Herpes ist nichts Genaueres bekannt, meistenteils wird derselbe einer
Erkältung zugeschrieben. Nur eine Form der Flechte ist ansteckend,
die
Rasierflechte (der
Herpes tonsurans oder
Area Celsi), welche auf der Verbreitung eines mikroskopischen
Pilzes (Trichophyton
tonsurans) beruht, der an behaarten Körperstellen, z. B. auf der Kopfhaut, das
Ausfallen der
Haare
[* 2] bewirkt, woher
der
NameRasierflechte oder
Rasiergrind. Eine besondere Behandlung der Flechte gibt es nicht; man beschränkt sich darauf, die kranke
Hautstelle mit einer fettigen
Substanz zu bestreichen
und sie dadurch vor äußern Einwirkungen zu schützen.
Gegen die heftigen Hautschmerzen bei der
Gürtelflechte sind
Einspritzungen einer Morphiumlösung anzuwenden. Bei der
Gürtelflechte ist es am besten, ein gelindes, nicht reizendes
Pflaster aufzulegen und dieses mittels
Kompressen fest
aufzubinden. Dazu eignet sich Meliloten- oder das braune
Bleipflaster, auf lange
StreifenLeinwand aufgestrichen, dessen Oberfläche
man noch mit Opiumpulver bestreuen kann. Man wechselt einen solchen Pflasterverband jede
Woche einmal. Die
Rasierflechte verschwindet
bei energischemWaschen mit
Seife und
Wasser ohne
Sublimat und andre arzneiliche
Mittel.
Flechtenausschläge kommen auch bei allen
Haustieren vor. Die kahl machende Flechte
(Herpes decalvans, H.
tonsurans) wird am meisten beim
Rind
[* 3] angetroffen und erweist sich in größern Beständen dadurch sehr lästig, daß innerhalb
mehrerer
Wochen oder
Monate eine erhebliche Zahl der
Tiere mit dem
Ausschlag behaftet wird. Es entstehen
auf der
Haut
[* 4] am
Kopf, am
Widerrist, am Rippenkörper und am
Bauch,
[* 5] zuweilen auch an andern
StellenHerde von der
Größe eines Markstücks
bis zu einem silbernen Fünfmarkstück.
Die
Herde haben eine runde Form. An denselben fallen dieHaare ab, und es bildet sich eine dicke grauweiße
Borke. Wegen des heftigen Juckreizes belecken und scheuern die
Rinder
[* 6] die kranken Hautstellen. Bei größerer Ausbreitung des
Exanthems leidet auch die
Ernährung.
Wenn derAusschlag nicht behandelt und die
Hautpflege vernachlässigt wird, so kann die
wirtschaftliche Ertragsfähigkeit der
Tiere monatelang beeinträchtigt sein. Für die Behandlung erweist
sich das öftere
Bestreichen der kranken
Stellen mit
Teer nützlich.
Nach mehreren
Tagen wäscht man die kranken Hautpartien sorgfältig mit lauwarmem Seifenwasser. Einzelne
Stellen können zweckmäßig
mit Quecksilbermitteln behandelt werden (1 Teil weißes
Präzipitat auf 8-10 Teile Schweineschmalz oder 1 Teil rotes
Präzipitat
auf 10-15 Teile
Schmalz). Wenn diese in größern Beständen ein oder mehrere
Tiere befällt, so ist thunlichst
die
Isolierung derselben herbeizuführen, um der weitern Verbreitung durch
Ansteckung zuvorzukommen. Von den
Rindern kann diese
Flechte auf
Pferde
[* 7] und
Menschenübertragen werden. Seltener werden die
Schafe
[* 8] angesteckt. Bei dem
Pferd
[* 9] äußert sich die Flechte unter
ganz gleichen
Erscheinungen wie beim
Rind. Zu ihrer Behandlung sind auch dieselben
Mittel angezeigt.
Die Bläschenflechte (Eczema simplex) tritt am meisten bei den
Pferden auf und veranlaßt vorübergehend den
Ausfall der
Haare
am
Rumpf und
Kopf. Auf der
Haut entstehen kleine
Bläschen mit wasserhellem
Inhalt, welche nach 5-10Tagen
platzen oder zu klebrigen, weichen
Schorfen eintrocknen. Das lebhafte Juckgefühl veranlaßt die
Pferde, die
Haut zu reiben
und zu scheuern, wodurch entzündliche Schwellungen an der Körperoberfläche in großem
Umfang entstehen können.
Daher bedeckt sich die
Haut mit Schrunden, zuweilen auch mit
Borken. Am
Kopf und
Hals erfolgt gewöhnlich ein so
starker Verlust
der
Haare, daß die
Tiere förmlich kahl erscheinen. Zur Behandlung sind warme
Bähungen der
Haut neben der
Applikation
von adstringierenden
Mitteln empfehlenswert. Am meisten hat sich die Waschung mit einer 1-2proz.
Lösung von
Zinkvitriol oder
mit einer 5proz.
Lösung von
Alaun
[* 10] oder mit einer Abkochung der
Eichenrinde bewährt. Wird die
Haut spröde
und rissig, so ist die
Einreibung von
Glycerin oder
Vaselin nützlich. Die innere Behandlung der flechtenkranken
Pferde kann
vollständig entbehrt werden.
Schafe erkranken nur selten an einer ekzematösen Flechte, welche sich durch kahle Hautstellen von Thalergröße
charakterisiert und vorzugsweise am
Kopf und am
Rücken auftritt. Ohne Behandlung gelassen, führt dieselbe
zum Verlust der
Wolle und zur
Abmagerung der
Tiere. Die
Heilung ist im ganzen nicht leicht und erfordert während einer längern
Zeit die
Applikation von
Teer oder Waschungen mit
Teerseife, resp. Karbolseife. Bei den
Hunden finden sich Flechtenausschläge
mit Verlust des Deckhaars und oberflächlicher Hautentzündung sehr häufig.
Sie sind um so mehr von Bedeutung, als sie auf den
Menschen sich
übertragen können. Obwohl bis jetzt die pflanzlichen
Parasiten,
welche diese Flechte verursachen, nicht nachgewiesen worden sind, so kann doch über die mykotische
Natur derselben ein
Zweifel
nicht obwalten. Zur
Heilung haben sich Schwefelpräparate, namentlich
Bäder von
Schwefelleber und Waschungen
mit einer Mischung von 20 Teilen
Schwefelblumen, 10 Teilen
Gummi arabikum und 500 Teilen
Kalkwasser, vielfach bewährt. Für
die lokale Behandlung finden auch
Quecksilberpräparate, insbesondere das weiße
Quecksilberpräzipitat in Salbenform (1:8-12),
Anwendung.
[* 11]
(Lichenen,
Lichenes), kryptogamische
Gewächse, zu den
Thallophyten gehörig, früher als selbständige
Klasse
betrachtet, neuerdings als eigentümliche Doppelorganismen erkannt, die aus chlorophyllhaltigen
Algen
[* 12] und auf ihnen schmarotzenden
Pilzen bestehen. Der
Körper der Flechten
(Lager,
[* 13]
Thallus) besteht nämlich aus zwei
Elementen durchaus
verschiedenen Ursprungs: aus fadenförmigen, chlorophyllfreien Pilzhyphen, die zugleich Fruktifikationsorgane von der Art
der
Disko- und
Pyrenomyceten (s.
Pilze)
[* 14] erzeugen, und chlorophyllhaltigen, durchaus mit bestimmten Algengattungen
identischen
Zellen
(Gonidien), die das nährende
Substrat für die parasitisch sie umstrickenden
Pilzfäden abgeben und mit diesen
gemeinsam zu gesetzmäßigen, für die einzelne
Spezies charakteristischen
Formen auswachsen. Für diese
Formen hat man folgende
Typen aufgestellt:
1) Der strauchförmige
Thallus ist nur an seiner
Basis angewachsen und erhebt sich in stengel- oder blattähnlicher,
meist strauchartig verästelter Gestalt
[* 1]
(Fig. 1).
2) Der laub- oder lagerförmige
Thallus ist blattartig flach und dünn, der Unterlage allenthalben anliegend, doch so, daß
er nur an einzelnen
Stellen lediglich durch Haftfasern mit ihr zusammenhängt und daher ohne Zerstörung sich ablösen läßt
[* 1]
(Fig. 2 u. 3). Bei manchen
Cladonia-Arten erheben sich von dem kleine Schüppchen bildenden laubförmigen
Thallus aufrechte, nach Art des strauchförmigen
Thallus wachsende,
oben oft becherförmige Stiele
(Gestelle, Podetien), auf
welchen die Apothecien sich entwickeln
[* 1]
(Fig. 4).
3) Der krustige
Thallus bildet eine das
Substrat überziehende oder auch in demselben sich ausbreitende und mit ihm
überall fest zusammenhängende, daher nicht ohne Zerstörung abtrennbare Kruste
[* 1]
(Fig. 5). Hinsichtlich
der anatomischen
Struktur kennt man zwei
Arten des
¶
mehr
Flechtenthallus. Bei dem geschichteten (heteromeren) Thallus unterscheidet man auf dem Durchschnitt
[* 11]
(Fig. 6) die Rindenschicht,
welche aus innig verflochtenen Pilzhyphen besteht und daher ein scheinbares Parenchym darstellt (a a); die Gonidienschicht
(gonimische Schicht), welche unterhalb der Rindenschicht liegt, und in welcher außer Hyphen, die von der Rinden- zur Markschicht
verlaufen, die Gonidien und die chlorophyllhaltigen Algenzellen enthalten sind (g); endlich die Markschicht,
ein wiederum nur aus Pilzhyphen bestehendes, meist lockeres, lufthaltiges Gewebe
[* 16] (m), welches im strauchartigen Thallus den
innern, im laub- und krustenartigen den untern, dem Substrat anliegenden Teil ausmacht.
An der Unterseite des laubartigen Thallus befinden sich die Haftfasern, dickere oder dünnere Hyphenbündel
(r r), welche mit ihren Enden in das Substrat eindringen und dadurch den Thallus befestigen. Das Wachstum des geschichteten Thallus
erfolgt durch Zunahme an den Spitzen, bez. an den Rändern und beruht im allgemeinen darauf, daß hier
die Hyphen sich verlängern und durch Verzweigung neue zwischen sich erzeugen; die Gonidien sind hier nur
als isolierte Zellen oder Zellengruppen zwischen die Hyphen eingestreut, gleichsam wie fremde Bestandteile nisten sie zwischen
denselben und vermehren sich nur entsprechend der Zunahme des Thallus.
Bei den Flechten mit
ungeschichtetem (homöomerem) Thallus sind die Gonidien nicht auf eine besondere Schicht beschränkt, sondern,
mit den Hyphen gemengt, gleichmäßig im ganzen Thallus verbreitet
[* 11]
(Fig. 7 I). Hierher gehört der Thallus der Gallertflechten,
welcher blattartige, meist unregelmäßig krause Gestalt und gallertartige Beschaffenheit besitzt. Seine Gonidien
[* 11]
(Fig. 7 II)
entsprechen genau gewissen Algengattungen, zumal dem Nostoc; auch rührt die gallertartige Substanz dieser Flechten, wie bei Nostoc
etc., von den aufgequollenen Membranen derselben her, und ihre Vermehrung bedingt hier allein das Wachstum der Flechte, während
die Hyphen den untergeordneten Bestandteil ausmachen, indem sie nur nach allen Richtungen hin in der Gallerte der Gonidien wuchern.
Bei den Fadenflechten (Byssacei) besteht die Gonidienunterlage aus einer sich verzweigenden Fadenalge, die
von zarten Fäden, den Pilzhyphen, umflochten wird, so z. B. bei Ephebe und dem aus Baumrinde in Südamerika
[* 17] lebenden Coenogonium.
Noch merkwürdiger sind die Verhältnisse bei einigen rindenbewohnenden Graphideen, wie GraphisscriptaAch. und Arthronia vulgarisAch., bei welchen zwei durchaus verschiedene Lebensstadien nacheinander auftreten. Zuerst entwickelt sich ein unter der
Baumrinde wachsender gonidienloser Thallus von Pilzhyphen, der sich zentrifugal aus-