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Hennegau erhielt. Fast das ganze Jahrhundert hindurch dauerten Erb- und Thronstreitigkeiten, in welche sich bereits die Könige von Frankreich in eigennütziger Absicht einmischten. Nach Margaretes Tod 1279 erhielt von ihren Söhnen Johann Hennegau, Guido von Dampierre Flandern. Letzterer verband sich 1291 mit dem Kaiser Adolf von Nassau und mit England gegen Philipp IV., den Schönen, von Frankreich; doch vermittelte Papst Bonifacius VIII. 1295 den Frieden. König Philipp IV. von Frankreich fiel jedoch 1297 abermals in ein, eroberte den größten Teil des Landes, das er als französisches Lehen in Anspruch nahm, und nahm Guido und dessen Sohn Robert gefangen.
Als jedoch Philipp IV. durch seinen Statthalter Jakob von Châtillon die Freiheiten der Flandrer unterdrückte, erhoben sich diese unter dem Vorsteher der Wollweber von Brügge, Pieter de Koninck (Pierre le Roi), vernichteten die französisch gesinnte Partei der Leliaerts unter dem seither in Flandern oft vernommenen Feldgeschrei »Wat walsch is, valsch is. Slaet al dood!« und besiegten das überlegene französische Heer in der »Sporenschlacht« bei Kortryk (Courtrai) Sie wurden dann zwar bei Mons en [* 2] Puelle zwischen Lille [* 3] und Douai geschlagen, erlangten aber gleichwohl einen Frieden, wonach Guido gegen Abtretung einiger Städte nach Flandern zurückkehren sollte. Da derselbe aber schon 1305 starb, folgte ihm sein Sohn Robert.
Dessen Enkel und Nachfolger Ludwig II. (1322-46), zu gleich Herr von Nevers und Rethel und somit der mächtigste unter allen Grafen von Flandern, gab 1336 durch seine Härte gegen die nach größerer Freiheit strebenden reichen und industriellen Städte Veranlassung zu dem allgemeinen Bürgeraufstand, welchen der kühne Genter Brauer Jakob van Artevelde (s. d.) mit englischer Unterstützung leitete. Zugleich wurde der Parteihaß dadurch gesteigert, daß der Graf und der Adel an Frankreich, die Städte an England sich anschließen wollten.
Aus seinem Land vertrieben, suchte Ludwig Hilfe bei Frankreich, konnte aber erst nach Arteveldes Tod (1345) zurückkehren und fiel 1346 in der Schlacht bei Crécy. Unter seinem leichtsinnigen Sohn Ludwig III., genannt von Male, empörten sich die Städte, namentlich Gent [* 4] und Brügge, die reichsten und mächtigsten derselben, von neuem Ludwig belagerte Gent vergebens, schlug aber 1382 die Genter bei Roosebeke, wo auch deren Führer Philipp van Artevelde, der Sohn Jakobs, fiel.
Vermittelst englischer Hilfe trugen jedoch die Städter bei Dünkirchen [* 5] einen Sieg über Ludwig davon, und 1384 kam durch Frankreichs Vermittelung ein Friede zu stande. Ludwig starb 1384 als der letzte Graf von Flandern aus dem Haus Dampierre. Durch die Vermählung seiner Erbtochter Margarete mit Philipp dem Kühnen von Burgund wurde das Land 1385 mit Burgund vereinigt und teilte seitdem die Schicksale dieses Reichs (s. Burgund). Als nach dem Tod Karls des Kühnen von Burgund dessen Länder durch seine Erbtochter Maria von Burgund 1477 an das habsburgische Haus fielen, suchte die französische Krone umsonst ihre alte Lehnshoheit über Flandern geltend zu machen; im Frieden von Madrid [* 6] 1526 mußte Frankreich auf seine Oberlehnshoheit über Flandern verzichten.
Bei der Kreiseinteilung des Deutschen Reichs ward Flandern zum burgundischen Kreis [* 7] geschlagen. Nachdem dieser jedoch an König Philipp II. und damit an die spanische Linie des Hauses Habsburg gekommen war, erlitt er bedeutende Schmälerungen; die Generalstaaten erhielten im Westfälischen Frieden 1648 das sogen. Holländisch Flandern (Staatsflandern), und Ludwig XIV. brachte durch den Pyrenäischen, Aachener, Nimwegener und Utrechter Frieden beträchtliche Teile von an sich (Dünkirchen, Lille, Douai, Valenciennes, Cambrai u. a.). Durch den Utrechter und den Rastatter Friedensschluß fielen die Reste der spanischen Niederlande [* 8] wieder an das Haus Österreich. [* 9]
Seit 1794 war ganz Flandern gleich den übrigen belgischen Provinzen der französischen Republik und später dem Kaiserreich einverleibt und bildete die Departements Lys (die jetzige Provinz Westflandern) und Schelde (die Provinz Ostflandern). Der Wiener Kongreß teilte die beiden erstern Stücke dem neugebildeten Königreich der Niederlande zu. Durch die belgische Revolution von 1830 kamen Ost- und Westflandern an das neukonstituierte Königreich Belgien. [* 10]
Vgl. die von der Historischen Gesellschaft zu Brüssel [* 11] herausgegebene Sammlung flandrischer Chroniken (Brüssel 1837-65, 4 Bde.);
van Praet, Histoire de la Flandre (das. 1828);
Derselbe, De l'origine des communes flamandes (das. 1828);
Warnkönig, Flandrische Staats- und Rechtsgeschichte (Tübing. 1835-39, 3 Bde.; französisch von Ghedolf, Brüssel 1835-64, 5 Bde.);
Le [* 12] Glay, Histoire des comtes de Flandre jusqu'à l'avénement de la maison de Bourgogne (Par. 1844, 2 Bde.);
Kervyn de Lettenhove, Histoire de Flandre (3. Aufl., Brügge 1874, 4 Bde.);
Derselbe, La Flandre pendant les trois derniers siècles (Brüssel 1875);
Derselbe, Histoire et chroniques des Flandres (das. 1879 ff.).