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weiblichen Säugetiere und Vögel [* 2] ist zarter, aber weniger schmackhaft als das der männlichen; das Fleisch der Sau ist aber ebenso geschätzt wie das des männlichen Schweins, und von der Gans wird das Weibchen meist dem Männchen vorgezogen. Die männlichen Fische [* 3] sind schmackhafter als die weiblichen, so namentlich beim Hering, Lachs und Barsch. Das Fleisch vom Mastvieh hat kürzere, zartere Fasern, welche überall mit hellgelblichem Fett durchwachsen sind; auch ist es saftiger und gewöhnlich etwas heller, aber immerhin schön rot gefärbt.
Noch deutlicher treten diese Unterschiede nach der Zubereitung hervor, indem das Fleisch vom Mastvieh weit zarter schmeckt und weicher und verdaulicher ist als das Fleisch des ungemästeten Viehs. Das Fleisch der in der Freiheit lebenden Tiere ist nie so fett wie das der Haustiere; der Sauerstoff, welchen sie bei starker Bewegung in reichlicherm Maß einatmen, verhindert die Ablagerung großer Fettmassen. Dafür findet sich in ihrem Fleisch, wahrscheinlich infolge des beschleunigten Stoffwechsels, ein größerer Reichtum an jenen Stoffen, welche den eigentümlichen Geschmack solchen Fleisches bedingen.
Rebhühner verlieren ihren Geschmack, wenn sie eingesperrt und wie Haushühner gefüttert werden; zahme Enten [* 4] werden mager, nehmen aber den angenehmen Geschmack des Wildbrets an, wenn man sie ihrer Freiheit überläßt. Säugetiere, die in bergigen Gegenden gewürzhafte Kräuter verzehren, liefern ein schmackhafteres Fleisch als solche, die in sumpfigen Gegenden weiden; Kälber, die ausschließlich mit Milch gefüttert wurden, haben ein blasses Fleisch, welches durch Braten weiß wird und durch leichte Röstung einen angenehm würzigen Geschmack annimmt, der dem dunkeln Fleisch mit Kleie oder Heu etc. genährter Kälber abgeht.
Das Fleisch von Tieren, welche reichlich Salz [* 5] erhalten, ist wohlschmeckender als das der Fleischfresser, die wenig Salz in ihrer Nahrung empfangen. Besonders günstigen Einfluß auf die Beschaffenheit des Fleisches übt die Kastration aus. Das Fleisch der Säugetiere wird dadurch zarter, feinkörniger, kräftiger und schmackhafter. Dasselbe gilt für Vögel, und auch bei den Karpfen hat es sich bewährt. Diese Veränderung in der Beschaffenheit des Fleisches wird erklärlich, wenn man bedenkt, daß nach der Kastration hoch entwickelte eiweißartige Körper und Fette, die sonst regelmäßig abgesondert werden, in dem Blut zurückbleiben.
Durch Jagen, Hetzen, Peitschen wird das Fleisch ebenfalls zarter. Ein solches Fleisch zersetzt sich aber auch sehr schnell und kann unter Umständen lebensgefährdende Eigenschaften für den Genießenden annehmen. In den Hamburger Schlächtereien, die für den Export und die Verproviantierung der Schiffe [* 6] arbeiten und daher möglichst haltbares Fleisch zu erzielen suchen, wird deshalb bei Nacht zwischen 1 und 3 Uhr [* 7] geschlachtet, wo die Lebensthätigkeit der Tiere auf ein Minimum zurückgewichen ist. In sehr stark angestrengten Muskeln [* 8] tritt eine Fettdegeneration des Fleisches ein, und Blutbestandteile ergießen sich in die gezerrten und stark gequetschten Teile des Fleisches, der Haut [* 9] und des Zellgewebes.
Die Fettdegeneration nach starken Märschen, Springen etc. kennen die Fleischer sehr gut und nennen das von ihr befallene Fleisch »verbugt« oder »ausgebugt«. Dasselbe ist unscheinbar, hell und wässerig und wird nach dem Kochen faserig und zerfallend. Die Blutunterlaufungen geben Veranlassung zu rascher Zersetzung und bald eintretendem übeln Geruch der betroffenen Teile. Gutes Fleisch ist nach Letheby weder blaßrötlich noch tief purpurrot. Erstere Farbe deutet auf Krankheit hin; letztere beweist, daß das Tier eines natürlichen Todes gestorben ist.
Gesundes Fleisch ist fest und elastisch und macht die Finger kaum feucht, krankes Fleisch läßt oft Serum austreten; ähnlich verhält es sich mit dem Fett. Gutes Fleisch erleidet auch beim Kochen weniger Verlust als schlechtes. Der Saft von gesundem Fleisch reagiert schwach sauer, der von krankem oft alkalisch. Unter dem Mikroskop [* 10] erscheint die gesunde Muskelfaser glatt und scharf begrenzt, die kranke hingegen aufgequollen mit undeutlichen und weit voneinander entfernten Querstreifen.
Die prozentischen Gewichtsverhältnisse der einzelnen Teile vom Rindvieh, Schaf [* 11] und Schwein, [* 12] unter Berücksichtigung von magerer, mittelgenährter, halbfetter und fetter Qualität, zeigt folgende Tabelle:
Ochs | fettes Kalb | Schaf | Schwein | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
mittelgenährt | halbfett | fett | mager | mittelgenährt | halbfett | fett | sehr fett | mittelgenährt | fett | ||
Körperteile: | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. |
Blut | 4.7 | 4.2 | 3.9 | 4.8 | 3.9 | 3.9 | 3.6 | 3.2 | 3.2 | 7.3 | 3.6 |
Haut, Kopf, Beine, Zunge | 13.7 | 12.4 | 10.7 | 13.5 | 24.0 | 22.8 | 20.0 | 18.0 | 16.1 | - | - |
Eingeweide | 9.8 | 7.7 | 7.2 | 7.7 | 8.5 | 8.1 | 7.7 | 6.6 | 5.3 | 9.8 | 6.0 |
Fleisch und Fett | 49.7 | 58.6 | 64.8 | 62.4 | 46.3 | 49.4 | 54.3 | 59.6 | 65.1 | 74.5 | 84.6 |
Inhalt von Magen und Darm | 18.0 | 15.0 | 12.0 | 7.0 | 16.0 | 15.0 | 14.0 | 12.0 | 10.0 | 7.0 | 5.0 |
Bestandteile des Rumpfes (Schlachtgewicht nebst Fett vom Netz etc.): | |||||||||||
Fleisch ohne Fett und Knochen | 36.0 | 38.0 | 35.0 | 43.0 | 33.2 | 33.5 | 33.1 | 29.0 | 27.0 | 46.4 | 40.0 |
Knochen | 7.4 | 7.3 | 7.1 | 9.3 | 7.1 | 6.6 | 5.9 | 5.5 | 5.2 | 8.0 | 5.8 |
Fett im Fleisch | 2.0 | 7.9 | 14.7 | 5.5 | 2.0 | 3.3 | 8.0 | 14.7 | 20.5 | 16.5 | 32.4 |
Fett an den Nieren | 2.0 | 2.5 | 3.5 | 2.2 | 1.0 | 1.9 | 2.4 | 3.6 | 4.4 | 1.9 | 3.9 |
Fett an Netz und Darm | 2.3 | 2.9 | 4.5 | 2.4 | 3.0 | 4.1 | 4.9 | 6.8 | 8.0 | 1.7 | 2.5 |
Zusammen: | 49.7 | 58.6 | 64.8 | 62.4 | 46.3 | 49.4 | 54.3 | 59.6 | 65.1 | 74.5 | 84.6 |
Das Fleisch ist, wie aus seiner Zusammensetzung hervorgeht, eins unsrer schätzbarsten Nahrungsmittel, [* 13] und Menschen, welche sich größtenteils mit kräftigem und gut zubereitetem Fleisch ernähren, zeichnen sich im allgemeinen vor solchen, die Mehlstoffe oder Früchte als vorzugsweise Nahrung zu sich nehmen, durch größere Körperkraft und Ausdauer entschieden aus. Den größten Nährwert besitzt das Fleisch der Säugetiere und der Vögel, das Fleisch der Fische ist im Durchschnitt von viel geringerm Wert;
das Fleisch der Amphibien ist weiß, leichtverdaulich und schmackhaft, aber, wie das Fischfleisch, weniger nahrhaft als das der Säugetiere und Vögel;
das Fleisch der Krebse ist weiß, fest, gilt als ziemlich schwer verdaulich und nicht sehr nahrhaft;
das Fleisch der Austern ist sehr reich an Eiweiß und daher von hohem Nährwert, steht aber dennoch dem Fleisch der Säugetiere und Vögel nicht gleich.
Gewöhnlich nimmt man an, daß sich die verschiedenen ¶
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Fleischarten in betreff ihrer Verdaulichkeit in folgender Ordnung von der leichtest- bis zur schwerstverdaulichen Fleischart folgen: Fleisch der Vögel, Säugetiere, Fische, Amphibien, Krebse, Austern. Zu bemerken ist hier noch, daß Pferdefleisch vorzüglichen Nahrungswert besitzt und eine gute Brühe liefert. Das Fleisch junger Tiere ist im allgemeinen leichter verdaulich als das alter Tiere.
Zubereitung. Konservierung.
Für die Zubereitung hat man totenstarres Fleisch zu vermeiden, welches nicht weich wird, während alles Fleisch eine große Zartheit erlangt, welches schon eine etwas tiefer greifende Zersetzung erlitten hat. Diese Zersetzung ist beginnende Fäulnis, und in dem Zustand, in welchem das Wild häufig gegessen wird, ist dieselbe bereits bis zur Entwickelung übelriechender Gase [* 15] vorgeschritten. Der Genuß eines in stärkere Fäulnis übergegangenen Fleisches kann leichtere, aber auch schwerere Erkrankungen und selbst den Tod herbeiführen (vgl. Wurstgift). Je nach der Art der Zubereitung des Fleisches erhält man ein Nahrungsmittel von sehr verschiedenem Ernährungswert.
Beim Braten wird das Fleisch ohne Wasser, aber häufig mit Fett erhitzt; es bildet sich durch Gerinnung des Eiweißes im Fleischsaft der oberflächlichen Teile eine Schicht, welche den Austritt des Fleischsafts verhindert. Das Fleisch behält alle wertvollen Bestandteile, und die Bildung einer geringen Menge Essigsäure, die während des Bratens erfolgt, erhöht die Verdaulichkeit. Durch die Röstung der oberflächlichen Schicht entstehen Zersetzungsprodukte gewisser Bestandteile des Fleischsafts, welche den Wohlgeschmack erhöhen (vgl. Braten).
Beim Dämpfen wird das Fleisch durch die Einwirkung von Wasserdampf gar, und auch hierbei erfolgt im wesentlichen kein Verlust, welcher aber sich sehr bemerklich machen und die ganze Natur des Fleischstücks wesentlich beeinflussen kann, sobald man es mit viel Wasser, wie beim Kochen, behandelt. Legt man ein Stück in kaltes Wasser und erhitzt es langsam, so wird der Fleischsaft mehr oder weniger vollständig ausgezogen, und wenn man dann zum Kochen erhitzt, so verwandeln sich die leimgebenden Substanzen in Leim, und dieser geht gleichfalls in die Brühe über (vgl. Bouillon). Je kleiner das Stück Fleisch ist, und je langsamer man es mit Wasser erhitzt, um so vollständiger ist die Auslaugung, um so kräftiger wird die Fleischbrühe, um so wertloser aber auch das Kochfleisch.
Die Fleischfaser, von dem Fleischsaft entblößt, schrumpft zusammen und wird schwerer verdaulich; ihr Ernährungswert ist geringer, weil sie die zur Fleischbildung in dem Körper des Genießenden nötigen Salze nicht mehr vollständig enthält. Gute Fleischbrühe und gutes Kochfleisch lassen sich aus einem und demselben Stück Fleisch nicht darstellen. Will man gutes Kochfleisch bereiten, so muß man das in das kochende Wasser bringen und dafür sorgen, daß dasselbe zunächst auch im Kochen bleibt.
Dann gerinnt, wie beim Braten, das Eiweiß in den äußersten Fleischschichten und verhindert den Austritt des Fleischsafts. Das Fleisch behält im wesentlichen seinen Nährwert, und nur die äußersten Fasern werden so nachteilig verändert wie bei der Bereitung der Fleischbrühe. Das Innere des Fleischstücks wird in seinem eignen Saft gar. Dazu aber ist die Siedetemperatur, welche die Fleischfaser hart macht, nicht nötig. Am besten bringt man das in lebhaft siedendes Wasser, unterhält diese hohe Temperatur indes nur einige Minuten (um die Gerinnung des Eiweißes in den äußern Schichten zu erreichen), fügt dann so viel kaltes Wasser hinzu, daß die Temperatur auf 70° C. sinkt, und erhält diese Temperatur mehrere Stunden lang, bis das Fleisch mürbe geworden ist.
Diese Zubereitungsart liefert eine Fleischspeise, welche allen Anforderungen entspricht und den möglichst großen Nutzen gewährt. Wird Fleischfaser in Berührung mit dem Fleischsaft in viel Wasser erhitzt, so quillt sie nach kurzer Zeit stark auf, wird mürbe und weich. Dies ist der richtige Zeitpunkt, an welchem das Fleisch vom Feuer zu entfernen ist. Bei längerm Kochen schrumpft die Faser trotz des sie noch umgebenden Saftes zusammen, wird hart, hornartig und verliert ihre Verdaulichkeit; zugleich fließt der Fleischsaft aus.
Das Fleisch ist nun verdorben. Durch sehr langes Kochen kann man zwar die Faser abermals erweichen; allein sie ist dann trocken, lederartig, saft- und kraftlos. Bei der großen Veränderlichkeit des Fleisches sind Konservierungsmethoden von hoher Bedeutung. Handelt es sich, wie beim Fleischhandel, nur um Konservierung auf verhältnismäßig kurze Zeit, so wendet man am besten Kälte an. Man bringt das frisch geschlachtete und vorläufig an der Luft abgekühlte in geschlossene Räume, aus welchen ein Gebläse [* 16] die Luft unter der Decke [* 17] absaugt, um sie in einen Eisbehälter zu pressen, in welchem sie abkühlt und ihre Feuchtigkeit verliert, worauf sie in den Fleischraum zurückkehrt.
Das Fleisch wird schließlich mit Boraxpulver bestäubt, in passende Leinensäcke gebunden und in mit Eis [* 18] gekühlten Eisenbahnwagen verladen. Ähnlich konserviert man das frische Fleisch auf dem Transport von Amerika [* 19] nach Europa [* 20] und zwar unter Anwendung von natürlichem Eis oder Eismaschinen, mit denen in der Fleischkammer eine Temperatur von 1,5-3,5° erhalten wird. Auf längere Zeit läßt sich Fleisch durch Kälte um so weniger konservieren, je häufiger es aus einem gekühlten Raum in den andern gebracht wird und inzwischen an die freie und wärmere Luft gelangt. Wo es das Klima [* 21] gestattet, wie in Nord- und Südamerika, [* 22] vielfach auch in Afrika, [* 23] Kleinasien und in den Donaufürstentümern, trocknet man in Streifen geschnittenes an der Luft, bisweilen nachdem es vorher in Salzlösung getaucht oder mit Pfeffer und Knoblauch eingerieben worden war.
Dieses getrocknete Fleisch (Charque oder Charqui, Tassajo) wird z. B. in Südamerika von allen Klassen gern gegessen. Für Europa eignet sich dies Fleisch nicht, weil es sehr salzreich ist, leicht Feuchtigkeit anzieht und dann fault, bei schärferm Trocknen aber spröde und ungenießbar wird. Viel größere Bedeutung besitzt das Appertsche Verfahren, und das nach demselben konservierte australische Büchsenfleisch spielt bereits bei Verproviantierung der Schiffe und im Krieg eine große Rolle. Es besitzt den vollen Nährwert des Fleisches, und da es gutes Fleisch im eignen Saft gekocht repräsentiert, so ist es auch von großem Wohlgeschmack.
Dagegen zeigt es eine sehr derbe Faserung, weil es stark erhitzt worden war und von Tieren stammt, die in der Freiheit aufwuchsen. Auf europäischem Markt stellt sich das Büchsenfleisch teurer als bestes frisches Mastochsenfleisch. Große Verbreitung hat in neuerer Zeit schwach gepökeltes nordamerikanisches Fleisch als Corned beef, welches wohl nach einem dem Appertschen ähnlichen Verfahren konserviert wurde, in Europa gefunden. Mit dem Appertschen Verfahren stimmen im Prinzip die Vorschläge überein, nach welchen man das Fleisch durch Überziehen mit Paraffin, [* 24] Verpacken in Schmalz oder Gelatine konservieren soll. Ein derartig konserviertes Fleisch ist der Pemmican, getrocknetes, zerkleinertes und mit Fett gemischtes Fleisch. In neuerer Zeit gewinnen die Chemikalien immer größere Bedeutung für die Konservierung des ¶