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allzu trocknen Raum liegen, woselbst er in drei Schichten aufeinander gelegt wird. Der Flachs gewinnt so ungemein an Milde und Griff. Auch das Werg, welches beim Hecheln gewonnen wird, gewinnt wesentlich, wenn es bis zum Verspinnen, in starke leinene Tücher fest eingeschlagen, an einem kühlen und trocknen Ort aufbewahrt wird.
Zum direkten Verspinnen kann der Schwungflachs nicht benutzt werden, der Bast [* 2] ist noch mehr oder weniger bandartig vereinigt, und es ist daher vorerst die einzelne Faser darzustellen, wozu die Hechel dient. Dieselbe ist eine Anwendung von Zinken nach der Fläche, wie der Kamm nach der Linie. Die Zinken oder Zähne [* 3] der Hechel sind von Stahl, rund oder vierkantig, am besten rautenförmig, laufen in eine gerade, glatte, schlanke und scharfe Spitze aus und haben gleiche Länge (7,5 cm). Sie werden genau senkrecht auf ein rundes oder viereckiges Brett und zwar reihenweise so befestigt, daß jeder einzelne Zahn gerade eine Lücke der vor und hinter ihm laufenden Reihe deckt.
Die Entfernung der Zähne wird verschieden groß gegeben, und man beginnt die Arbeit mit der größten und weitständigsten Hechel (Abzugshechel) und schließt sie mit der feinsten Ausmachehechel. Während durch die Hechelzähne die einzelnen Fasern getrennt und die längern von den kürzern geschieden werden, behandelt man den Flachs auch zu wiederholten Malen mit einer Bürste aus Schweinsborsten, wodurch alle noch anhaftenden feinen Holzteilchen von der Faser getrennt werden, der Staub entfernt wird und viele gröbere Fasern in feinere Härchen gespalten werden, infolgedessen der Flachs einen seidenartigen Glanz, vorzügliche Feinheit und Weichheit erhält und in seinem Ansehen und Wert wesentlich gewinnt. Da bei forciertem Hecheln die langen Fasern reißen und viel Werg geben, bei gelinder Behandlung aber unrein bleiben, so wird das Handhecheln entweder ganz ersetzt durch Anwendung von Hechelmaschinen, oder es wird nur die unvollkommene Arbeit des Handhechelns durch die nachfolgende Maschinenarbeit vervollständigt.
Eine der vielfach gebrauchten Hechelmaschinen ist die von Rowan, die, wie alle andern, eine äußerst komplizierte Konstruktion besitzt. Bei dieser letzten Bearbeitung des Flachses werden, wie beim Schwingen und Brechen, neben dem Hauptprodukt noch verschiedene Abfälle erhalten, die meist in verknoteten und verworrenen Faserstückchen, Werg (Wereg, Hede), bestehen. Je nachdem das Werg beim Vor- oder Nachschwingen, beim Grob- oder Feinhecheln erhalten wird, läßt es auch nach der Hand [* 4] eine verschiedene Verwendung zu. So ist das Vorschwingwerg zum Verspinnen ungeeignet, während Feinschwing- und Grobhechelwerg zum Verspinnen für Nummer 22 und Feinhechelwerg für Nummer 24 geeignet ist.
Eigenschaften der Flachsfaser. Handelssorten.
Die vollkommen ausgehechelte Flachsfaser zeigt eine Länge von 0,2-1,4 m; guter und rein ausgearbeiteter Flachs soll Fasern von weniger als 0,3 m Länge nicht zahlreich aufweisen. Je länger die Faser ist bei gleicher Feinheit, um so wertvoller ist sie; jedoch wird ihre Länge nicht durch ihre Feinheit bedingt. Die Breite [* 5] oder Feinheit der Faser schwankt von 0,045-0,620 mm, je nachdem durch das Röstverfahren die Zerlegung des Bastes in kleine Bastbündelchen mehr oder weniger vollkommen erfolgt war.
Eine vollkommene Isolierung der Bastzellen trifft man selbst bei dem feinsten belgischen Flachs selten. Die Farbe der Faser wird vorzüglich beeinflußt von der Aufarbeitungsmethode. Der beste Flachs zeigt sich lichtblond, während die Tauröste graue und eine unvollständige Röste grünliche Fasern liefert. Aus der Schlammröste erhält man die stahlgrauen Fasern. Erscheint der Flachs stark gelb gefärbt, so enthält er noch viele außen anhaftende Parenchymzellen oder auch Oberhautreste.
Der beste Flachs zeigt einen schönen Seidenglanz. Lufttrocken enthält die Flachsfaser 5,70-7,22 Proz. Wasser, jedoch steigt, in einen mit Wasserdampf gesättigten Raum gebracht, ihr Wassergehalt auf 13,9-23,36 Proz. Der Aschengehalt der völlig getrockneten Faser schwankt von 1,18-5,93 Proz. Die Asche der Faser enthält nach E. Wolf vorwiegend Kalk (mehr als 50 Proz.). Das spezifische Gewicht der Faser beträgt 1,5. Die Bastzellen, aus welchen ausgezeichneter Hechelflachs nur besteht, zeigen eine sehr regelmäßige, cylindrische, nach den Enden kegelförmige Gestalt mit konisch-spitzen oder stumpfen Enden. Der Innenraum der Zellen ist sehr klein und erscheint nur als eine dunkle Linie.
Im Handel erscheint meist geschwungener Flachs, welcher immer mehr den früher viel im Handel vorkommenden Hechelflachs verdrängt. Die Fasern müssen stark, zart und fein anzufühlen sein, keine Knoten und schwachen Stellen besitzen, auf ihrer ganzen Länge wie feine Fäden herabhängen, ohne aneinander zu kleben, und besonders ohne gespalten oder wellig zu sein. Den größten Flachshandel treiben Rußland und die preußischen Ostseeprovinzen, doch erscheinen auch große Quantitäten aus Belgien, [* 6] Holland und Irland im Handel.
Die russischen Flachse kommen hauptsächlich auf die Markte Riga, [* 7] St. Petersburg [* 8] und Archangel sowie Königsberg [* 9] und Danzig. [* 10] Sie erscheinen in sechs Hauptsorten (Kron-, Wrack-, Dreiband-, Livländer, Dreibandwrackflachs und Flachshede), welche von beeideten »Wrackern« sortiert und signalisiert werden. Jede Sorte hat ihre Unterklasse mit entsprechender Signatur. Im allgemeinen sind die russischen Flachse zwar lang, gehören aber nicht zu den feinsten. Letztere werden in erster Linie geliefert von Irland, dessen Flachse außerordentlich fein, zart und doch mittelfest sind und eine lichtblonde Farbe haben.
Die belgischen Flachse sind ziemlich oder ganz so fein wie die irischen, bedeutend länger als jene und blond oder stahlgrau gefärbt. Italien [* 11] liefert ungemein glänzende, Ägypten [* 12] dagegen ungemein lange Flachse, die ziemlich grob, matt graugelb, ins Rötliche spielend sind. Die französischen und holländischen Flachse gehören zum Teil zu den besten, während die böhmischen, schlesischen, Kärntener und Tiroler zwar stark sind, aber sonst geringern Wert haben.
Geschichtliches. Produktion.
Die Flachskultur reicht über die Anfänge der geschichtlichen Zeit hinaus, denn in den Pfahlbauten [* 13] am Oberrhein und in den angrenzenden Distrikten wurden vielfach Überreste der Flachskultur und -Manufaktur vorgefunden. Mit Beginn der Kulturgeschichte findet man den Flachs angebaut in den fruchtbaren Ebenen des Nildelta und in den Flußthälern Vorderasiens, und bei den Ägyptern sowie bei den Phönikern und Juden wurden Kleider, Zelte, Segel etc. aus Flachs angefertigt.
Nach Herodot trugen die Babylonier leinene Kittel, und nach Strabon war die babylonische Stadt Borsippa der Sitz bedeutender Leinenindustrie. Von Asien [* 14] wurde die Flachskultur nach Griechenland [* 15] eingeführt. Homer erwähnt mehrfach den und nach Herodot galt die Leinwandkleidung als üppige, weibische, der Prunksucht dienende Tracht. Im römischen Reich wurde nach Livius schon im 5. Jahrh. v. Chr. der Flachs zur Darstellung von Kleidungsstücken verwendet, und im 4. Jahrh. erschienen die Samniter in weißen leinenen Tuniken. Nach Cicero stammte ¶
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die zu seiner Zeit unter den Römern verbreitete leinene Luxustracht aus dem Orient und nahm gegen Ende der Republik der Verbrauch der Leinenstoffe immer mehr zu. Bald fand der Flachsbau auch bei den germanischen, keltischen, slawischen und litauischen Völkerstämmen mehr und mehr Eingang und damit das Wort »Lein« weite Verbreitung. Die Wertschätzung des Flachses und der Leinenerzeugnisse stieg mit der Zeit so ungemein, daß die vornehmsten Frauen es nicht unter ihrer Würde hielten, sich mit dem Spinnen [* 17] und Weben [* 18] des Flachses abzugeben.
Der Flachs diente als Tauschmittel zwischen den germanischen und westslawischen Völkern anstatt des gemünzten Goldes. Vorherrschender Erwerbszweig blieb die Flachskultur in den russischen Ostseeprovinzen. Im 12. Jahrh. versuchten die Spanier zuerst aus der Flachsfaser Papier darzustellen, was sich bald verallgemeinerte; ebenso die Verwendung der Leinwand und des Leinöls zur Malerei, welche etwas später in den Niederlanden aufgekommen war. Nachdem im 15. Jahrh. Flachsbau und Flachsindustrie in volle Blüte [* 19] getreten, wurden sie durch die Religionskriege stark beeinträchtigt, hoben sich aber sehr rasch wieder mit Eintritt geregelter staatlicher Verhältnisse.
Unterdessen war das Handspinnrad erfunden worden (1530 von Jürgens), welches die Handspindel mehr und mehr verdrängte, wie es bekanntlich selbst mit der Zeit den Spinnmaschinen [* 20] wieder Platz machen mußte. Seit Ende des vorigen Jahrhunderts zeigte sich ein starker Rückgang in der Flachskultur und Flachsindustrie durch das Auftreten der mechanischen Baumwollspinnereien, und nur einige Länder, wie Belgien, Holland, Schlesien, [* 21] Westfalen, [* 22] blieben dem alten Erwerbszweig treu.
Durch Verbreitung und Vervollkommnung der Flachsspinnmaschinen und durch die Einführung entsprechender Zolltarife für Baumwollfabrikate hoben sich auf dem Kontinent der Flachsbau und die Flachsindustrie wieder, insbesondere zur Zeit des nordamerikanischen Kriegs. Die Ursache, warum die Flachsindustrie nicht dieselben Fortschritte aufzuweisen hat wie die Baumwoll- und Wollindustrie, liegt nach Alcan in den weit höhern Betriebsmitteln, welche erstere gegenüber den beiden andern Industriezweigen erfordert; denn nach ihm betragen die Gesamtkosten einer Flachsspinnerei (inkl. Gebäude, Motoren etc.) pro Spindel 160 Frank, die einer Baumwollspinnerei nur 50 Fr. und die einer Wollspinnerei 60 Fr., und die durchschnittlichen Betriebskosten beziffern sich pro Spindel beim Flachs auf 67 Fr., bei der Baumwolle [* 23] auf 14 Fr. und bei der Schafwolle auf 35 Fr. Gegenwärtig produzieren Rußland, Belgien und die Niederlande [* 24] mehr Flachs, als sie selbst verarbeiten. Einige außereuropäische Gebiete, besonders Britisch-Ostindien und Nordamerika, [* 25] bauen Flachs fast ausschließlich zur Samengewinnung. Seit den 70er Jahren hat vielfach eine Abnahme der Flachskultur stattgefunden (auch in Deutschland, [* 26] wo Ostpreußen [* 27] die größte Anbaufläche mit 1883: 19,499 Hektar aufweist), und es wurden z. B. mit Flachs bebaut
in Deutschland | 1878: 133890 Hektar, | 1883: 108297 Hektar |
in Österreich | 1875: 107160 Hektar, | 1882: 87911 Hektar, |
in Frankreich | 1875: 78770 Hektar, | 1882: 54146 Hektar, |
in Holland | 1876: 20478 Hektar, | 1882: 13884 Hektar, |
während Irland seit 1875 eine Zunahme von 40,972 auf 59,549 Hektar aufweist. So gewinnt Rußland einen immer bedeutenden Anteil an der Versorgung der englischen und deutschen Leinenindustrie; es exportiert durchschnittlich 168,140 metr. Tonnen und 24,685 metr. Ton. Hede. Ausdehnung [* 28] und Ertrag der Flachskultur wurden in folgender Weise geschätzt:
Länder | Jahr | Ausdehnung | Einheitsertrag | Totalertrag |
---|---|---|---|---|
Hektar | Kilogr. | Kilogr. | ||
Rußland | - | 781070 | 314 | 327600000 |
Deutschland | 1883 | 108297 | 410 | 44401770 |
Frankreich | 1882 | 54146 | 761 | 41208900 |
Österreich | 1882 | 87911 | 426 | 37434300 |
Belgien | 1866 | 57065 | 502 | 28646630 |
Irland | 1881 | 59549 | 470 | 28025340 |
Italien | 1875 | 81414 | 284 | 23156000 |
Holland | 1882 | 13884 | 442 | 6132240 |
Ungarn | 1882 | 10664 | 413 | 4402000 |
Schweden | 1881 | 15797 | 216 | 2775250 |
Finnland | 1881 | ? | ? | 1526340 |
Großbritannien | 1881 | 2645 | 471 | 1245620 |
Dänemark | 1881 | 1925 | 290 (?) | 558250 |
Griechenland | 1875 | 388 | 312 | 121000 |
Zusammen | - | 1274755 | - | 547233640 |
Die Gesamtproduktion Europas kann danach auf 555 Mill. kg veranschlagt werden. - In Irland, wo der Flachsbau historisch zuerst im 13. Jahrh. erwähnt wird, gelangte er im 17. Jahrh. zu seiner nationalen Bedeutung. Durch die Regierungsmaßregeln der Königin Anna und die stete Fürsorge des englischen Parlaments hoben sich die Flachskultur und Flachsindustrie nach allen Richtungen. Jetzt wird in Irland auf 78-79,000 Hektar oder auf 3,45 Proz. der ganzen Pflugarea Flachs gebaut und findet sich der stärkste Flachsbau in der Provinz Ulster, woselbst über 73,000 Hektar oder 9,4 Proz. der Ackerarea Flachs gebaut werden. Trotzdem produziert Irland nur drei Zehntel seines Bedarfs an Flachs. - In Deutschland findet man den Flachsbau vorzüglich in Schlesien, Westfalen, Rheinpreußen, Hannover, [* 29] Sachsen [* 30] und Bayern. [* 31] In Schlesien wurde die Flachskultur besonders durch die im 13. Jahrh. eingewanderten Wallonen sowie durch die beigezogenen Klostergeistlichen aus dem nördlichen Frankreich verbreitet und gehoben, und in Sagan [* 32] war schon damals ein blühender Leinwandhandel.
Ende des 18. Jahrh. exportierte Schlesien für 15 Mill. Thlr. Flachs. In Westfalen, speziell Bielefeld, [* 33] blühte der Flachshandel schon im 14. Jahrh., und die Anfertigung der feinern sogen. Holländer Leinwand, die Verbesserung der Bleiche, die Errichtung der Leggenanstalten, die Verbesserung der Kommunikation und ähnliche Institutionen machen bis auf den heutigen Tag die Flachskultur und Leinenindustrie in den Rheinprovinzen zu einem rentabeln Erwerbszweig. In Hannover werden alljährlich 51-52,000 Morgen mit Flachs angebaut, wovon 130-140,000 Ztr. Schwungflachs erzielt werden. Auch hier haben Regierung, Vereine und insbesondere das Leggeninstitut fördernd auf die Flachskultur und Flachsindustrie eingewirkt. Die Zahl der Spindeln und Webstühle [* 34] in der Leinen-, Hanf- und Jute-Industrie betrug:
Länder | Jahr | Spindeln | Kraftstühle | Handstühle |
---|---|---|---|---|
Irland | 1882 | 872242 | 21779 | ? |
Frankreich | 1880 | 738619 | 18821 | 35144 |
Österreich-Ungarn | 1880 | 333326 | 1728 | 60000 |
Deutschland | 1881 | 327000 | 9558 | 146413 |
England | 1879 | 226445 | 5212 | ? |
Belgien | 1881 | 306000 | 4755 | ? |
Schottland | 1879 | 451950 | 26765 | ? |
Rußland | 1879 | 166000 | 3000 | 11460 |
Italien | 1878 | 50000 | 524 | 4854 |
Schweiz | - | 9000 | - | ? |
Holland | - | 7700 | 1200 | ? |
Schweden | - | 3810 | 98 | ? |
Spanien | - | - | 1000 | ? |
Zusammen: | - | 3492092 | 94440 | ? |
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