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Fleisches. Am wichtigsten dürfte die Borsäure sein (Aseptin, Amykos), welche, in gehöriger Verdünnung angewandt, sich in keiner Weise bemerkbar macht, völlig unschädlich ist, übrigens vor der Benutzung des Fleisches durch Abwaschen zum großen Teil zu entfernen ist. Ein von Jannasch in den Handel gebrachtes Konservierungssalz besteht aus borsaurem Kali, Salpeter und Kochsalz und verdient insofern den Vorzug, als bei Anwendung desselben das Fleisch seine natürliche Farbe behält.
Auch Salicylsäure dürfte in Zukunft eine große Rolle spielen. Über die Anwendung des Salzes und des Rauches s. Einsalzen und Räuchern. Der Essig wird häufig in Haushaltungen angewandt, ist aber auch wohl für größern Betrieb geeignet, wenn man knochenfreies Fleisch bei Abschluß der Luft der Einwirkung von Essigsäuredämpfen aussetzt. Dies Verfahren hat vor dem Einlegen in Essig den Vorzug, daß das Auslaugen des Fleisches vermieden wird. Man setzt auch das Fleisch der Einwirkung der schwefligen Säure aus, hängt es dann an die Luft und überzieht es mit einer Lösung von Melasse und Albumin in Eibischwurzelabkochung. Nach einem andern Verfahren wird das in eine Lösung von doppeltschwefligsaurem Natron, Glycerin und Salzsäure in Wasser gelegt, dann mit doppeltschwefligsaurem Natron bestreut und in Blechdosen verpackt, welche man sorgfältig verlötet. Über Fleischmehl und Fleischextrakt s. d.
Konsum. Naturgeschichtliches.
Die Größe des Fleischkonsums mit einiger Genauigkeit anzugeben, ist sehr schwer, weil sehr vieles außer dem Bereich der Wahrnehmung liegt. Nach vorliegenden Berechnungen beträgt der jährliche Verbrauch an Fleisch auf den Kopf
in Preußen | 34,745 Pfd. | in Münster | 51,750 Pfd. |
im Königr. Sachsen | 41,670 " | " Magdeburg | 97,000 " |
in Baden | 50,800 " | " Berlin | 114,000 " |
im Kanton Thurgau | 39,000 " | " Koblenz | 140,000 " |
in Frankreich | 39,400 " | " Frankfurt a. M. | 152,000 " |
" England (Rindfl.) | 78,670 " | " München | 129,000 " |
" England | 186,000 " | " Wien | 151,000 " |
" Belgien | 84,460 " | " Paris | 118,990 " |
im Durchschnitt von 24 preuß. Städten | 83,600 " | " Basel | 153,000 " |
Die Bedeutung des Fleisches als Nahrungsmittel [* 2] beruht vor allem auf seinem Reichtum an eiweißartigen Substanzen, deren Einführung in den lebenden Organismus eine notwendige Bedingung für seine Erhaltung ist. Das Fleisch ist aber nicht allein sehr reich an Eiweiß, sondern es enthält dasselbe auch in einer selbst für schwache Verdauungsapparate sehr zugänglichen Form. Mageres, gut gekochtes oder gebratenes Fleisch löst sich in den Verdauungssäften leichter als gekochte Eier [* 3] oder Milch und namentlich sehr viel leichter als die Eiweißstoffe des Getreides und der Hülsenfrüchte.
Außerdem wirkt das in einer ihm ganz eigentümlichen Weise auf das Nervensystem, indem es ein Gefühl der Befriedigung und erhöhtes Kraftgefühl wie kein andres eiweißhaltiges Nahrungsmittel erzeugt. Bei der leichten Verdaulichkeit des eiweißreichen Fleisches wird der Organismus durch Fleischkost eiweißreicher, und das aufgenommene Eiweiß geht in die Muskeln [* 4] und Organe selbst über und macht dieselben für äußere und innere Arbeit leistungsfähiger.
Namentlich werden auch Herz und Respirationsmuskeln befähigt, alle Anforderungen zu bewältigen, welche im Körper selbst als Folge vermehrter äußerer Arbeitsleistung und erhöhten Stoffwechsels auftreten. Bei der durch den Eiweißreichtum hervorgerufenen schnellern Umsetzung und Neubildung der Körperbestandteile werden auch die Verdauungssäfte in größerer Menge erzeugt, und ein reichlich mit Fleisch ernährter Organismus bewältigt größere Quantitäten und schwerer verdauliche Nahrungsmittel als bei Mangel an Eiweiß.
Endlich vermag auch ein mit Fleisch gut genährter Körper die Folgen ungenügender Ernährung ohne wesentliche Benachteiligung der Leistungsfähigkeit eine Zeitlang zu ertragen. Gegenüber diesem hohen Werte des Fleisches für die menschliche Ernährung ist nicht zu leugnen, daß die massenhafte Konsumtion desselben mit Belästigungen für eine Reihe unbeteiligter Personen, unter Umständen mit Gefahren für das konsumierende Individuum verbunden, und daß die Ernährung mit Fleisch die teuerste von allen ist.
Die gewerbliche Herstellung der Marktware ist besonders in den Fällen mit Nachteilen verknüpft, wo es den Schlächtern noch gestattet ist, in oft wenig dazu geeigneten Privathäusern zu schlachten (vgl. Fleischschau). Wohl eingerichtete Schlachthäuser vermögen diese Übelstände zu beseitigen, während sich gewisse Beschädigungen des Konsumenten niemals völlig ausschließen lassen werden. Infektionen mit Trichinen und Bandwürmern, hier und da einmal ein Fall von Milzbrand werden selbst bei scharfer Kontrolle vorkommen, umso mehr, als das Publikum wenig vorsichtig ist und den Schutz, welchen genügende Erhitzung des Fleisches bietet, oft genug versäumt.
Deswegen aber den Genuß des Fleisches beschränken oder gar beseitigen zu wollen, wäre durchaus ungerechtfertigt, während es allerdings angemessen erscheint, auf die Möglichkeit einer vollkommenen Ernährung auch bei sehr beschränkter Fleischdiät, aber rationell gewählter vegetabilischer Kost hinzuweisen. Namentlich im Freien arbeitende kräftige Männer werden im stande sein, ihr Eiweißbedürfnis aus vegetabilischer Kost zu decken und dabei große Leistungsfähigkeit zu gewinnen. Wo aber, wie bei sitzender Lebensweise, die Atmung beschränkt, die Verdauung mehr oder weniger schwächer ist, da erscheint Fleischdiät unentbehrlich, und im allgemeinen bleibt die Zufuhr der Hauptmenge des Eiweißes in Form von Fleisch der bessere und anzustrebende Zustand, wie denn auch der einzelne mit zunehmendem Wohlstand die Pflanzennahrung mehr und mehr durch Fleischnahrung ersetzt.
Die Zahl der Tiere, welche dem Menschen Fleisch als Nahrungsmittel liefern, ist sehr groß; vorzüglich sind es aber die Säugetiere und unter diesen die Pflanzenfresser, deren Fleisch genossen wird. Das Rind [* 5] ist dem Menschen in fast alle Länder gefolgt, nur der Polarkreis ist von ihm nicht überschritten worden;
die Zucht des Schafes ist weit verbreitet;
Ziegen werden im allgemeinen nur jung gegessen und haben nur lokale Bedeutung;
das Fleisch der Antilopen und Gemsen aber ist eins der wichtigsten Nahrungsmittel der nomadischen Völker Afrikas, Asiens und Nordamerikas. Im Altertum waren mehrere Antilopenarten Haustiere bei den Ägyptern.
Das Renntier ist für die Lappen, Samojeden und Tungusen, das Elentier für die Eskimo, die Krik und Tschippewäer, das Kamel für die Araber und das Lama für die Peruaner von größter Wichtigkeit. Die Giraffe wird von den Hottentoten und Galla gejagt. Den Indianern Nordamerikas liefert das Elenfleisch den Pemmican. Schwein, [* 6] Tapir, Nabelschwein, Klippdachs, Nashorn, Flußpferd und Elefant [* 7] sind die Dickhäuter, deren Fleisch gegessen wird. Von den Einhufern liefert das Pferd [* 8] vielen Völkern eine nahrhafte Speise; Kalmücken, Buräten, Kirgisen und die zwischen Wolga, Kama und dem Uralfluß wohnenden Baschkiren wie auch die Patagonier u. die untern ¶
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Volksklassen in China [* 10] und Persien [* 11] essen viel Pferdefleisch. Den Deutschen verbot Gregor III. dasselbe als ein heidnisches Gelüst. In Paris [* 12] und Kopenhagen [* 13] hat man in neuerer Zeit zuerst wieder angefangen, Pferde [* 14] zu schlachten, und jetzt haben wir auch in größern deutschen Städten, namentlich in Berlin, [* 15] wieder Roßschlächtereien, deren Ware guten Absatz findet. Auch Esel, Zebra und Quagga werden gegessen. Unter den Nagern liefern bekanntlich Hasen und Kaninchen [* 16] ein schmackhaftes Fleisch; das der letztern wird namentlich in Spanien, [* 17] Frankreich, Belgien [* 18] und England gegessen.
Bei uns ist für die Kaninchenzucht in den letzten Jahren sehr eifrig Propaganda gemacht worden, und sie verdient namentlich auch deshalb große Beachtung, weil sie unter wesentlich andern Bedingungen als die Zucht der gewöhnlichen Schlachttiere und auch von ärmern Leuten vorgenommen werden kann. Die Indianer Nordamerikas essen viel Biberfleisch; Eichhörnchen werden am Missouri genossen, und Ratten gelten im südlichen Teil von Senegambien für eine Leckerei.
Affenfleisch essen die Indianer am Orinoko, Amazonenfluß, Apure, Rio Negro [* 19] und La Plata, die Neger am Senegal und Gambia. In Australien [* 20] ißt man Känguruhs, in Brasilien [* 21] und Guayana Faultiere, am Orinoko und Senegal Manatis. Das Fleisch der Fleischfresser ist hart, riecht widerlich und schmeckt oft auch unangenehm. Dennoch verschmähen Tungusen, Jakuten, Ostjaken, Samojeden, Eskimo, Tschppewäer, Sioux, die Bewohner der Garogebirge in Assam und die Kaffern das Fleisch von Raubtieren nicht.
Der Schinken des schwarzen amerikanischen Bären wird in den Vereinigten Staaten [* 22] gegessen. Hunde [* 23] werden auf Neuseeland, auf den Gesellschaftsinseln und auf Hawai [* 24] verspeist. Auf den Märkten der Königreiche Dahomé und Whydah wird überall Hundefleisch verkauft; auch die Bewohner von Nedschd in Arabien, von Timor, die Chinesen und die Mexikaner genießen es. Robben [* 25] werden von Lappen, Samojeden, Kamtschadalen, Tschuktschen, Grönländern und Eskimo allgemein gegessen.
Die Peschäräh verspeisen Seebären und Seehunde. In Amerika [* 26] genießt man auch Beutelratten, Gürteltiere, Ameisenfresser, in Ostindien [* 27] Schuppentiere. Die Anwohner des Nootkasunds essen das Fleisch des Schwertfisches, auch Walfischfleisch wird genossen. Vogelfleisch wird in großen Mengen nur dort genossen, wo Säugetiere nicht vorhanden sind, und spielt namentlich im hohen Norden [* 28] eine große Rolle, wo die Vogelberge die Beschaffung großer Mengen ermöglichen.
Bei uns werden am häufigsten benutzt: Haushuhn, Fasan und Puter; Feldhühner, Auerhähne, Wachteln und Tauben [* 29] haben für die Ernährung der Menschen hier und da große Bedeutung. Von den Singvögeln werden besonders Finken, Ammern, Drosseln, Lerchen, Meisen und Schwalben gegessen. Die Rabenarten ißt man besonders in nördlichen Gegenden. Von den Klettervögeln benutzt man Eisvögel, Bienenfresser, Tukane, Wiedehopfe, Ziegenmelker, Spechte, Kuckucke und Papageien.
Gänse, Enten, [* 30] Schwäne, Sägetaucher, Pelikane, Möwen, Meerschwalben und andre Schwimmvögel [* 31] werden vielfach verspeist. Die Eidergänse, Bergenten, Schnatterenten und Sturmvögel liefern ein thraniges, hartes, unschmackhaftes Fleisch. Sehr beliebt sind Schnepfen, Strandläufer mit dem Kiebitz und Kampfhahn, Regenpfeifer, Wasserhühner, Flamingos, Reiher, Störche und Kraniche. Die Araber in Nedschd, die Schangalla und die Dobenah essen Strauße, ebenso die Anwohner des Takazzéflusses. Von Raubvögeln sind Adler, [* 32] Falken und Eulen [* 33] nur in Zeiten der Not als Nahrungsmittel gebräuchlich.
Die Reptilien liefern die Schildkröte, den Arabern in Nedschd eine große Eidechse, welche sie Dhab nennen, den Brasiliern den Jagu, den Römern die grüne Eidechse. Das Fleisch des Leguans wird besonders in Hindostan, Ceylon, [* 34] Westindien [* 35] und Südamerika [* 36] genossen. Von den Krokodilen wird der Kaiman gegessen. In Australien verspeist man alle größern Schlangenarten, die Neger des Palmaskaps essen das Fleisch von Python natalensis. In Guayana, Guinea und Indien werden Arten der Gattungen Python und Boa als Speisen geschätzt, und in Italien [* 37] bereitet man aus Vipern kräftige Brühen.
Von den Fröschen genießt man die Schenkel des grünen Wasserfrosches und des Grasfrosches, in Mexiko [* 38] den Axolotl. Die Fische [* 39] rivalisieren in manchen Gegenden mit den Säugetieren; nur die Singhalesen auf Ceylon und die Anhänger der Buddhareligion verschmähen sie, während den Kalmücken die Fischerei [* 40] unbekannt ist. Die Polarbewohner leben zum Teil nur von Fischen. Die geschätztesten Fische gehören mit wenigen Ausnahmen den Knochenfischen an. Von den Süßwasserfischen sind hier zu nennen: Lachs, Karpfenarten, Barsch, Forelle, Hecht, Flußaal, Sander, Quappe, Wels, Schmerle, Barbe, Gründling, Schleie, Elritze, Plötze, Rotauge u. a. Das Meer liefert den Hering, den Kabeljau (Stockfisch, Laberdan, Klippfisch), den Schellfisch, dann den Dorsch, den Wittling, den Köhler, den Pollak u. a. Neben dem Hering und dem Kabeljau verdienen die Makrelen, unter welchen der Thunfisch die berühmteste ist, Erwähnung. Im übrigen geben unter den Knochenfischen des Meers besonders Schollen, Seebrachsen, Meerbarben, Meeräschen und Muränen beliebte Speise ab. Zu den Schollen gehören Steinbutt, Glattbutt, Zunge und Flunder.
Außer diesen Fischen sind nur noch der Stör, die Rochen und die Neunaugen zu nennen. Von den wirbellosen Tieren ißt man viele Krustentiere, besonders Krebse und Hummer, dann Krabben, Ruderkrabben, Laufkrabben, Flußkrabben und namentlich die Garneelen. Auch Schaltiere werden häufig als Nahrungsmittel benutzt, die Bewohner von Vandiemensland leben fast ausschließlich von denselben. Sepia, Loligo und Octopus, dann Strombus, Murex, Turbo und Patella werden vielfach verspeist, Haliotis bildet ein Hauptnahrungsmittel der Kalifornier. Am wichtigsten ist die Auster; [* 41] doch werden auch Pecten, Mactra, Cardium, Solen, Venus, Pinna, Mytilus und Tridacna gegessen.
Von Landschnecken verspeist man im südlichen Europa [* 42] mehrere Helix-Arten, auch Seeigel und Holothurien [* 43] (Trepang) sind erwähnenswert.
Vgl. Salkowski, Das Fleisch als Nahrungsmittel (Berl. 1875);
Gerlach, Die Fleischkost des Menschen vom sanitären und marktpolizeilichen Standpunkt (das. 1875);
Hofmann, Bedeutung der Fleischkost und Fleischkonserven mit Bezug auf Preisverhältnisse (Leipz. 1880);
Falck, Das Fleisch, Handbuch der wissenschaftlichen und praktischen Fleischkunde (Marb. 1881);
Schmidt-Mülheim Handbuch der Fleischkunde (Leipz. 1884);
Derselbe, Zeitschrift für Fleischbeschau und Fleischproduktion (Iserlohn, [* 44] seit 1885).