dreieckig-herzförmigem
Schleier, relativ langem, an der
Spitze des
Unterkiefers leicht ausgekerbtem
Schnabel, kleinen
Augen,
sehr großen
Flügeln, mittellangem
Schwanz, hohen, schwachen, spärlich befiederten, unten nur mit feinen Borstenfedern bekleideten
Füßen und langen, dünnen
Krallen, gehört die Schleiereule
(Flammen-,
Turm-,
Kirchen-,
Klag-, Schnarcheule,
StrixflammeaL.,
s. Tafel), 32
cm lang, 90
cm breit, auf der Oberseite dunkel aschgrau, mit sehr kleinen, schwarzen und
weißen Längsflecken, auf der Unterseite dunkel rostgelb, braun und weiß gefleckt; der
Schleier ist rostfarben, die
Schwingen
sind rostfarben, auf der Innenfahne weißlich, dunkler gebändert, auf der Außenfahne dunkel gefleckt, die Schwanzfedern
rostgelb, schwärzlich gebändert, an denSpitzen weißlich; das
Auge
[* 2] ist dunkelbraun, der
Schnabel rötlichweiß,
der
Fuß schmutzig blaugrau.
Sie lebt in
Mittel- und Südeuropa,
Kleinasien und Nordafrika in altem Gemäuer, hält sich am
Tag verborgen, jagt in der
Nacht
auf
Mäuse,
Spitzmäuse, kleine
Vögel,
[* 3]
Insekten,
[* 4] trägt oft bedeutende Vorräte zusammen, nimmt in der
Not auch
Aas an, hat eine widerliche, heiser kreischende
Stimme und nistet im April und Mai, aber auch noch im
Oktober und
November in
einem passenden
Winkel
[* 5] des Gemäuers, in
Holstein in der Giebelspitze großer
Scheuern, wo sie vom Landmann geschützt wird.
In der Gefangenschaft wird sie sehr zahm und ergötzt durch ihre merkwürdigen
Bewegungen und
Grimassen.
Bei den alten Griechen, namentlich in
Athen,
[* 6] galt die
Eule als ein der
Athene
[* 7] heiliger
Vogel und demnach als Verkünderin des
Glückes. Sie wurde hier stets neben dieser Schutzgöttin der Stadt abgebildet, und sowohl auf den athenischen als auf
den Kolonialmünzen nahm sie ihren Platz neben dem
Kopf der
Pallas ein (s. Tafel
»Münzen
[* 8] des
Altertums«,
[* 1]
Fig. 2). Wegen ihres Aufenthalts an einsamen
Orten und ihres nächtlichen Umherschweifens galt sie zugleich als
Symbol des
tiefen, unermüdeten
Studiums.
Die
Mythe läßt bei den Griechen die
Eule aus einer
Verwandlung der Nyktimene entstanden sein.
Da man in
Athen sehr viele Eulen
[* 9] hielt, so hieß das Sprichwort »Eulen nach
Athen tragen« s. v. w. etwas Unnötiges verrichten. Wegen ihres nächtlichen
Treibens erhielt die
Eule aber auch eine dämonische,
infernale Bedeutung, sie verkündet Unheil und den
Tod; verwünschte
Seelen müssen in Gestalt von Eulen umherirren. In der christlichen
Kunst ward die
Eule zum
Symbol der falschen
Weisheit und irdischen
Thorheit; ein
Kreuz
[* 10] auf dem
Kopf einer
Eule
bedeutet daher den
Sieg des
Kreuzes über die Feinde
Christi. Die
Stimme der Eulen hat zu vielen
Sagen von der wilden
Jagd Veranlassung
gegeben. Die Nachteulen saugen den
Kindern das
Blut aus (dieNacht nimmt der
Sonne
[* 11] die
Farbe) oder ersticken
sie (daher strix von stringere). Wegen seiner sonderbaren Gebärden ist der »närrische
Kauz« bekannt, und an das
Komische reiht sich das Neckische
(Eulenspiegel).
[* 9] (Eulenfalter,Nachtfalter,
Noctuina),
Familie aus der
Ordnung der
Schmetterlinge,
[* 12]
Falter von gewöhnlich kaum mittlerer
Größe und trüber, meist grauer oder brauner Färbung, mit langen, dünnen, borstenförmigen, beim
Männchen zuweilen gekämmten
Fühlern, großen
Augen, stets deutlichen Nebenaugen, stark entwickelter Rollzunge und
Tastern,
langen
Beinen, starken
Sporen an den
Schienen, in der
Regel glattem, anliegend behaartem
Körper und mäßig großen, in der
Ruhe
dachförmigen
Flügeln, von denen die vordern meist schmal und mit zwei deutlichen
Flecken versehen sind.
Sie halten sich am
Tag zwischen
Baumrinde,
in Mauerspalten, an der
Erde unter Blättern etc. versteckt und gehen bei einbrechender
Nacht ihrer Blütennahrung nach. Das Weibchen setzt während des lebhaften, schwirrenden
Flugs seine
Eier
[* 13] ab, und die meist
16füßigen und nackten
Raupen leben daher fast nie gesellschaftlich. Sie nähren sich meist von Kräutern
und verpuppen sich unter der
Erde, seltener zwischen Blättern. Die überall verbreitete
Familie umfaßt bis jetzt 2500
Arten. 1.
Gruppe:
Spinnenartige Eulen (Bombycoidea), meist pelzig oder wollig behaarte, träge
Falter und spinnerartige, haarige
Raupen.
Die Aprikoseneule (kleine
Pfeilmotte,
AcronyctatridensL.), 37
mm breit, mit bräunlichgrauen, schwarz
gezeichneten Vorderflügeln und weißgrauen Hinterflügeln, durch deren Mitte eine verwischte dunklere Bogenlinie geht, legt
im Juni, Juli ihre
Eier an Obstbäume, welche von der schwarzen, mäßig dicht behaarten, gelb, weiß und rot gezeichneten, 35
mm
langen
Raupe bisweilen entblättert werden. Die braunePuppe überwintert in dichtem
Gewebe
[* 14] an Baumstämmen.
Der
Blaukopf
(Brillenvogel,
DilobacoeruleocephalaL.), 40
mm breit, graubraun mit drei weißgrünen, zusammenfließenden
Flecken
auf den Vorderflügeln und grauen, am
Innenwinkel fleckig braunen Hinterflügeln, legt im
Herbst seine überwinternden
Eier
einzeln an Obstbäume. Die
Raupen befressen die
Knospen
[* 15] und richten oft großenSchaden an; sie sind gelbgrün,
blaßgelb gestreift, warzig, einzeln behaart, mit bläulichem, schwarz geflecktem
Kopf, und spinnen sich im Juni an
Mauern,
Zäunen, Baumstämmen ein. Der
Schmetterling
[* 16] erscheint Ende
September u. später.
2.
Gruppe: Eigentliche Eulen (Noctuae genuinae), glatt behaarte, lebhafte und scheue
Falter, meist ganz nackte
Raupen. Die Ackereule
(Wintersaateule,
AgrotissegetumFab.), 48
mm breit, mit licht gelbbraunen, grau gefleckten Vorderflügeln
und weißen, bestäubten Hinterflügeln, findet sich in ganz
Europa,
[* 17] einem großen Teil
Asiens, in Südafrika
[* 18] und
Nordamerika,
[* 19] fliegt bei uns vom Mai bis
November und legt ihre
Eier an Pflanzenabfälle oder am
Boden liegende
Blätter; die kahle, erdfahle,
reichlich mit
Grau und etwas
Grün gemischte, stark glänzende
Raupe findet sich vom Juli bis April, überwintert ziemlich erwachsen,
thut des
Nachts auf Samenbeeten aller Art und auf den
Feldern
(Getreide,
[* 20] Ölsaaten,
Rüben,
Kartoffeln, Fichtensaaten) großen
Schaden, hält sich am
Tag an oder in der
Erde verborgen (daher
Erdraupe, Wurzelraupe) und verpuppt sich im
April in einem zerfallenden Erdkokon.
Neben diesen werden noch mehrere andre Ackereulen den
Saaten in ähnlicher
Weise verderblich, indem sie nicht die feinen
Wurzeln
fressen, sondern die jungen
Pflanzen über der
Wurzel
[* 21] teils von unten, teils von
oben angreifen und in
Rüben u.
KartoffelnLöcher,
wie der
Engerling, machen. Die
Hausmutter (Sauerampfereule,
TriphaenapronubaL.), 60
mm breit, auf den Vorderflügeln
graubraun, lichtgrau gefleckt, mit hellgrauer innerer Makel, auf den Hinterflügeln orangegelb mit schwarzbrauner Randbinde,
fliegt im Juni, Juli, sitzt oft in
Häusern verborgen, legt ihre
Eier an
Sauerampfer,
Salat,
Aurikeln,
Veilchen,
Levkojen,
Kohl.
Die oberseits graubraune, unterseits hellere, mit hellern und dunklern
Linien gezeichnete
Raupe richtet
besonders in Gemüsegärten und an
AurikelnSchaden an und verpuppt sich im
Mai in einem zerbrechlichen
Kokon in der
Erde. Die
Kohleule
(Herzwurm,
MamestrabrassicaeL.), 40
mm breit, mit dunkelbraunen, gelb und schwarz gescheckten Vorderflügeln und
weißlichem Nierenfleck auf denselben,
¶
mehr
gelblich graubraunen Hinterflügeln mit hellem Wisch vor dem Innenwinkel; starkem, doppeltem Kamm auf dem Mittelrücken und
krallenartigem Dorn am Ende der Vorderschienen, findet sich im Mai und dann Ende Juli und August und legt ihre Eier an Kohlarten,
Salat, Küchengewächse; die Raupe ist grün oder braungrün mit dunklerm Rückenstreif, verwüstet im
September und Oktober die Kohlköpfe, frißt sich bis ins Herz derselben ein und geht auch Georginen an. Die Puppe der zweiten
Generation überwintert in der Erde.
40 mm breit, auf den Vorderflügeln rostbraun, mit großem Ring-
[* 23] und Nierenfleck und einem
aus der Mitte der Flügelwurzel entspringenden schwarzen Strahl sowie glänzend gelbbraunen, saumwärts und auf den Rippen
dunklern Hinterflügeln, am Vorder- und Hinterrand des Mittelrückens mit zwei geteilten Schöpfen, legt Ende Mai und Juni
ihre Eier an Gräser
[* 24] und wird bisweilen dem Roggen und Weizen verderblich, indem sich die jungen Raupen in
die noch weichen Körner einfressen und die erwachsenen, überwinternden noch in der Scheune die Körner zerstören.
Die Raupe ist graubraun, wenig glänzend, auf dem Rücken weiß gezeichnet, mit rotbraunem Nackenschild und roter Afterklappe,
und verpuppt sich im Mai. Die Graseule (CharaeasgraminisL.), 32 mm breit, mit olivengrünlichen, sehr
veränderlich gezeichneten Vorder- und gelblich grauen, nach der Wurzel hin hellern Hinterflügeln, legt im Juli, August ihre
Eier an den Grund der Grasstengel oder Blätter. Die glänzend graubraune Raupe verwüstet die Wiesen besonders in Nordamerika
und Skandinavien, aber auch in Norddeutschland, überwintert, setzt im Frühjahr ihr Zerstörungswerk fort und verpuppt
sich im Juni flach unter der Erde.
Die Raupe der Leucaniaertranea Ochsenh.
(amerikanischer Heerwurm) verheert in NordamerikaWiesen und wandert, wenn diese kahl gefressen, in dicht gedrängten Scharen,
oft in drei Schichten übereinander, auch auf Roggen-, Mais- und Sorghumfelder. Die Eule setzt ihre Eier im Juni und Juli an
Grashalme, und man brennt deshalb im Spätherbst die trocknen Grasstoppeln ab, um die überwinternden Eier zu zerstören.
Die Kieferneule (Forleule, TracheapiniperdaEsp., s. Tafel »Schmetterlinge II«),
37 mm breit, mit porphyrrotem Kopf, Thorax und
Vorderflügeln, sehr bunt und veränderlich, zuweilen blässer bis grünlichgrau, mit weißlichen Makeln, am Hinterrand gelblich,
mit dunkelbraunem Hinterleib und Hinterflügeln, fliegt vom März bis Mai und legt ihre Eier an Kiefernadeln. Die schlanke,
grüne, weiß und orange gestreifte Raupe findet sich im Juni und Juli in Kieferbeständen, greift den Maitrieb an, bohrt sich
auch tief in denselben hinein, spinnt in der Jugend mehrere Nadeln
[* 25] zusammen und frißt die Nadeln von der
Spitze bis zur Scheide oder diese auch mit. Sie verpuppt sich im Juli unter Moos, Streu oder in der Erde ohne Gespinst. Die Puppe
überwintert. Die Kieferneule hat wiederholt bedeutende Verheerungen angerichtet.
3. Gruppe: Spannerartige Eulen (Noctuae geometriformes), Falter mit breiten, großen Flügeln, Raupen mit verkümmerten
vordern Bauchfüßen. Die Feldulmeneule (Cosmiadiffinis Ochsenh.,
s. Tafel »Schmetterlinge II«),
25 mm breit, mit zwei großen, weißen Flecken am gelbgrauen Vorderrand, welche in zwei Querlinien
auslaufen, von denen die hintere stark gebrochen ist. Die gelbgrüne, weiß liniierte Raupe, mit schwarzbraunem Kopf und braunem
Nackenschild, lebt auf Rüstern. Die Ypsiloneule (Gamma, Pistolenvogel, PlusiagammaL.), 42 mm breit, mit
graubraunen, dunkel marmorierten, metallisch schimmernden Vorderflügeln, auf denen ein silber- oder messingfarbenes γ oder
y, hellbraunen, an der Saumhälfte bindenartig dunklern Hinterflügeln, auf dem Thorax mit zierlichem Schopf und auf dem Hinterleib
mit aufgerichteten, dunklern Haarbüscheln, findet sich in Europa, Asien
[* 26] bis Japan,
[* 27] in Nordafrika, Grönland,
Nordamerika, fliegt zu jeder Tageszeit vom Frühling bis Herbst und legt ihre Eier an alle krautigen Pflanzen (nicht an Gräser).
Die grüne, weiß und gelb gestreifte, schwach borstenhaarige Raupe frißt auch am Tag, richtet bisweilen an Flachs, Hanf, Raps,
Kohl, Erbsen und ZuckerrübenSchaden an und überwintert und verpuppt sich in einem losen, wolligen Gespinst
an irgend einer Pflanze. Bisweilen überwintert auch der Schmetterling, und im Jahr scheinen drei Generationen vorzukommen.
Über die GattungCatocala Ochsenh. s.
Ordensband. Als Gegenmittel bei Verwüstungen durch Eulenraupen bleibt nichts übrig als Beachtung der Lebensweise der Tiere,
Absuchen besonders mit der Laterne und Benutzung des Umstandes, daß sich manche gern herabfallen lassen, sobald sie gestört
werden. Schlupfwespen stellen den meisten stark nach; auch werden sie von Vögeln und Insektenlarven angegriffen.
Vgl. Guenée,
Species général des lépidoptères, Bd. 5-7 (Par.
1852).