(franz., spr. follih), Thorheit, Narrheit. Folie raisonnante (»Wahnsinn mit Überlegung«) nennt man in der Psychiatrie
diejenigen krankhaften Seelenzustände, bei denen der Irre scheinbar richtige logische Gedanken entwickelt, aber trotzdem
die widersinnigsten Handlungen begeht. Dieser Widerspruch findet seine Erklärung entweder darin, daß eine krankhafte Vorstellung
sofort ohne bewußte Überlegung zur That übergeht, wie bei Tobsüchtigen, oder daß die That durch
eine Zwangsvorstellung, welcher der Kranke nicht widerstehen kann, ausgelöst wird. Der Laie ist dann geneigt, die Handlungen
für überlegt zu halten, da ihm die Erfahrung nicht geläufig ist, daß der logische Mechanismus des Urteilens und Schließens
so lange erhalten bleiben kann, bis wirklicher Zerfall der psychischen Leistungen, d. h.
Geistesschwäche und Blödsinn, sich entwickelt. -
Folie circulaire, regelmäßiger Wechsel zwischen Manie und Melancholie.
(spr. -linnjo, Fuligno), Kreishauptstadt in der ital.
Provinz Perugia, am Topino, in der fruchtbaren umbrischen Ebene, wo sich die Eisenbahnen von Florenz und Ancona
sowie mehrere Straßen nach Rom vereinigen, von modernem Aussehen, hat eine schöne Kathedrale, mehrere andre Kirchen und ehemalige
Klöster (für die Kirche Sant' Anna malte Raffael einst die jetzt im Vatikan befindliche Madonna di ein elegantes
Theater, großes Hospital und (1881) 8753 Einw., welche Gerberei, Papier- und Konfitürenfabrikation, Wachsbleicherei, Wein-,
Öl- und Seidenkultur sowie lebhaften Handel treiben. Foligno ist Sitz eines Bischofs, eines Handelsgerichts und einer Handelskammer
und hat ein Gymnasium, eine technische Schule und ein Seminar. Es ist Geburtsort des Malers Niccolò Alunno
(blühte um 1458). -
Im Altertum hieß die Stadt Fulginia und gehörte zu Umbrien. Die schönen Triften der Umgegend nährten in der alten Zeit die
gepriesenen weißen Opferrinder. Die Perugianer zerstörten den Ort 1281. Kaum wieder aufgebaut, kam Foligno unter die Herrschaft
der Familie Trinci, bis derselben der Kardinal Vitelleschi 1439 ein Ende machte und Foligno dem Papst unterwarf.
Am 23. Jan. 1833 litt die Stadt arg durch ein Erdbeben.
(ital., lat. Folium, »Blatt«),
Buchformat, bei welchem der Bogen nur in zwei Blätter gebrochen ist, so daß er
vier Druckseiten enthält; in den ersten Jahrzehnten nach Erfindung der Buchdruckerkunst das gebräuchlichste
Format. In der kaufmännischen Sprache ist Folio s. v. w. Blattseite, speziell die numerierte einfache (meist
auch Pagina genannte) oder Doppelseite eines Geschäftsbuches; daher foliieren oder paginieren, die Seiten eines Handelsbuches
mit fortlaufenden Ziffern bezeichnen. Ein in einer Bank haben heißt in derselben Geld und in ihrem Hauptbuch eine
Rechnung darüber haben. Das Bankfolio gibt dann die Blätter des Hauptbuches der Bank an, auf welchen jene Rechnung steht.
(lat., Mehrzahl Folia), Blatt, besonders ein Blatt in einem Buch;
daher folio meo (bei Angabe der Blattzahl), nach
meinem Blatte, d. h. nach der von mir gebrauchten Ausgabe;
folio recto, auf der ersten Blattseite, im Gegensatz
zu folio verso, auf der zweiten (umgewendeten) Blattseite.
(spr. fohkstön), Stadt in der engl. Grafschaft Kent, an der Straße von Dover (Pas de Calais) in einem engen
Thal, über das ein großartiger Eisenbahnviadukt
führt, hat enge und steile Straßen, 14 Kirchen, ein wissenschaftliches Institut
(nach Harvey, der hier geboren wurde, genannt), Seebäder, einen hübschen Kursaal (seit 1869) und (1881) 18,717 Einw.
Die Stadt verdankt ihren Aufschwung dem sichern Hafen, der 1845 von der Eisenbahngesellschaft gebaut wurde, und besitzt 13 Schiffe
von 1892 Ton. Gehalt und 221 Fischerboote. Im J. 1884 liefen 1160 Schiffe mit einem Gehalt von 252,153 Ton.
ein (täglich kommt ein Dampfer von Boulogne an). Die Einfuhr vom Ausland belief sich 1884 auf 9,091,714 Pfd. Sterl., die Ausfuhr
auf 3,697,390 Pfd. Sterl., worunter für 1,562,188 Pfd. Sterl.
britische Produkte. Eingeführt werden vornehmlich Galanterie-, wollene und seidene Waren und Wein.
(engl.), die in England übliche und von dort neuerdings auch in andre Sprachen übergegangene Bezeichnung
für die im Volksmund kursierenden Sagen, Märchen, Sprichwörter, Legenden u. dgl., die seit neuerer Zeit Gegenstand
wissenschaftlicher Forschung geworden sind. Die eigentliche Heimat dieser Studien ist Deutschland, wo J.
Grimm mit seiner »Deutschen Mythologie«, seinen »Hausmärchen« und »Rechtsaltertümern«
auf den Schatz uralter Vorstellungen und religiöser Mythen aufmerksam machte, der oft in dem unscheinbarsten Märchen oder Aberglauben
des Volkes sich bis auf die Gegenwart erhalten hat. So ist z. B. der »wilde
Jäger« der Volkssage niemand andres als Odin, und der Bogenschütze Tell, der Odysseus der griechischen,
der Indra der indischen Sage gehören, wie sich herausgestellt hat, in die Kategorie der Sonnengötter. In Deutschland sind die
Grimmschen Forschungen von A. Kuhn, Mannhardt, Schwartz u. a. fortgesetzt worden, und das vergleichende Studium der Sagen und
Märchen der indogermanischen Völker hat ergeben, daß nicht wenige derselben bereits in die indogermanische
Urzeit zurückreichen. In England haben diese Studien in den letzten Jahren ebenfalls rege Beteiligung gefunden und zur Gründung
einer Folk-lore Society geführt, die seit mehreren Jahren wertvolle Publikationen veranstaltet.
Daneben besteht in der Kapstadt seit 1879 eine South African Folk-lore Society, die schon mehrere Bände
interessanter Märchen und Fabeln der Kaffern und Hottentoten veröffentlichte, und in Indien hat eine englische Dame, Miß Stokes,
eine Reihe indischer Märchen aus dem Mund indischer Ajahs (Kinderwärterinnen) gesammelt und übersetzt. Auch in Frankreich
sind in neuester Zeit Publikationen aus diesem Gebiet zu verzeichnen, und die Pariser Folkloristen, d. h.
die Pfleger und Freunde der Folklorestudien, versammeln sich alljährlich zu einem Dîner de la mère l'Oye. In Spanien gibt
die Gesellschaft des Folklore andaluz in Sevilla eine eigne Zeitschrift heraus; nicht minder erscheint in Italien (Palermo) seit kurzem
ein »Archivio per lo studio delle tradizioni popolari« unter
der Redaktion von G. Pitré und S. Salvatore-Marino. In diesem Zusammenhang verdienen endlich auch die syrischen Märchen Erwähnung,
die zwei deutsche Gelehrte, Prym und Socin, in Damaskus aus dem Volksmund gesammelt und mit deutscher Übersetzung herausgegeben
haben.
Herrschergeschlecht in Schweden, dessen Ahnen bis in die heidnische Zeit reichten, das
von früh an mächtig war und mit Waldemar 1251 den schwedischen Thron bestieg;
es erlosch mit Magnus Erichson 1374.