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im Konkurs. Versicherungsmonopole betreffs der Mobiliarversicherung bestehen in Deutschland [* 2] nicht. Neben ihren Privilegien erfreuen sich die Societäten meistens noch mancherlei besonderer Begünstigungen von seiten der Behörden, und vorzugsweise hiergegen, insbesondere gegen Verwendung der Polizei- und andrer öffentlicher Organe zur Unterstützung der Konkurrenz gegenüber den Privatgesellschaften, richten sich die unablässigen Klagen und Beschwerden der letztern.
Mitte der 80er Jahre zählte man in Preußen [* 3] 42 öffentliche Anstalten, darunter 11 Zwangsanstalten, in ganz Deutschland 72, darunter 27 Zwangsanstalten. Der Geschäftsumfang aller dieser öffentlichen Anstalten belief sich auf eine Versicherungssumme von rund 30,000 Mill. Mk.
Die Societäten betreiben ihre Geschäfte nur innerhalb der Territorien, in welchen und für welche sie gegründet wurden; doch hat sich eine Reihe derselben zu einem Feuerversicherungsverband in Mitteldeutschland zu gemeinschaftlicher Tragung der Brandschäden unter Wahrung ihrer Selbständigkeit vereinigt, auch hat der sonst nur zur Wahrung allgemeiner gemeinschaftlicher Geschäftsinteressen (gleichartige Behandlung des Versicherungswesens, Verhütung unlauterer Konkurrenz etc.) bestimmte Verband [* 4] öffentlicher Feuerversicherungsanstalten in Deutschland, welchem 15 Anstalten angehören, eine Rückversicherungsabteilung gebildet, welcher außer dem Mitteldeutschen Verband verschiedene sonst zu letztere nicht gehörende preußische Societäten sich angeschlossen haben. Manche Societäten haben mit Privat-Rückversicherungsgesellschaften Verträge abgeschlossen.
Von Privat-Feuerversicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit gibt es in Deutschland eine sehr große Anzahl, deren mehrere ihr Gründungsjahr bis in die erste Hälfte des 17. Jahrh. setzen. Die ältesten derselben sind die Tiegenhofsche Brandordnung von 1623, die Neuenkirchener Gilde von 1637 und die Seestermüher Kathner-Brandgilde von 1641. Allein in Preußen arbeiten 238 solcher (hier und da auch wohl Brandgilden genannter) Gesellschaften, zu denen dann noch etwa 20 nicht in Preußen konzessionierte, im Deutschen Reich domizilierende kommen, so daß etwa 260 in ganz Deutschland bestehen.
Viele derselben haben allerdings nur einen sehr beschränkten Wirkungskreis. Ihre Verteilung über Deutschland ist eine sehr verschiedenartige. Bei weitem am dichtesten sind sie in Schleswig-Holstein, [* 5] welches ihrer allein 117 hat. Von jenen 238 in Preußen zugelassenen Instituten dieser Art versichern 85 nur Immobilien, und davon beschränken sich 83 nur auf eine Provinz, während 155 Gesellschaften nur Mobilien versichern, von denen 9 in mehr als einer Provinz thätig sind, und nur 2 Gesellschaften, die Feuerversicherungsbank für Deutschland in Gotha, [* 6] welche in ganz Deutschland arbeitet, und der Lübecker Feuerversicherungsverein der Landbewohner, zugleich die Immobiliar- und Mobiliarversicherung kultivieren.
Alle deutschen Feuerversicherung-Privatgesellschaften auf Gegenseitigkeit hatten Mitte der 80er Jahre einen Versicherungsbestand von etwa 7000 Mill. Mk. Die großartigste dieser Gesellschaften ist die bereits genannte Gothaer Feuerversicherungsbank für Deutschland, auf welche von dieser Summe allein 1885: 3502 Mill. Mk. entfielen; die ihr nächstkommenden sind die Württembergische Privat-Feuerversicherungsgesellschaft mit 635 Mill. Mk. (1884) und die Brandversicherungsgesellschaft zu Schwedt [* 7] a. D. mit 545 Mill. Mk. (1884) etc., während etwa 100 Vereine ihren Versicherungsbestand noch nicht auf 1 Mill. Mk. gebracht hatten.
Von deutschen Feuerversicherungsgesellschaften auf Aktien gab es Ende 1884: 29 direkt arbeitende und 17 Rückversicherungsgesellschaften. Neben diesen arbeitete in Deutschland noch eine Anzahl ausländischer (in Preußen 9, darunter 5 englische), von denen die North British and Mercantile einen Versicherungsbestand von rund 800 Mill. Mk., der Londoner Phönix einen solchen von 230 Mill. Mk., die Baseler Gesellschaft einen solchen von 200 Mill. Mk. allein in Preußen hatten. Die englischen Gesellschaften haben auch außerhalb Preußens, [* 8] namentlich in den Hansestädten, ein starkes Geschäft. Über den Stand der deutschen Aktiengesellschaften Ende 1884 gibt die umstehende Tabelle (S. 222) einigen Aufschluß.
Über den Stand der 18 Rückversicherungsgesellschaft lagen statistische Nachweise nicht vor. Von den Rückversicherungsgesellschaften waren die bedeutendsten die Kölnische mit 1210 Mill. Mk. Versicherungssumme und 1,8 Mill. Mk. Prämien und die Magdeburger mit 1018 Mill. Mk. Versicherungssumme und 2,5 Mill. Mk. Prämien.
Somit belief sich Mitte der 80er Jahre die Gesamtversicherungssumme der deutschen Feuerversicherungsinstitute überhaupt auf folgende Beiträge:
bei den öffentlichen Anstalten | 30,000 Mill. Mark |
bei den privaten Gegenseitigkeitsanstalten | 7,000 " " |
bei den Aktiengesellschaften | 40,000 " " |
insgesamt: | 77,000 Mill. Mark. |
Dabei ist indes zu bemerken, daß manche der deutschen Aktiengesellschaften auch außerhalb der deutschen Grenzen [* 9] Geschäfte betreiben.
In Deutschland pflegt nur gegen den Schaden versichert zu werden, welcher an den versicherten Gegenständen selbst durch deren Zerstörung oder Beschädigung von Feuersbrunst direkt oder indirekt infolge der Rettungs- und Löscharbeiten angerichtet wird; ja, manche Landesgesetze verbieten sogar unter Präventivkontrolle (ortspolizeilicher Prüfung der Versicherungsanträge) die Versicherung über bestimmte Prozente der Taxe hinaus, z. B. Baden [* 10] über 80 Proz., um Brandstiftungen vorzubeugen, während anderseits in Hamburg [* 11] Gebäude mit 10 Proz. über den Taxwert hinaus versichert zu werden pflegen.
Ebenso wie die Überversicherung (Versicherung über den Taxwert) ist auch die Doppelversicherung (Versicherung eines Gegenstandes bei verschiedenen Anstalten) meist verboten und als Betrug strafbar. Für die Gebäudeversicherung besteht in manchen Ländern die Vorschrift, daß die Brandentschädigungsgelder in der Regel nur zum Zweck des Wiederaufbaues und der Wiederherstellung der abgebrannten oder beschädigten Gebäude verwendet werden dürfen. Für den Fall eines Dispenses vom Wiederaufbau müssen die Hypothekengläubiger zustimmen. Die weitere Vermögensschädigung durch Feuersbrunst, insbesondere infolge der durch dieselbe angerichteten Störung im Betrieb industrieller Anlagen, wird in Deutschland selten versichert; wohl aber hat sich diese Versicherung in Frankreich, Italien [* 12] etc. eingebürgert (s. Chômage-Versicherung).
In allen andern Kulturstaaten ist die Feuerversicherung ebenfalls eingeführt und hat oft eine großartige Ausdehnung [* 13] gewonnen, von welcher freilich nur verhältnismäßig selten die Statistik genauere Rechnung ablegt. In Österreich-Ungarn [* 14] bestehen 28 Feuerversicherungsinstitute, von welchen 19 auf Gegenseitigkeit und 9 auf dem Aktienprinzip beruhen. - Die in der Schweiz [* 15] liegt fast ganz in den Händen von 16 kantonalen öffentlichen Anstalten. Diese wurden in den ersten ¶
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De-Stand der deutschen Feuerversicherungs-Aktiengesellschaften (Ende 1884).
Nr. | Gegründet | Sitz | Deutsche Feuerversicherungs-Aktiengesellschaften | Aktienkapital | Eingezahlt | Summe der vorhandenen Garantiemittel | Versicherungssumme, einschließlich Rückversicherung | Netto Prämieneinnahme | Zins u. Dividende der Aktionäre | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
in 1000 Mark | Mill. Mark | in 1000 Mark | Prozent des eingezahlten Kapitals | in 1000 Mark | ||||||
1 | 1812 | Berlin | Berlinische | 6000 | 1200 | 6740 | 1092.5 | 1130 | 29⅓ | 352 |
2 | 1819 | Leipzig | Leipziger | 3000 | 2340 | 6160 | 2161.9 | 2079 | 30 | 720 |
3 | 1823 | Elberfeld | Elberfelder | 6000 | 1200 | 3649 | 2939.5 | 3232 | 40 | 480 |
4 | 1825 | Aachen | Aachen-Münchener | 9000 | 1800 | 13860 | 5008.4 | 5473 | 70 | 1260 |
5 | 1836 | München | Bayrische | 5143* | - | 7677 | 1633.9 | 1405 | 8 | 418 |
6 | 1839 | Köln | Colonia | 9000 | 1800 | 17232 | 3484.0 | 3314 | 12 | 1089 |
7 | 1844 | Magdeburg | Magdeburger | 15000 | 3000 | 16500 | 6933.6 | 9938 | 30⅓ | 910 |
8 | 1845 | Frankfurt a. M. | Deutscher Phönix | 9429 | 1886 | 10977 | 2219.8 | 2255 | 33.2 | 627 |
9 | 1845 | Stettin | Stettiner | 9000 | 2250 | 9900 | 1605.3 | 1937 | 25 | 563 |
10 | 1848 | Breslau | Schlesische | 9000 | 1800 | 9900 | 1697.4 | 1804 | 30 | 540 |
11 | 1854 | Hamburg | Hamburg-Bremer | 6000 | 1500 | 6456 | 773.6 | 2040 | 11 S | 138 |
12 | 1856 | Erfurt | Thuringia | 9000 | 1800 | 10295 | 1539.7 | 2062 | 26⅔ | 480 |
13 | 1856 | Frankfurt a. M. | Providentia | 17143 | 1714 | 18374 | 1456.1 | 2119 | 23 S | 400 |
14 | 1857 | Oldenburg | Oldenburger | 3000 | 600 | 3282 | 486.6 | 623 | 8 | 48 |
15 | 1861 | Berlin | Deutsche | 3000 | 600 | 3301 | 383.7 | 373 | 12 S | 75 |
16 | 1861 | Gladbach | Gladbacher | 6000 | 1200 | 6417 | 1014.9 | 1178 | 7 S | 90 |
17 | 1866 | Berlin | Preußische | 3000 | 600 | 3010 | 813.6 | 1038 | - | - |
18 | 1866 | Essen | Westdeutsche | 6000 | 1200 | 6050 | 825.6 | 996 | 12 S | 150 |
19 | 1868 | Hamburg | Norddeutsche | 7500 | 900 | 7925 | 1049.2 | 2070 | 6 | 90 |
20 | 1871 | Lübeck | Lübecker | 3000 | 600 | 3000 | 386.1 | 382 | 5 | 30 |
21 | 1872 | Hamburg | Transatlantische | 6000 | 1200 | 6604 | 874.0 | 1901 | 9 | 108 |
22 | 1873 | Berlin | Union | 4500 | 900 | 4528 | 1112.4 | 605 | 4 | 36 |
23 | 1874 | Hamburg | Hanseatische | 3000 | 600 | 3089 | 207.3 | 340 | 6 | 36 |
24 | 1876 | Hamburg | Hamburg-Magdeburger | 2250 | 2250 | 2521 | 156.3 | 296 | 7.7 | 75 |
25 | 1876 | Aachen | Aachen-Leipziger | 3000 | 600 | 3000 | ca. 250.0 | 507 | - | - |
26 | 1877 | Hamburg | Assekuranz-Kompanie | 1600 | 320 | 1626 | 89.0 | 163 | 5 | 16 |
27 | 1880 | Neuß | Rheinland | 6713 | 1343 | 6968 | 282.8 | 321 | 5 | 69 |
28 | 1881 | Straßburg | Rhein und Mosel | 6000 | 2400 | 6000 | ca. 1000.0 | 1500 | 5⅚ | 140 |
29 | 1881 | Straßburg | Alsatia | 1000 | 200 | 1000 | ca. 120.0 | 221 | - | - |
* Garantie der Bayrischen Hypotheken- und Wechselbank.
zennien dieses Jahrhunderts unter Auflösung einer größern Anzahl von Privat-Gegenseitigkeitsgesellschaften, welche nicht mehr als leistungsfähig erachtet wurden, von den Regierungen der einzelnen Kantone ins Leben gerufen und mit den verschiedensten Privilegien ausgestattet. Neben ihnen bestehen nur eine Gegenseitigkeitsanstalt, die Schweizerische Mobiliarversicherungsgesellschaft, und zwei Aktiengesellschaften, die Baseler mit 2570 Mill. Mk. und die Helvetia mit 1898 Mill. Mk. Versicherungssumme, welch letztere auch im Ausland arbeiten. - Sehr bedeutend hat sich seit 1819, in welchem Jahr die Compagnie d'Assurances Générales gegründet wurde, das Feuerversicherungsgeschäft in Frankreich entwickelt, dessen inländische Gesellschaften 1884 zusammen eine Nettoprämieneinnahme von mehr als 72 Mill. Mk. hatten. - In Italien blüht die Feuerversicherung, welche dort von inländischen Gegenseitigkeits- und Aktiengesellschaften und von ausländischen Instituten betrieben wird, erfreulich auf. - Spanien, [* 17] in welchem auch die Feuerversicherung von Feldfrüchten auf dem Halm verbreitet ist, Holland, wo 1771 eine Anstalt in Amsterdam [* 18] ins Leben gerufen wurde, Belgien [* 19] (seit 1821), die skandinavischen Länder haben ein wohlgeordnetes Feuerversicherungswesen, während dasselbe in Rußland noch viel zu wünschen übrig läßt. - Am großartigsten aber stehen die englischen Gesellschaften da, welche nicht allein das heimische Geschäft besorgen, sondern auch das Feuerversicherungsbedürfnis andrer Länder in ausgiebigster Weise befriedigen.
Die größten Gesellschaften sind die Royal Insurance Company in Liverpool [* 20] (seit 1845), die North British and Mercantile in London-Edinburg (seit 1809), die Liverpool and London [* 21] and Globe (seit 1836). Die 56 wichtigsten englischen Feuerversicherungsgesellschaften hatten 1884 eine Nettoprämieneinnahme von über 260 Mill. Mk. In London allein waren 1880 über 625 Mill. Pfd. Sterl. gegen Feuerschaden versichert. Auch manche der Friendly societies (s. d.) betreiben Feuerversicherung. Von alten englischen Gesellschaften ist die 1696 auf Gegenseitigkeit gegründete »Hand [* 22] in hand« als die erste moderne Feuerversicherungsanstalt zu nennen. - Die Vereinigten Staaten [* 23] Nordamerikas hatten zwar schon 1787 eine Feuerversicherungsgesellschaft, die Knickerbocker Company in New York, doch hat sich dort die Feuerversicherung nicht in dem Maß wie die Lebensversicherung entwickelt, und ein recht bedeutender Anteil des Geschäfts entfällt auf ausländische, namentlich englische, Gesellschaften. Im Staat New York waren Anfang der 80er Jahre zugelassen: 71 New Yorker Gesellschaften, 57 andrer Unionsstaaten, 25 fremde, welche Institute zusammen 85 Proz. des gesamten Feuerversicherungsgeschäfts in der Union in Händen hatten.
Neuerdings hat man auch in Deutschland (Hannover), [* 24] Frankreich etc. Anläufe genommen, um Feuerversicherung gegen Waldbrände (Forstversicherung) einzuführen.
Vgl. Weskamp von Liebenburg, Handbuch zur Vornahme von Schätzungen an Gebäuden und landwirtschaftlichen Gütern bei Annahme von Versicherungen und Brandschadenerhebungen (Wien [* 25] 1876);
Brämer, Die in Preußen und Deutschland (in der »Zeitschrift des königlich preußischen Statistischen Bureaus« 1878 u. 1882);
über die in andern Staaten Brämer im »Vereinsblatt für Versicherungswesen«, 5. Jahrg., Nr. 6 (Berl. 1877);
Schramm-Macdonald, Das Feuerversicherungswesen (Dresd. 1883);
Kaßner, Rechts- und Verwaltungsgrundsätze in Feuerversicherungsangelegenheiten (Berl. 1885).
Vgl. Rückversicherung und Versicherungswesen. ¶