(lat., Dies fasti), bei den
Römern diejenigen
Tage, an welchen die Vornahme gerichtlicher und überhaupt öffentlicher
Verhandlungen gestattet war (im
Gegensatz zu den nefasti, an welchen dergleichen verboten war); dann das Verzeichnis dieser
Tage.
Letzteres war für das ganze öffentliche
Leben von Wichtigkeit, befand sich aber lange Zeit nur in
den
Händen der
Patrizier (als Pontifices), die daraus manchen Vorteil zu ziehen wußten, bis Gnäus
Flavius, der
Schreiber eines
Rechtsgelehrten, 305
v. Chr. eine
Abschrift davon veröffentlichte.
In der
Folge wurde das Verzeichnis erweitert, indem man auch die auf jeden
Tag fallenden
Feste und
Spiele,
Märkte,
Opfer u. dgl.,
dann, ausgehend von den Jahrestagen trauriger Ereignisse, andre kurze
Notizen über geschichtliche Vorkommnisse,
Geburten, Todesfälle etc. sowie Bemerkungen über den
Aufgang von
Sternbildern mit aufzählte. Die Fasti gewannen somit die Form
und Bedeutung unsrer
Kalender und wurden namentlich seit Einführung der
JulianischenZeitrechnung vielfach auf
Stein eingegraben
und öffentlich aufgestellt.
Auch machte man sie zum Gegenstand gelehrter
Erläuterung, und Ovid verfaßte nach ihnen in seinem »Fasti«
betitelten Gedicht eine poetische
Beschreibung der ersten Hälfte des
Jahrs, worin der Auf- und Niedergang der
Gestirne sowie
die Bedeutung der einzelnen
Tage und besonders der Ursprung und die
Feier der Festtage behandelt werden. In
Stein gegrabene Fasti haben sich in größern und kleinern Bruchstücken erhalten, die sich sämtlich im 1.
Band
[* 2] von
Mommsens
»Corpus
inscriptionum latinarum« (Berl. 1863) abgedruckt und erläutert finden.
Die wichtigsten sind: das Calendarium Maffeianum (von dem ersten
BesitzerMaffei so genannt),
fast über alle
Tage des
Jahrs
(auch inOrellis »Collectio inscriptionum« abgedruckt);
das Calendarium Vaticanum (März, April,
August), Venusinum (Mai, Juni), Esquillnum
(Mai und Juni), Farnesianum
(Februar und März) u. a. (sämtlich auch bei
Orelli).
Auch zwei vollständige
Kalender, ein amtlicher aus
dem 4. Jahrh.
n. Chr., geschrieben von Fasti
Dionysius Philocalus, sowie eine christliche Umarbeitung des amtlichen
Kalenders von
Polemius
Sylvius, sind erhalten (beide bei
Mommsen abgedruckt). - Eine dritte Art von Fasti waren endlich diejenigen, welche auf
Steintafeln eingegrabene Verzeichnisse der höhern Staatsbeamten Jahr um Jahr enthielten, also der
Konsuln,
der
Zensoren, der
Diktatoren und der Magistri equitum (Fasti consulares), ferner der in jedem Jahr gehaltenen
Triumphe (Fasti triumphales)
und der jeweiligen
Priester (Fasti sacerdotales). Auch von Fasti dieser Art sind Bruchstücke auf uns gekommen, unter denen
die Fasti capitolini (im 16. und 19. Jahrh. zu
Rom in der
Nähe des
Forums ausgegraben und nach ihrem jetzigen
Aufbewahrungsort, dem
Kapitol, benannt) weitaus die wichtigsten sind (hrsg. von
Borghese,
Mail. 1818 ff., 2 Bde.).
Einen
Abdruck derselben besorgten
Baiter (Zür. 1838) und
Henzen im
»Corpus inscriptionum latinarum«, Bd. 1.
(Fastelabend), der
Dienstag vor
Aschermittwoch als dem Beginn der großen
Fasten vor
Ostern (s.
Fasten). Um sich
für die folgende Entbehrungszeit im voraus schadlos zu halten, kam schon im
Mittelalter die
Sitte auf, die Fastnacht mit Schmausereien
und
Trinkgelagen,
Tänzen,
Possen,
Maskeraden,
Aufzügen u. dgl. zu begehen,
und selbst die nicht fastenden
Protestanten haben manches davon beibehalten. In katholischen
Ländern dehnt man die Fastnachtslustbarkeiten
auf die ganze Zeit vom 7. Jan. bis zur eigentlichen Fastnacht aus und nennt dann diese Zeit gewöhnlich
Karneval (s. d.), in
Bayern
[* 4] und
Österreich
[* 5] auch
Fasching. Das
Wort Fastnacht kommt in alter Zeit (wie im Volksmund noch heute in der
Schweiz,
[* 6] in
Schwaben etc.) nur in der Form Fasenacht oder Fasnacht (Faßnacht) vor, was auf das alte
Verbum »fasen« (faseln, d. h.
Possen treiben) zurückführt, so daß etwa s. v. w. Schwärmnacht bedeutet. Die jetzige
Form, mit Anlehnung an fasten, trat zuerst in Norddeutschland auf und hat seit dem 18. Jahrh.
die andre aus der Schriftsprache verdrängt. - Herrenfastnacht heißt der
Sonntag Estomihi, weil am folgenden
Montag das
Fasten
der
»Herren« oder
»Pfaffen« anfing; alte Fastnacht der
Sonntag Invokavit, weil man anfangs erst am folgenden
Morgen, also mehrere
Tage
später, mit dem
Fasten begann.
niedrig-komische
Burlesken, welche im 15. Jahrh. in
Deutschland
[* 7] entstanden, die ersten Anfänge einer
weltlichen
Bühne. Man erklärt ihren Ursprung dadurch am einfachsten, daß um die Zeit der
Fastnacht junge
Burschen verkleidet
aus einem
Haus in das andre zogen, um ihre Bekannten zu belustigen. Dies führte allmählich zu wirklichen
Vorstellungen, die mit einem
Dialog, zuletzt sogar mit szenischen
Anordnungen verbunden wurden und das weltliche und komische
Element, das sich bereits in den viel ältern
Mysterien entwickelt hatte,
in sich aufnahmen und weiter ausbildeten. Im Anfang
wurden die
Stücke improvisiert; der anordnende Dichter, der zugleich
Schauspieler war, hieß Schausprecher.
Ihm nach eiferten
Wickram, P.
Propst und
Ayrer. EigentlicheIntrige,
Knoten und
Handlung würde
man in diesen
Stücken vergebens suchen; dagegen findet man darin einen derben
Witz und neben manchen Sittensprüchen auch nicht selten geradezu
Unflätigkeiten. Allmählich aber gewannen die Fastnachtsspiele einen satirischen und polemischen
Charakter, der namentlich zur Zeit der
Reformation entschieden und besonders gegen einzelne
Satzungen undZeremonien der katholischen
Kirche hervortrat.
Beweis hiervon ist die vielbesprochene »Tragedia oder
Spill, gehalten in dem königlichen
Sal zu
Pariß« (1523), worin die kaiserliche
und päpstliche
Gewalt in
Sachen der
Religion¶
mehr
verspottet wurde. In gleichem Sinn sind die Fastnachtsspiele des BaselerBuchdruckers Pamphilius Gengenbach und des Berner Malers Nikol. Manuel
sowie Burkh. Waldis' Fastnachtsspiel vom verlornen Sohn gehalten. Wiederholte Verbote und der Rückzug der Poesie aus dem Volk
in die Gelehrtenstuben ließen endlich die Fastnachtsspiele verschwinden; nur Spuren davon haben sich noch in einzelnen
Gegenden unter andern Benennungen (Mummenspiele, Mummenschanz, Schönbartlaufen etc.) erhalten. Eine vollständige Sammlung
der Fastnachtsspiele aus dem 15. Jahrh. lieferte A. v.
Keller (Stuttg. 1853 bis 1858, 4 Bde.).