Ausfüllung der Lücken bei den Feldtruppen verwendbar ist. Die Formierung selbständiger Truppenteile durch Ersatzreserve ist
ausgeschlossen. Wer in der Ersatzreserve geübt hat, bleibt während der ganzen Dienstzeit in der ersten Klasse. Die zweite Klasse wird
nur zur neuen Gestellung vor die Ersatzkommission geladen und dort über ihre Verwendung entschieden. Im
Frieden haben sich die Ersatzreservisten wie die übrigen Reservisten und Landwehrleute zu den Kontrollen zu stellen.
die zur Ausbildung der Rekruten während des Kriegs bestimmten Truppenteile, in Frankreich, Italien Depots,
in Österreich Ergänzungstruppen genannt. In Deutschland (s. d., Heerwesen) werden Ersatztruppen erst bei der Mobilmachung neu aufgestellt,
nur die Reiterei läßt dazu von jedem Regiment eine der schon im Frieden bestehenden 5 Eskadrons zurück;
jedes Infanterieregiment formiert 1 Ersatzbataillon à 4, die Garderegimenter à 5 Kompanien, 1 Rekrutendepot und Handwerkerabteilung,
jedes Feld- und Fußartillerieregiment 1 Ersatzabteilung à 2 Feld- und bez. noch 1 reitende Batterie etc., bez. 2 Kompanien
Rekrutendepot und Handwerkerabteilung.
Inbegriff alles dessen, was mit der Ergänzung des Heers, also mit der Aushebung, Einstellung und Entlassung
der Soldaten, zusammenhängt. Die Bestimmungen über die Verpflichtung zum Kriegsdienst im Deutschen Reich enthält das Wehrgesetz
vom 9. Nov. 1867 sowie die weitern das Wehrwesen betreffenden Gesetze (vgl. Deutschland [Heerwesen], S. 843 ff.).
Auf Grund derselben ist 28. Sept. 1875 die Wehrordnung, enthaltend die Ersatz- und die Kontrollordnung, sowie die Heerordnung, enthaltend
die Rekrutierungs- und die Landwehrordnung, erlassen worden.
Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in der Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen. Ausnahmen finden nur
in betreff der Mitglieder regierender, mediatisierter, vormals reichsständischer und derjenigen Häuser
statt, welchen die Befreiung von der Wehrpflicht durch Verträge zugesichert ist oder auf Grund besonderer Rechtstitel zusteht.
Die Wehrpflicht beginnt mit dem vollendeten 17. und dauert bis zum vollendeten 42. Lebensjahr; sie zerfällt in die Dienstpflicht
und in die Landsturmpflicht.
Erstere, die Pflicht zum Dienst im Heer oder in der Marine, dauert 12 Jahre und wird eingeteilt in: a) die
Dienstpflicht im stehenden Heer und zwar 3 Jahre aktive und 4 Jahre Reservepflicht; b) die Landwehrpflicht, 5 Jahre; c) die
Ersatzreservepflicht, dauernd vom Tag der Überweisung zur Ersatzreserve bis zum vollendeten 31. Lebensjahr. Die
Dienstpflicht in der Flotte zerfällt entsprechend in die aktive Dienstpflicht, die Marinereserve- und Seewehrpflicht. Diese
Bestimmungen gelten nur für den Frieden; für die Dauer einer Mobilmachung ist der Übertritt von der Reserve zur Landwehr oder
von dieser wie von der Ersatzreserve zum Landsturm aufgehoben.
Alle nicht zum Dienst im Heer oder der Marine eingezogenen Wehrpflichtigen sind landsturmpflichtig. Die Dauer
aktiver Dienstzeit ist beschränkt bei den Einjährig-Freiwilligen (s. Freiwillige), bei den militärpflichtigen Kandidaten des
Elementarschulamts nach bestandener Lehrerprüfung auf 6 Wochen, den als Krankenwärter Dienenden auf 2 Jahre; bei den Trainsoldaten,
welche im Frieden als Trainfahrer ausgebildet werden, auf 6 Monate; bei den Seeleuten von Beruf und dem
Maschinenpersonal der Marine in Berücksichtigung ihrer technischen Vorbildung auf 1 Jahr. Die Militärpflicht beginnt mit
Anfang des Kalenderjahrs, in dem der Wehrpflichtige
sein 20. Lebensjahr vollendet, also 20 Jahre alt wird. - Die Zahl der
alljährlich in das Heer, resp. in jeden einzelnen Truppenteil einzustellenden Rekruten bestimmt der Kaiser.
Die Gesamtzahl beträgt jetzt rund 140,000 Mann. Auf Grund dieser Bestimmung wird der Ersatzbedarf der Truppen (unter Anrechnung der
zu dreijährigem Dienst freiwillig Eintretenden) ermittelt und durch den Militärausschuß des Bundesrats nach der Bevölkerungsziffer
auf die einzelnen Staaten, durch die Ersatzbehörden auf die einzelnen Aushebungsbezirke verteilt. Jeder
der 17 Armeekorpsbezirke des Deutschen Reichs bildet einen Ersatzbezirk für sich (die Garde rekrutiert aus ganz Preußen und
Elsaß-Lothringen), jeder derselben zerfällt in 4 Infanteriebrigadebezirke, denen 4-6 Landwehrbataillonsbezirke als
Aushebungsbezirke (in Summa 275) unterstellt sind. - Ersatzbehörden sind:
1) Ministerialinstanz: der Kriegsminister und der Minister des Innern;
2) dritte Instanz: der Korpskommandeur und der Oberpräsident der Provinz;
3) zweite Instanz: die Oberersatzkommission, bestehend aus dem Infanteriebrigade-Kommandeur und einem obern Verwaltungsbeamten;
4) erste Instanz: die Ersatzkommission, bestehend aus dem Landwehrbezirks-Kommandeur und einem Verwaltungsbeamten des Bezirks
(Landrat);
letztern beiden Kommissionen, die allein mit den Auszuhebenden persönlich zu thun haben, werden
auch Militärärzte zugeteilt.
Das Ersatzgeschäft zerfällt in die Vorbereitung, die Musterung und die Aushebung. Erstere umfaßt
die Aufstellung der Rekrutierungsstammrollen seitens der Gemeindevorsteher auf Grund der Zivilstandsregister und Anmeldung
der Militärpflichtigen, welche nach Beginn der Militärpflicht jährlich his zu erfolgter Entscheidung, in der Zeit vom 15. Jan. bis 1. Febr. bei
der Ortsbehörde, wo der Betreffende seinen dauernden Aufenthalt hat, oder, wenn er solchen nicht hat, da, wo seiner Eltern
oder Vormünder ordentlicher Gerichtsstand sich befindet, erfolgen muß.
Hierbei ist ein Geburtszeugnis vorzulegen. Aus den Rekrutierungsstammrollen des Aushebungsbezirks werden die alphabetischen
Listen für letztern jahrgangweise zusammengestellt. Diese Stammrollen und Listen bilden mit den Restantenlisten,
in welche die Namen aller Militärpflichtigen eingetragen sind, über welche nach Ablauf ihres dritten Militärpflichtjahrs
noch nicht endgültig entschieden ist, und die erst vernichtet werden, wenn für den betreffenden Jahrgang die Landsturmpflicht
erlischt, die Grundlisten.
Die Musterung ist Aufgabe der Ersatzkommission. Sie stellt die körperliche Brauchbarkeit der Militärpflichtigen,
ob tauglich, bedingt tauglich, zeitig untauglich oder dauernd untauglich, fest, prüft die Reklamationen, läßt die Militärpflichtigen
losen, rangiert sie danach und berichtet über das Ergebnis der Musterung an die Oberersatzkommission. Diese nimmt die Aushebung
vor, überweist die Einzustellenden bestimmten Truppenteilen als Rekruten und bezeichnet eine Anzahl Tauglicher,
das sind die hohen Losnummern, welche, über den Bedarf vorhanden, nicht mehr zur Einstellung kommen, zum Nachersatz für unvermutete
Abgänge, zur Ersatzreserve (s. d.) etc. Alle Militärpflichtigen, über welche eine bestimmte Entscheidung getroffen ist, werden
in den Aushebungslisten gelöscht, die andern bleiben darin als Überzählige. Die Nachweisung über die Brigadeersatzverteilung
und die Überzähligen geht an den Korpskommandeur und sodann an den Kriegsminister behufs des erforderlichen Ausgleichs,
wenn in
mehr
einzelnen Bezirken der Ersatzbedarf durch die Aushebung nicht gedeckt werden kann. - Um den Schiffahrt treibenden Militärpflichtigen
das Erscheinen vor den Ersatzbehörden zu ermöglichen, finden im Januar jeden Jahrs Schiffermusterungen statt, in denen sofort
(im Auftrag der Oberersatzkommission) von der Ersatzkommission über die Gemusterten entschieden wird. Außer diesen regelmäßigen
Musterungen werden bei plötzlich eintretendem Ersatzbedarf sowie bei Vorstellung von Militärpflichtigen,
welche vom Ausland oder von der See zurückkehren, und beim Aufgreifen unsicherer Dienstpflichtigen außerterminliche Musterungen
im Stabsquartier des Landwehrbataillons vorgenommen, bei welchen die Mitglieder der Ersatzkommission jedoch nur schriftlich
in Verkehr treten.
Entscheidung trifft die Oberersatzkommission. Die Ausschließungs-, Ausmusterungs- und Ersatzreservescheine
erster und zweiter Klasse werden bei der Aushebung ausgehändigt. Die Ausgehobenen treten bis zur Einstellung als Rekruten zu
den Mannschaften des Beurlaubtenstandes unter die Kontrolle der Landwehrbehörden. Die Rekruten können ihren Aufenthaltsort
ändern, haben dies jedoch ihrem Landwehrbezirks-Feldwebel anzuzeigen und beim Verziehen in einen andern Landwehrkompaniebezirk
sich beim dortigen Bezirksfeldwebel binnen drei Tagen anzumelden. Zu ihrer Verheiratung bedürfen sie der
Genehmigung des Landwehrbezirks-Kommandeurs.
Die Gestellung der Rekruten zur Einstellung in die Truppen- (Marine-) Teile findet grundsätzlich bei dem Landwehrbataillon statt,
in dessen Bezirk sie ausgehoben wurden. Soldaten, welche aus dem aktiven Dienst entlassen werden, treten zum Beurlaubtenstand
oder, sofern sie ihrer Dienstpflicht bereits vollständig genügt haben und sich noch in wehrpflichtigem
Alter befinden, zum Landsturm über und scheiden damit aus der militärischen Kontrolle (s. d.). Soldaten, welche während des
Dienstes dienstunbrauchbar werden oder vor Erfüllung der aktiven Dienstpflicht als unausgebildet zur Entlassung kommen, werden
zur Disposition der Ersatzbehörden entlassen und gehören zu den Mannschaften des Beurlaubtenstandes. Über
die Art ihrer spätern Dienstpflicht wird durch die Oberersatzkommission beim Aushebungsgeschäft Entscheidung getroffen, über
die Entlassung Dienstuntauglicher verfügt der kommandierende General. - Nach Eintritt einer Mobilmachung finden Musterung und
Aushebung der Militärpflichtigen zugleich durch die Ersatzkommission statt.
Vgl. Brandt, Das deutsche Militärersatzwesen
(Halle 1882).