Finnischer Meerbusen - Finnische Sprache und Litteratur
mehr
so sehr, daß er oft für das
Junge desselben gehalten wurde. Die Zahl der
Halswirbel unterscheidet ihn aber sicher von diesem.
Er ist grauschwarz, unterseits scharf abgesetzt rötlichweiß; die Brustflosse hat auf der Oberseite ein weißes Querband.
Man findet ihn in allen nordischen
Meeren, von wo er im
Winter südwärts zieht. Er hält sich immer nur
einzeln oder in kleinerer
Gesellschaft, frißt auch größere
Fische,
[* 2] aber keine
Weichtiere und
Tange. Er besitzt wohlschmeckenden
Speck und genießbares
Fleisch und liefert vorzüglichen
Thran.
Die
Nordländer jagen ihn, wenn er sich den
Küsten nähert. Zu derselben
Familie gehört der
Keporkak
(Buckelwal,
Rorqual, MegapteralongimanaGray), dieser wird 23 m lang, ist sehr plump gebaut, mit sehr großem
Kopfe, fast unverhältnismäßig langen Brustflossen,
sehr entwickelter Schwanzflosse und verschieden gestalteter Fettflosse, welche im letzten
Viertel der Gesamtlänge den
Buckel
bildet. Die Oberseite ist schwarz, die Unterseite weißlich marmoriert oder ganz weiß. Er findet sich in
allen
Meeren, aber nicht so weit nördlich wie die vorigen
Arten, unternimmt weite
Wanderungen, nährt sich von
Fischen und schalenlosen
Weichtieren und wird von den Grönländern eifrig gejagt. Er liefert guten
Speck und
Thran, doch lohnt der
Fang viel weniger
als bei andern
Walen, und die
Walfischfänger beunruhigen ihn daher nur, wenn andre
Beute fehlt.
Bis zum
Vorgebirge Hangö erstrecken sich diese
Inseln in einem schmalen
Streifen längs des
Ufers hin; aber
an der
Ecke von
Finnland bilden sie einen weiten Archipel, der in den
Alandsinseln endigt. Zwischen diesen
Inseln und dem schwedischen
Festland, zwischen Eckerö und Grisselham, ist nur 75 km weit offenes
Meer. An der
Nordküste des
Golfs hat man seit der Mitte
des 18. Jahrh. ein allmähliches
Heben des
Landes (allerdings nur um 0,5 bis 0,6 m pro
Jahrhundert) und
damit zusammenhängend ein Sinken des Meeresspiegels beobachtet.
In der Mitte des
Meerbusens steigt die
InselHogland als ein gigantischer Felsblock aus der Meerestiefe auf. Um sie her gruppiert
liegen die
Inseln Lawansaari, Penisaari, Seiskär, Groß- und Kleintyttersaari; die letzte der
Inseln ist
Kotlin (Kesselinsel) mit
Kronstadt. Die
Fahrt auf dem
FinnischenMeerbusen ist nicht bloß wegen der zahlreichen Felseninseln
und Granitklippen, sondern auch wegen der vielen
Untiefen und Versandungen beschwerlich und gefahrvoll, wozu noch im
Frühling
die gewaltigen Eismassen kommen, welche die finnischen
Flüsse
[* 9] und besonders die
Newa dem
FinnischenGolf
zuführen, wenn dessen eigne Eisrinde selbst schon längst geborsten ist.
Sprache
[* 12] und Litteratur. Die finnische Sprache oder das
Suomi gehört der finnisch-ugrischen
Gruppe der großen
Uralaltaischen Sprachenfamilie (s. d.) an. Wie alle
Sprachen dieser
Gruppe (vgl.
Finnen), ist es sehr reich an
Beugungen, besonders
an
Kasus, deren es nicht weniger als 15 besitzt, nämlich außer den auch in andern
Sprachen üblichen
einen Inessiv, das Darinsein, einen Allativ, das Hinzukommen, einen Prolativ, das Entlangsein ausdrückend, etc.
Von den finnischen
Dialekten ist der im
Norden,
[* 13] gegen
Lappland hin und bis zum
WeißenMeer herrschende karelische der eigentümlichste
und eher als selbständige
Sprache anzusehen.
Schon in einer ungemein frühen
Periode muß das Finnische aus den benachbarten germanischen
Sprachen eine Anzahl
Wörter entlehnt
haben, die durch ihre höchst altertümliche Lautform für die älteste Geschichte der germanischen
Sprachen von großer Bedeutung
sind.
Vgl.
Thomsen, Über den Einfluß der germanischenSprachen auf die finnisch-lappischen
(Halle
[* 14] 1870).
In der
Poesie gibt es nur ein einziges Versmaß; der
Reim wird meistens durch
Allitteration ersetzt, außerdem herrscht ein
an die hebräische
Poesie erinnernder
Parallelismus. In der Neuzeit erfuhr die
Sprache eine totale
Reform in dem von
Reinhold
v.
Becker herausgegebenen finnischen Wochenblatt »Turun Wiikkosanomat«
(1820 ff.) und in seiner
Grammatik
(Abo 1824). Die wichtigsten neuern Spezialwerke über die finnische Sprache sind: Kellgrén,
Die Grundzüge der finnischen
Sprache mit Rücksicht auf den uralaltaischen Sprachstamm
[* 15] (Berl. 1847);
finnischen Götterwelt, und andre Mythen- und Zaubergesänge, deren Lieblingsgegenstand die Personifizierung der Naturkräfte
ist, haben eine durchgängig schwermütige Färbung und »führen Bilder vor, die wie aus dem Nebel geballt erscheinen, der
aus den zahllosen Seen des Landes aufsteigt«. Auch die balladenhaften Lieder haben meist den Ton Ossianscher Elegik; von der
rauhen Kraft
[* 17] der skandinavischen Volkspoesie ist nichts in ihnen zu finden. In den abgelegenen Gegenden
des Landes, wo die altheidnischen Überlieferungen sich erhalten haben, gelang es patriotischen Männern sogar, die Spuren altfinnischer
Epik aufzufinden; so namentlich in der LandschaftKarelien, wo der GelehrteLönnrot aus dem Volksmund die bisher nur
durch mündliche Tradition von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzten mythisch-epischen Gesänge zu sammeln und zu einer Art
von Nationalepos zusammenzustellen begann (1835), dem er den NamenKalewala (s. d.) gab, und das sich an Schönheit und Originalität
mit den Volksdichtungen andrer Völker messen kann.
Noch jetzt ist Finnland, besonders das nördliche, an Volksdichtern (Runolainen, Runoja, Runottaja, Runoseppä,
Runoniekka) reicher als irgend ein andres Land, wozu die Sprache viel beiträgt, da sie alles personifiziert. Die Volkslieder
oder Runen
[* 18] (runot) werden nach der Kantele oder dem mit fünf Metallsaiten bespannten, der Sage nach von Wäinämöinen erfundenen
Nationalinstrument gesungen. Dem Inhalt nach ist in der Poesie der Finnen die Lyrik überwiegend, die als
Grundklang ein außerordentlich inniges Heimatsgefühl durchzieht, und dieses Element herrscht auch in der »Kalewala« vor.
Die Schätze der finnischen Lyrik sind in der Sammlung »Kanteletar« (1840, 2 Tle., 652 Lieder enthaltend; davon etwa 300 von
H. Paul ins Deutsche
[* 19] übersetzt, Helsingf. 1882) niedergelegt.
Andre Sammlungen sind in Finnland, besonders bei Landgeistlichen, handschriftlich vorhanden, während anderseits manche Geistliche
um der Zaubergesänge willen gegen die alten Volkslieder eiferten und sie zu vernichten suchten. Einzelne gaben Schröter (»Finnische
Runen«, finnisch und deutsch, Upsala
[* 20] 1819, Stuttg. 1834) und Topelius (im finnischen Originaltext, Abo, später Helsingf. 1822-31, 5 Hefte)
heraus. Eine Auswahl gab Tengström (»Finsk anthologie«). In neuerer und
neuester Zeit machten sich um die finnische Litteratur durch Sammlung und Übersetzung von Runen verdient: Europäus (»Pieni
runon seppä«, Helsingf. 1847),
Altmann (»Runen finnischer Volkspoesie«, 2. Ausg., Leipz. 1861)
und »Die Runen der Finnen« (im »Archiv für das Studium neuerer Sprachen«, 27. Bd., Braunschw.
1860).
Vgl. Sjögren, Über die finnische Sprache und ihre Poesie (Petersb. 1821).
der bereits Judéns »Walittuja
suomalaisten sanalaskuja« (»Auserwählte Sprichwörter der Finnen«, Wiborg 1818) und besonders Lönnrots »Suomen kansan sanalaskuja«
(7077 finnische Sprichwörter enthaltend, Helsingf. 1842) benutzen konnte. Rätsel (2188) gab ebenfalls
Lönnrot heraus (»Suomen kansan arwoituksia«, Helsingf.
1844, 2. Aufl. 1851). Sammlungen von Volkssagen veranstalteten Rudbäck (»Suomen
kansan satuja«, Helsingf. 1854 ff., 4 Tle.) und Hertzberg (das. 1880). Im J. 1834 erschienen eine finnische Übersetzung der
OdenAnakreons und Sapphos und das erste Trauerspiel in finnischer Sprache, eine NachahmungMacbeths von Lagerwall.
Der begabteste Dichter der neuesten Zeit ist A. E. Ahlquist (»Säkenia« ^[richtig: Säkeniä], Helsingf.
1860-68), neben dem noch Suonio
(Krohn) und der originelle Al. Kivi zu nennen sind. Auch neuere schwedische Dichtungen, z. B.
die von Runeberg, sowie Dichtungen von Shakespare ^[richtig: Shakespeare], Molière, Schiller, WalterScott
u. a. fanden finnische Übersetzer. - Die prosaische Litteratur der Finnen hat sich neuerdings ebenfalls einer großen Förderung
zu erfreuen gehabt.
Das Neue Testament wurde bereits von dem BischofzuAbo, Mich. Agricola, ins Finnische übersetzt (Stockh.
1548); von der ganzen Bibel
[* 23] erschien indes erst eine vollständige Ausgabe fast ein Jahrhundert später (1642). Als Geschichtschreiber
hat sich Koskinen (Forsman) hervorgethan. Zeitungen in finnischer Sprache erschienen 1883 etwa 30, darunter das litterarische
Blatt
[* 24] »Valvoja«. Ein Verzeichnis aller in Finnland gedruckten finnischen Bücher wurde unter Benutzung der
Bibliothek des finnischen Sammlers Pohto von Finnische W. Pipping zusammengestellt (Helsingf.
1854); eine »Bibliographia hodierna fennica« gab Lillja (Abo 1846 ff.) heraus.