[* 3]
(Steigkunst), 1833 von Dörell in
Zellerfeld erfundene Vorrichtung zur Erleichterung des Ein-
und Ausfahrens der
Bergleute aus tiefen
Gruben durch Anwendung von Maschinenkraft. Sobald die
Schächte über 200 m tief hinabgehen,
erwachsen der Grubenmannschaft durch das Ausfahren auf
Leitern
(Fahrten) ungewöhnliche Anstrengungen, welche sie früher »bergfertig«,
zu
Invaliden, machen und deren Arbeitskraft unnützerweise in Anspruch nehmen. Die Fahrkünste gewähren erfahrungsmäßig
großen Vorteil; wenn sie aber trotzdem nur beschränkte Anwendung gefunden haben, so sind daran die
bedeutenden
Kosten für die
Anlage und für die
Kraftmaschine schuld sowie auch das Erfordernis eines besondern
Trums
(Gestänges)
im
Schacht.
Man wendet deshalb statt derselben immer mehr das auf den englischen Steinkohlengruben übliche
Fahren auf demSeil
an, bei welchem die
Arbeiter ohne körperliche Anstrengung und sehr rasch, auf Förderschalen stehend, mittels der gewöhnlichen
Fördermaschine im
Schacht auf- und niedergeschafft werden. Die
Harzer sogen. doppeltrümigen Fahrkünste bestehen aus zwei
in etwa 53
cmEntfernung voneinander parallel laufenden Holzgestängen (Trümern) A und B (s. Figur), die
mit einem markartig eingesetzten
Drahtseil
[* 4] versehen sind oder auch ganz aus
Drahtseilen ohne Holzhülle
bestehen und von
oben bis unten in den
Schacht reichen. An jedem
Gestänge sind nach der Außenseite hin abwechselnd
Tritte,
a, b,
c,
d, e,
f, und
Griffe,
a', b',
c',
d', e',
f', in solcher
Entfernung angebracht, daß z. B. der auf den
Tritt a tretende Mann sich mit der linken
Hand
[* 5] bequem an dem
Griff a' festhalten kann.
Werden nun auf die später zu erwähnende
Weise die
Gestänge A und B abwechselnd auf und nieder bewegt, und geht beispielsweise
zuerst das
Gestänge A nach
oben, so wird der
Mann so hoch (etwa um 1,6 m) gehoben, daß der
Tritt a mit
dem
Tritt f des andern herabgehenden
GestängesB in gleiches
Niveau kommt. Während nun auf diesem
Punkte die
Gestänge kurze
Zeit stillstehen, tritt der Mann von dem
Tritt a auf den
Tritt f über, erfaßt mit der rechten
Hand gleichzeitig
den
Grifff' und wird dann von dem aufwärts gehenden
Gestänge B wieder um 1,6 m gehoben, um auf diese
Weise, abwechselnd hin-
und hertretend und -greifend, zu
Tage geschafft zu werden.
Soll gleichzeitig auf der
Kunst ein- und ausgefahren werden, so ist dieses durch passendes zeitweiliges Abtreten der
Mannschaften
auf neben der Fahrkunst befindliche Bretterböden
(Bühnen) zu
ermöglichen. Damit bei etwanigemReißen der
Gestänge
die
Stücke nicht zu tief fallen, sind erstere an verschiedenen
Stellen mittels
Ketten
(Schürzen) an
Balanciers aufgehangen.
Auch befindet sich zwischen den beiden
Gestängen eine
Fahrt zum jederzeitigen Abtreten von der Fahrkunst auf diese.
Bisweilen werden die
Gestänge, statt durch ein
Wasserrad, durch eine direkt wirkende
Dampfmaschine
[* 7] bewegt,
oder man wendet statt zweier
Gestänge nur eins an (eintrümige an welchem bewegliche
Tritte sich befinden, während feste
an den Seiten
(Stößen) des
Schachtes angebracht sind, beide auf Hubhöhe voneinander entfernt.
Vgl.
Serlo-Lottner, Bergbaukunde,
Bd. 2, S. 168 (Berl. 1873);
(Culpa), diejenige Handlungsweise, durch welche eine von dem Thäter nicht beabsichtigte Rechtsverletzung
herbeigeführt wird, die von ihm bei einer unter den vorliegenden Umständen vorauszusetzenden oder ihm besonders obliegenden
Aufmerksamkeit und Überlegung hätte vermieden werden können. Die regelmäßige
Folge einer derartigen fahrlässigen
Handlung
ist die Verpflichtung des Fahrlässigen zum
Ersatz des dadurch verursachten
Schadens (s.
Culpa). In manchen
Fällen erscheint die Rechtsverletzung aus Fahrlässigkeit jedoch so stark, daß die bloße privatrechtliche
Entschädigung des Verletzten
als genügend zur Sühne des begangenen Unrechts nicht zu betrachten, vielmehr eine öffentliche Bestrafung des Fahrlässigen
geboten ist.
Die moderne Strafgesetzgebung läßt jedoch eine kriminelle Bestrafung der Fahrlässigkeit nur
bei bestimmten
Vergehen zu, indem sie in Ansehung derselben eine fahrlässige
Übertretung der betreffenden Strafgesetze ausdrücklich
für strafbar erklärt. Mit
Recht ist in diesen
Fällen das Strafmaß ein weit geringeres als bei der entschieden strafwürdigern
Übertretung der Strafgesetze mit böswilliger Absicht. Als straferhöhendesMoment ist es im
Gesetz bezeichnet,
wenn der Thäter zu der
Aufmerksamkeit, die er fahrlässigerweise aus den
Augen setzte, vermöge seines
Amtes,
Berufs oder
Gewerbes
besonders verpflichtet war.
Nach dem deutschen
Reichsstrafgesetzbuch insbesondere sind es folgende
Vergehen, welche auch aus Fahrlässigkeit begangen werden können:
Meineid (§ 163),
Tötung (§ 222),Körperverletzung (§ 230),
Vollstreckung einer ungesetzlichen
Strafe
von seiten eines Beamten (§ 345), Fahrlässigkeit beim Entweichen eines Gefangenen (§ 121, 347), endlich die sogen.
gemeingefährlichen
Verbrechen, wie
Brandstiftung, Gefährdung eines Eisenbahntransports u. dgl.
(vgl. § 309, 314, 316, 318, 326 und 329). Bei den meisten
Polizeivergehen wird mit Rücksicht auf den
polizeilichen
Charakter derartiger Strafbestimmungen die fahrlässige
Übertretung ebensowohl wie die vorsätzliche
Verletzung der
Polizeigesetze bestraft.
Vgl.
Bruck, Zur
Lehre
[* 8] von der strafrechtlichen Fahrlässigkeit (Bresl. 1885).