anerkannte. Wie in den meisten andern
KommunenOber- und Mittelitaliens, rangen seit dieser Zeit auch hier zwei Adelsfraktionen
um die Herrschaft. An ihrer
Spitze standen die beiden mächtigsten
Familien der Gegend, die Salinguerra
Torelli und die Adelardi,
die ihren Einfluß dadurch befestigten, daß sie das Kapitanat des
Volkes, die oberste Exekutivbehörde
der
Kommune neben dem
Rat oder Consiglio, längere Zeit hindurch zu behaupten wußten. Von diesen vertraten die
Torelli das
ghibellinische oder kaiserliche, die Adelardi das guelfisch-päpstliche
Interesse.
In demKampfeFriedrichBarbarossas gegen die
Kommunen stand Ferrara
[* 2] auf der Seite der letztern und war Mitglied des lombardischen
Städtebundes. Dieser Umstand begründete für längere Zeit das Übergewicht der guelfischen Adelardi,
die bald auch das Podestat der Stadt, d. h. die mit weitreichenden Befugnissen ausgestattete
oberste
Administrativ- und richterliche
Würde, erlangten. Gegen Ende des 12. Jahrh. errang die auf
HerzogWels ihren Ursprung
zurückführende
Familie der
Este den größten Einfluß auf die Leitung der städtischen Angelegenheiten
und behauptete denselben durch weise
Förderung der städtischen
Interessen wie durch Unterwerfung des umliegenden Gebiets
unter das
Gebot der Stadt.
Während der
KämpfeFriedrichs II. mit der
Kirche und den
Kommunen trat Ferrara auf Seite des erstern und vertrieb den
Guelfen Azzo
von
Este, wurde aber von diesem 1240 wieder unterworfen und nach Bezwingung der ghibellinischen
Torelli
seitdem ständig von den
Este behauptet, erst als
Podestas und Kriegsführern, dann als faktischen Oberherren, die bald den
TitelMarkgrafen von Ferrara annahmen. 1329 ward Aldobrandino II. von
Este vom
Papst mit dem Vikariat Ferrara belehnt. 1471 erhobPaul
II. den
Markgrafen Borso zum erblichen
Herzog von und die
Este schlugen nun ihre
Residenz in Ferrara auf, das sie zu einem glänzenden
Fürstensitz umschufen. (Weiteres s.
Este.)
Beim Erlöschen des Hauptstammes der
Este mit
Alfons II. (1597) zog
Clemens VIII.
das Herzogtum als erledigtes
Lehen ein und schlug es zum
Kirchenstaat. Im
Januar 1438 wurde hier von
Eugen
IV. ein
Konzil zur Wiedervereinigung der griechischen mit der römischen
Kirche eröffnet, dem
KaiserMichael IV. Paläologos
persönlich beiwohnte, das indes, im
Januar 1439 nach
Florenz
[* 3] verlegt, erst dort zum gewünschten
Abschluß gedieh. 1735 erhob
PapstClemens XII. dasBistum Ferrara zu einem Erzbistum.
Als Finanzminister 1867 in das
KabinettRattazzi berufen, aber schon nach wenigen
Monaten von seinem
Amt
zurückgetreten, nahm er noch längere Zeit als Mitglied der Finanzkommission der
Kammer, gegenwärtig des
Senats, regen
Anteil
an der Gestaltung der italienischen
Finanzen. Seit 1868 ist Ferrara
Direktor der Oberhandelsschule in
Venedig.
[* 11] Von den von ihm veröffentlichten
Werken sind hervorzuheben: »Importanza dell' economia politica«
(Turin 1849);
»Biblioteca dell' economista« (1850-68, 2
Serien
in 27 Bdn.).
Ein größeres Werk: »Il trattato di economia politica«, an welchem er
über 20 Jahre gearbeitet hat, harrt der Veröffentlichung.
1) Gaudenzio, ital.
Maler, geboren um 1481 zu Valduggia im Sesiathal
(Piemont), bildete sich nach Stefano Scotto,
B.
Luini und
Leonardo da
Vinci, war 1515-18 in
Novara, 1521 in
Vercelli, bis 1524 in
Varallo und von da ab
in
Mailand
[* 13] thätig, wo er 1546 oder 1547 starb. Während seine frühern Werke noch an die ältere
Schule erinnern, zeigt sich
in seinen spätern das
StudiumLeonardos; dabei macht sich immer ein energischer
Naturalismus geltend. Seine
Farbe ist sehr kräftig,
obwohl häufig bunt, seine
Komposition meist überladen oder doch unharmonisch.
3)
Bartolommeo, ital. Bildhauer, geb. zu
Marostica bei
Vicenza, widmete sich der
Bildhauerkunst
[* 20] unter der Leitung
seines Oheims Torretti und setzte seine
Studien später in
Venedig fort, wo er Schiffsfiguren im
Arsenal
und
Kruzifixe
[* 21] und Heiligengestalten in
Holz
[* 22] schnitzte. Nach einem kurzen Aufenthalt in
Florenz kehrte er wieder nach
Venedig
zurück und war hier vorzugsweise auf dem Gebiet der
¶
5) Giuseppe, Geschichtsphilosoph, geb. 1812 zu Mailand, studierte in Pavia, lebte dann unabhängig seinen
Studien und begann seine Schriftstellerlaufbahn mit einer Abhandlung über seinen Lehrer, den PhilosophenRomagnosi (s. d.),
der eine Ausgabe der sämtlichen Werke Vicos (1835) und einige Schriften in französischer Sprache:
[* 28] »Vico et l'Italie« (Par. 1839),
»De l'erreur« (das. 1840) und »De religiosis Campanellae opinionibus« (das. 1840), nachfolgten. Nachdem
er seit 1840 kurze Zeit als Professor der Litteratur in Rochefort gewirkt, seiner freisinnigen Richtung wegen aber hatte zurücktreten
müssen, ward ihm im J. 1842 auf Cousins Verwendung der philosophische Lehrstuhl an der Universität zu Straßburg
[* 29] übertragen;
aber schon nach 18 Tagen ward er auch hier auf Betreiben der Ultramontanen abgesetzt. Seine Vorlesungen
veröffentlichte er als »Idées sur la politique de Platon et d'Aristote« (Par. 1842). Nach der Februarrevolution 1848 von Carnot
wieder in sein Amt eingesetzt, wirkte er darauf in Bourges, wurde aber hier ebenfalls bald suspendiert und kehrte 1859 nach
Italien zurück, wo er nacheinander Professor in Turin und Mailand wurde.
Als Mitglied des piemontesischen Parlaments war er ein heftiger Gegner von Cavours Annexionspolitik. Seitdem ununterbrochen
Deputierter, starb er in Rom.
[* 30] Außer den genannten Werken schrieb er: »Essai sur le principe et les limites de la
phliosophie de l'histoire« (Par. 1843);
sein philosophisches Hauptwerk, in dem er die Lehre
[* 31] von den »Antinomien« für »unüberwindlich« erklärt
und zuletzt von den unlöslichen Widersprüchen, die dem reinen Gedanken anhaften, den Ausweg in die versöhnende Unmittelbarkeit
des realen Lebens zeigt.
Daran schloß sich sein politisches Glaubensbekenntnis: »La federazione republicana«
(Capolago 1851),
eine Darlegung seiner Theorie der freien Völkerverbrüderung, an welcher er mit doktrinärem Starrsinn festhielt;
die »Histoire des révolutions de l'Italie, ou Guelfes et Gibelins« (Par. 1856-58, 4 Bde.);
»Storia della rivoluzione d'Italia« (Mail. 1871-73, 3 Bde.);
»Teoria de' periodi
politici« (das. 1874) u. a. Seine Biographie schrieb Mazzoleni (Mail. 1876).
6)
Paolo, ital. Lustspieldichter, geb. zu Modena, studierte daselbst die Rechte, mit größerm Eifer aber Geschichte
und Litteratur und schrieb zu Massa, wohin sein Vater als herzoglicher Gouverneur übergesiedelt war, 1847 seine erste Komödie:
»Bartolommeo il calzolajo«, die er später »Il
codicillo dello Zio Venanzio« betitelte. Es folgten andre Stücke nach, von welchen sich jedoch nur »La donna e lo scettico«
und »Il codicillo« auf dem Repertoire erhalten haben. 1852 schrieb er sein Meisterwerk: »Goldoni e le sue sedici commedie«,
welches zwei Jahre lang unaufgeführt blieb, dann aber beim Publikum wie bei der Kritik einen seltenen
Triumph errang.
Kaum geringer war der Erfolg der Komödie »Parini e la satira« (1857). Beide Werke gelten seither als die gediegensten Erzeugnisse
auf dem Gebiet des modernen italienischen Lustspiels. Ferrari lieferte noch eine Reihe von nicht ganz so erfolgreichen, aber doch
wertvollen Dramen und Lustspielen: »Prosa« (ursprünglich »Il Tartuffo moderno« betitelt);
»L'Antonietta« (1880) u. a.
PikanteStoffe, ernste Tendenzen, pointierter Dialog, geschickte Mache und zum Teil auch grelle Effekte erinnern
in Ferraris neuern Stücken hier und da an französische Muster. 1860 übernahm Ferrari eine Professur der Geschichte in Modena, später
eine solche an der wissenschaftlichen Akademie zu Mailand.
Eine Gesamtausgabe seiner »Opere drammatiche« erschien zu Mailand
(1877-80, 14 Bde.).