vergleichende und historische Durchforschung des gesamten Wortschatzes der indogermanischen Sprachen, namentlich die genaue
Beobachtung des Lautwandels, hat die Erkennung allgemein gültiger Grundsätze der Etymologie und die Ermittelung des Ursprungs der
meisten wichtigern Wörter in den indogermanischen Sprachen ermöglicht. Die beste Zusammenstellung der so erzielten Resultate
findet sich in G. Curtius' »Grundzügen der griechischen Etymologie« (5. Aufl.,
Leipz. 1879) und in Ficks »Vergleichendem Wörterbuch der indogermanischen Sprachen« (3. Aufl., Götting. 1874-76, 4 Bde.).
Vgl.
Sprache und Sprachwissenschaft.
Auch auf andern Sprachgebieten wird jetzt die Etymologie nach den gleichen wissenschaftlichen Grundsätzen
getrieben.
Unter dem zuerst von Förstemann gebrauchten Ausdruck Volksetymologie versteht man jetzt allgemein die Assimilation
oder Zurechtlegung oder Umdeutung eines für das Sprachgefühl des Volkes nicht mehr unmittelbar verständlichen Wortes, wodurch
dasselbe einem andern scheinbar verwandten Wort angenähert wird. Bei deutschen Wörtern pflegt man diesen sprachlichen Vorgang
als Umdeutschung zu bezeichnen. So machten im letzten deutsch-französischen Krieg deutsche Soldaten aus Mont
Valérien »Bulrian« oder »Baldrian«, aus Mairie »Marie«, aus Mars la Tour »Marsch Retour«.
Viele dieser Umdeutschungen haben sich längst in der Sprache eingebürgert, wie z. B. das allerdings auf einem Mißverständnis
beruhende Wort »Sündflut« statt Sintflut oder Sinflut (»große Flut«),
»Maulwurf« für Moldwurf (Molt, »Erde«),
»Armbrust« für
das mittellateinische arcubalista, »Friedhof« für Freithof, »Felleisen« für das französische valise
etc. Übrigens gibt es von der Volksetymologie, in England »popular mythology« genannt, auch in andern Sprachen zahlreiche Beispiele,
z. B. lat. Hibernia, Name von Irland, s. v. w. die winterliche Insel, umgedeutet aus dem irischen Namen Erin;
Honorius (»ehrenwert«)
aus dem germanischen Hunjareiks;
franz. parbleu aus par dieu;
engl. crawfish (an fish, »Fisch«, angelehnt)
aus franz. écrevisse (»Krebs«) u. dgl.
Vgl. Andresen, Über deutsche Volksetymologie (4. Aufl., Heilbr. 1883).
ein Berg der schweizer. Voralpen, sowohl Gipfel (Hoch-Etzel, 1102 m) als Paß (960 m), letzterer einer der frequentiertesten
Zugänge des Wallfahrtsorts Einsiedeln (881 m), nämlich von Rapperswyl (410 m) und überhaupt der nordöstlichen
Schweiz aus. Zu der auf der Höhe des Übergangs stehenden St. Meinradskapelle werden jährlich Prozessionen gehalten.
Der nahe
Sihlübergang wiederholt den Namen der berühmten Urner Teufelsbrücke (833 m).
der berühmte König der Hunnen im Nibelungenlied, Gemahl der Helche (Herche, Erka), die ihm
zwei Söhne gebar, welche in der Ravennaschlacht fielen, sodann der Königin Kriemhild von Burgund, Auf der letztern Veranlassung
ladet er arglos deren Brüder (die Mörder Siegfrieds) an seinen Hof und wird gegen seinen Willen in die grausigen Rachekämpfe
mit diesen hineingerissen, welche der letzte Teil des Nibelungenlieds schildert. Über Etzels Tod weiß
die Fortsetzung des Gedichts, die »Klage«, nichts Bestimmtes zu berichten; doch scheinen dem Dichter derselben zwei Sagen vorgeschwebt
zu haben, nach welchen Etzel entweder erschlagen ward, oder sich in der Höhlung einer Steinwand verschlüpfte.
Die deutsche Sage trifft mit der nordischen Atlisage in der Edda und der Volsunga-Saga an vielen Punkten
zusammen, nur daß hier der Vorfall umgekehrt dargestellt wird. Etzel, hier Atli genannt, ladet die Mörder Siegfrieds (hier Sigurd)
in böser Absicht ein, um ihren Schatz, den Nibelungenhort, zu erlangen, und läßt sie niedermachen, wird aber zur Rache von
seiner Gattin, der Schwester der Erschlagenen (hier Gudrun genannt), getötet. Nach einer der Gestaltungen
der Rosengartensage wird König Etzel von dem König Gibich aufgefordert, mit zwölf Helden in den Rosengarten zu Worms zu kommen,
zieht darauf zu Dietrich von Bern und mit diesem an den Rhein, besiegt hier Gibich, gibt ihm zwar die Krone zurück, zwingt
ihn aber zur Dienstbarkeit.
Nach dem Biterolfslied gibt Etzel Biterolf und dessen Sohn Dietleib sein Heer, um die von den Burgunden Günther, Gernot und Hagen
erlittenen Unbilden zu rächen. Berühmt ist in der Heldensage der Beistand, den Etzel durch sein Heer Dietrich von Bern gegen den
Kaiser Ermenrich leistet; dagegen erficht auch Etzel durch Dietrichs Beistand Siege, namentlich gegen Osantrix,
gegen Waldemar und dessen Sohn. Den Dichtern der deutschen Heldensage schwebte Etzel als König von Ungarn vor, als dessen Hauptstadt
man sich Etzelburg dachte; zugleich stellte man ihn als den mächtigsten Herrscher seiner Zeit dar. Wenn er zu Tisch ging,
trugen bei ihm 13 Könige ihre Kronen. Diese Züge weisen auf den geschichtlichen Attila als den Ausgangspunkt
der Sage.
1) Franz August von, Ingenieur und Geograph, geb. 19. Juli 1783 zu Bremen aus einer alten irischen Adelsfamilie (O'Ethel),
studierte in Berlin und Paris Naturwissenschaften, machte im Hauptquartier Blüchers die Feldzüge von 1813 bis 1815 mit,
arbeitete nach dem Krieg in der Landesvermessung und ward 1820 dem preußischen Großen Generalstab beigegeben sowie bald darauf
zum Lehrer an der Kriegsschule in Berlin ernannt. Seit 1842 den Namen Etzel führend und seit 1847 preußischer Generalmajor, starb
er 25. März 1850 in Berlin. Seine Hauptwerke sind: »Erdkunde« (Berl. 1817-22, 3 Bde.);
»Atlas von hydrographischen Netzen« (2. Aufl., das. 1820);
»Terrainlehre« (4. Aufl., das.
1862);
»Karten und Pläne zur allgemeinen Erdkunde« (mit K. Ritter, das. 1825-43).
Etzel hat sich auch um die Einführung des elektromagnetischen
Telegraphen Verdienste erworben. - Sein Sohn Anton, geb. 29. April 1821 zu Berlin, machte größere Reisen im Orient,
in Skandinavien und Italien und bearbeitete und übersetzte dänische, schwedische und andre geographische Werke ins Deutsche.
Als selbständige Schriften erschienen von ihm: »Die Ostsee und ihre Küstenländer« (Leipz. 1859);
»Grönland, geographisch
und statistisch beschrieben« (Stuttg. 1860) und »Vagabundentum
und Wanderleben in Norwegen« (Berl. 1870).
Er starb 9. Dez. 1870 in Berlin.
2) Eberhard von, Wegebaumeister, geb. 15. Dez. 1784 zu Stuttgart, wurde 1807 zum Weginspektor, 1808 zum Oberweginspektor ernannt
und baute unter anderm die 15 km lange Gebirgsstraße von Münsingen nach Ehingen und die aus zwei Hängewerken von je 30 m
Weite bestehende, bedeckte hölzerne Neckarbrücke in Heilbronn. 1810 aus dem Staatsdienst entlassen, erwarb
er sich in Württemberg eine große Praxis im Zivilbauwesen, trat jedoch 1817 in das Oberbaukollegium, wobei er die vorzügliche
Trace der neuen Gebirgsstraße von Seeburg nach Münsingen ermittelte. Nach Auflösung jenes Kollegiums (1819) verblieb er als
technischer Rat im Ministerium des Innern und reorganisierte hierbei das Straßen- und Brückenbauwesen
Württembergs. Unter den von ihm bewirkten Ausführungen sind die 1822-30 angelegte Gebirgsstraße »Weinsteige«
bei Stuttgart und die 1827-32 ausgeführte Ludwig-Wilhelmsbrücke über die Donau
mehr
in Ulm, die Brücken über die Enz bei Besigheim und über den Neckar bei Kannstatt hervorzuheben. Auch lieferte er den Erweiterungsplan
von Stuttgart. Er starb 30. Nov. 1840. Unter die litterarischen Leistungen Etzels gehören die Normalentwürfe hölzerner Brücken
nebst der sie begleitenden Instruktion.
3) Friedrich August von, preuß. General, Bruder von Etzel 1), geb. 16. Okt. 1808, widmete sich erst in Berlin dem
Studium, trat nach ausgedehnten Reisen 1826 in das Gardeschützenbataillon und wurde 1842 Hauptmann im Generalstab, in dem er
bis 1856 zum Obersten befördert wurde. Im dänischen Krieg 1849 war er Generalstabschef einer Division, 1866 in Böhmen befehligte
er als Generalleutnant die 16. Division der Elbarmee. Darauf wurde er Direktor der Kriegsakademie, 1870 stellvertretender Kommandeur
des 9. Armeekorps, 1871 Gouverneur von Stettin und nahm 1874 als General der Infanterie seinen Abschied. 1873 vom Wahlkreis Minden
in den Reichstag gewählt, schloß er sich der nationalliberalen Partei an, bei den Wahlen 1877 unterlag
er seinem konservativen Gegner.
4) Karl von, Architekt und Eisenbahningenieur, Sohn von Etzel 2), geb. 6. Jan. 1812 zu Heilbronn, trat in das Büreau seines Vaters
und begab sich 1835 nach Paris, wo er sich bald an dem von Clapeyron geleiteten Bau der Bahn von Paris nach
St.-Germain beteiligte. 1839 siedelte er nach Wien über, wo er an der Wien-Gloggnitzer Bahn mit arbeitete und außer mehreren
Privatbauten in Wiens Umgebung das Dianabad baute. 1843 wurde er nach Stuttgart berufen und führte die Bahnbauten mit Einschluß
der Untertunnelung des Rosensteins, der Herstellung des Bahnhofs von Stuttgart, der sogen. Geißlinger Steige
(mit einem Gefälle von 1:40) sowie des Viadukts bei Bietigheim aus. 1853 folgte er einem Ruf in die Schweiz, wo er das neue Bankgebäude
zu Basel
errichtete und die Bauten der Schweizerischen Zentralbahn leitete, darunter die eisernen Viadukte über die Saane bei Freiburg
und
über die Aare bei Bern.
1857 trat Etzel als Baudirektor an die Spitze der österreichischen Kaiser Franz-Josephs-Orientbahn
und ward 1859 Baudirektor der Österreichischen Südbahngesellschaft, welche unter anderm den Bau der Brennerbahn aufnahm.
Die von Etzel projektierte Trace dieser Bahn, welche, im Gegensatz zu andern ausgeführten Gebirgsbahnen, mit möglichster Vermeidung
kostspieliger Kunst- und Tunnelbauten die höchste Wasserscheide ohne Tunnel überschritt, gilt als bahnbrechendes
Meisterwerk. Er starb 2. Mai 1865 in Kemmelbach bei Linz. Etzels Veröffentlichungen über die von ihm ausgeführten Eisenbahnbauten
bilden noch heute als Muster der Anordnung und Konstruktion; auch war er Mitbegründer der »Deutschen Eisenbahnzeitung« (1843
ff.).