Landtagsmarschall und
Oberburggraf von
Preußen.
[* 2] Er präsidierte 1855-58 dem Abgeordnetenhaus und war seit 1864 Mitglied des
Herrenhauses, seit 1867 auch im deutschen
Reichstag thätig. Im
September 1874 wurde er zum
Präsidenten der Staatsschuldenverwaltung
ernannt und starb
Der König belohnte ihn für sein treues Aushalten durch Ernennung zum
Domherrn von
Brandenburg.
[* 6] Nach 1866 hielt die öffentliche
Meinung ihn anfangs für einen Gegner der jetzt vonBismarck befürworteten Reformpolitik, jedoch irrtümlich.
Eulenburg widmete sich mit
Eifer der Einordnung der 1866 annektierten
Länder in das preußische Verwaltungssystem und begann auch 1872 die
seit langem geforderte Verwaltungsreform, von der die
Kreis- und Provinzialordnung für die östlichen
Provinzen, das
Gesetz
über die
Verwaltungsgerichte, die
Dotation der
Provinzen und das Kompetenzgesetz zur Ausführung kamen.
Allerdings machte Eulenburg wiederholt
Versuche, sich von dem Einfluß der liberalen
Majorität zu emanzipieren; auch ließ er sich
zu den
Reformen mehr drängen, als daß er selbst die
Initiative ergriffen hätte. Aber er hielt an dem von ihm gegebenen
Versprechen,
die
Reform durch eine
Städte- undGemeindeordnung zu vervollständigen
und sie auch auf die westlichen
Provinzen
auszudehnen, fest, und als
Bismarck dem seine Zustimmung versagte, forderte er seine Entlassung, die er erhielt.
Er starb in
Schöneberg bei
Berlin.
[* 7]
Vgl. die Sammlung seiner
Reden:
»Zehn Jahre innerer
Politik 1862 bis 1872« (Berl.
1872).
3) Botho,Graf, preuß.
Minister, geb. als Sohn von Eulenburg 1), studierte die
Rechte, ward
Landrat in
Deutsch-Krone und
war 1865-70 Vertreter dieses
Kreises im Abgeordnetenhaus und 1867 im norddeutschen
Reichstag, wo er zur konservativen
Partei
gehörte und sich durch seine gewinnende Liebenswürdigkeit die
Achtung aller
Parteien erwarb, so daß
er in einer
Session auch zum zweiten Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses erwählt wurde. Vom
GrafenFriedrich Eulenburg
als Hilfsarbeiter ins
Ministerium des Innern berufen, ward er bald vortragender
Rat, 1872 Regierungspräsident in
Wiesbaden,
[* 8] 1875 Bezirkspräsident
in
Metz,
[* 9] 1876
Oberpräsident in
Hannover
[* 10] und als Nachfolger seines
VettersMinister des Innern.
Seine erste Leistung war die Ausarbeitung und
Verteidigung des Sozialistengesetzes im
Reichstag im
Oktober 1878, welchem dann
die Fortführung der Verwaltungsreform folgte. Da Eulenburg hierbei mit dem
FürstenBismarck in
Konflikt geriet, nahm er im
Februar 1881 seine
Entlassung als
Minister und wurde nicht lange darauf zum
Oberpräsidenten der
ProvinzHessen-Nassau
[* 11] ernannt.
Albert,
Mediziner, geb. zu
Berlin, studierte seit 1857
Medizin in
Bonn
[* 12] und
Berlin, fungierte fast
vier Jahre als Assistenzarzt am Universitätskrankenhaus in
Greifswald,
[* 13] habilitierte sich während dieser Zeit und schrieb
»Die hypodermatische
Injektion
[* 14] der
Arzneimittel« (Berl. 1865, 3. Aufl. 1875),
welches Werk zur
Ausbildung dieser
Methode wesentlich beitrug. An den
Kriegen von 1864, 1866 und 1870 nahm Eulenburg als
Arzt thätigen
Anteil; 1866 siedelte er nach
Berlin über und widmete sich hier als
Privatdozent und in der
Folge als Assistenzarzt der medizinischen
Universitätspoliklinik wesentlich dem
Studium der
Nervenkrankheiten, die er sowohl auf dem Weg experimentalpathologischer
Forschung als klinischer
Beobachtung zu fördern bemüht war. Außer der durch
Griesinger angeregten
»Pathologie des Sympathicus«
(mit Guttmann, Berl. 1873) erschien als
Frucht dieser
Studien sein »Lehrbuch der funktionalen
Nervenkrankheiten« (das. 1871;
in 2.
Auflage als »Lehrbuch der
Nervenkrankheiten«, das. 1878). Als der Grundzug dieses Werkes
darf die angestrebte innige
Verbindung von Nervenphysiologie und Nervenpathologie, die Begründung der letztern auf experimenteller
Forschung und klinischer
Beobachtung gelten.
Seine Untersuchungen auf pharmakologischem Gebiet bewirkten 1874 seine
Berufung als
Professor der Arzneimittellehre und
Direktor
des pharmakologischen
Instituts nach
Greifswald, von wo er 1882 nach
Berlin zurückkehrte, um sich ausschließlich
der
Praxis und wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der
Nervenkrankheiten zu widmen. Hier gab er heraus: »Realencyklopädie
der gesamten
Heilkunde«
(Wien
[* 15] 1880-83, 13 Bde.; 2. Aufl. 1884 ff.);
ein
Glied
[* 16] des
Glatzer Gebirgssystems innerhalb der
Sudeten, zwischen der
Glatzer Neiße
und der obern
Weistritz, die Fortsetzung des
ReichensteinerGebirges, bildet einen schmalen, steil ansteigenden, meist stark
bewaldeten
Rücken von etwa 650 m
Höhe mit mehreren Gipfeln. Der höchste derselben ist die
HoheEule (1000 m hoch) bei
Wüstewaltersdorf
im
NW., ein langgestreckter Vorsprung von der Gestalt eines ungeheuern Grabhügels, der gegen W. steil
und kurz abfällt und nur auf der Nordseite unbewaldet ist.
Andre Gipfel sind: der
Sonnenstein (965 m), der Otterstein (871
m), die Hahnenkoppe bei
Silberberg (739 m).
Till, bekannter deutscher Schalksnarr, zu Kneitlingen bei
Schöppenstädt im Braunschweigischen gegen
Ende des 13. Jahrh. geboren, zog, von früher
Jugend auf lose
Streiche spielend, in der
Welt umher, erst im
Niedersächsischen
und
Westfälischen, dann auch in
Italien
[* 17] und in
Polen, wo er mit dem
Hofnarren des
KönigsKasimir d. Gr. einen Wettstreit hatte.
Er starb 1350 in
Mölln unfern
Lübeck,
[* 18] wo noch heute unter einer
Linde sein Leichenstein mit einem
Spiegel
[* 19] und einer
Eule zu sehen ist.
Da man aber auch zu
Damme in
Belgien
[* 20] einen Leichenstein mit Eulenspiegels
Namen fand, worauf 1301 als
sein Todesjahr angegeben ist, so kam man auf die
Vermutung, daß Eulenspiegel eine fingierte
Person sei. Indessen macht
eine
Stelle in der Hettlingschen Sassenchronik (1455 geschrieben) mehr als wahrscheinlich, daß der berühmte Schalksnarr
dieses
Namens wirklich 1350 in
Mölln an der
Pest starb, während der in
Damme verstorbene vielleicht der
Vater desselben
¶
mehr
war. Wenn nun auch die historische Existenz eines Eulenspiegel nicht abzuweisen ist, so ist doch das Volksbuch, welches seine Abenteuer
und Streiche überliefert, eine Sammlung schon längst bekannter heimischer und fremder Sagen und Schwänke, die zum Teil vom
PfaffenAmis und Pfaffen vom Kalenberg auf Eulenspiegel übertragen worden sind. Die ursprünglich niederdeutsche Fassung
des überaus häufig gedruckten Volksbuches ist nicht mehr vorhanden; aus ihr entstand die älteste hochdeutsche Bearbeitung,
welche vielleicht vonThomasMurner herrührt (zuerst Straßb. 1515, erst jüngst im BritischenMuseum entdeckt; Neudruck, Halle
[* 22] 1885; sodann Straßb. 1519; neue Ausgabe von Lappenberg, Leipz. 1854). Der nächstälteste Druck, etwa 1520-30,
ist kölnisch (nicht niedersächsisch), aus Servais Kruffters Offizin (photolithographische Nachbildung, Berl. 1865). Eine Bearbeitung
des Stoffes in Versen gab Fischart (»Der Eulenspiegel reimenweis«, Frankf. 1571). Übersetzt
wurde das Volksbuch ins Böhmische, Polnische, Italienische, Englische
[* 23] (als ein Miracle-play: »A merge fest of a man that was
called Howleglas«, bei W. Copland und in Farricks »Old plays«, Bd. 10),
ins Niederländische,
[* 24] Dänische,
Französische und Lateinische. Eine gute Erneuerung desselben veröffentlichte Simrock (»Ein kurzweilig Lesen von Till Eulenspiegel. Nach
den ältesten Quellen«, Frankf. 1878). Nachahmungen, die an den Namen und Charakter des Eulenspiegel anknüpfen, sonst aber ganz selbständig
auftreten, erschienen mehrere, so in neuester Zeit: »Till
Eulenspiegel, modernes Heldengedicht« von Böttger (Leipz. 1850) und »Till Eulenspiegel. Redivivus, ein Schelmenlied« von J. ^[Julius] Wolff (Berl.
1875). - Den Namen Eulenspiegel (l'Espiègle) trägt auch ein sehr seltenes Kupferblatt von Lucas van Leiden.