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sind die Ansichten geteilt, angelegt und erhält von rückwärts her gedeckte Zugänge durch Laufgräben, die, um sie der Längsbeschießung zu entziehen, in Zickzackform geführt werden. In der zweiten Artillerieaufstellung werden 12 cm und kurze 15 cm, in besondern Fällen auch wohl noch 15 cm Ringkanonen Verwendung finden, nächstdem aber zum Bewerfen des Innern von Festungswerken namentlich 15 cm Mörser und zum Einwerfen von Hohlbauten auch noch 21 cm Mörser. In neuerer Zeit ist man nach Schießversuchen zu der Ansicht gekommen, daß indirektes Feuer, namentlich in Rücksicht auf die große Treffsicherheit der gezogenen Mörser, viel schneller zum Ziel führen wird als das Feuer der besten weittragenden Kanonen.
Während daher in der ersten Artillerieaufstellung die langen Kanonen überwiegen, werden in der zweiten kurze Kanonen und Mörser vorherrschen. Auch sind die Ansichten darüber geteilt, ob es zweckmäßiger ist, 6-8 oder nur 2-4 Geschütze [* 2] batterieweise zu vereinigen oder gar unter Umständen Geschütze einzeln aufzustellen. Wenn auch letztere Aufstellungen den Vorzug der bessern Anpassung an das Terrain und weniger durch das feindliche Feuer zu leiden haben, so ist doch bei dieser Vereinzelung der Geschütze die Munitionsversorgung, namentlich aber die Feuerleitung und damit das Konzentrieren des Feuers einer Anzahl Geschütze zur systematischen Niederkämpfung feindlicher Geschützaufstellungen, die z. B. der Infanterie das Behaupten wichtiger Terrainpunkte unmöglich machen, sehr erschwert.
Aus den Batterien der zweiten Artillerieaufstellung müssen auch die für den Sturm erforderlichen Breschen geschossen, Kaponnieren etc. demoliert werden, wozu die kurzen 15 und 21 cm Kanonen und Mörser, zum Beschießen der Scharten von Panzertürmen oder Panzerbatterien [* 3] 9 cm Kanonen und, um verdeckte feindliche Stellungen zu bekämpfen, 9 cm Mörser in vorgeschobenen Batterien oder in der ersten Infanteriestellung Verwendung finden. Ein weiteres Vorschieben von Batterien wird nicht erforderlich sein, da die Treffsicherheit der langen Kanonen durch näheres Herangehen nicht vermehrt, der Gebrauch der kurzen Kanonen aber der dadurch bedingten Herabsetzung der Ladung wegen ungünstiger wird.
Von den Artilleristen wird allgemein angenommen, daß, wenn es dem Angreifer möglich wird, seine Batterien bis auf 1000 oder 900 m an die Forts heranzubringen, die beschossenen Forts in nicht langer Zeit derart in Trümmerhaufen verwandelt werden, daß es dem Verteidiger nicht möglich wird, sich darin zu halten, geschweige denn Geschütze innerhalb derselben noch ins Feuer zu bringen, so daß ihre Übergabe von selbst erfolgen muß. Es wird wahrscheinlich auch möglich sein, durch einige Geschütze aus der zweiten Artillerieaufstellung die Stadt zu beschießen, unter Umständen sogar ein erfolgreiches Bombardement zu eröffnen, hierdurch aber wie durch die Beschießung der von den Forts zur Stadt führenden Kommunikationnen ^[richtig: Kommunikationen] die Übergabe der Forts zu beschleunigen.
Von andern wird dagegen angenommen, daß auch in Zukunft der von den Ingenieuren auszuführende Nah- oder Ingenieurangriff (Sappenangriff) nicht wird entbehrt werden können, der auch bei Straßburg [* 4] (Tafel II, Nebenkärtchen) noch zur Ausführung gekommen ist. Zu diesem Zweck wird unter dem Feuer der Belagerungsbatterien und dem Schutz der ersten Infanteriestellung auf halber Entfernung zwischen dieser und dem Fort die zweite Infanteriestellung und demnächst auf 150-200 m eine dritte Infanteriestellung eingerichtet, die, unter sich durch Laufgräben in gedeckter Verbindung stehend, der Infanterie die Bekämpfung des Verteidigers durch gezielte Schüsse gestatten und den Pionieren als Basis zum Vorgehen mit der bedeckten Sappe bis zur Krönung des Glacis, Anlage des Grabenniedergangs bis zur Grabensohle oder bis zum Wasserspiegel bei nassen Gräben und Herstellung des Grabenübergangs zur Bresche dienen, die von der zweiten Artillerieaufstellung geschossen wird.
Kommt es zu einem solchen Vorgehen der Pioniere, so ist zu erwarten, daß auf dem Glacis der Minenkrieg beginnen wird; der Angreifer sucht durch tief liegende überladene Minen sowohl die Konterminen zu zerstören, als gleichzeitig oberirdisch einen Trichter auszuwerfen, um in ihnen gedeckt neue Angriffsminen vorzutreiben und so schließlich bis in die Nähe der Glaciskrete zu gelangen, diese zu krönen und den Grabenniedergang [* 5] herzustellen, durch welche die in den Laufgräben gesammelten Sturmkolonnen zum Grabenübergang gelangen.
Sollte es dem Angreifer nicht gelungen sein, die Grabenkaponnieren zu zerstören, und der Verteidiger im stande sein, hier gegen den Sturm Geschütze ins Feuer zu bringen, so wird bei der heutigen Geschützwirkung ein Gelingen des Sturms sehr in Frage gestellt. Gelang der Sturm, und ist der Verteidiger zu weiterm Widerstand durch eine inzwischen eingerichtete Zwischenstellung rückwärts der Forts vorbereitet, so muß der Angriff gegen dieselbe in ähnlicher Weise wie gegen die Forts mit ihren Zwischenbatterien begonnen und bis zum Sturm der in den Hauptwall gelegten Bresche nach gleichen Grundsätzen fortgeführt werden.
II. Die Verteidigung.
In den Festungen werden die für ihre Verteidigung erforderlichen Geschütze nebst Zubehör sowie die Munitionsteile für eine gewisse Anzahl Schüsse im Frieden bereit gehalten. Für die verteidigungsfähige Aufstellung der Geschütze und die gegen feindliches Artilleriefeuer gesicherte Unterbringung aller Kampfmittel muß gesorgt sein. Die Armierung einer Festung [* 6] hat den Zweck, letztere aus dem Friedenszustand in den der Verteidigungsfähigkeit überzuführen; sie zerfällt in die fortifikatorische, artilleristische, ökonomische und Sanitätsarmierung.
Erstere betrifft die Vervollständigung der Sturmfreiheit, der gesicherten Unterkunft der Garnison und ihrer Vorräte, Herstellung von Befestigungen im Vorterrain, Stauung der Gewässer zur Inundation (s. d.) des Vorterrains, Vorbereitung des Minenkriegs etc. Die artilleristische Armierung soll die Geschütze der ersten Geschützaufstellung oder der Sicherheitsarmierung an den Stellen, an denen die Geschütze nach dem bereits im Frieden bearbeiteten Armierungsentwurf Aufstellung finden sollen, kampfbereit fertig machen sowie die Munition anfertigen und die artilleristischen Streitmittel, z. B. Pulver etc., kriegsmäßig lagern.
Die ökonomische Armierung soll die Lebens- und Quartierbedürfnisse der Besatzung bereit stellen und unterbringen und die Sanitätsarmierung alle Mittel zur Handhabung des Sanitätsdienstes in Bereitschaft stellen. Eine größere Anzahl von Geschützen wird als Reserve bereit gehalten, um auf der Angriffsfronte dann Verwendung zu finden, sobald diese entschieden ist. Als Grundsatz für eine aktive Verteidigung gilt, daß dem Angreifer das Vorterrain solange wie möglich streitig gemacht und das Festsetzen in demselben erschwert werden muß. Zu diesem Zweck müssen solche Punkte, die der Verteidigung günstig, und deren Besitz dem Angreifer Vorteile bringen würde, bei ¶
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der Armierung durch den Bau von Armierungswerken, Schanzen, Batterien, Emplacements etc., zur Geschützverteidigung eingerichtet werden. Im Unterstützungsbereich der Forts oder Festung liegend und ausschließlich mit leichten Geschützen (9 cm oder Feldkanonen, ausnahmsweise auch 12 cm) armiert, bilden sie die Stützpunkte für die Vorpostenstellungen, welche 1500-2000 m vor die Festung vorgeschoben werden, wie bei Ausfällen zur Aufnahme der zurückweichenden Ausfalltruppen.
Ortschaften, die für die Verteidigung von Wichtigkeit sind, werden zu einer hartnäckigen Behauptung fortifikatorisch durch Schützengräben und Geschützemplacements (s. Feldbefestigung), [* 8] an besonders wichtigen Punkten durch Feldschanzen eingerichtet. Während in den Forts die schweren Geschütze von großer Tragweite, die das Vorterrain 7-8 km weit unter Feuer nehmen können, aufgestellt sind, werden für die Spezialgeschützreserve der Forts die Anschlußbatterien auf deren Flanken ausgebaut, sofern nicht hierfür die Anlage der Angriffsbatterien abgewartet werden muß, um ihr die bestimmte Frontrichtung geben zu können.
In den Zwischenräumen der Forts aber werden, sobald die Angriffsrichtung erkannt ist, die Zwischenbatterien erbaut, mit den Geschützen der Generalgeschützreserve der Festung armiert und, wo es erforderlich, Zwischendepots für die Munitionsversorgung dieser Batterien angelegt. Bringt der Angreifer seine mit schweren Geschützen armierten Batterien gegen die Verschanzungen im Vorterrain ins Feuer, so werden deren Geschütze nach den Zwischenbatterien zurückgezogen, da sie zu einem Geschützkampf nicht befähigt sind.
Der Schwerpunkt [* 9] der Verteidigung muß in die in Höhe der Forts eingerichtete erste Verteidigungsstellung (Tafel I) gelegt werden, weshalb für die Lage der Zwischenbatterien in erster Linie die Wirkung, demnächst erst die Deckung bestimmend ist. Gruppenweise ebenso wie die Angriffsbatterien erbaut, bilden sie mit den Forts, zwischen denen sie liegen, gewissermaßen eine äußere Enceinte, die als geschlossene Umwallung herzustellen zu kostspielig, in mancher Beziehung auch nachteilig für die Verteidigung sein würde.
Der Verteidiger darf den Angreifer vom ersten Augenblick an niemals und nirgends zur Ruhe kommen lassen. Überall, wo er festen Fuß fassen will, muß er durch Beschießung daran verhindert werden; es muß dies bei der Etablierung seines Belagerungsparks schon beginnen. Der Verteidiger muß deshalb einen weit hinausgeschobenen, sorgfältig organisierten Beobachtungsdienst unterhalten. Bei künftigen Belagerungen werden zu diesem Zweck ohne Zweifel gefesselte Luftballons zur Verwendung kommen, die als permanente Stationen Tag und Nacht unterhalten werden, des Nachts mittels elektrischen Lichts das Terrain absuchen und ihre Beobachtungen telegraphisch oder durch Terrainskizzen nach unten mitteilen. So wird es möglich, den Feind auch in solchen Terrainfalten zu entdecken, die sich jeder andern Beobachtung entziehen, und rechtzeitig Maßregeln zu ergreifen, ihn von dort wieder zu vertreiben.
Sobald jedoch die Geschütze aus dem Vorterrain nach den Zwischenbatterien zurückgezogen sind, wird auch der Angreifer das Feuer aus seiner ersten Artillerieaufstellung eröffnen und hiermit der eigentliche Artilleriekampf beginnen. Man ist jetzt der Ansicht, daß derselbe vom Verteidiger unter Heranziehung aller in den nicht angegriffenen Forts entbehrlichen Geschütze mit der größten Energie geführt und reichlich mit Munition versorgt werden muß. Wichtige Angriffsbatterien müssen systematisch und mit Konzentration des Feuers einer überlegenen Anzahl Geschütze bekämpft werden. Da die Wirkung solcher Feuerkonzentration wesentlich davon abhängt, daß alle mitwirkenden Geschütze gleichzeitig mit ihrem Feuer eintreten, um dem Feind bei der Überschüttung mit Geschossen keine Zeit zu lassen, seine Geschütze in Sicherheit zu bringen, so müssen die Ausführungsbefehle telegraphisch gegeben werden.
Unterliegt der Verteidiger in diesem Kampf, und wird es dem Angreifer möglich, immer neue Batterien weiter vorzuschieben, so kann er nur noch durch das systematische Bekämpfen dieser Batterien, auch unter Anwendung der Feuerkonzentration, aufgehalten werden. Für den Verteidiger ist diese Periode die Krisis, in der es darauf ankommt, die Anlage der ersten Infanteriestellung zu verhindern, da der Angreifer deren Schutz für die Erbauung seiner Batterien der zweiten Artillerieaufstellung bedarf.
Mit Vorteil wird er jetzt vom elektrischen Licht [* 10] zum Absuchen des Vorterrains und Entdecken von Batteriebauplätzen oder Arbeiten an der Infanteriestellung Anwendung machen und dann die Arbeiter durch Schrapnells oder Ausfälle zu vertreiben suchen. Wie dem Angreifer, wird auch dem Verteidiger das indirekte Feuer aus kurzen Kanonen und Mörsern namentlich gegen solche Batterien den größern Erfolg versprechen, die hinter Terraindeckungen liegen, während gegen Vorpositionen des Angreifers schwere 12 und 15 cm Ringkanonen vom Wallgang der Forts oder den Zwischenbatterien aus den Kampf übernehmen.
Zum Beobachten seiner Artilleriewirkung stellt er im Vorterrain Beobachtungsposten auf, die den Forts oder den Batterien mittels des elektrischen Vorposten- oder optischen Telegraphen [* 11] (Semaphoren und Signaltafeln) ihre Beobachtungen mitteilen. Telephonische Mitteilungen werden im Kampfgetöse schwer verständlich, jedoch bei vereinzelt liegenden Batterien mit Vorteil zu verwenden sein. Unter sich und mit der Stadt sind die Forts durch Telegraphenkabel verbunden. Je aufmerksamer der Verteidiger das ganze Angriffsfeld durch seine Vorposten etc. beobachten läßt, um so eher wird es ihm möglich, den Angreifer in der Ausführung seiner Angriffsarbeiten durch Artillerie zu beschießen und bei dem Mangel an Deckung empfindlicher zu schädigen als nach vorgerücktem Bau und dadurch gewonnener Deckung; ihm kommt hierbei die Kenntnis der Entfernungen zu gute, so daß er keines langen Einschießens bedarf, eine wesentliche Bedingung für den Erfolg.
Gelingt es dem Angreifer nicht, der Verteidigungsgeschütze Herr zu werden, so wird ihm der Ausbau der ersten Infanteriestellung und damit auch der unter ihrem Schutz zu erbauenden Batterien sowie das Vortreiben der Sappenteten zur zweiten Infanteriestellung nur unter sehr großen Opfern möglich werden. Gewinnt der Verteidiger aus der zunehmenden Übermacht des Angreifers die Überzeugung, daß er die Forts nicht wird behaupten können, so wird er hinter denselben, also zwischen den Forts und der Hauptenceinte, eine zweite Verteidigungsstellung herrichten und dieselbe mit den aus den Forts und den Zwischenbatterien zurückgezogenen Geschützen so zeitig armieren, daß er nicht gezwungen ist, dem Feind mit den Forts auch noch kampffähige Geschütze zu überlassen. Gelingt es ihm rechtzeitig, kampfbereit in der zweiten Verteidigungsstellung die Besitzergreifung der Forts zu erwarten, so kann er dem Angreifer das Festsetzen in denselben sehr erschweren. Die neuerrichteten Batterien, unterstützt von den auf dem Hauptwall stehenden schweren Geschützen, werden allerdings dann, ¶