mehr
eine
Signoria von 48 und ein
Rat von 200 Mitgliedern fortbestanden. Alessandro benahm sich ganz als souveräner
Herr, errichtete
eine
Leibwache von 1000 Mann, entwaffnete die
Bürger, ließ eine neue
Citadelle anlegen und trat überhaupt jede
Schranke des
Herkommens und der
Sitte nieder, rief aber dadurch
die Unzufriedenheit der großen florentinischen
Familien
Salviati,
Strozzi, Ridolfi etc. hervor und wurde durch seinen
Vetter Lorenzino de'
Medici (1537) ermordet.
Hierauf wurde, da Lorenzino nach Venedig [* 2] flüchtete, durch den Einfluß des Kardinals Cibo der einzige noch übrige Sprößling der Medici, der 18jährige Cosimo, zum Oberhaupt des Staats ernannt und ihm ein Staatsrat von 48 Mitgliedern beigegeben. Der Kaiser erteilte ihm den Herzogstitel, schloß Lorenzino nebst seinen Nachkommen von der Erbfolge aus und ließ die Citadelle von Florenz [* 3] durch kaiserliche Truppen besetzen. Die Ausgewanderten, an deren Spitze Filippo de' Strozzi stand, sammelten zwar ein Heer gegen Cosimo, wurden aber von diesem überlistet und zum Teil gefangen genommen.
Von da an wurde das
Regiment des
Herzogs eine Schreckensherrschaft: er führte eine politische und religiöse
Inquisition ein,
machte den
Handel zum Regierungsmonopol, riß alle Wechselgeschäfte
an sich und verwendete die dadurch
gewonnenen
Summen zur
Erbauung von
Festungen und
Palästen, Sammlung von Kunstschätzen etc. Er eroberte im April 1555
Siena scheinbar
für den
Kaiser, ließ es sich aber 1557 mit allen Souveränitätsrechten von demselben abtreten, wogegen er
Piombino,
Elba
(bis auf
Porto Ferrajo) und einige Ortschaften an der mailändischen
Grenze aufgab. 1562 stiftete
er den
Stephansorden zum
Schutz
des levantischen
Handels; 1564 trat er zwar die
Regierung seinem Sohn
Francesco
Maria ab, griff aber immer
noch in dieselbe ein. Durch die Vereinigung
Sienas mit Florenz gründete
er den neuen
Staat
Toscana (s. d.), dessen Hauptstadt
Florenz wurde.
Die
Blüte
[* 4] der
Künste und
Wissenschaften schwand in den
Zeiten der politischen und kirchlichen
Reaktion in
Italien
[* 5] auch in Florenz dahin.
Ein geistiges
Leben erwachte erst wieder unter der Herrschaft der Lothringer, namentlich des
Großherzogs
Leopold I. (1765-90).
Trotz deren
Fürsorge für das
Wohl der Stadt
wurde auch in Florenz der Drang nach nationaler
Einheit und politischer
Freiheit so
mächtig, daß der
Großherzog 1849 auf kurze Zeit und 1859 für immer flüchten mußte. Nach der
Septemberkonvention
wurde die
Residenz des neuen
Königreichs
Italien nach Florenz verlegt, und
Viktor Emanuel siedelte im
Februar 1865 dahin
über, wo er im
Palazzo
Pitti residierte.
Obwohl Florenz nur vorübergehend Hauptstadt
Italiens
[* 6] sein konnte, da
Regierung und
Volk
Rom
[* 7] dazu bestimmt hatten, so
unternahmen die städtischen Behörden doch großartige Bauten und
Anlagen für Erweiterung und Verschönerung der Stadt
,
welche dadurch
mit einer
Schuld von 160 Mill. belastet wurde. Als schon nach sechs
Jahren (1871)
Rom zur Hauptstadt
erklärt
ward, geriet Florenz, dessen Einwohnerzahl und Einkünfte sich beträchtlich verminderten, in große finanzielle Bedrängnis.
Da das jährliche
Defizit endlich auf 5 Mill. stieg, erklärte sich die Stadt
1878 bankrott, worauf der
Staat von den
Schulden 49 Mill. übernahm.
In der Geschichte des Handels nimmt Florenz eine wichtige Stelle ein. Schon im 13. Jahrh. beteiligte es sich mit seinen Industrieerzeugnissen an dem Handel nach den überseeischen Ländern und zwar durch die Vermittelung von Genua. [* 8] Nachdem es später (1421) den Hafen von Livorno [* 9] von den Genuesen für 100,000 Goldflorens erworben hatte, ließ es selbst Seeschiffe bauen, gründete ein Arsenal und nahm besonders an dem levantischen Handel thätigen Anteil. Florenz besaß schon 1338 mehr als 200 Tuchfabriken, die jährlich 70-80,000 Stück lieferten.
Für diese Tuche und andre Wollzeuge tauschten die Florentiner [* 10] zu Brussa Spezereien, Baumwolle [* 11] und andre orientalische Waren ein. Gegen das Ende des 15. Jahrh. wurden zu Florenz auch viel Seidenstoffe, Gold- und Silberbrokate verfertigt. Bis 1480 gehörten sämtliche unter dem Befehl eines Admirals stehende Galeeren dem Staate, der sie gegen ein gewisses Entgelt den Kaufleuten überließ. Für die erwähnten Wolltransporte waren Assekuranzgesellschaften eingerichtet. Im 13. und 14. Jahrh. hielten die Florentiner Banken, zu denen häufig Fürsten ihre Zuflucht nahmen.
Obgleich sie wegen ihrer wucherischen Habsucht in schlechtem Ruf standen (sie nahmen 20, oft sogar 30., ja 40 Proz.), so benutzten dennoch selbst die venezianischen Kaufleute bei ihren levantischen Spekulationen die florentinischen Bankiers, weil dieselben sehr zuverlässig in ihren Geschäften waren. Namentlich machten die Bankhäuser der Peruzzi und der Bardi große Geschäfte, sowohl in Europa [* 12] als in der Levante. Dieselben besaßen auch bedeutende Handelsprivilegien in Cypern [* 13] und Armenien, deren Vorteile sie ihre Mitbürger genießen ließen. Überhaupt war es vorzüglich der florentinische Handelsstand, der im Mittelalter die Ausbildung des Handelswesens förderte.
Florenz ist Geburtsort einer solchen Anzahl großer Männer, wie wohl wenig andre Städte sie aufweisen können. Wir nennen darunter die Dichter Dante, Boccaccio;
die Maler Cimabue, Gaddi, Orcagna, Masaccio, Ghirlandajo, Filippo und Filippino Lippi, Andrea del Sarto, Bronzino, Carlo Dolci;
die Bildhauer Luca della Robbia, Donatello, Lor. Ghiberti, Bandinelli, den Goldschmied und Bildhauer Benv. Cellini;
den Architekten Brunellesco;
die Tonkünstler Lully und Cherubini;
den Historiker Guicciardini;
den Seefahrer Amerigo Vespucci;
die Staatsmänner und Regenten aus dem Haus Medici;
den Staatsmann und Geschichtschreiber Machiavelli etc. Seiner geistigen Bedeutung verdankt es auch Florenz, daß sein Dialekt und nicht der römische als maßgebende Sprachweise von ganz Italien acceptiert wurde.
Vgl. Villani, Annali; Machiavelli, Florentinische Geschichten (deutsch von A. v. Reumont, Leipz. 1846, 2 Bde.);
Guicciardini, Storia d'Italia, Bd. 1 (1561 u. öfter; deutsch, Darmst. 1843);
A. v. Reumont, Tavole cronologiche e sincron. della storia fiorentina (Flor. 1841);
Capponi, Storia della repubblica di Firenze (das. 1875, 2 Bde.; deutsch von Dütschke, Leipz. 1877);
Ad. Trollope, History of the commonwealth of Florence (Lond. 1865, 4 Bde.);
Perrens, Histoire de FIorence (Par. 1877-79, 4 Bde.);
Scheffer-Boichorst, Florentinische Studien (Leipz. 1874);
Hartwig, Quellen und Forschungen zur ältesten Geschichte der Stadt Florenz (Marb. und Halle [* 14] 1875-81, 2 Bde.);
Yriarte, Florence (Par. 1880, Prachtwerk);
Byers, Florenz (Beschreibung, Zür. 1881);