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Seitenfedern gelblich gesäumt; das Auge [* 2] ist dunkelbraun, der Schnabel hellblau, an der Spitze schwarz, die Wachshaut, die nackte Augenstelle und der Fuß gelb. Er findet sich im ganzen nördlichen kalten Gürtel, [* 3] geht im Winter bis Südafrika, [* 4] Südasien und Westindien, [* 5] überwintert aber auch (namentlich das Männchen) in höhern Breiten und brütet in fast ganz Europa, [* 6] Mittelasien und Nordamerika. [* 7] Er lebt in großen Waldungen, auch in waldlosen Gebirgen und kommt selbst in die Städte;
am meisten bevorzugt er steile Felswände;
er ist ungemein mutig, stark und gewandt, weiß sein Betragen durchaus den Verhältnissen anzupassen, nährt sich fast ausschließlich von Vögeln und richtet unter Tauben, [* 8] Rebhühnern, Kiebitzen arge Verheerungen an;
auch Krähen, Enten, [* 9] Wildgänse sind vor ihm nicht sicher.
Doch vermag er keinen Vogel vom Boden oder vom Wasser aufzunehmen. Er nistet in Felshöhlungen oder auf hohen Waldbäumen in Nestern andrer Vögel [* 10] und legt im Mai oder Juni 3-4 gelbrötliche, braun gefleckte Eier [* 11] (s. Tafel »Eier I«, [* 1] Fig. 38). Das Weibchen brütet allein und wird vom Männchen gefüttert. Der Wanderfalke wird höchst schädlich, zumal er für zahlreiche andre Raubvögel [* 12] jagt, indem er diesen sofort seine Beute überläßt, wenn sie herbeifliegen, um sie ihm abzunehmen.
In der Gefangenschaft hält er sich recht gut, wenn man ihn mit
Vögeln füttert. Der Baumfalke
(Weißbäckchen,
Lerchenstößer,
Hecht-,
Schmerl-, Stoßfalke, Falken subbuteo
L., s. Tafel
»Raubvögel«, das Männchen), 35
cm lang, 83
cm breit, auf
der Oberseite blauschwarz, am
Kopf grau, im
Nacken weißfleckig, mit schwärzlichen, rostgelb gekanteten
Schwingen und schieferblauem
Schwanz, deren
Federn innen rostgelbrot
gezeichnet sind. Die Unterseite ist weiß oder gelblichweiß, schwarz
längsgefleckt,
Hosen,
[* 13]
Steiß- und Unterschwanzdeckfedern sind schön rostrot;
die Bartstriche treten deutlich hervor; das
Auge ist dunkelbraun, der Augenring,
Wachshaut und
Fuß gelb, der
Schnabel an der
Spitze dunkel-, an der
Wurzel
[* 14] hellblau.
Der Baumfalke bewohnt fast ganz
Europa und das gemäßigte
Asien,
[* 15] lebt bei uns von April bis
September oder
Oktober, geht im
Winter selten bis Nordafrika, ist in Südeuropa selten, findet sich bei uns besonders in
Laubhölzern der
Ebene,
ähnelt in seiner
Haltung dem Mauersegler und fliegt von allen unsern Edelfalken am schnellsten. Er lebt stets paarweise,
jagt
Lerchen und
Schwalben, auch
Heuschrecken,
[* 16]
Wasserjungfern
[* 17] etc., horstet auf hohen
Bäumen, seltener auf
Felsen oder auf dem
Boden und legt im Juli 3-5 weißliche oder rötliche, gelbrötlich und rot
bräunlich gefleckte
Eier. Er
hält sich sehr gut in der Gefangenschaft, wird zahm, ist liebenswürdig und kann an Ein- und Ausfliegen gewöhnt werden.
Früher wurde er auch zur Falkenjagd benutzt. Die Rötelfalken (Tinnunculus Vieill.) haben weniger harte Schwingen und Steuerfedern als die wahren Edelfalken, einen längern, häufig fächerförmig ausgebreiteten Schwanz, stärkere und kurzzehigere Füße und je nach dem Geschlecht ein verschieden gefärbtes Kleid. Sie fliegen bei weitem nicht so gut wie die Edelfalken, streichen meist niedrig über den Boden hin und halten sich rüttelnd an einer Stelle, bevor sie sich auf die Beute herabstürzen.
Der
Turmfalke
(Mauer-,
Rot-,
Mäuse-, Rüttelfalke, T. alaudarius
Gray, s. Tafel
»Raubvögel«, das Männchen), 35
cm lang, 74
cm
breit, am
Kopf,
Nacken und
Schwanz aschgrau, letzterer mit blauschwarzen, weiß gesäumten Endbinden, mit
schön rostrotem
Mantel, alle
Federn mit dreieckigen Spitzflecken, an der
Kehle weißlichgelb, an
Brust und
Bauch
[* 18] schön rotgrau
oder blaßgelb, schwarz
längsgefleckt; die Schwungfedern sind schwarz, heller gesäumt, das
Auge ist dunkelbraun,
Wachshaut
und die nackte Augenstelle grünlichgelb, der
Schnabel hornbraun, der
Fuß gelb.
Das Weibchen ist
oben bräunlichrot
, schwarz gefleckt, der
Schwanz graurötlich, an der
Spitze breit und
schmal gebändert, der
Bürzel rein aschgrau, auf der Unterseite wie das Männchen gefärbt. Der
Turmfalke bewohnt
Europa und
das gemäßigte
Asien,
Wald und
Feld,
Gebirge und
Ebene, weilt bei uns vom
Februar oder März bis
Oktober und
November, geht
im
Winter bis Südafrika, doch bleiben einzelne auch in
Deutschland.
[* 19] Er findet sich besonders in Feldgehölz,
Ruinen, auch in
Städten, lebt von
Mäusen,
Kerbtieren,
Eidechsen,
[* 20]
Fröschen und fängt wohl auch kleinere
Vögel, ist aber jedenfalls sehr überwiegend
nützlich. Er ist sehr munter, anmutig, gesellig, nistet in
Krähen- oder Elsterlöchern,
Mauer- oder Baumlöchern
und bildet bisweilen Brutansiedelungen. Das Weibchen legt im Mai oder Juni 4-9 weiße oder rostgelbe, braunrot
gefleckte
und punktierte
Eier (s. Tafel
»Eier I«,
[* 1]
Fig. 39), welche zuweilen mit vom Männchen ausgebrütet werden. In der Gefangenschaft
werden jung eingefangene
Turmfalken sehr zahm.
Mythologisches. Falkenjagd.
Der Falke erscheint in der Mythologie gewöhnlich als göttlich, allem Diabolischen feindlich. Indra erscheint oft in Gestalt eines Falken, er tötet die feindlichen Dämonen und bringt den Menschen die Götterspeise. Der Falke ist gewöhnlich eine glänzende Gestalt und tritt oft in Gegensatz zu dem düstern Adler [* 21] (Kriemhildens Traum). Nach Homer war der Falke der schnelle Bote Apollons. Nach dem Tod hat er die Fähigkeit, zu prophezeien; er wehklagt über einen Leichnam, scharrt Unbegrabene ein, lebt 700 Jahre und besitzt sehr viele Heilkräfte. In Ägypten [* 22] war er ein heiliger Vogel, ein von einem Quadrat umschlossener Falke war das Symbol der Hathor; [* 23] auf ägyptischen Reliefs und Gemmen [* 24] findet sich Osiris [* 25] mit einem Falkenkopf. Auch im slawischen Altertum wurde der Falke verehrt und in den Götterhainen gehegt. Im Mittelalter galt der Falke als eins der unterscheidenden Zeichen des Ritters (daher auf Grabmälern). Nach einem Gesetz vom Jahr 818 sollten Schwert und Falke im Besitz des Besiegten bleiben. Der Falke war auch das Feldzeichen Attilas.
In früherer Zeit wurden als Edelfalken hauptsächlich der im höhern Norden [* 26] vorkommende Jagdfalke (Falco gyrofalco L.) sowie der sehr weitverbreitete Wanderfalke (Falken peregrinus L.) und endlich der den Südosten Europas bewohnende Würgefalke oder Blaufuß (Falken laniarius Pall.) zur Beizjagd (Falknerei, Falkonerie) abgerichtet, und Ritter und Edelfrauen trugen ihre Lieblingsfalken auf der Faust. Hierzu wurden entweder die völlig flügge gewordenen Jungen aus den Horsten genommen, oder alte Vögel gefangen.
Man befestigte an ihren Füßen (Händen) schmale Lederriemen, Kurz- und Langfesseln und setzte ihnen eine die Augen bedeckende Kappe (Haube) auf. Durch Hunger und Schlaflosigkeit, welch letztere man durch unausgesetztes Schaukeln des Vogels in einem Tonnenreif verursachte, brachte man sie zuerst dahin, daß sie ruhig auf der linken mit einem starken Lederhandschuh bekleideten Faust, an der Fessel gehalten, saßen und nach abgehobener Kappe vorgehaltenes Fleisch kröpften (fraßen). Dann wurde der Falke daran gewöhnt, daß er nach der vorgehaltenen Atzung gestrichen kam und sich zum Kröpfen auf die Faust setzte. Zur Jagd wurde er dadurch abgerichtet, daß man ihn an einem an der Kurzfessel befestigten Faden [* 27] auf eine ¶
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an den Flügeln beschnittene Taube, später ohne Faden frei auf eine ungestutzte Taube stoßen ließ. War er so weit gebracht, daß er durch vorgehaltenes Fleisch oder durch die an eine Schnur gebundenen Flügel einer weißen Taube (Federspiel), unter dem Ruf »Hilo« angelockt, mit dem gefangenen Vogel auf die Faust gestrichen kam, so war er zur Jagd fertig abgerichtet (abgetragen).
Die Falkenjagd (Beizjagd) hatte deshalb einen besondern Reiz, weil die Damen sich daran mit Vorliebe beteiligten. Der Vogel, welcher vorzugsweise gern gebeizt wurde, und der deshalb auch zur hohen Jagd gehörte, war der Reiher. Die berittene Jagdgesellschaft ließ durch Stöberhunde Weiher und Gewässer mit Röhricht absuchen. Wenn diese einen Reiher aufthaten, wurde dem Jagdfalken die Kappe abgehoben, und sobald er die Beute gewahrte, ward er von der Faust auf dieselbe geworfen.
Der Reiher suchte nun dem Falken dadurch zu entgehen, daß er sich schraubenförmig immer höher erhob, damit ihn der Falke nicht übersteigen könne. Gelang dies dem letztern, so stieß er auf den Reiher und brachte ihn zu Boden. Öfters glückte es auch diesem, den herabschießenden Falken auf den ihm entgegengestreckten Schnabel zu spießen. Dem gebeizten Reiher pflegte man wohl um den rechten Ständer (Fuß) ein Silberplättchen zu legen, auf welchem Tag und Ort des Fanges eingraviert waren.
Außerdem wurden auch andre Vögel, namentlich Fasanen, Rebhühner etc., gebeizt. Die Jäger, welche das Abtragen und die Wartung der Falken zu besorgen hatten, hießen Falkeniere. Sie trugen ihre mit der Kappe bedeckten Beizvögel auf einem etwa 1½ m langen, 1 m breiten, leichten hölzernen Rahmen, an welchem diese angefesselt waren (der Falkentrage), und führten am Gürtel das Federspiel. Die Falkenjagd währte vom Dezember bis Juni. Ein gewöhnlicher Falke diente kaum drei Jahre.
Schon um 400 v. Chr. richteten die Inder ab. 75 n. Chr. jagten die Thraker mit Falken. Der Sohn des römischen Kaisers Avitus soll die Falkenbeize in Rom [* 29] eingeführt haben, von wo sie sich schnell weiter verbreitete. Karl d. Gr. regelte die Falkenjagd durch Gesetze und verbot sie allen Unfreien. Der deutsche Kaiser Friedrich I. richtete selbst ab, und Friedrich II. war der geschickteste Falkenier seiner Zeit und schrieb darüber ein lateinisches Buch (»De arte venandi cum avibus«, Augsb. 1596; mit andern Schriften hrsg. von Schneider, Leipz. 1788), welches von seinem Sohn, dem König Manfred, mit Anmerkungen versehen wurde. Um 1270 schrieb Demetrius, wahrscheinlich Arzt des griechischen Kaisers Michael Paläologos, ein Buch über die Falknerei (Par. 1612). Als in Frankreich die Geistlichen ihren Beruf über der Falkenjagd gar zu arg vernachlässigten und ihnen dieselbe von Konzilen verboten wurde, behaupteten doch die Barone ihr Recht, ihre Falken während des Gottesdienstes auf den Altar [* 30] zu setzen.
Franz I. von Frankreich, unter welchem die Falkenjagd ihre Glanzperiode feierte, hatte einen Oberfalkenmeister, unter welchem 15 Edelleute und 50 Falkeniere standen; die Zahl seiner Falken betrug 300. In Preußen [* 31] errichtete der Hochmeister Konrad von Jungingen 1396 beim Ordenshaus eine eigne Falkenschule. Die besten Falkeniere wurden in dem Dorfe Falkenwerth in Flandern gebildet; sie holten die Vögel aus Norwegen [* 32] und Island, [* 33] früher auch aus Pommern, [* 34] fingen auch viele in der Umgegend, behielten aber von den gefangenen meist nur die nicht über zwei Jahre alten Weibchen. Im 18. Jahrh. kam die Falkenbeize allmählich aus der Mode, und nur noch in England zu Bedford, und zu Didlington Hall [* 35] in der Grafschaft Norfolk hat sie sich bis in die neueste Zeit erhalten.
Auch im Loo, einem Landgut des Königs von Holland, wurde bis 1853 mit Falken gejagt. Am großartigsten ist die Falkenjagd von jeher in Mittelasien getrieben worden, und Marco Polo erzählt von 10,000 Falkenieren und Vogelstellern, welche ein Chan von Chiwa mit auf die Jagd nahm. Ebenso erzählt Tavernier von den zahlreichen Falken des Königs von Persien, [* 36] welche auch auf wilde Schweine, [* 37] wilde Esel, Antilopen, Füchse dressiert waren. Auch neuere Reisende fanden in Persien, Chiwa, bei Baschkiren und Kirgisen überall abgerichtete Falken, ebenso jagen die Inder und die Beduinen der Sahara noch heute mit Falken.
Vgl. Salvin und Brodrick, Falconry in the British isles (2. Aufl., Lond. 1873);
Freeman und Salvin, Falconry, its claims, history etc. (das. 1859);
Magaud d'Aubusson, La fauconnerie (Par. 1879);
Schlegel und Verster van Wulverhorst, Traité de fauconnerie (Leiden [* 38] 1845-53);
Faichtinger, Geschichte der Falkenjagd (Leipz. 1878).