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plastischen Stoffe in den Siebröhren [* 2] (s. d.) notwendige Druck wird durch die Turgeszenz des umgebenden Parenchyms hervorgerufen; die siebartig durchbrochenen Querplatten der genannten Röhren [* 3] ermöglichen dabei in der Vegetationszeit den direkten Durchtritt von einem Siebröhrenglied zum andern, während die Sieblöcher zur Winterszeit geschlossen sind. Eine ganz allgemeine Ursache der Stoffbewegung im Innern der Pflanze bildet die Diosmose, welche in Wechselströmungen von Flüssigkeiten ungleicher Konzentration durch eine Scheidewand (im Pflanzenkörper durch die mit einem Plasmaschlauch ausgekleidete Zellwand) besteht.
Die Strömung des Wassers und der in ihm gelösten Nährsalze von der Wurzel [* 4] bis zu den obersten Sproßgipfeln wird stets durch die Verdunstung (Transpiration) in den assimilierenden Blattflächen hervorgerufen; die Bewegung der Wasserteilchen findet in der Wandung der Holz- und Gefäßzellen statt, welche in lebendem Zustand fortwährend von Wasser imbibiert sind und jede Verminderung ihres Wassergehalts durch sofortige Aufnahme neuer Wassermoleküle aus ihrer Nachbarschaft auszugleichen suchen.
Eine Erklärung dieses sogen. aufsteigenden Stroms durch Kapillarität widerspricht bekannten physikalischen Gesetzen. Das Vorkommen von Wasser im Innern von eingeschlossenen Holz- und Gefäßzellen erklärt sich daraus, daß in letztern der Luftdruck geringer ist als in der Atmosphäre und oft nur die Hälfte oder ein Drittel des atmosphärischen Druckes ausmacht; es kann daher unter diesen Umständen Wasser aus dem umgebenden Parenchym in die Gefäße eingepreßt werden.
Die Aufnahme des Wassers und der in ihm enthaltenen Nährstoffe aus dem Boden findet durch die Wurzelhaare statt, welche zwischen die mit einer dünnen Wasserhülle umzogenen Bodenpartikelchen eindringen und zum Teil mit denselben verwachsen. Da die Bodenteilchen durch Molekularattraktion Nährsalze, wie Kaliumverbindungen, Phosphate, Ammoniaksalze, mit großer Kraft [* 5] festhalten, so wird durch die erwähnte Verwachsung den Wurzelhaaren die Aufnahme der Nährstoffe wesentlich erleichtert, zumal sie ein saures Sekret absondern, welches unter anderm kohlensauren und phosphorsauren Kalk in merklicher Weise auflöst.
Die lebende Wurzel nimmt Wasser überdies mit einer besondern Kraft, dem Wurzeldruck, auf, welche dadurch gemessen werden kann, daß man auf einen dicht über der Wurzel gemachten Stammquerschnitt eine weite, mit Wasser gefüllte, oben geschlossene, aber seitlich mit einem dünnen Steigrohr versehene Glasröhre wasserdicht aufsetzt. Das Wasser wird dann bei Sommerpflanzen mit einer Kraft hervorgetrieben, welche einer Quecksilbersäule des Steigrohrs von 20-30 cm, bei der Weinrebe sogar von 100 cm das Gleichgewicht [* 6] hält.
Durch den Wurzeldruck wird das bekannte, schon von Hales studierte Bluten der Weinrebe und andrer Pflanzen hervorgebracht, eine Erscheinung, die eine gewisse Periodizität einhält, in der Regel vormittags zwischen 8-11 Uhr [* 7] ein Maximum zeigt und wochenlang andauern kann. Sie erklärt sich am einfachsten durch die Annahme einer starken Turgeszenz innerhalb der als endosmotischer Apparat wirkenden Wurzelhaarzelle, deren Protoplasmaschlauch dem von außen eindringenden Wasser einen viel stärkern Filtrationswiderstand entgegensetzt, als solcher bei dem diosmotischen Austausch von Zelle [* 8] zu Zelle stattfindet; da der Zellturgor einen Druck von mehr als 1 Atmosphäre zu erreichen vermag, so kann Wasser auf diese Weise über 10 m hoch getrieben werden.
Als letzte allgemeine Bedingung für die der Pflanze tritt das Vorhandensein von freiem Sauerstoff in ihrer Umgebung hervor, da alle ihre Lebensvorgänge, wie Wachstum, Protoplasmaströmung, Reizbarkeit u. a., sistiert werden, sobald die Sauerstoffzufuhr längere Zeit hindurch abgeschnitten wird. Die beständig und sowohl bei Beleuchtung [* 9] als im Dunkeln stattfindende Wechselwirkung zwischen den organischen Verbindungen des Pflanzenkörpers und dem Sauerstoff der Luft wird als Atmung bezeichnet; die Pflanze oxydiert dabei einen Teil ihrer eignen Körpersubstanz zu Kohlensäure und Wasser und verzehrt deshalb in einem abgeschlossenen Raum den Sauerstoff, um dafür Kohlensäure auszuscheiden. Da dieser Prozeß der im Licht [* 10] erfolgenden Kohlensäurezersetzung (Assimilation) entgegengesetzt ist, so wird er bei intensiver Beleuchtung durch letztern verdeckt und ist am leichtesten an nicht assimilierenden Keimpflanzen, an chlorophyllfreien Gewächsen oder auch an grünen Pflanzen im Dunkeln nachzuweisen.
Werden Pflanzen in einem abgeschlossenen Raum nach Verbrauch des vorhandenen Sauerstoffs weiter kultiviert, so fahren sie noch einige Zeit mit der Kohlensäureausscheidung fort, indem sie den notwendigen Sauerstoff ihrer eignen Körpersubstanz entnehmen. Diese sogen. intramolekulare Atmung, welche auch bei Tieren, z. B. den Fröschen, in sauerstofffreier Atmosphäre eintritt, wird von einigen Physiologen mit der Alkoholgärung in Parallele [* 11] gebracht, da mit der Kohlensäure auch kleine Mengen von Alkohol auftreten; sie erscheint jedoch der normalen Atmung gegenüber als ein durchaus abnormer Vorgang. Über die durchaus abweichende der Pilze, [* 12] Flechten, [* 13] Schmarotzergewächse und der insektenfressenden Pflanzen s. die Spezialartikel.
Vgl. Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie (Leipz. 1882);
Detmer, Lehrbuch der Pflanzenphysiologie (Bresl. 1883);