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Seitenkanalsystem, wie schon erwähnt, einen eigentümlichen Gefühlssinn der Haut [* 2] vermittelt. Bei einigen Fischen finden sich elektrische Organe (s. Zitterfische).
Die Verdauungsorgane sind vielfach sehr kompliziert gebaut. Die Mundöffnung liegt meist am vordern Ende des Gesichts, seltener (z. B. bei den Haien) an der Unterfläche des Kopfes; zuweilen kann sie röhrenartig vorgestreckt werden. Die weite Rachenhöhle ist meist reich mit Zähnen bewaffnet. Zahnlos sind nur wenige Fische [* 3] (Störe, Seepferde). Meist sind die Zähne [* 4] an fast allen Knochen [* 5] der Kiefer, der Mundhöhle [* 6] und der Kiemenbogen, also bis tief in den Schlund hinein, reihenweise angebracht; gewöhnlich dienen sie nur zum Fangen und Festhalten der Beute und sind darum kegelförmige, gerade oder gekrümmte, glatte oder mit Widerhaken und Zacken versehene Fangzähne und nur selten wirkliche Mahlzähne.
Sie bestehen immer aus echtem Zahnbein und sind bei den Haien noch den Stachelschuppen auf der äußern Körperhaut äußerst ähnlich, auch teilweise beweglich, bei den übrigen Fischen jedoch mit den Knochen verwachsen. Von einer Zunge kommen nur Rudimente vor, Speicheldrüsen fehlen. Die Rachenhöhle ist nach hinten durch die Querspalten der Kiemenbogen verengert. Dann folgen meist eine kurze Speiseröhre und ein weiter Magen, [* 7] der sich nicht selten in einen ansehnlichen Blindsack verlängert. Am Anfang des eigentlichen Darms finden sich häufig blinddarmartige Anhänge in größerer Zahl.
Der Dünndarm verläuft meist in gerader Richtung, besitzt innen Längsfalten der Schleimhaut, aber selten Darmzotten, wie bei den höhern Wirbeltieren. Dagegen findet sich im hintern Darmabschnitt der Knorpelfische und Ganoiden eine schraubenförmig gewundene Längsfalte (Spiralklappe). Ein Mastdarm ist nicht immer deutlich unterscheidbar. Zuweilen münden in den letzten Abschnitt des Darms auch noch die Ausführungsgänge der Harn- und der Geschlechtsorgane.
Der After liegt meist weit nach hinten, nur bei Kehlflossern und den Knochenfischen ohne Bauchflossen auffallend weit vorn bis an die Kehle. Alle Fische besitzen eine große, fettreiche Leber, meist auch eine Gallenblase und eine Bauchspeicheldrüse. Die bei zahlreichen Fischen sich findende vielgestaltige, zuweilen paare Schwimmblase entspricht mit Rücksicht auf die Entstehung den Lungen, liegt am Rückgrat über dem Darm [* 8] und steht mit dem Innern desselben oder dem Schlunde durch einen Kanal [* 9] in Verbindung oder ist völlig geschlossen. Ihre Wandung ist äußerst elastisch, zuweilen mit Muskeln [* 10] ausgestattet, innen glatt oder zellig und dann der Amphibienlunge ähnlich. Bei den sogen. Lurchfischen wird sie geradezu zur Lunge, [* 11] indem Gefäße mit venösem Blut an sie herantreten und andre Gefäße das arteriell gewordene Blut abführen. Über ihre sonstige Bedeutung für den Fisch s. Schwimmblase.
Die Atmung der Fische erfolgt fast immer durch Kiemen (s. d.). Diese liegen am Eingang des Verdauungskanals und bestehen aus Reihen feiner Blättchen, in deren Innerm viele Blutgefäße verlaufen. Sie werden von den knorpeligen oder knöchernen Kiemenbogen getragen und liegen entweder frei in einer einzigen großen Kiemenhöhle, welche durch einen Spalt mit dem umgebenden Wasser kommuniziert, oder sind jede für sich in besondern Taschen untergebracht. Stets gelangt das Wasser durch den Mund hindurch in den Kiemenraum und fließt nach Bespülung der Kiemen nach außen ab. Bei einigen Fischen sind jedoch besondere Einrichtungen in der Kiemenhöhle behufs Atmung von Luft vorhanden; andre atmen zuzeiten mittels der Schwimmblase.
Der Kreislauf des [* 12] stets roten Bluts geschieht innerhalb eines geschlossenen Gefäßsystems. Das weit vorn an der Kehle liegende Herz besteht (bis auf die an die Amphibien sich anschließenden Lurchfische) aus einem dünnwandigen, weiten Vorhof und einer sehr kräftigen, muskulösen Kammer. Ersterer nimmt das aus dem Körper zurückkehrende venöse Blut auf, und die Kammer führt es durch einen aufsteigenden Arterienstamm zu den Respirationsorganen. Der Lauf des venösen Bluts wird komplizierter durch die Einschiebung eines doppelten Pfortadersystems für Leber und Niere.
Lymphgefäße finden sich überall. Die Harnorgane der Fische sind paare Nieren, welche sich meist längs des Rückgrats vom Kopf bis zum Ende der Leibeshöhle erstrecken und zwei Harnleiter entsenden, die sich zu einer hinter dem Darmkanal gelegenen Harnröhre vereinigen. Letztere erweitert sich häufig zu einer Harnblase und mündet bei den meisten Knochenfischen mit der Geschlechtsöffnung gemeinsam oder auf einer besondern Papille hinter der Geschlechtsöffnung, bei den Haien und Lurchfischen hingegen in den Endabschnitt des Darms (sogen. Kloake) aus.
Mit sehr seltenen Ausnahmen sind die Fische getrennten Geschlechts. Äußere Geschlechtsunterschiede finden sich nur selten, wie die Haken im Oberkiefer des männlichen Salms, die Bruttasche bei den männlichen Lophobranchiern etc. Die männlichen und weiblichen Geschlechtswerkzeuge sind sich oft so ähnlich, daß die Untersuchung ihres Inhalts zur Bestimmung des Geschlechts erforderlich ist. Die Eierstöcke sind meist paare, bandartige Säcke, welche unterhalb der Nieren zu den Seiten des Darms und der Leber liegen.
Die Eier [* 13] entstehen an der innern Eierstockswandung und gelangen dann in den Hohlraum der zur Fortpflanzungszeit mächtig anschwellenden Säcke. Die Eierstöcke entbehren, wie die fast ausnahmslos paaren Hoden, im einfachsten Fall besonderer Ausführungsgänge; die Geschlechtsstoffe gelangen alsdann in den Leibesraum und von hier entweder durch eine eigne Öffnung (Abdominalporus) oder mittels eines in den Mastdarm mündenden Kanals nach außen. Häufiger sind besondere Ei-, resp. Samenleiter vorhanden, welche sich zwischen dem After und der Mündung der Harnröhre auf einer besondern Papille nach außen öffnen. Äußere Begattungsorgane finden sich nur bei den männlichen Haien als lange Knorpelanhänge der Bauchflossen. -
Bei weitem die meisten Fische legen ihre sehr zahlreichen Eier in Klumpen als sogen. Laich ins Wasser ab und lassen sie dort von den Männchen mit ihrem Samen [* 14] befruchten. Einige Knochenfische und ein großer Teil der Haie gebären lebendige Junge. Meist erfolgt die Fortpflanzung nur einmal im Jahr, am häufigsten im Frühjahr, ausnahmsweise (viele Salmoniden) im Winter. Die Männchen färben sich in dieser Periode lebhafter und zeigen oft eigentümliche Hautwucherungen (Hochzeitskleid); auch bei den Weibchen treten Veränderungen ein (z. B. beim Bitterling entwickelt sich eine lange Legeröhre zum Ablegen der Eier in die Kiemenfächer der Flußmuschel).
Beide Geschlechter sammeln sich zur Laichzeit in größern Scharen, suchen seichte Brutplätze in der Nähe der Flußufer oder am Meeresstrand, unternehmen bisweilen ausgedehnte Wanderungen, steigen auch in die Flüsse [* 15] und gehen mit Überwindung bedeutender Hindernisse (Salmsprünge) stromaufwärts bis in die kleinen Nebenflüsse, wo sie an geschützten, nahrungsreichen Orten die Eier ablegen. Dagegen zieht der Aal zur Fortpflanzungszeit aus den Flüssen ins Meer, ¶
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um nicht zurückzukehren, während die Brut im Frühjahr in großen Scharen in die Flüsse tritt. Eine Sorge um die Eier (Brutpflege) übernehmen die Eltern in den seltensten Fällen. So baut z. B. der Stichling ein Nest, bewacht die darin abgesetzten Eier und schützt auch eine Zeitlang die ausgeschlüpften Jungen. Die Männchen der Büschelkiemer, Seepferde etc. nehmen die abgelegten Eier in eine Art Bruttasche auf und tragen sie bis zum Ausschlüpfen der Embryos mit sich herum. Bei dem im Tiberiassee lebenden Chromis paterfamilias verschluckt sogar das Männchen die vom Weibchen abgelegten Eier und läßt sie sich zwischen seinen Kiemenblättern entwickeln. -
Die Embryonalentwickelung der Fische ist besonders dadurch charakterisiert, daß sie ohne Bildung von Embryonalhäuten (Allantois und Amnion) vor sich geht. Der zu Anfang flach auf dem Ei [* 17] liegende Embryo hebt sich allmählich mehr und mehr von demselben ab; sein Darm schließt sich zuletzt um den Rest des Dotters zusammen und tritt darum bei den aus dem Ei ausschlüpfenden Jungen wie ein Bruchsack hervor. Bei einigen lebendig gebärenden Haifischen findet eine Ernährung des Embryos durch eine Art Mutterkuchen im Innern des Eierstockes statt (s. Selachier). Die Körperform der ausgeschlüpften Jungen weicht von der des ausgebildeten Fisches wesentlich ab und geht nur allmählich in letztere über. Bastarde und sterile, äußerlich durch ihre abweichende Form erkennbare Individuen sind in einzelnen Familien nicht selten.
Die Organisation der Fische weist darauf hin, daß sie fast sämtlich Fleischfresser sind. Sie sind zum Teil äußerst gefräßige Räuber, erjagen meist ihre Beute (andre Fische, Krebse, Mollusken) [* 18] und verschlingen sie gewöhnlich ohne vorherige Zerstückelung und Zerkleinerung. Manche Grundfische bedienen sich besonderer Lockapparate in Gestalt wurmförmiger Fäden, welche sie aus dem Mund hervorschnellen können, einige ostindische Süßwasserfische erbeuten Insekten, [* 19] indem sie einen Wasserstrahl auf dieselben spritzen.
Die elektrischen Fische betäuben ihre Beute durch elektrische Schläge. Einige wenige Formen finden sich in steter Gesellschaft mit andern Tieren, z. B. Quallen, oder sogar im Innern von Holothurien, [* 20] wie Fierasfer. Einige leben in unterirdischen Gewässern und sind dann meist blind. Außerhalb des Wassers ersticken die Fische gewöhnlich in kurzer Zeit. Die Labyrinthfische, welche am längsten aushalten, besitzen in ihren Schädelknochen Zellen, die als Wasserreservoirs dienen.
Eine Doras-Art wandert bisweilen in großen Scharen über Land aus einem Gewässer in das andre. Ein Labyrinthfisch, Anabas scandens, soll mittels der Stacheln des Kiemendeckels an Palmen [* 21] emporklettern. Viele Fische erheben sich bei Verfolgungen in kleinen Luftsprüngen über die Oberfläche des Wassers und werden wohl gar, indem sich der Wind in ihren mächtig ausgedehnten Flossenhäuten fängt, eine Zeitlang durch die Luft getragen, ohne jedoch im wirklichen Sinn des Wortes zu fliegen (sogen. fliegende Fische). Auch im Wasser ersticken die Fische, falls sie den in ihm gelöst enthaltenen Sauerstoff mittels der Kiemen verbraucht haben. -
Nicht wenige Fische geben entgegen dem Satz, daß die Fische stumm seien, Töne von sich, doch weiß man gewöhnlich nicht zu welchem Behuf. Teils sind es Geräusche durch Reiben von Flossenstacheln in ihren Gelenken oder von Knochen des Kiemendeckels aneinander, teils sind es die sogen. Muskeltöne, welche durch besondere Resonatoren noch verstärkt werden, teils Töne durch Schwingung [* 22] der Wandungen der Schwimmblase etc. -
Das psychische Leben ist im allgemeinen äußerst stumpf; doch können manche Fische abgerichtet werden, auf bestimmte Töne zur Fütterung zu kommen. Einige Fische erreichen ein sehr hohes Alter (150jährige Karpfen in Charlottenburg [* 23] etc.), und viele besitzen ein beträchtliches Vermögen, Temperaturwechsel zu ertragen; selbst hart gefrorne Fische sollen mitunter nach dem Auftauen fortleben. In den Tropen halten manche Fische eine Art von Sommerschlaf, indem sie beim Vertrocknen der Gewässer sich in den Schlamm einwühlen, in eine gewisse Erstarrung verfallen und in dieser bis zur Regenzeit verharren.
Die Fische nützen den Menschen vorzüglich als Nahrung; nicht nur sind ganze Nationen fast einzig auf Fischnahrung beschränkt (Eskimo, Grönländer, Tschuktschen), sondern Fang, Zubereitung und Handel mit denselben geben vielen Tausend Menschen einen bedeutenden Erwerbszweig. Ihr Fleisch ist meist zart, schmackhaft und leichtverdaulich. Auch die Eier (Rogen) mehrerer Fische, vorzüglich des Störs, werden eingesalzen und unter dem Namen Kaviar genossen. Ferner liefern die Fische den besten Leim, Hausenblase (s. d.). Aus dem Silberglanz der Schuppen des Ukeleis, den man in hohle Glaskugeln füllt, macht man unechte Perlen.
Die Haut des Aals und mehrerer Lachse wird zu Überzügen verwandt, und in gegerbte Lachshäute kleiden sich die Bewohner des mittlern Ostasien; auch die Haut der Rochen und Haie wird zu Überzügen (Chagrin) gebraucht. Gereinigte Fischschuppen benutzt man zu allerlei zierlichen Arbeiten, künstlichen Blumen, Körbchen etc. Fischgalle wird wie Rindergalle in der Malerei und Wäscherei benutzt. Fischhaut dient zum Abreiben von Holz [* 24] und Elfenbein; namentlich eignet sich hierzu die rauhe, höckerige Haut verschiedener Hausen- und Haifischarten.
Auch mosaikartige, glänzende, glatte Futterale werden aus Fischhaut gefertigt. Früher benutzte man elektrische Fische gegen Migräne. Gefährlich werden dem Menschen eigentlich nur die größern Haifische. Jedoch besitzen auch einige Fische Giftstacheln. Der Genuß von manchen Fischen hat mitunter gefährliche Zufälle, ja den Tod zur Folge; indessen ist dies vielleicht einem durch Nahrung und Aufenthaltsort krankhaft veränderten Zustand zuzuschreiben.
[Einteilung.]
Von den ca. 10,000 beschriebenen Arten leben etwa drei Viertel im Meer, die übrigen im Süßwasser. Von den 80 Familien der Seefische sind 50 fast über alle Ozeane verbreitet; von den 36 Familien die ausschließlich süße Gewässer bewohnen, sind nicht weniger denn 22 in Südamerika [* 25] vertreten. Nach den Polen zu nimmt die Artenzahl ab, die Individuenzahl aber zu. -
Eine Klassifikation der Fische hatte schon Aristoteles versucht, indem er sie in Knorpel- und Grätenfische teilte. Linné unterschied nach der Lage der Bauchflossen vier große Gruppen. Cuvier kehrte zu der Einteilung in Knorpel- und Knochenfische zurück. Agassiz gab unter besonderer Berücksichtigung der fossilen Formen eine Einteilung nach den Schuppen (s. unten), die aber von Joh. Müller als unhaltbar nachgewiesen wurde. Neuerdings scheidet man die bis dahin stets als Fische betrachteten Röhrenherzen oder Leptokardier und Rundmäuler (s. d.) oder Cyklostomen aus den Fischen aus und teilt die echten in die Knorpel-, Schmelz- und Knochenfische. Erstere zerfallen in Selachier, welche in vieler Beziehung als die ältesten Fische angesehen werden dürfen, Holocephalen und Dipnoer; von den Selachiern sind die fast ausschließlich fossilen Schmelzfische oder Ganoiden abzuleiten. Die Knochenfische endlich sind ¶