dessen
Formel lautet:
Folge der
Vernunft, d. h. handle so, daß die
Maxime deines
Wollens fähig sei, als allgemeines
Gesetz zu
dienen. Von seinen Nachfolgern vertauschte der realistische
(Herbart) die Form des unbedingten
Gebots mit jener des unbedingten
Beifalls oder Mißfallens, welche die praktische
Vernunft (das
Gewissen, der sittliche
Geschmack) über
das
Wollen ausspricht, dasselbe dadurch für sittlich oder unsittlich erklärend. Die idealistischen
(Fichte
[* 2] und seine Nachfolger)
verlegten das
Ideal des
Willens, welches
Kant in dessen Gesetzmäßigkeit gefunden hatte, in die
Freiheit desselben, so daß
schlechthin freies und sittliches
Wollen für eins gelten sollten.
(Äthicus), griech. Geograph aus
Istrien,
[* 5] verfaßte in der zweiten Hälfte des 4. Jahrh.
n. Chr. eine dürftige
und verwirrte Weltbeschreibung, welche in lateinischer Übersetzung im
Mittelalter sehr gebraucht war.
Ausgaben besorgten
Wuttke (Leipz. 1854) und d'Avezac (Par. 1852).
Kant nannte in diesem
Sinn das Dasein
Gottes ein
Postulat der praktischen
Vernunft, insofern man dasselbe zwar nicht eigentlich
beweisen könne, aber
aus sittlichen
Gründen daran festhalten müsse.
(griech.), Volksherrscher,
Titel eines Landesfürsten, der mehr oder weniger die
Oberhoheit
eines fremden Herrschers oder
Volkes anerkennt, wie der
MakkabäerSimon und andre jüdische
Regenten;
Die Geschichte der Ethnographie ist noch nicht im Zusammenhang bearbeitet worden, und es kann sich hier
eigentlich nur um eine Vorgeschichte handeln, da die Ethnographie erst in unsrer Zeit zu einer eigentlichen
Wissenschaft erhoben wurde.
Spuren der Anfänge finden wir aber bei den meisten zivilisierten Völkern. So unterschieden die alten Ägypter auf ihren
Denkmälern deutlich vier
Menschenrassen, die Ludu, worunter sie sich selbst verstanden, die Aamu, womit
die
Semiten gemeint sind, die Nahasu oder
Neger und die Tamahu, helle
VölkerAsiens und Nordafrikas
(Berber). Von großem Einfluß
auf die ethnographischen
Anschauungen wurde die Stammessage der
Hebräer über die
Schöpfung der ersten
Menschen und deren Verteilung
über die
Erde. Bei ihnen finden wir auch
(1. Mos. 10). in der merkwürdigen Völkertafel die erste Übersicht
über die Ausbreitung der
Menschen nach den drei
SöhnenNoahs:
Sem,
Ham und
Japhet, die sich über Westasien, Nordostafrika und
Südosteuropa ausdehnten.
Als älteste, um 1500
v. Chr. gesetzte
Urkunde über
Völker und
Sprachen hat diese Tafel
Anlaß zu wichtigen Forschungen über
die Urverbreitung unsers
Geschlechts gegeben. (Vgl.
Knobel, Die Völkertafel der
Genesis,
Gieß. 1850.) Auffallend
ist es, daß
Römer
[* 8] und Griechen bei ihrer ausgedehnten Bekanntschaft mit der damaligen
Welt so geringen Nutzen für die
Völkerkunde
gezogen haben, so daß sie kaum zu einer
Ahnung dieser
Wissenschaft gelangten. Da kein Schriftsteller des
Altertums sich
mit dem
Studium fremder
Sprachen und
Litteraturen abgab, sind die Nachrichten, welche uns die Alten von fremden Völkern überlieferten,
für die
Zwecke moderner
Wissenschaft nur schwer zu verwerten, weil ihnen die scharfe
Beobachtung des eigentlichen ethnologischen
Moments abgeht.
Doch ist einzelnes zu verzeichnen, wie denn
Ktesias mitteilt, daß es in
Indien auch helle
Völker gebe,
im
Gegensatz zu der damals gültigen
Annahme, daß die
Menschen nach dem
Äquator zu immer dunkler würden. Vitruv gibt an, daß
die blonden hellen
Völker im
Norden,
[* 9] die wollhaarigen dunkeln im
Süden wohnten. Wie gering die Leistungen auf dem Gebiet der
beschreibenden
Völkerkunde waren, erkennt man an der Schilderung der
Skythen durch
Hippokrates, so daß
wir über dieses
Volk noch heute nicht völlig im klaren sind. Auf dem Weg des
Vergleichs gemeinsame Abkunft entfernter
Völker
zu erkennen, versuchte Herodot, welcher die Kolchier am
Kaukasus auf
Grund übereinstimmender
Sitten für ein Bruchstück der
Ägypter erklärte. Aber mit großem
Scharfsinn wurde der Einfluß der
¶
Auch im Mittelalter gelangte man nicht wesentlich weiter. Die Erschließung Ostasiens hatte die Europäer mit einem neuen Menschenschlag
in Verkehr gesetzt, und die auffallenden Verschiedenheiten der Gesichtsbildung waren den nach Asien
[* 11] gesandten
Franziskanern nicht entgangen. Der päpstliche Gesandte zum Großchan der Mongolen, PlanCarpin (Mitte des 13. Jahrh.), schildert
das breite Antlitz der Mongolen, ihre starken Backenknochen, platten Nasen, schiefen Augen.
Dieses gelte, fügt er hinzu, auch von den Chinesen. Eine unbefangene, universelle Auffassung des Menschen
wurde aber erst mit der neuern Zeit, mit der Reformation und der Entdeckung der Neuen Welt, möglich. Es bildete sich in den
Geistern eine mehr nüchterne, auf die Beobachtung der Dinge dringende Weltanschauung. Man fing an, neben den andern Objekten
der sinnlichen Wahrnehmung auch dem Menschen eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Doch interessierte
damals noch zunächst das Kuriose, jene wilden Menschen mit Kannibalenfesten, die erst durch Entscheidung eines päpstlichen
Dekrets als Menschen anerkannt wurden.
Gering war der Fortschritt in den folgenden Jahrhunderten, wenn auch in Leibniz' strahlendem Genius sich bereits einige der Großthaten
spiegelten, zu denen einst die ethnographische Wissenschaft berufen sein sollte. Die Wichtigkeit des Vergleichs
der Naturvölker für die Geschichte der Kulturvölker erkannte 1766 Steebs, indem er aussprach: »Wenn
wir die Beschreibung der Grönländer, der Hottentoten und der meisten amerikanischen Völker mit der Beschreibung der Skythen,
Sarmaten und alten Deutschen zusammenhalten, so werden wir die Mängel der alten Nachrichten ersetzen
können«.
Herder verlangte das Studium der menschlichen Natur, wie man Tiere und Pflanzen studiert, und 1793 definiert Meiners: »Die Geschichte
der Menschheit allein begreift den ganzen Menschen und zeigt ihn, wie er zu allen Zeiten und in allen Teilen der Erde beschaffen
war«. Erweitert wurde der Horizont
[* 12] abermals mit den Entdeckungen in der Südsee, die sich an Cook und Forster
knüpfen, und der Name der Ethnographie wird zuerst (z. B. in der »Ethnographischen Bildergalerie«, Nürnb. 1791) im Anschluß an die
Geographie genannt, während der Name der Anthropologie als Bezeichnung eines bestimmten Wissenszweigs zuerst bei
MagnusHund, »Anthropologia de natura hominis« (Leipz.
1501),
vorkommt.
In seinem Werk »Systema naturae« hatte Linné den Menschen (Homo sapiens) zusammen mit den Affen
[* 13] zur Ordnung der Primaten gestellt
und ihn kurz in vier Gruppen als amerikanischen, europäischen, asiatischen und afrikanischen Menschen gegliedert, wozu er
noch verwilderte und mißgestaltete Menschen als besondere Varietäten hinzufügte, hierdurch schon seinen
Standpunkt gegenüber der Ethnographie kennzeichnend. Weit höher stand Buffon, der 1749 in seinen »Variétés dans l'espèce humaine«
außer der körperlichen Schilderung schon die geographische Verbreitung, die Sitten etc. der Völker skizziert, aber auch
noch bei der geographischen Anordnung stehen bleibt.
Erst der große Blumenbach trennte auf anthropologischer Basis das Menschengeschlecht in fünf Abarten (»De
generis humani varietate nativa«, Götting. 1776, und »Decades craniorum diversarum gentium«, 1790).
Die kaukasische Rasse mit symmetrischem Schädelbau stellte er in die
Mitte, die Mongolen mit fast quadratischen und die Neger
mit eng zusammengedrückten, prognathen Schädeln an die beiden Endpunkte der Formenreihe, während er
die Amerikaner zwischen Mongolen und Kaukasier, die Malaien zwischen die Kaukasier und Neger als Übergänge einschaltete.
Jeder dieser Rassen gab er ihre Merkmale nach Schädelbildung, Hautfarbe, Haar,
[* 14] Augenstellung und Mundform. Als aber Blumenbach
seine Merkmale aufstellte, war er sich deutlich bewußt, daß es unmerkliche Stufen und Übergänge, nirgends
aber scharfe Grenzen
[* 15] der Abarten gebe. Neben der Anatomie trat die Linguistik hilfreich beim Aufbau der Ethnographie auf, indem sie es
ermöglichte, durch Vergleich die Völker genealogisch zu vereinigen, und diesen Weg betrat 1800 der spanische PriesterDon Lorenzo
Hervás, indem er die Sprachen nach ihrer grammatischen Übereinstimmung in Gruppen ordnete und die semitischen
und finnischen Sprachen zusammenstellte.
Verhieß nun auch die Sprache
[* 16] Aufschluß über die Abstammung der Völker, so war sie doch kein untrügliches
Zeichen innerer Blutsverwandtschaft, indem bald erkannt wurde, wie sie dem Wechsel unterworfen ist und ganz entfernt voneinander
stehende Völker durch Tausch zu gleichen oder verwandten Sprachen gelangen können. Hilfreich wie die Linguistik gesellten
sich auch Urgeschichte (Prähistorie) und Anthropologie der Ethnographie zu, die, auf solcher Basis erwachsend, sich
erst in unsrer Zeit zur eigentlichen Wissenschaft auszubilden beginnt, wenn auch nicht verkannt werden darf, daß sie erst
in den Anfängen steht.
Die Geburt der Ethnographie als moderner Wissenschaft datiert nicht vor dem Jahr 1829, als Milne-Edwards an Thierry
in Paris
[* 17] einen Brief richtete, durch welchen die Begründung der Société ethnologique angebahnt und zugleich in bedeutungsvoller
Weise die spätere Verbindung der Urgeschichte mit der Ethnographie vorbereitet wurde. Nicht minder wichtig war die Anregung, welche zuerst 1843 Jomard
zur Gründung ethnographischer Museen gab, der auch wenige Jahre später erkannte, daß es schon hohe Zeit
sei, die Geräte und Waffen
[* 18] der Naturvölker, die Überreste dahinschwindender Nationen zu sammeln.
Dadurch kam System in die Ethnographie, und den Franzosen gebührt das Verdienst, so die Wiege der Ethnographie geschaffen zu haben. Es folgten
Amerikaner und Briten und später erst die Deutschen. Abgesehen von den Leistungen Einzelner, konzentriert
sich die wissenschaftliche Thätigkeit auf ethnographischem Gebiet, aber immer noch verquickt mit den Schwesterwissenschaften
der Urgeschichte und Anthropologie, heute in den verschiedenen Gesellschaften, Vereinszeitschriften und Museen, die in den meisten
Kulturländern bestehen.