Die ersten größern Holzverkohlungsöfen wurden aber erst 1819 zu
Hausach in
Baden
[* 5] in Betrieb gesetzt.
Daß die Essigbildung auf einer
Oxydation beruhe, hatte schon
Lavoisier erkannt; doch ward der
Prozeß erst später genauer
untersucht, und
Liebig zeigte den Unterschied zwischen
Alkohol- und Essiggärung. Das
Prinzip der Schnellessigfabrikation ward
von
Boerhaave 1732 angegeben, für die
Technik aber 1823 durch Schützenbach in Eudingen ^[richtig:
Endingen]
im
Breisgau und durch Wagenmann in
Berlin
[* 6] (1825) nutzbar gemacht. In neuester Zeit gestalteten sich für die
Darstellung der
Essigsäure aus
Holz
[* 7] die Verhältnisse günstiger, seitdem der 1812 im
Holzessig nachgewiesene
Methylalkohol für die Teerfarbenindustrie
große Bedeutung gewann.
Von den zusammengesetzten
Äthern, welche die
Essigsäure bildet, findet sich
der
Essigsäure-Äthyläther
(Essigäther) C2H3O2.C2H6 ^[C2H3O2.C2H6] in geringer
Menge im
Essig,
Franzbranntwein und in einigen Weinsorten und wird durch
Destillation von entwässertem essigsauren
Natron mit
Alkohol und
Schwefelsäure
erhalten. Das zur
Reinigung mit wenig lauwarmem
Wasser, dann mit kohlensaurem
Natron geschüttelte, mitChlorcalcium
entwässerte und rektifizierte Destillat bildet eine farblose
Flüssigkeit vom spez. Gew. 0,906, riecht und schmeckt
angenehm erfrischend obstartig, mischt sich mit
Alkohol und
Äther, löst sich in 11 Teilen
Wasser, brennt mit rußender
Flamme,
[* 8] siedet bei 74° und wird beim Aufbewahren durch Berührung mit der
Luft, namentlich wenn es wasserhaltig ist,
leicht sauer.
Besonders leicht aber bildet
Essigsäure basische
Salze.
Beim Erhitzen verlieren die Essigsäuresalze mit schwacher
Base den größten Teil
ihrer
Säure
unverändert, und es entsteht nur wenig
Aceton neben brenzligen, ölartigen
Produkten; die
Salze mit starker
Base zerfallen in
Kohlensäuresalz und
Aceton.
Lösungen der Essigsäuresalze zersetzen sich namentlich leicht bei Gegenwart von freiem
Alkali
in kohlensaures
Salz
[* 9] und schleimige
Materie. Essigsaures
Ammoniak NH4.C2H3O2 ^[NH4.C2H3O2] entsteht
bei Einwirkung von Ammoniakgas auf
Essigsäure, ist geruchlos, schmeckt unangenehm salzig, löst sich leicht in
Wasser und
Alkohol, verflüchtigt sich teilweise beim
Verdunsten der wässerigen
Lösung und hinterläßt saures
Salz;
die wässerige
Lösung, durch
Neutralisieren von
Ammoniakflüssigkeit mit
Essigsäure erhalten, reagiert schwach alkalisch, verwandelt
sich nach längerer Zeit in kohlensaures
Ammoniak, wirkt schweißtreibend und ist als
Liquor ammonii acetici
(Spiritus
[* 10] Mindereri,
spez. Gew. 1,032-1,034) offizinell.
Eine reine
Lösung von essigsaurem
Eisenoxyd, durch
Lösen von
Eisenhydroxyd in
Essigsäure erhalten, vom spez. Gew. 1,081-1,083
(4,8-5 Proz.
Eisen) ist als
Liquor ferri acetici offizinell. Essigsaures
Kali KC2H3O2 , durch
Neutralisieren
von kohlensauremKali mitEssigsäure erhalten, kristallisiert sehr schwer, ist äußerst zerfließlich,
leicht löslich in
Wasser und
Alkohol, reagiert schwach alkalisch, schmeckt warm, stechend salzig, schmilzt bei 300°, erstarrt
kristallinisch, zersetzt sich erst in sehr hoher
Temperatur, wird als harntreibendes
Mittel bei
Gicht und
Magenkatarrh benutzt.
Über basische Kupferacetate s. Grünspan. Essigsaures Natron NaC2H3O2 wird im großen dargestellt,
indem man destillierten Holzessig mit kohlensaurem Natron neutralisiert. Hierbei und beim Verdampfen der Salzlösung scheiden
sich viele teerartige Produkte ab. Das gewonnene rohe Salz wird umkristallisiert, entwässert und geschmolzen,
um die empyreumatischen Stoffe vollständig zu zerstören, dann in Wasser gelöst, wenn nötig, über Knochenkohle filtriert
und abermals zur Kristallisation gebracht.