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um die Allianz zwischen Österreich [* 2] und England womöglich noch aufrecht zu erhalten. Die Königin empfing ihn aufs gnädigste und beschenkte ihn mit einem kostbaren Degen, auch die Minister überhäuften ihn mit Aufmerksamkeiten aller Art; den Zweck seiner Reise aber erreichte er nicht, vielmehr wurden seine Operationen durch die zweideutige Haltung der Engländer nach Abberufung Marlboroughs gelähmt. Am wurden zu Utrecht [* 3] die Verträge, wodurch sich Frankreich mit England, Holland, Savoyen, Portugal [* 4] und Preußen [* 5] aussöhnte, unterzeichnet.
Obgleich der Kaiser beschloß, den Krieg allein fortzuführen, mußte doch Eugen selbst bei der matten Haltung des Deutschen Reichs zuletzt zum Frieden raten, welcher auch von Eugen und Villars zu Rastatt [* 6] für den Kaiser und 7. Sept. d. J. zu Baden [* 7] in der Schweiz [* 8] für das Reich abgeschlossen wurde. Der Kaiser ernannte Eugen zum Statthalter in den nun österreichischen Niederlanden. Als bald darauf (1715) die Pforte den Karlowitzer Frieden brach, führte Eugen (1716) 64,000 Mann gegen den türkischen Großwesir Ali, welcher mit 150,000 Mann gegen Peterwardein heranrückte. Die Schlacht endete mit der vollständigen Niederlage der Türken, die Beute der Sieger war unermeßlich.
Vom Papst erhielt der Sieger von Peterwardein den geweihten Hut [* 9] und Degen. Im Juni 1717 begann Eugen die Belagerung des von 30,000 Türken besetzt gehaltenen Belgrad [* 10] und schlug (16. Aug.) das weit überlegene türkische Entsatzheer, worauf Belgrad sich ergab. Semendria, Schabatz, Orsova u. a. O. fielen bald darauf ebenfalls. Am wurde der Passarowitzer Friede auf 25jährigen Waffenstillstand unterzeichnet, wodurch Belgrad, der größere Teil von Serbien, [* 11] ein Teil Bosniens und die Kleine Walachei bis an die Aluta an Österreich kamen. Indes fand der Mann, der das Reich gegen die Türken gesichert, dem Kaiser weit über 60,000 qkm Landes erobert und Ungarn [* 12] wiedergegeben hatte, in Wien [* 13] eine starke Gegnerschaft, namentlich an der spanisch-italienischen Hofpartei, die jedoch seinen tonangebenden Einfluß in allen großen Fragen nicht zu lähmen vermochte. Als Generalstatthalter der Niederlande [* 14] (bis 1724) nahm er an dem Emporkommen der Ostindischen Kompanie lebhaften Anteil.
Beim Ausbruch des polnischen Erbfolgekriegs übernahm der 71jährige Held 1734 die Führung des Reichsheers, ward jedoch, ehe es zum wirklichen Schlagen kam, 1734 abgerufen und durch den Herzog Alexander von Württemberg [* 15] ersetzt. Nach Wien zurückgekehrt, starb er plötzlich Eugen war kaum mittlerer Größe und mager; in dem länglichen, stark gebräunten Gesicht [* 16] traten besonders die lange Nase [* 17] und die schwarzen, lebhaften Augen hervor. Er war nie verheiratet. Er diente drei Kaisern, doch unter wesentlich veränderten Beziehungen, die angeblich durch sein Wort: »Leopold war mein Vater, Joseph mein Bruder, Karl mein Herr« bezeichnet sind.
Sein Wahlspruch war: Österreich über alles! Seine Feldherrntalente und seine Kriegsthaten haben ihm den höchsten Ruhm erworben;
nicht minder groß war er als Staatsmann und Diplomat.
Durch die endgültige Zurückdrängung der Türken und die Siege über Frankreich hat er einen maßgebenden Einfluß auf den Gang [* 18] der Weltgeschichte ausgeübt. Von seinen Soldaten wurde er vergöttert. Auch für Kunst und Wissenschaft hatte er lebhaftes Interesse. Er sammelte in Wien die erste Prachtbibliothek, unterhielt mit Montesquieu und Leibniz einen lebhaften Briefwechsel über philosophische und staatsrechtliche Gegenstände, war ein Gönner des französischen Dichters Jean Baptiste Rousseau und bearbeitete in einzelnen Zuschriften an Marlborough, Stanhope, Villars u. a. Gegenstände der Kriegskunst.
Von seinem Kunstsinn zeugen sein Schloß Belvedere nebst der Gemäldegalerie sowie die Beziehungen zu Kardinal Albani und Jeanne Mariette; desgleichen für sein wissenschaftliches Interesse die Gönnerschaft für den neapolitanischen Historiker Pietro Giannone. Ein Denkmal (von Fernkorn) wurde ihm 1865 zu Wien errichtet. Die angeblich von Eugen verfaßten politischen Schriften, herausgegeben von Sartori (Tübing. 1812, 7 Tle.), sind eine Fälschung. Die »Militärische Korrespondenz des Prinzen Eugen« wurde von Heller herausgegeben (Wien 1848, 2 Bde.).
Vgl. Dumont, Histoire militaire du prince Eugène (fortgesetzt von Rousset, Haag [* 19] 1823-29, 2 Bde.);
Kausler, Leben des Prinzen Eugen von Savoyen (Freiburg [* 20] 1838-39, 2 Bde.);
Arneth, Prinz Eugen von Savoyen (Wien 1864, 3 Bde.);
»Die Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen, nach den Feldakten herausgegeben von der kriegsgeschichtlichen Abteilung des k. k. Generalstabs« (das. 1877-1882, Bd. 1-8).
6) Eugen Friedrich Heinrich, dritter Sohn des Herzogs Friedrich Eugen von Württemberg, geb. 1758, trat früh in preußische Dienste, [* 21] avancierte zum General der Kavallerie, befehligte als solcher 1806 die Reservearmee und ward 17. Okt. d. J. bei Halle [* 22] von Bernadotte geschlagen. Nach dem Frieden nahm er den Abschied und starb in Meiningen. [* 23]
7) Eugen Friedrich Karl Paul Ludwig, Herzog von Württemberg, Sohn des vorigen, geb. zu Öls, [* 24] trat früh in russische Kriegsdienste, wurde vom Kaiser Paul auffallend bevorzugt, war schon 1805 Generalmajor und nahm an den Feldzügen von 1806-1807 in Ostpreußen [* 25] und 1810 in der Türkei [* 26] teil. 1812 kommandierte er die 4. Division des 2. Armeekorps, wurde auf dem Schlachtfeld von Smolensk zum Generalleutnant befördert und zeichnete sich bei Borodino, beim Überfall von Tarutino, bei Krasnoi und als Kommandant des 2. Armeekorps bei Kalisch [* 27] aus. In der Schlacht bei Lützen [* 28] deckte er den Rückzug der Armee, verteidigte während der Schlacht bei Bautzen [* 29] 20. Mai die Stadt, warf 21. Mai bei Rischen den Angriff Macdonalds zurück und sicherte am 22. durch Besetzung des Töpferbergs bei Reichenbach [* 30] den Übergang der Armee bei Görlitz. [* 31] Nach dem Waffenstillstand befehligte er unter Wittgenstein, blockierte den Königstein, hielt bei Kulm der überlegenen Macht Vandammes stand (denn Eugen, nicht Ostermann gebührt das Verdienst dieses Tags) und kommandierte bei Leipzig [* 32] 16. Okt. die zweite Angriffskolonne, die bei Wachau in heldenmütiger Ausdauer furchtbare Verluste erlitt und 18. Okt. den letzten Angriff auf Probstheida vollführte. Im Feldzug von 1814 nahm er an den Treffen bei Bar sur Aube, wo er den linken Flügel Oudinots umging und zurückwarf, bei Arcis sur Aube und besonders bei Paris [* 33] bedeutenden Anteil.
Trotz seines überlegenen Feldherrntalents wurde er infolge mannigfacher Ränke zurückgesetzt und erhielt, obwohl zum General der Infanterie ernannt, kein selbständiges Kommando. In dem Feldzug gegen die Türken (1828) befehligte er unter Diebitsch das 7. Armeekorps. Nach dem Frieden von Adrianopel vom aktiven Dienst entbunden, lebte er meist auf der Herrschaft Karlsruhe [* 34] in Schlesien, [* 35] wo er starb. Er verfaßte außer den »Erinnerungen aus dem Feldzug des Jahrs 1812 in Rußland« (Bresl. 1846) auch Memoiren, welche erst ¶
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nach seinem Tod vom General v. Hobe herausgegeben worden sind (Frankf. a. O. 1862) und sehr interessante Details für die Geschichte der Jahre 1807-1814 wie für die innern Verhältnisse des russischen Heers und Hofs darbieten. Neuerlich wurde auch die »Nachgelassene Korrespondenz zwischen dem Herzog Eugen von Württemberg und dem Chef seines Stabes, Hofmann, 1813-14« (Kannst. 1883) von Hofmann-Chappuis herausgegeben.
Vgl. v. Helldorf, Aus dem Leben des Prinzen Eugen von Württemberg (Berl. 1861-62, 4 Bde.). -
Eugens einziger Sohn aus erster Ehe war Herzog Eugen Wilhelm Alexander Erdmann, geb. erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses, preußischer General der Kavallerie, gest. zu Karlsruhe in Oberschlesien; der Sohn desselben, Herzog Eugen Wilhelm August Georg, geb. württembergischer Major, vermählt 1874 mit der Großfürstin Wjera von Rußland, Tochter des Großfürsten Konstantin, starb Der älteste von Eugens Söhnen zweiter Ehe, der am geborne Herzog Wilhelm Nikolaus, österreichischer Feldzeugmeister, zeichnete sich im deutsch-dänischen Krieg 1864 bei Översee aus und ist kommandierender General in Lemberg. [* 37]