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Schulterpunkte, e und f die Kurtinenpunkte, eh und gf, senkrecht zu ae und bf, die Flanken, ef die Kurtine; vor der letztern, zu ihrer Deckung, das Ravelin i, dessen Facen man nach rückwärts so richtet, daß sie 8 m über die Schulterpunkte hinweggreifen, um direkte Beschießung der Kurtine zu hindern. Der Hauptgraben erhält 36, der Ravelingraben 24 m Breite. [* 2] Der gedeckte Weg w wird vor den ausspringenden Winkeln abgerundet und ist mit Traversen t versehen, die Grabenschere k ist in der Richtung der verlängerten Bastionsfacen angelegt.
Vauban verringerte zunächst die Grabentiefe; da hierdurch die Eskarpenmauer an Deckung verlor, machte er dieselbe niedriger und verlor damit an Sturmfreiheit. Die wichtigste Änderung im Grundriß der spätern Manieren war Absonderung des Bastions vom Hauptwall, so daß nur ein 11 m hoher Kavalier oder ein sogen. bastionierter Turm [* 3] mit diesem in Verbindung blieb, das Bastion aber isoliert davorlag. Vauban, hauptsächlich im Angriff erfahren, fand bald selbst die Schwächen seiner Bauten und stellte in seinem Angriffssystem sogar die Zahl der Tage fest, binnen deren jede Festung [* 4] erliegen müsse.
Seine Nachfolger, namentlich Cormontaigne und die Schule von Mézières (gestiftet 1750), suchten das Bastionärtracee zu verbessern durch vollständige Deckung des Mauerwerks, Schaffen von Reduits und Hohlräumen, letztere zunächst als Galerien zur Gewehrverteidigung. In Schweden [* 5] wurden von Carlberg (1755) und Röök (1766), dann aber vorzüglich vom General Virgin (1781) interessante fortifikatorische Vorschläge, hauptsächlich zur Verbesserung des Bastionärsystems, gemacht. Inzwischen hatte schon 1707 der Niederländer Landsberg [* 6] der jüngere (die Vorschläge früherer Ingenieure benutzend) das Tenaillensystem durch mehrere Entwürfe begründet. Aber dem Grafen Montalembert (gest. 1800) war es vorbehalten, diesen Ideen zum Durchbruch zu verhelfen. Er will Verwerfung der Bastione, nur Tenaillen- und Polygonalbefestigung, zahlreiche zweckmäßig konstruierte Defensionskasematten, Vereinigung großer, den Angriffsbatterien weit überlegener Geschützmassen an den entscheidenden Punkten, solide permanente Abschnitte (kasemattierte Türme), konstruierte neue Tenaillen-, Polygonal- und Kreisbefestigungen und verschiedene Arten detachierter Forts zur Verstärkung [* 7] der Plätze.
Nachdem Moucé, Bousmard und Chasseloup nochmals Verbesserungen für das bastionierte System vorgeschlagen hatten, brachte Carnot in seinem auf Napoleons I. Aufforderung geschriebenen Werk über die Verteidigung fester Plätze 1810 verschiedene neue Vorschläge. Dieselben bezweckten, zahlreiche starke Ausfälle für den Belagerten namentlich auch dann noch zu ermöglichen, wenn der Feind bereits das Glacis erreicht hat, und Überschüttung der gegen diese Ausfälle vorrückenden feindlichen Trancheewachen mit Wurffeuer.
Erreicht sollte dieses werden durch Umwandlung der gemauerten steilen
Kontreskarpen in ein rampenartiges
Glacis en contrepente
und durch
Anlage von kasemattierten Mörserbatterien. Auch
Vorschläge für
Tenaillen-Befestigung machte
Carnot. Die neuesten französischen
Systeme sind die von
Haxo (1826) und Choumara (1827) für kasemattierte Bauten. Die seit 1830 vom
Generalleutnant
Fleury geleitete
Befestigung von
Lyon
[* 8] und die unter der
Direktion des
Generals
Dode de la Brunerie ausgeführte
Befestigung von
Paris
[* 9] bestehen aus der bastionierten Stadtenceinte
und einer Anzahl detachierter
Forts,
meist bastionierter
Fünfecke. Die
Franzosen bedienten sich bei Ausführung ihrer Bauten fast stets des
Bastionärsystems, waren
bis 1870 entschiedene Gegner der Polygonalbefestigung und haben deshalb die sogen. neupreußische
Befestigungsmanier heftig angegriffen
(Mangin).
In Preußen [* 10] wurden schon seit 1715 unter Leitung Wallrawes tenaillierte Anlagen mit niedriger Eskarpen-, aber hoher Kontreskarpenmauer mit schmalen, tiefen, von Reversgalerien flankierten Gräben und mit Blockhäusern im gedeckten Weg sowie Kasematten zur Unterbringung der Truppen gebaut. Nach Wallrawes Tod (1748) ordnete Friedrich d. Gr. die Bauten oft selbst an, so in Neiße, [* 11] Schweidnitz, [* 12] Glatz, [* 13] Silberberg und Graudenz, [* 14] und im Gegensatz zu den Franzosen überall mit kasemattierter Grabenflankierung, auch kasemattierten Batterien ca. 500 m vom Glacis zur Beherrschung des Vorterrains, ferner mit gedeckten Unterkunftsräumen im Hof [* 15] der Werke, Abschnitten und Reduits, mehrfach selbständigen Werken in der Hauptumfassung (wie bei Schweidnitz die Hauptforts, [* 1] Fig. 8) nach tenailliertem Grundriß mit Reverskaponnieren c c, tenaillierter Enveloppe e e, deren Graben als gedeckter Weg dient (Profil, [* 1] Fig. 9), mit Blockhäusern b b und Konterminensystem m m,
[* 1] ^[Abb.: Fig. 6. Bastionierte Fronte.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 7. Bauban, erste Manier.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 8. Hauptfort der Enceinte Friedrichs II.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 9. Profil zu
Fig. 8.] ¶
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zwei solche Forts ca. 1300 m voneinander entfernt, kleinere einfache, fünfseitige Redouten in der Mitte dazwischen zur Bestreichung der langen, geraden Walllinien, ja schon mit detachierten Forts und Unterbringung der Besatzung in Kasematten sowie stets mit Einrichtung des gedeckten Wegs zur aktiven Verteidigung. Die Vorschläge von Montalembert und Carnot sowie die Gedanken der ältern deutschen Ingenieure (Dürer, Speckle etc.) fanden bei fortschreitender Verbesserung der Feuerwaffen die aufmerksamste Beachtung. So entwickelte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrh., hauptsächlich durch die Generale v. Aster, v. Brese und v. Prittwitz, die sogen. neupreußische Befestigung [* 16] (Fig. 10). Die großen Neubauten von Koblenz, [* 17] Köln, [* 18] Posen [* 19] und Königsberg [* 20] (v. Brese), Linz, [* 21] Verona, [* 22] Mainz, [* 23] Rastatt, [* 24] Ulm [* 25] (v. Prittwitz), Germersheim und Ingolstadt, [* 26] zuletzt Spandau [* 27] (v. Mertens) etc. sind schon zum Teil in der Art angelegt.
Grundgedanke des Systems ist: Möglichkeit der Verteidigung durch geringe Besatzung und Begünstigung der Offensive zur Verwendung größerer Truppenmassen auf vorbereitetem Kampffeld. Letzterm diente ein Gürtel [* 28] von 500 bis etwa 800 m vorgeschobenen Forts. Vermieden wurde ein ängstliches Kleben an bestimmtem System; man bediente sich zwar vorzugsweise des Kaponnieresystems, aber auch des bastionären, wie es gerade für den vorliegenden Fall das Terrain und sonstige Umstände erheischen.
Die Grundlage der regelmäßigen Polygonalfronte ist eine Linie von ca. 800 m, mit einer großen mehrstöckigen Kaponniere [* 29] K als Reduit und Abschnitt in der Mitte, die Linie unter Umständen leicht nach innen oder nach außen gebrochen, die Kaponniere durch ein großes Ravelin R gedeckt, dessen Graben, bestrichen durch kasemattierte Batterien B, im Hauptwall A mit der verteidigungsfähigen, meist frei stehenden Eskarpenmauer E E zusammenhängt. Zur Unterstützung des Geschützkampfes dienen kasemattierte Mörserbatterien M M in den ausspringenden Winkeln.
Die Verteidigungseinrichtung der Eskarpenmauer E E dient zur Bekämpfung des Gegners auf dem gedeckten Weg und im Graben. Blockhäuser P P bestreichen den erstern. Die detachierten Forts sollten die Angriffsarbeiten weiter in das Vorfeld hinausschieben. Ihr Grundriß ist meist der einer stumpfen Lünette [* 30] (Fig. 11), mit Grabenkaponnieren und Reduit, ähnlich den Festungsfronten, ausgestattet. Im Profil ist bei allen Werken vollständige Deckung des Mauerwerks gegen Sicht von außen, jedoch nicht gegen den indirekten Schuß, nötigenfalls durch Vertiefung der Gräben und höhere Anschüttung des Glacis, erreicht.
Die gemauerte Eskarpe ist stets sturmfrei. Die Kaponnieren gestatten aus ihren Stockwerken die Grabenverteidigung durch Geschütz- und Gewehrfeuer, während Geschütze [* 31] auf der obern Erddecke in das Vorterrain wirken. Gleichzeitig bergen sie Besatzung und Ausrüstung und sollen auch nach Wegnahme der vorliegenden Werke noch längere Zeit haltbare Punkte sein. Die Neubauten der Engländer, Russen, Dänen, Schweden, Holländer, Türken etc. gehören fast sämtlich dem Prinzip der deutschen Schule an. Der Umbau der Festung Antwerpen [* 32] durch Brialmont übertrug die neuen Befestigungsgrundsätze nach den Niederlanden, wo wieder Erdbau mit 60-100 m breiten nassen Gräben die Verteidigungslinie bildet und Mauerwerk nur zu den Kaponnieren und Kasematten verwendet ist. Hier auch fand zuerst Eisenbau in Panzerdrehtürmen bei der Landbefestigung Anwendung. Neben einfachem Grundriß der durch Inundation gedeckten Fronten ist besonders der Grundriß der geschlossenen detachierten Forts [* 16] (Fig. 12) zu bemerken. In gepanzerter Drehkuppel stehende Geschütze beherrschen das Vorterrain.
Bald indes machte sich der Einfluß der gezogenen Geschütze, namentlich durch die Überlegenheit ihres
indirekten Feuers, durch welches alles bisher erbaute Mauerwerk schon aus größerer Ferne zerstört werden konnte, geltend;
die Erfolge der deutschen Belagerungsartillerie im Krieg 1870/71 lieferten den Beweis hierfür und riefen eine neue Epoche im
Festungsbau hervor. Die Zwecklosigkeit kleiner Festungen ohne vorgeschobene Forts, wenn ihre Verteidigungsfähigkeit
nicht durch ihre Lage auf Höhen etc. sich gründete, war ebenso erkannt wie die Unentbehrlichkeit großer Festungen mit weit
von der Hauptumwallung abliegenden Forts als Stützpunkte für die Operationen großer Armeen. Die Forts sollen durch ihre vorgeschobene
Lage ein Bombardement der Stadt erst dann möglich machen, wenn der Angreifer dieselben genommen hat oder
bis in ihre Nähe vorgedrungen ist. Anfänglich ging man, in der Furcht vor der Möglichkeit eines Bombardements, hierin sehr
weit. Die Franzosen haben viele Forts 6-7 km, bei Paris sogar bis 15 km vor die Hauptenceinte
vorgeschoben. Man
[* 16] ^[Abb.: Fig. 10. Fronte des neupreußischen Systems.]