Auslieferung (deditio) jedes römischen
Bürgers, der die
Person eines
Fremden oder die
Rechte eines fremden
Staats verletzt hatte,
zu bewerkstelligen, umgekehrt aber auch die
Auslieferung eines
Fremden zu verlangen, von welchem einem römischen
Bürger oder
dem römischen
Staat Ähnliches widerfahren war.
Eine reiche
Heirat (1806) erlaubte ihm, sich ausschließlich seinen
Studien zu widmen; doch verlor er sein
Vermögen schon nach vier
Jahren durch den
Bankrott seines
Bankiers und zog sich infolgedessen aufs Land (ins
Departement der
Ardennen) zurück, bis er 1813 zum
Organisten und
Professor an der Musikschule zu
Douai berufen ward. Hier lieferte er
einige
Kompositionen im Kirchenstil, unter andern eine fünfstimmige
Messe und ein
Requiem. Im J. 1818 kehrte er nach
Paris zurück
und brachte hier, nachdem er 1821 zum Kompositionslehrer am
Konservatorium ernannt war, eine neue Unterrichtsmethode zur Geltung,
entwickelte auch außer seinem amtlichen Wirkungskreis eine erfolgreiche Thätigkeit, indem er Vorlesungen über
Musik hielt, sogen. historische
Konzerte veranstaltete und 1827 die musikalische
Zeitschrift
»Revue musicale« gründete, welche
bald eine Art von klassischer
Autorität wurde und für Verbreitung eines bessern
Geschmacks und tieferer musikalischer Kenntnisse,
insbesondere durch richtige Würdigung fremder, namentlich deutscher,
Musik, gewirkt hat. Im J. 1833 folgte Fétis einem
Ruf als
Kapellmeister des
Königs von
Belgien und
Direktor des
Konservatoriums zu
Brüssel,
[* 7] das er zu einer hohen
Stufe der Vollkommenheit
erhob. Fétis starb in
Brüssel.
Von seinen
Kompositionen ist in
Deutschland wenig bekannt geworden; auch in
Belgien und
Frankreich hatten sie nur einen Achtungserfolg.
Von seinen siebenOpern fanden »L'amant et le mari« (1820) und »La
vieille« (1826) den meisten Beifall. Für die
Kirche schrieb er außer den
oben genannten Werken: Motetten und
Messen, ein
Miserere,
die Lamentationen des
Jeremias (sechsstimmig);
von Instrumentalkompositionen:
Sonaten, Klaviervariationen, ein
Sextett mit Klavierbegleitung,
eine
Phantasie für
Klavier und
Orchester u. a. UngleichGrößeres leistete er als Theoretiker und Kunstgelehrter
in den
Schriften: »Methode élémentaire d'harmonie« (Par. 1824);
»Traité
de la théorie et de la pratique de l'harmonie« (das. 1844, 11. Aufl.
1875);
besonders aber in seiner
»Biographie universelle des musiciens et bibliographie générale de la
musique« (das. 1838-44, 8 Bde.; 2. umgearbeitete
Auflage, das. 1860-65), einem mit großem Fleiß gearbeiteten Werk, das seiner Vollständigkeit
wegen unentbehrlich ist, wenn auch nicht selten Oberflächlichkeiten sowie befangene und parteiische
Urteile mit unterlaufen.
Von seiner auf 8
Bände berechneten
»Histoire générale de la musique« erschienen nur 5
Bände (Bd. 1-4,
Brüssel 1868-75; Bd. 5, Par. 1876).
Seine letzte schriftstellerische
Arbeit war eine trefflich geschriebene
BiographieBériots im »Annuaire de l'Académie royale
de Belgique« für 1871. Nach seinem
Tod erschien ein
Supplement zu seiner
»Biographie universelle« unter Redaktion von A.
Pougin
(Par. 1878-80, 2 Bde.). - Von
seinen beiden
Söhnen, Edouard
LouisFrançois Fétis (geb. und
Eugène Fétis (geb. in
Brüssel),
hat sich der
ältere, seit 1838
Konservator der königlichen
Bibliothek zu
Brüssel, als Schriftsteller
(»Histoire des musiciens belges«,
Brüssel 1849, 2 Bde.; »Les
artistes belges à l'étranger«, 1857-1865, 2 Bde., u. a.),
der jüngere, gest. in
Paris, als Klavierspieler
(Schüler von
Herz) und
Komponist
(Romanzen, Salonstücke,
Operetten)
bekannt gemacht.
Verehrung eines Fetisches. Das
Wort Fetisch, durch de
Brosses
(»Du culte des dieux fétiches«, Par. 1760;
deutsch von
Pistorius, Strals. 1785) zuerst im
Umlauf gebracht, stammt von dem portugiesischen Feitico
(»Zauber«) her, das vom lateinischen facticius (»künstlich
gemacht«) abzuleiten ist, und mit welchem die Portugiesen die
Götzen der
Neger am
Senegal bezeichneten, indem sie dieselben
sehr treffend mit den ihnen wohlbekannten
Amuletten verglichen.
Bald aber nannte man alle in den ältern und neuern
Naturreligionen vergötterten, sinnlich anschaulichen Gegenstände
Fetische und versteht demnach unter Fetischismus diejenige Form der
Religion, welche annimmt, daß
Gottheiten in gewissen materiellen
Gegenständen eingekörpert leben können, und diese deswegen anbetet. Der Fetischismus ist daher die roheste Form
des
Pantheismus oder richtiger
Animismus (s. d.) und stellt uns das erste trübe Hervorleuchten der
Ahnung höherer Mächte
dar.
Die
Menschen dieser
Stufe denken sich noch alle
Dinge der
Außenwelt, organische wie unorganische, als erfüllt von einem
Leben,
das im wesentlichen ihrem eignen analog, also persönlich, und nur der
Intensität nach davon verschieden zu denken ist. Je
nachdem sie nun wahrnehmen oder wahrzunehmen meinen, daß ein äußerer Gegenstand ihnen besonders nützt
oder schadet, glauben sie, daß ein großer und mächtiger
Geist darin wirksam ist oder auf ihre Einladungen hin Platz genommen
hat, und erweisen ihm ihre Verehrung.
Finden sie jedoch, daß der Fetisch nicht der Erwartung entspricht, die sie von ihm gehegt, so geben sie ihn zu gunsten
eines stärkern Fetisches wieder auf.
Daher gibt es eine ganz unbestimmte
Menge von Fetischen, und mancher
Wilde besitzt deren eine ganze Zahl, die er und seine Vorfahren gesammelt, von denen jeder irgend einen
Dienst geleistet hat,
und denen allen er seine Verehrung bezeigt. Wir haben hier somit eine Art niedersterReligion vor uns,
die ganz auf der
Idee der
Zauberei und einer eingebildeten Beherrschung der Mitwelt durch
Wunder beruht. Was die
Beschaffenheit
der Fetische anlangt, so sind es in der
Regel nicht solche Gegenstände, welche durch ihre
Schönheit oder ihre
Größe auffallen,
sondern oft die unscheinbarsten Kleinigkeiten, wie mit
Garn umwundene
Nägel,
[* 8] rote
Papageienfedern, Menschenhaare,
ein
Topf mit
Erde, in der eine Hahnenfeder steckt, u. dgl.
Trotzdem ist die Hauptsache in der
Hütte eines Fetischanbeters der
¶
mehr
Stuhl für den Fetisch und eine Art Lager
[* 10] für ihn. Auch werden ihm wohl morgens und abends Opfer, in Milch, Tabak
[* 11] und Rum bestehend,
dargebracht, und der Fetischdiener spricht mit ihm wie mit einem Freund, stellt ihn als Wächter auf seine Felder und ruft ihn
in Zeiten der Gefahr laut und ernstlich an. Fetische besitzen die meisten ethnographischen Museen. Dem eigentlichen
Fetischismus nahe verwandt ist die Verehrung von Tieren und Pflanzen, deren schädliche oder nützliche Wirkung der Naturmensch höhern
sie beherrschenden und bewohnenden Geistern zuschreibt, welche die Neger Wongs nennen.
Bei den nordamerikanischen Indianern wählt sich jeder ein während der Pubertätszeremonien (s. Pubertät)
ihm im Traum erscheinendes Tier als Fetisch oder Totem (s. d.), welches er hinfort niemals töten oder verspeisen darf. Daß
sich auch in die monotheistischen Religionen, selbst in das Christentum, Fetischismus als Rest oder Rückfall eingeschlichen hat, mag
hier bloß angedeutet bleiben.
Vgl. Fr. Schultze, Der Fetischismus (Leipz. 1871);
Roskoff, Das Religionswesen der
niedersten Naturvölker (das. 1880);