auf einer Reise in Lyon und starb dort Anfang März 1598 im Spital unter Spuren völliger Geisteszerrüttung. Estienne besaß eine
seltene Kenntnis des Griechischen. Seine Ausgaben, darunter nahe an 30 editiones principes, umfassen fast die gesamte griechische Litteratur.
Ausgezeichnet durch umfangreiche Benutzung von Handschriften und allerdings oft zu weit gehende Konjekturalkritik,
sind sie zum Teil bis in die neuere Zeit die Grundlage des Textes geblieben. Seine lateinischen Ausgaben treten an Zahl und
Bedeutung dahinter zurück.
Sein Hauptwerk ist der schon von seinem Vater vorbereitete »Thesaurus linguae graecae« (Genf
1572, 5 Bde.; 2. Ausg.,
Lond. 1815-25, 8 Bde.; 3. Ausg.
von Hase, W. undL. Dindorf, Fix, v. Sinner, Par. 1831-65, 9 Bde.). Auch
in seiner Muttersprache zeichnete er sich als eleganter Schriftsteller aus;
wir nennen: »Traité de la conformité du langage
français avec le grec« (1565);
»L'introduction au Traité de la conformité des merveilles anciennes avec les modernes, ou
Traité préparatif à l'Apologie pour Hérodote« (1566);
»Discours mervellieux de la vie, actions et départements
de Catherine de Médicis« (1575).
Seine lateinischen und griechischen Poesien hat er meist auf seinen Reisen zu Pferde sitzend
niedergeschrieben.
Vgl. Feugère, Essai sur la vie et les ouvrages de Henri Estienne (Par. 1853);
Grautoff, Henricus
Stephanus (Programm, Glogau 1862).
5) Paul, Sohn des vorigen, geb. 1566 zu Genf,
übernahm 1598 das väterliche Geschäft, druckte sehr geschätzte Ausgaben des Euripides
(1602) und Sophokles (1603), mußte aber 1605, politischer Umtriebe verdächtig, aus Genf
fliehen und starb um 1627.
6) Antoine, ältester Sohn des vorigen, geboren im Juni 1592 zu Genf,
wirkte seit 1618 als Buchdrucker zu Paris,
ward 1623 Buchdrucker des Königs, druckte besonders für die Oratorianer, so den Chrysostomos, die Septuaginta u. a., und starb
verarmt und erblindet 1674 im Hôtel-Dieu zu Paris. Er ist der letzte berühmte Buchdrucker der Familie; diese selbst starb erst
in der Mitte des vorigen Jahrhunderts aus.
Vgl. Renouard, Annales de l'imprimerie des Estienne (2. Aufl., Par.
1843, 2 Bde.);
Dupont, Histoire de l'imprimerie (das. 1854, 2 Bde.);
Bernard, Les Estienne et les types grecs de François I (das. 1856).
modusinrebus,suntcertideniquefines, lat.
Spruch: »Es ist ein Maß in den Dingen, es gibt mit Einem Wort bestimmte Grenzen« (aus Horaz' Satiren, I, 1, 106 entnommen).
(spr. estreh, seltener etreh), uraltes franz.
Adelsgeschlecht, das seinen Namen von einem Landgut in der Nähe von Arras führt. Ausgezeichnet sind:
1) Gabrielle d', die berühmte Geliebte Heinrichs IV. von Frankreich, Tochter des Großmeisters der Artillerie,
Antoine d'E., des tapfern Verteidigers von Noyon 1593, geboren um 1570, schön und geistreich, ward 1590, als König Heinrich
IV. zufällig ihren Wohnort, Schloß Cœuvre, besuchte und sofort eine heftige Leidenschaft für sie faßte, dessen Geliebte.
Des Scheins wegen vermählte sie der König mit d'Amerval de Liancourt, welche Ehe jedoch bald wieder getrennt
wurde, da der König beabsichtigte, sich von Margarete von Valois scheiden zu lassen und Gabrielle auf den Thron zu erheben.
Trotz des Widerspruchs des Ministers Sully zur Herzogin von Beaufort ernannt, war sie bei Hof ihrer Bescheidenheit
wegen beliebt, während ihr die leidenschaftliche Liebe des Königs einen unbegrenzten Einfluß gestattete, den sie jedoch
keineswegs mißbrauchte. Schon war die Scheidung des Königs eingeleitet, als Gabrielle zu Paris im Haus eines im Vertrauen
des Königs stehenden Juden, Namens Zamet, nach dem Genuß einer Orange plötzlich starb. Sie hinterließ
dem König drei Kinder, César und Alexandre von Vendôme und Henriette Katharina, an den Herzog von Elboeuf vermählt. Ihre nach
einer Handschrift der königlichen Bibliothek zu Paris erschienenen »Mémoires« (Par. 1829, 4 Bde.;
neue Ausg. 1852) sind wahrscheinlich unecht.
Vgl. Loiseleur, Ravaillac et ses complices (Par. 1873).
2) François Annibal d', Bruder der vorigen, geb. 1573, hatte schon 1594 das Bistum Noyon erhalten, als er, seiner Neigung folgend,
unter dem Namen eines Marquis de Cœuvres Kriegsdienste nahm, in denen er bald zum Generalleutnant emporstieg. Unter Maria von
Medicis wurde er zu mehreren diplomatischen Missionen verwendet; 1624 erhielt er das Kommando der vereinigten
Truppen von Frankreich, Venedig und Savoyen, um den Graubündnern das Veltlin zu sichern, wofür er 1626 den Marschallstab empfing. 1630 versuchte
er Mantua den Kaiserlichen zu entreißen, mußte aber kapitulieren und erhielt sodann den Oberbefehl über die Rheinarmee,
an deren Spitze er 1632 Trier nahm. Von 1636 bis 1648 war er außerordentlicher Gesandter in Rom. Bei Ludwigs
XIV. Thronbesteigung wurde das Marquisat Cœuvres zum Herzogtum Estrées erhoben und er zum Gouverneur von Isle de France und
mehr
Soissons ernannt; er starb in Paris und hinterließ »Mémoires de la régence de Marie de Médicis« (Par. 1666).
3) Jean, Graf d', Sohn des vorigen, geb. 1624, diente zuerst unter Turenne, geriet aber in Gefangenschaft, in welcher er über
zehn Jahre schmachtete. Vom König 1668 zum Befehlshaber der Seetruppen ernannt, züchtigte er die Raubstaaten,
befehligte 1672 gegen Holland die vereinigte Flotte von Frankreich und England und kämpfte gegen den holländischen Admiral de
Ruyter in der Southwoldsbai verhinderte er durch seine Unthätigkeit die Engländer am Sieg in der Schlacht beim Texel. 1676 entriß
er den Holländern Cayenne, eroberte Gorée und die Insel Tobago, ward 1681 Marschall, besiegte 1685 die Raubstaaten
Tripolis und Tunis und wurde 1686 zum Vizekönig der amerikanischen Kolonien ernannt. 1688 züchtigte er Algier, focht 1691 glücklich
gegen die Engländer und erhielt 1704 das Gouvernement von Nantes. Er starb in Paris.
4) Victor Marie, Herzog d', Sohn des vorigen, geb. beteiligte sich als Schiffskapitän an seines Vaters Expeditionen
nach Amerika, Tripolis und Algier, befehligte im März 1691 die Galeeren, welche die Einnahme von Villafranca, Nizza und Oneglia
bewirkten, und bombardierte 1697 Barcelona und Alicante. 1701 zum Marschall von Frankreich und zum spanischen
Granden erhoben, trug er wesentlich zum Seesieg bei Malaga (1704) bei, wurde nach dem Tod seines Vaters Gouverneur von Nantes und
Coucy sowie Vizekönig von Amerika. 1715 wurde er zum Präsidenten des Marinerats und zum Vizepräsidenten des Handelsrats ernannt, 1717 in
den Regentschaftsrat eingeführt und 1720 mit dem Gouvernement der Bretagne betraut. Später gelangte er
auch zur Herzogswürde, ward 1733 in den Staatsrat aufgenommen und empfing 1734 die Auszeichnungen eines ersten Marschalls von
Frankreich. Estrées war Mitglied mehrerer Akademien; starb in Paris.
5) Louis César Letellier, Chevalier de Louvois, Herzog d'E., Neffe des vorigen, geb. diente, in
den Malteserorden aufgenommen, in Spanien, Böhmen, 1743-45 in den Niederlanden, ward 1756 Marschall von Frankreich und erhielt
im März 1757 den Oberbefehl der Armee in Deutschland. Er ging über die Weser, schlug 26. Juli den Herzog von Cumberland bei Hastenbeck;
mußte aber infolge von Hofkabalen sein Kommando an den Herzog von Richelieu abgeben. 1762 übernahm er
nochmals mit Soubise das Kommando der Hauptarmee, ohne jedoch etwas auszurichten. Seit 1763 Herzog von Estrées, blieb er Mitglied
des geheimen Konseils bis an seinen Tod, Mit ihm erlosch der Name Estrées.