Polizeistaat des 18. Jahrh.
gefunden. Der
Forst- undWildbann war urspünglich ^[richtig: ursprünglich] ein Ausfluß
[* 6] der Grundherrlichkeit, des echten
Eigentums am
Grund und
Boden.
Zwar führte schon zur Zeit der autonomen
Markgenossenschaften das
Recht der Territorialherren,Forsten
und
Jagden in
Bann zu legen, zu inforestieren, zu zahlreichen
Eingriffen in die
Substanz der Markwaldungen; aber auf die im
Gesamteigentum
verbleibenden Waldungen übten sie keinerlei polizeiliche Einwirkung aus. Allmählich aber nahmen sie das
Bannrecht überall
als einen Ausfluß ihres Hoheitsrechts in Anspruch, auch da, wo sie niemals
Grundherren gewesen waren.
Sie beanspruchten dann auch ein
Obereigentum an allen Waldungen und leiteten aus der
Gerichtsherrlichkeit und dem Vogteirecht
die Befugnis ab, alle Waldungen zu beaufsichtigen und die Wirtschaftsleitung durch ihre Beamten vollziehen zu lassen.
Schon
im 15., noch mehr im 16. und 17. Jahrh. waren fast alle Markwaldungen grundherrliche geworden,
und die
Gerichtsherrlichkeitging an die erblichen Obermärker, d. h. zumeist die
Landesherren, über.
Letztere erließen nun
Forstpolizeiordnungen auch für die
Markwaldungen, anfangs noch unter Zuziehung der angesehensten
Märker, später, als der
genossenschaftliche
Geist zu erlöschen begann, ohne ihr Zuthun.
Die Promulgation der auf die Märkerforsten bezüglichen
Forstordnungen erfolgte unter Bezugnahme auf
die obrigkeitliche
Gewalt (württembergische
Forstordnung von 1551 u.
v. a.). Vollkommen entsprechend der allgemeinen politischen
Richtung des 17. und 18. Jahrh., der polizeilichen
Omnipotenz der
Regierungen, entwickelte sich die Forsthoheit rasch zu einem
System
der absoluten Bevormundung, welches der freien wirtschaftlichen Thätigkeit der Waldbesitzer fast nichts mehr zu thun
übrigließ; der schlechte Zustand vieler Waldungen, die allgemein verbreitete und bei gering entwickelten
Kommunikationen
nicht unbegründete
Furcht vor Holzmangel schienen dies
System nur zu sehr zu empfehlen; die Waldbesitzer sahen in scharfen
polizeilichen
Verordnungen gegen die zu Servitutberechtigten herabgedrückten ehemaligen
Miteigentümer bäuerlichen
Standes
oft das einzige
Mittel, ihren
Wald vor gänzlicher Zerstörung zu schützen.
Zahllose
Forstordnungen ergingen im 16., 17. und 18. Jahrh. Sie umfassen bis 1700 das gesamte forstliche
Wissen der Zeit und zugleich alles das, was gesetzlich in Bezug auf das
Forst- und Jagdwesen zu regeln war. Sie gehören zu
den wichtigsten
Quellen der Geschichte der
Forstwirtschaft. Die gewaltigen politischen, sozialen und wirtschaftlichen
Umwälzungen, welche sich am
Schluß des 18. und bei Beginn dieses
Jahrhunderts vollzogen, stürzten mit dem
Polizeistaat auch
die Forsthoheit älterer Auffassung.
Die
Lehre
[* 7] von der
Freiheit des
Eigentums, zur
Devise einer hereinbrechenden neuen Zeit geworden, war unverträglich mit den
Traditionen
des absoluten
Staats auf dem wirtschaftspolitischen Gebiet. Ja über das
Ziel hinüberschießend, vergaßen
es viele, daß die Bewaldung eines
Landes von hoher Bedeutung für das allgemeine
Wohl ist, und daß man nicht gut thue,
sie der
Privatspekulation schrankenlos zu überliefern. Langsam hat sich auch hier eine maßvollere
AnschauungBahn gebrochen, und
in neuester Zeit hat es die
Wissenschaft unternommen, die klimatische, hygieinische und allgemeine Kulturbedeutung
des
Waldes durch exakte Untersuchungen festzustellen, um der
Gesetzgebung in Bezug auf das Oberaufsichtsrecht des
Staats über
den Privatwald eine feste Grundlage zu geben.
Vgl.
Grebe, Die Beaufsichtigung der Privatwaldungen von seiten des
Staats
(Eisen.
[* 8] 1845);
Insekten,
[* 10] welche sich in Wäldern aufhalten und darin, namentlich in Nadelwäldern, oft beträchtlichen
Schaden anrichten, daher
sie derForstmann genau kennen und, soweit dies möglich, unschädlich zu machen suchen muß.
In diesem Bestreben wird derselbe unterstützt durch die Thätigkeit einer
Reihe andrer
Insekten, welche jenen nachstellen
und sie in verschiedener
Weise vernichten.