Temperatur. Die Fluoride der Alkalimetalle sind leicht löslich in Wasser, die der meisten übrigen Metalle sind unlöslich oder
schwer löslich; doch ist Fluorsilber leicht löslich, während Brom-, Jod- und Chlorsilber unlöslich sind, und umgekehrt ist
das Fluorcalcium unlöslich, während Chlor-, Brom- und Jodcalcium leicht löslich sind. Die Fluormetalle sind besonders
charakterisiert durch die aus ihnen zu entwickelnde, das Glas anätzende Fluorwasserstoffsäure.
Bildet ein und dasselbe Metall mehrere Verbindungen mit Fluor, so nennt man die fluorärmere Fluorür, die fluorreichere Fluorid.
Man benutzt von den Fluormetallen vielfach das in der Natur vorkommende Calciumfluorid (Flußspat), das Natriumaluminiumfluorid
(Kryolith) und das Ammoniumfluorid. Das Auftreten eines Gases, welches Glas ätzt, wenn man Flußspat mit
Schwefelsäure erwärmt, war schon im 17. Jahrh. bekannt; unreine Fluorwasserstoffsäure erhielt Scheele, genauer wurde dieselbe
von Gay-Lussac und Thénard untersucht, aber erst Ampère zeigte 1810, daß sie die Wasserstoffverbindung eines eigentümlichen
Elements ist.
C10H12O5 wird erhalten, indem man 5 Teile Phthalsäureanhydrid mit 7 Teilen
Resorcin im Ölbad auf 195-200° erhitzt, bis die Masse trocken geworden ist. Man zerkleinert das rohe Fluorescein, kocht mit Wasser,
wäscht mit Alkohol, löst es in verdünnter Natronlauge, fällt es wieder in Säure, löst es in Äther,
versetzt die Lösung mit Alkohol und destilliert den Äther ab, wobei sich das in dunkelroten Kristallkörnern und Krusten abscheidet.
Es löst sich in Alkohol und Äther, kaum in kaltem Wasser, zersetzt sich über 290° und gibt mit Alkalien eine dunkelrote Lösung,
aus welcher es durch Säuren als gelbes wasserhaltiges Fluorescein gefällt wird. Es färbt Seide und Wolle echt gelb
mit einem Stich ins Rötliche, findet aber selten als Farbstoff Anwendung.
Um so größere Wichtigkeit besitzt das Tetrabromfluorescein C20H8Br4O5 , welches
als Eosin in der Woll- und Seidenfärberei benutzt wird. Es scheidet sich als gelbrote kristallinische Masse aus, wenn
man in Alkohol verteilt und langsam die erforderliche Menge Brom zufließen läßt. Zur Reinigung wäscht man es mit wenig Alkohol,
dann mit Wasser. Es wird dann in heißem Wasser verteilt und in möglichst wenig Natronlauge gelöst.
Hierbei bildet sich Tetrabromfluoresceinnatrium C20H6Br4O5Na2 , welches beim
Verdampfen der Lösung als kristallinisches Pulver zurückbleibt. Diese Verbindung ist als gelbstichiges
(wasserlösliches) Eosin im Handel. Sie löst sich leicht in Wasser, und aus der Lösung fällt Schwefelsäure reines Eosin, welches
gelbrote Kristalle bildet und in Alkohol und Äther, aber kaum in Wasser löslich ist. Löst man in alkalischem Wasser, fügt
eine Lösung von Jod in verdünnter Natronlauge und dann eine Säure hinzu, so scheidet sich Tetrajodfluorescein
aus, dessen Natriumverbindung das blaustichige (wasserlösliche) Eosin (Erythrosin) bildet, welches beim Färben und Drucken
viel blauere Nüancen liefert als die Bromverbindung.
Erhitzt man eine Lösung von Tetrabromfluoresceinnatrium mit salpetersaurem Natron und setzt Schwefelsäure hinzu, so scheidet
sich Bromnitrofluorescein C20H8Br2(NO2)2O5 ^[C20H8Br2(NO)2)2O5] aus,
dessen Natriumverbindung leicht in kleinen, dem Fuchsin ähnlichen Nadeln erhalten werden kann und Wolle viel intensiver und
bläulicher färbt als Eosin; auch sind die Farben licht- und
waschechter als Eosin. Es ist als (wasserlösliches) Safrosin im
Handel.
Durch Erhitzen von Tetrabromfluorescein mit Alkohol und Schwefelsäure erhält man Äthyltetrabromfluorescein
C22H12Br4O5 (Erythrin), welches durch Kochen mit kohlensaurem Kali in die Kaliumverbindung
übergeführt wird, die sich in einer Mischung aus gleichen Teilen Wasser und Alkohol löst. Es kommt neben der entsprechenden
Methylverbindung als alkohollösliches Eosin (Primerose à l'alcool) in den Handel und gibt weit glänzendere und echtere Töne
als das wasserlösliche Eosin.
Außer den genannten werden noch mehrere andre Farbstoffe, wie Pyrosin, Phloxin, Cyanosin etc., aus Fluorescein dargestellt, welche
alle namentlich für die Seidenfärberei von Wichtigkeit sind. Eosin bildet mit den Salzen der schweren Metalle gelbrote bis
rote Niederschläge, welche als nicht giftige Eosinlacke in vielen Fällen die Bleifarben, z. B. zum Färben
von Spielwaren, ersetzen können. Der Zinklack ist rosa bis dunkelrot, der Thonerdelack zinnoberrot; er widersteht der Hitze
und schwefelhaltigen Dämpfen und eignet sich zum Färben von Kautschuk. Behandelt man chromsaures Zink mit alkalischer Eosinlösung,
setzt Alaun hinzu und verdampft zur Trockne, so erhält man gelbe bis lebhaft rote Lacke, welche die verschiedenen
Chrombleifarben ersetzen können und auch recht lichtbeständig sind. Fluorescein wurde 1871 von Baeyer entdeckt, 1874 kam Eosin in
den Handel, und 1875 wies Hofmann dessen Zusammensetzung nach, worauf sich die Industrie der Fluoresceinfarbstoffe schnell entwickelte.
ein eigentümliches Selbstleuchten gewisser (meist fester und flüssiger) Körper,
welches durch Lichtstrahlen hervorgerufen wird und nur so lange dauert wie die Bestrahlung. Läßt man die Sonne auf Petroleum
scheinen, so strahlt dieses an sich schwach gelbliche Öl ein sanftes, schön blaues Licht aus; Wasser, in welches man einige
Stückchen Roßkastanienrinde geworfen hat, schimmert im Tages oder Sonnenlicht hellblau, ebenso eine
Chininlösung.
Das gelbe Uranglas (Annaglas, Kanarienglas) zeigt bei Tagesbeleuchtung einen hellgrünen, gewisse Spielarten von Flußspat (Fluorcalcium)
einen schön blauen Schimmer; nach letzterm Körper hat man die Erscheinung Fluoreszenz genannt. Übergießt man zerkleinerte Pflanzenblätter
mit Weingeist, worin das Blattgrün (Chlorophyll) sich auflöst, so leuchtet die grüne Lösung, von den
Sonnenstrahlen getroffen, mit blutrotem Licht; eine blaue Lösung von Lackmus fluoresziert orange, ebenso eine purpurrote Lösung
von Naphthalinrot.
Läßt man das Sonnenlicht durch eine Flasche mit Petroleum gehen, so vermag es, obgleich viel heller als das gewöhnliche
Tageslicht, den blauen Schimmer in einer zweiten Flasche mit Petroleum nicht mehr hervorzurufen; es müssen
demnach diejenigen besondern Strahlenarten, welche dieses Vermögen besitzen, in dem Petroleum der ersten Flasche zurückbehalten
(absorbiert) und zur Erregung des blauen Lichts verbraucht worden sein. Nur solche Strahlen können die Fluoreszenz irgend eines Stoffes
hervorrufen, welche von ihm absorbiert werden, und thun dies um so stärker, je kräftiger sie absorbiert
werden. Um genauer zu ermitteln, welche Strahlengattungen es sind, die den blauen Schimmer des Petroleums verursachen, lassen
wir ein mittels Spalt, Prisma und Linse entworfenes Sonnenspektrum (s. Farbenzerstreuung) auf die Oberfläche der Flüssigkeit
fallen und beobachten, in welchen Teilen des Spektrums der blaue Schimmer auftritt. Das Rot und alle folgenden
Farben bis zum
mehr
Violett zeigen sich vollkommen wirkungslos; erst im Violett beginnt der bläuliche Schimmer und bedeckt nicht nur den violetten
Teil des Spektrums, sondern erstreckt sich noch weit über das violette Ende hinaus bis auf eine Entfernung, welche der Länge
des unter gewöhnlichen Umstanden sichtbaren Spektrums etwa gleichkommt. Hieraus geht hervor, daß es
Strahlen gibt, welche noch stärker brechbar sind als die violetten, welche aber für gewöhnlich nicht gesehen werden.
Man nennt sie überviolette (ultraviolette) Strahlen (s. Figur). Auf dem Petroleum werden sie sichtbar, weil sie seinen blauen
Fluoreszenzschimmer zu erregen im stande sind. Auf dem hellen bläulichen Grunde des fluoreszierenden Spektrums
zeigen sich nicht nur von G bis H die bekannten Fraunhoferschen Linien, sondern auch das ultraviolette Gebiet erscheint mit
zahlreichen solchen Linien erfüllt, deren hervorragendste mit den Buchstaben L bis S bezeichnet worden sind (s. Figur).
Der Bergkristall oder Quarz besitzt die Eigenschaft, die ultravioletten Strahlen weit vollkommener durchzulassen als
Glas. Entwirft man daher das Spektrum mit einem Prisma von Bergkristall, so erscheint auf dem Petroleum der ultraviolette Teil
des Spektrums beträchtlich heller und noch weiter verlängert. Die ultravioletten Strahlen können übrigens auch unmittelbar
ohne Vermittelung eines fluoreszierenden Körpers durch ein Glas- oder Quarzprisma gesehen werden; man sieht sie in
bläulichgrauer (lavendelgrauer) Farbe, wenn man das gewöhnlich allein sichtbare helle Spektrum abblendet; unser Auge ist also
keineswegs unempfindlich für diese Strahlen höchster Brechbarkeit, sondern nimmt sie unter gewöhnlichen Umständen bloß
deswegen nicht wahr, weil sie im Vergleich zu jenen hellen Strahlen zu lichtschwach sind.
Jeder fluoreszierende Körper wird von derjenigen Strahlengattung am stärksten zum Selbstleuchten angeregt,
welche er am kräftigsten absorbiert. Farblose oder schwach gelblich aussehende Substanzen, wie Chininlösung, Auszug der Roßkastanienrinde,
Petroleum etc., welche nur die lichtschwachen violetten und ultravioletten Strahlen absorbieren und ebendiesem Umstand ihr
nahezu farbloses Aussehen verdanken, können natürlich nur unter dem Einfluß dieser Strahlen höchster
Brechbarkeit fluoreszieren.
Die korallenrote Lösung des Eosins dagegen, welche erbsengrün fluoresziert, wird durch die grünen, Naphthalinrot durch die
gelbgrünen, Blattgrün durch die hochroten Strahlen am stärksten erregt, in jedem Fall nämlich durch die Strahlengattung,
durch deren Absorption die gesättigte Färbung dieser Körper verursacht wird, und welche sich im Spektrum des
durchgelassenen Lichts (Absorptionsspektrum) durch einen schwarzen Absorptionsstreifen an der entsprechenden Stelle kenntlich
macht.
Untersucht man das von einem fluoreszierenden Körper ausgestrahlte Licht mittels des Prismas (etwa durch das Spektroskop), so
findet man es zusammengesetzt, auch wenn das erregende Licht einfach ist. Das Fluoreszenzlicht des Petroleums z. B., welches
man etwa durch einfach violettes Licht vom Ende des Spektrums hervorruft, wird durch das Prisma zu einem
Spektrum ausgebreitet, welches Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett enthält, jedoch in einem solchen gegenseitigen Verhältnis,
daß die aus allen diesen Farben
gemischte Fluoreszenzfarbe blau erscheint.
Bei farblosen oder allen unscheinbar gefärbten fluoreszierenden Körpern, welche wie Petroleum, Chininlösung
etc. nur die brechbaren Strahlen des Tageslichts absorbieren, enthält das ausgestrahlte Fluoreszenzlicht nur solche Strahlen,
welche weniger brechbar sind als das erregende einfache Licht (Stokessche Regel). Bei jenen fluoreszierenden Substanzen dagegen,
welche sich durch starke Absorptionsstreifen im Gebiet der minder brechbaren Strahlen auszeichnen und daher lebhaft gefärbt
erscheinen, können im Fluoreszenzlicht auch Strahlen enthalten sein, die brechbarer sind als das erregende Licht. Erregt man
z. B. das Naphthalinrot durch Licht, welches durch rotes Glas gegangen ist und nur rote und orangefarbene Strahlen enthält,
so findet man, daß das erregte Fluoreszenzlicht aus Rot, Orange, Gelb und Gelbgrün zusammengesetzt ist,
daß also durch orangefarbenes Licht die stärker brechbaren gelbgrünen Strahlen hervorgerufen worden sind. Bei diesen der
Stokesschen Regel nicht unterworfenen Substanzen erregt überhaupt jeder absorbierte Strahl stets das vollständige der Substanz
eigentümliche Fluoreszenzspektrum. Von gasförmigen Körpern wurde bis jetzt nur am Joddampf Fluoreszenz beobachtet. Dieser violette
Dampf fluoresziert orange und wird von den grünen Strahlen, die er am kräftigsten absorbiert, am stärksten
erregt. (Erklärung der Fluoreszenz s. Ausstrahlung.)
^[Abb.: Sonnenspektrum mit dem ultravioletten Teil.]