(Unio Phil.), Molluskengattung aus der Ordnung der Blattkiemer und der Familie der Flußmuscheln
(Najades), Süßwassermuscheln, deren Schloß in jeder Schale vorn einen einfachen oder doppelten, gestreiften oder gekerbten
Zahn und hinten unter dem Ligament in der einen Schale einen, in der andern zwei lamellenartige, dem Rand parallele Zähne besitzt.
Die Schale ist dickwandig, der Vorderteil verkürzt, der Hinterteil stark verlängert, der Wirbel meist
angefressen, die Oberhaut olivenfarbig.
Die Gattung ist ungemein formenreich, man hat gegen 500 Arten aus allen Weltteilen und allen Zonen beschrieben; es finden sich
aber so viele Varietäten, daß die Abgrenzung der Arten durchaus willkürlich erscheint. Ihre stärkste Entwickelung erreicht
die Gattung in Flüssen und Seen Nordamerikas, die ältesten fossilen Arten stammen aus der Purbeck- und Wealdenformation.
Die Schalen der einheimischen Arten, welche Flüsse, Bäche und Seen oft sehr reichlich bevölkern (Malermuschel, U. pictorumL.
u. a.), dienten früher, auch wohl noch jetzt als Näpfchen für Wasserfarben. Viele Arten erzeugen Perlen, am reichlichsten
die Flußperlmuschel, welche man aber jetzt, da das Schloß keine Seitenzähne besitzt, als besondere
Gattung (Margaritana Schum.) von der Flußmuschel getrennt hat (s. Perlmuschel).
(Hippopotamus L.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Huftiere, der Unterordnung der paarzehigen Dickhäuter
und der Familie der Plumptiere (Obesa) mit der einzigen Art H. amphibiusL. (Nilpferd). Dies ist ein plumpes,
unförmliches Tier, 4 m lang, 1,5 m hoch, bis 2500 kg schwer, mit 45 cm langem Schwanz, fast viereckigem Kopf, langer, hoher,
vorn sehr breiter, aufgeschwollener Schnauze, kleinen Ohren und Augen, kurzem, kräftigem Hals, langgestrecktem, schwerfälligem,
dickem Körper, in der Mitte herabhängendem Bauch, unverhältnismäßig kurzen Beinen, vier Hufen an jedem
Fuß und kurzem, dünnem, am Ende mit kurzen, drahtähnlichen Borsten versehenem Schwanz.
Die gebogenen Eckzähne des Unterkiefers werden bei alten Männchen 4-6 kg schwer, bis 80 cm lang, ragen aber nicht aus der
Schnauze hervor. Die über 2 cm dicke Haut ist vielfach durchfurcht, höchst spärlich mit kurzen Borsten
bewachsen, eigentümlich kupferbraun, an der Oberseite dunkler, an der Unterseite heller und ziemlich regelmäßig bräunlich
und bläulich gefleckt, oft auch heller und fast weiß. Die Haargefäße der Haut schwitzen bei Erregung des Tiers eine dünnflüssige,
blutartige Absonderung aus.
Seine Stimme ist ein tiefes, weithin hallendes Brüllen, bei ruhigem Lagern ein Grunzen. Das Flußpferd findet sich
in allen
größern Strömen und Seen des innern Afrika, im Nil gegenwärtig nicht mehr diesseit des 18. Breitengrades, während
es in Süd-, Ost- und Westafrika viel weiter nach der Küste herabgeht als im Norden, sogar ins Meer hinaus und nach Sansibar schwimmt.
In Flüssen mit wechselndem Wasserstand unternimmt es förmliche Wanderungen. Das Flußpferd verläßt das Wasser
nur ausnahmsweise, um sich auf den Sandbänken zu sonnen, und des Nachts, wenn der Strom selbst nicht reich an Pflanzen ist,
um im Wald oder auf Feldern zu weiden. Es lebt gesellig, ist am Tag träge, in der Nacht munter, schwimmt
sehr gut, ist äußerst gefräßig und reizbar und greift auf seinen Weidegängen alle sich bewegenden Gestalten an. Dadurch
wird es sehr gefährlich und durch das Zerstampfen und Vertilgen großer Pflanzenmassen zu einer wahren Landplage. Es zermalmt
Rinder, weicht auf den Weidegängen auch dem Menschen nicht aus und vermag in der Wut selbst Schiffe von
mittlerer Größe zu gefährden. Es wirft im ersten Drittel der Regenzeit nach 7-8monatlicher Trächtigkeit ein Junges, und die
Mutter greift zur Verteidigung desselben selbst am Tag Schiffe und Menschen an. Man fängt das in Falllöchern oder harpuniert
es; eine Büchsenkugel durchdringt kaum die Haut.
Fleisch und Fett sind sehr geschätzt, besonders von jungen Tieren; die geräucherte Zunge gilt als Leckerbissen. Die Haut wird
zu Peitschen verarbeitet, die Zahnsubstanz wie Elfenbein benutzt. Das Flußpferd war den Alten wohl bekannt und wird in den ägyptischen
Schriften Flußschwein genannt, es muß damals sehr häufig gewesen sein und wurde, wie Inschriften und
bildliche Darstellungen beweisen, viel gejagt; aber schon im 4. Jahrh. n. Chr. kam es in Ägypten nicht mehr vor.
Allgemein wird der Behemoth im Buch Hiob auf das Flußpferd bezogen. Im spätern Judentum knüpften sich an den Behemoth ähnliche phantastische
Fabeleien wie an den Leviathan. In Rom führte zuerst Marcus Scaurus 58 v. Chr., dann Augustus und andre Kaiser
ausgewachsene Tiere in Kampfspielen und Triumphzügen vor. Seitdem gelangte bis zur Mitte des 16. Jahrh. und
dann wieder bis in die neueste Zeit keins dieser Tiere nach Europa. 1859 kamen die beiden ersten Flußpferde nach Deutschland,
in Amsterdam haben sich Flußpferde fortgepflanzt. Alle diese Tiere wurden jung eingefangen, nachdem die Mutter erlegt war. Man
zieht sie mit Kuhmilch auf. Den Afrikanern gilt das Flußpferd gar nicht als ein von Allah erschaffenes Wesen, sondern als ein Kind der
Hölle. Der H. major Cuv. aus dem Diluvium des mittlern und südlichen Europa war nur wenig von dem jetzt
lebenden verschieden. In den Tertiärbildungen Ostindiens kommen mehrere Arten vor.
speziell die Schiffahrt auf Fluß- und Stromstrecken von geringer Tiefe, im weitern
Sinn die Binnenschiffahrt, welcher Ausdruck neben jenen Gewässern auch die Landseen und Kanäle einschließt. Die Fahrzeuge
der Flußschiffahrt zeichnen sich durch beträchtliche Länge im Verhältnis zur Breite sowie durch geringen Tiefgang aus. Mittlere Kähne
haben 5000 Ztr. Tragkraft. Auf Ohio und Mississippi schwimmen Frachtschiffe von 11,5 m Breite, welche bei
1,2 m Tiefgang bis 18,000 Ztr. Ladung aufnehmen. Je nach ihrer Fracht und Reisedauer sind sie mit Wohnräumen von größerm
oder geringerm Belang ausgestattet. Die Takelung ist verschieden; am häufigsten genügt ein großer Mast, der wegen der zu
passierenden Brücken zum Umlegen eingerichtet ist. Name und Bauart bieten gleichfalls große
mehr
Mannigfaltigkeit. Diese Fahrzeuge heißen z. B. auf Elbe und Oder Kähne, Zillen und Ewer sowie auf der Weser Böcke. Die Thalfahrt
wird meist durch Ruder, Segel und Floßhaken bewirkt, die Bergfahrt aber durch den Zug
an der Leine, die, vom Mast zum Ufer reichend,
von Menschen oder Zugtieren auf dem Leinpfad fortbewegt wird. Zur Flußschiffahrt gehören auch die Schleppdampfschiffahrt
und die Tauerei (s. d.). Meist bestehen für den Betrieb der Flußschiffahrt auf
den einzelnen Strömen besondere Reglements, welche nicht nur die Flußanwohner, sondern auch die Schiffer selbst vor Beschädigung
möglichst sicherstellen sollen.
Seit dem Aufblühen der Städte im Mittelalter bildeten die Flüsse die frequentesten Verkehrs- und Handelsstraßen.
Nur zu bald aber erkannten die Dynasten in der Flußschiffahrt eine ergiebige Einnahmequelle und belegten sie daher mit drückenden Zöllen
(s. Wasserregal). Es dauerte Jahrhunderte, ehe sich in den herrschenden Kreisen eine bessere volkswirtschaftliche Einsicht Bahn
brach, welche auf den meisten europäischen Strömen, wenigstens insoweit sie Ein Land durchfließen,
die Abschaffung der Flußzölle herbeiführte. Schon der Westfälische Friede (Art. 9, § 1 u. 2) hatte für das Deutsche Reich
den Grundsatz der freien und ungehinderten Schiffahrt ausgesprochen.
Die Verpflichtungen des Reichsoberhaupts in dieser Hinsicht bestimmte die Wahlkapitulation, Art. 18, § 6-8, 17. Die praktische
Durchführung dieser Grundsätze blieb jedoch lange Zeit infolge der Zölle, Stapelrechte und sonstigen Gerechtsame
seitens der zahlreichen Territorialherren aus. Nach der Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich wurden die sämtlichen
bisherigen Rheinzölle des rechten und des linken Ufers aufgehoben und dafür unter Vorbehalt der Eingangszölle (Douane) ein
einheitliches, zwischen Deutschland und Frankreich gemeinschaftliches Rheinschifffahrtsoktroi eingerichtet
und durch eine Konvention vom 15. Aug. und geregelt.
Weiter bestimmte Art. 5 des ersten Pariser Friedens vom die Freiheit der Rheinschiffahrt für jedermann von dem Punkt
an, wo der Rhein schiffbar werde, bis zu seinem Ausfluß (jusqu'à la mer), worauf die Wiener Kongreßakte
vom Art. 109, den Grundsatz der freien Schiffahrt (entiérement libre) in der feierlichen Form einer völkervertragsmäßigen
Erklärung für alle schiffbaren Flüsse aussprach, welche die Gebiete mehrerer Staaten trennen oder durchlaufen, und in Art. 108 die
Staaten eines so gemeinsamen Flußgebiets die Verpflichtung übernahmen, durch gemeinsame Übereinkunft
die Schiffahrt auf solchen Flüssen in diesem Geist zu ordnen.
In der 16. Beilage zur Wiener Kongreßakte wurde sodann ein Reglement für die Rheinschiffahrt (in 32 Artikeln) und für die
Schiffahrt auf dem Neckar, Main, der Mosel, Maas u. Schelde aufgestellt und als maßgebende Grundlage von den
Kongreßmächten anerkannt. Auf diesen Grundlagen wurden später völkerrechtliche übereinkünfte der Uferstaaten errichtet.
Freilich trat mit dieser Zulassung aller Flaggen zur Schiffahrt auf den genannten Flüssen noch nicht für die Schiffahrt die
Abgabenfreiheit ein; erst das Jahr 1866 führte in seinen Folgen einen völligen Umschwung in dieser Beziehung herbei, und
zwar wurde die Rheinschiffahrt durch die revidierte Rheinschifffahrtsakte vom von allen sie
drückenden Belästigungen und Abgaben befreit, während die Elbzölle durch das norddeutsche Bundesgesetz vom und
durch den Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bund und Österreich vom beseitigt wurden.
Die Donauschiffahrt war
schon früher durch die Akte vom frei geworden; die vertragsmäßige
Ablösung des Scheldezolls erfolgte 1863. Ein einheitlicher Rechtszustand für das Deutsche Reich in Bezug auf die Abgabenfreiheit
der und Flößerei ist durch Art. 54 der Reichsverfassung geschaffen worden. Statistische Angaben über die deutsche Flußschiffahrt veröffentlicht
jährlich die offizielle »Statistik des Deutschen Reichs«;
vgl. auch die Angaben im Art. »Deutschland«, S. 834.
Vgl.
außer den Lehrbüchern des Völkerrechts und des Staatsrechts Karatheodory, Du droit international concernant les grands cours
d'eaux (Leipz. 1861);
Engelhardt, La liberté de la navigation fluviale, in der »Revue de droit internationale« (Bd. 11, 1879);
»Die Rheinschiffahrtsakte vom 17. Okt. 1868« (3. Aufl.,
Mannh. 1875);
v. Weber, Die Wasserstraßen Nordeuropas (Leipz. 1881);
die von dem Zentralverein für Hebung der deutschen Fluß-
und Kanalschiffahrt herausgegebene Zeitschrift »Das Schiff« (Dresd., seit 1880).