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fallenden Beweis für die Achsendrehung der Erde hat endlich 1851 der französische Physiker Foucault mit seinem Pendelversuch geliefert; vgl. Foucaults Pendelversuch. Einen andern Beweis liefern die Erscheinungen der Passatwinde (s. d.) und Monsune, die darauf beruhen, daß ein von N. nach S. vorrückender Luftstrom aus den nördlichen Gegenden eine geringere Geschwindigkeit nach O. mitbringt, als den Gegenden zukommt, in welche er strömt, daher er mehr und mehr als Ostwind erscheint, während umgekehrt ein von S. nach N. strömender Wind mehr und mehr eine westliche Richtung annimmt.
Auf demselben Prinzip beruht es, daß auf einer in der Richtung des Meridians liegenden Eisenbahn eine von S. nach N. laufende Lokomotive [* 2] mit dem Spurkranz ihres rechten Rades die rechts (östlich) liegende Schiene nach O. zu verschieben sucht, während eine von N. nach S. laufende Lokomotive umgekehrt die westliche Schiene weiter nach W. zu schieben sucht. Wird ein Geleise nur in der einen Richtung befahren, so muß die Entfernung beider Schienen allmählich zunehmen, wie man beispielsweise an der Hamburg-Harburger Eisenbahn bemerkt hat, wo diese Zunahme 8 cm in einem Vierteljahr beträgt. Nach Angabe des russischen Akademikers v. Baer haben auch die von N. nach S. oder umgekehrt fließenden Ströme die Tendenz, ihr rechtes Ufer im erstern Fall weiter nach W., im letztern weiter nach O. zu rücken.
Die beiden Punkte, in denen die Rotationsachse der Erde, die Erdachse, die Oberfläche der Erde schneidet, heißen Pole und zwar der uns zunächst liegende der Nord-, der andre der Südpol. Jede durch die Pole gehende Ebene schneidet die Erde in einem Meridian. Denkt man sich aber eine Ebene senkrecht zur Achse durch den Erdmittelpunkt gelegt, so schneidet diese die Oberfläche in einem größten Kreis, [* 3] der alle Meridiane halbiert und Äquator (Gleicher), bei den Seeleuten Linie genannt wird. Ebenen, welche nicht durch den Mittelpunkt der Erde gehen, aber auf der Achse senkrecht stehen, schneiden die Oberfläche in Parallelkreise. Mittels dieser Kreise [* 4] kann man die Lage eines Punktes der Erdoberfläche durch Länge und Breite [* 5] bestimmen; vgl. Länge und Breite.
Nachdem man die Ansicht gewonnen hatte, daß die Erde eine Kugel sei, ging man daran, ihre Größe zu bestimmen. Es wurden zu dem Zweck Messungen einzelner Meridianbogen ausgeführt (vgl. Gradmessungen). Diese Messungen haben aber im 18. Jahrh. dargethan, daß die Erde nicht eigentlich kugelförmig ist, sondern daß sie angenähert die Gestalt eines an den Polen abgeplatteten Rotationsellipsoids besitzt. Fortan handelte es sich nicht mehr bloß um die Bestimmung der absoluten Größe, sondern auch um die der Abplattung, d. h. des Unterschieds zwischen Äquatorial- und Polarhalbmesser, ausgedrückt in Teilen des erstern. Dreierlei Methoden sind zu diesem Zweck in Anwendung gebracht worden: zunächst Gradmessungen, und zwar teils auf Meridianen, teils auf Parallelkreisen ausgeführt, sodann Pendelbeobachtungen, endlich aber hat man diese Größe auch aus gewissen Ungleichheiten der Mondbewegung bestimmt. Bessel hat 1842 aus zehn Gradmessungen (s. d.) folgende Werte berechnet:
Äquatorhalbmesser | a | = | 6377397.16 m | = | 859.44 geogr. Meilen |
Polarhalbmesser | b | = | 6356078.96 m | = | 856.56 geogr. Meilen |
Unterschied | a-b | = | 21318.20 m | = | 2.88 geogr. Meilen |
Abplattung | (a-b)/a | = | 1/299,153 |
Die Länge einer geographischen Meile als des 15. Teils eines Äquatorgrades ist hiernach M = 7420,44 m. Die Oberfläche der Erde beträgt 509,950,714,3 qkm und ihr Volumen 1,082,841,322,500 ckm. Wenn nun auch dieses Besselsche Ellipsoid [* 6] zur Zeit noch am allgemeinsten als Form der Erde angenommen wird, so ist doch daran zu erinnern, daß neuere Gradmessungen, besonders die russische, skandinavische und die ostindische, andre als die Besselschen Werte ergeben haben. Da im allgemeinen jede Gradmessung [* 7] einen andern Wert der Abplattung gibt, so hat man sogar versucht, die Ansicht, daß die Erde ein Rotationsellipsoid sei, ganz fallen zu lassen und ein dreiachsiges Ellipsoid als ihre Form anzunehmen. Zur Bestimmung desselben sind indessen die Messungen zur Zeit noch nicht genügend; vgl. Gradmessungen.
Eine beträchtlich stärkere Abplattung, nämlich 1/280, ist aus den Pendelbeobachtungen abgeleitet worden, die man an zahlreichen Punkten der Erdoberfläche angestellt hat. Die Pendelschwingungen geben uns zunächst ein Maß für die Schwerkraft; diese aber ist an verschiedenen Punkten der Erdoberfläche verschieden, einmal, weil die mit der Breite veränderliche Zentrifugalkraft [* 8] dieselbe vermindert, dann aber auch infolge des verschiedenen Abstandes vom Erdmittelpunkt.
Aus den Pendelbeobachtungen läßt sich nun das Gesetz der Änderung der Schwere mit der geographischen Breite ableiten, und aus ihm ergibt sich die Abplattung nach einem von Clairaut herrührenden Satz: die Differenz der Schwere am Pol und am Äquator, dividiert durch letztere, und dazu die Abplattung ist 2½mal so groß als die Zentrifugalkraft am Äquator, dividiert durch die Schwere daselbst. Mit Berücksichtigung der Größe der Schwerkraft an verschiedenen Punkten der Erde hat Listing 1877 aus den bis dahin berechneten Gradmessungen folgende Werte für die Dimensionen des Erdkörpers ermittelt:
Äquatorhalbmesser | a | = | 6377377 m |
Polarhalbmesser | b | = | 6355270 m |
Abplattung | = | 1/288.48 | |
1 geogr. Meile | = | 7420,415 m. |
Je genauere Messungen man aber in der Neuzeit ausführt, desto mehr stellt sich heraus, daß keine geometrisch gesetzmäßige Fläche genau übereinstimmt mit der wahren Gestalt der Erde, für welche Listing den Namen Geoid (s. d.) eingeführt hat.
Da die Gestalt der Erde auf die Bewegungen des Mondes einen Einfluß übt, so läßt die vervollkommte Kenntnis der letztern uns auch wiederum auf die Gestalt der Erde zurückschließen, und zwar erhalten wir auf solche Weise einen mittlern Wert der Abplattung, welcher unabhängig ist sowohl von den vorhandenen Unregelmäßigkeiten der Oberfläche als von der verschiedenen Dichtigkeit der Gesteine. [* 9] Die Mondgleichungen (Störungen in der Länge und Breite des Mondes) geben nun nach Laplace fast dasselbe Resultat der Abplattung wie die Gradmessungen, nämlich 1/299. Infolge dieser Fortschritte der rechnenden Astronomie [* 10] durfte sich wohl Laplace zu dem Ausspruch berechtigt halten, daß »ein Astronom, ohne seine Sternwarte [* 11] zu verlassen, durch Vergleichung der Mondtheorie mit den wirklichen Beobachtungen nicht nur die Gestalt der Erde, sondern auch ihre Entfernung von der Sonne [* 12] und vom Mond [* 13] bestimmen könne«.
Die Erde nimmt in der Reihe der Planeten [* 14] des Sonnensystems die dritte Stelle ein (s. Tafel »Planetensystem«), [* 15]
übertrifft an Größe die zwei vor ihr der Sonne näher gestellten Planeten (Merkur [* 16] und Venus), ebenso den nächstfolgenden (Mars) [* 17] und die zahllose Schar der Asteroiden, wird aber selbst von den weiter entfernten (Jupiter, Saturnus, Uranus, ¶
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Neptun) bedeutend übertroffen. Ihre Entfernung von der Sonne ist nicht immer gleich groß; im Durchschnitt beträgt sie 148 ⅔ Mill. km oder 20,036 Mill. Meilen (s. Sonne), und da die Exzentrizität der Bahn e = 0,01677 ist, so kann die Entfernung um höchstens 1/60 größer oder kleiner werden als der Mittelwert. Die Umlaufszeit beträgt siderisch 365,25673 Tage oder 365 Tage 6 Stunden 9 Minuten 10,75 Sekunden, tropisch 365,24222 Tage oder 365 Tage 5 Stunden 48 Minuten 46 Sekunden; vgl. Jahr.
Als Kopernikus mit der Lehre [* 19] von der jährlichen Bewegung der Erde um die Sonne auftrat, erhoben seine wissenschaftlichen Gegner den Einwand, daß sich diese Bewegung in scheinbaren jährlichen Ortsveränderungen der Fixsterne [* 20] abspiegeln, daß man eine jährliche Parallaxe [* 21] (s. d.) bei den letztern wahrnehmen müsse. Kopernikus selbst hatte diesen Punkt bereits erwähnt und ganz richtig vermutet, daß die Kleinheit dieser Parallaxe sie der Beobachtung entziehe.
In der That ist auch die Bestimmung einer Anzahl Fixsternparallaxen in unserm Jahrhundert gelungen und damit nicht nur der Abstand der betreffenden Sterne von uns gefunden, sondern auch ein direkter Beweis für die Bewegung der Erde um die Sonne geliefert worden. Beim Suchen nach der Fixsternparallaxe wurde aber auch noch und zwar lange, bevor man diese fand, eine andre Erscheinung entdeckt, die für sich allein einen Beweis für die Bewegung der Erde um die Sonne liefert: die Aberration [* 22] (s. d.).
So wie die tägliche Umdrehung der Erde um ihre Achse zur Folge hat, daß die Sonne scheinbar im Lauf eines Tags in der Richtung von O. nach W. einen Kreis am Himmel [* 23] beschreibt, dessen Ebene senkrecht auf der Weltachse steht, so bewirkt die Bewegung der Erde um die Sonne, daß die letztere im Lauf eines Jahrs unter den Fixsternen der scheinbaren Himmelskugel einen größten Kreis beschreibt, in welchem sie täglich um ungefähr 59 Bogenminuten in der Richtung von W. nach O. vorrückt.
Dieser größte Kreis, die Ekliptik oder scheinbare Sonnenbahn, bildet mit dem Äquator einen Winkel [* 24] von ungefähr 23½°, die Schiefe [* 25] der Ekliptik genannt. Diese jährliche Bewegung der Sonne bewirkt einesteils, daß die Zeit von einer Kulmination der Sonne bis zur nächsten oder der wahre Sonnentag etwas länger ist als der Sterntag, und daß die Dauer des Sonnentags nicht ganz unveränderlich ist (vgl. Sonnenzeit); andernteils aber ist sie auch die Ursache von der täglichen Änderung der Deklination der Sonne, womit wieder die Änderung der Punkte des Auf- und Unterganges und der Tageslänge, gerechnet vom Auf- bis zum Untergang, zusammenhängt.
Nur an zwei Tagen im Jahr, 21. März und 23. Sept. geht die Sonne genau im O. auf und im W. unter;
es ist dies die Zeit, wenn Tag und Nacht gleich sind, die Zeit der Frühlings- und Herbstnachtgleichen oder Äquinoktien;
vom 21. März dagegen bis zum 21. Juni rückt die Sonne beim Auf- und Untergang weiter nach N. vor und beschreibt einen täglich höher steigenden Bogen [* 26] am Himmel;
die Tage werden länger, die Nächte kürzer, die Strahlen der Sonne fallen unter steilerm Winkel auf und erwärmen daher mehr, bis endlich 21. Juni die Sonne am weitesten nach N. vorgerückt ist und ihren höchsten Bogen beschreibt.
Von da an rückt sie beim Auf- und Niedergang wieder dem Ost- und Westpunkt näher und kulminiert täglich minder hoch; die Tage werden kürzer, bis 23. Sept. wieder Tag und Nacht gleich sind. Von nun an geht die Sonne täglich südlicher auf und unter, die Nächte werden länger als 12 Stunden, bis jene endlich 21. Dez. ihren niedrigsten Stand hat, ihre Strahlen am schiefsten auffallen und am wenigsten erwärmen und sie nun wieder von da zurückzukehren beginnt. Die beiden äußersten Punkte, zu denen die Sonne scheinbar nach N. und S. vorrückt, um von ihnen wieder zurückzukehren, nennt man die Solstitien, auch Sonnenwenden: den höchsten oder nördlichsten, den sie 21. Juni erreicht, das Sommer-, den tiefsten oder südlichsten, 21. Dez., das Wintersolstitium.
Sie liegen beide um 23½° vom Äquator des Himmels entfernt, und die durch sie gehenden Parallelkreise, welche die Sonne 21. Juni und 21. Dez. beschreibt, heißen Wendekreise, jener der des Krebses, dieser der des Steinbocks. Dieser täglich wechselnde Stand der Sonne ist Grund der verschiedenen Tages- und Nachtlängen und der Jahreszeiten. [* 27] Für alle Orte des Äquators sind Tag und Nacht stets einander an Länge gleich; entfernt man sich aber gegen die Pole hin, so wird der Unterschied zwischen dem längsten und kürzesten Tag immer größer, ja innerhalb der beiden Polarkreise, d. h. der Parallelkreise von 66½° nördl. und südl. Br., herrscht während einer gewissen Jahreszeit beständig Tag, während der entgegengesetzten beständig Nacht.
Über die Dauer des längsten Tags vgl. Tag. Mit der wechselnden Tageslänge stehen ferner die Jahreszeiten (im astronomischen Sinn) im Zusammenhang. Mit der Frühlingsnachtgleiche, 21. März, beginnt auf der nördlichen Erdhälfte der Frühling (auf der südlichen der Herbst) und dauert bis zur Sommersonnenwende, d. h. bis zum längsten Tag, an welchem die Sonne mittags senkrecht steht über den Punkten des Parallelkreises von 23½° nördl. Br. auf der den man gleich dem entsprechenden Parallelkreis am Himmel den Wendekreis des Krebses nennt.
Von da an beginnt mit abnehmender Tageslänge unser Sommer (auf der Südhemisphäre der Winter), der bis zum Tag des Herbstäquinoktiums, 23. Sept., dauert. Mit diesem nimmt unser Herbst (auf der Südhalbkugel der Frühling) seinen Anfang und dauert bis zum kürzesten Tag, 21. Dez., an welchem die Sonne senkrecht über dem Parallel [* 28] von 23½° südl. Br., dem Wendekreis des Steinbocks, steht. Von da bis zum Frühlingsäquinoktium haben wir Winter (auf der Südhemisphäre herrscht Sommer). Infolge der ungleichförmigen Bewegung der Erde in ihrer Bahn sind auch die Jahreszeiten nicht von gleicher Länge, es hat vielmehr der Frühling 91 Tage 21 Stunden, der Sommer 93 Tage 14 Stunden, der Herbst 89 Tage 18 Stunden und der Winter 89 Tage 1 Stunde, so daß unser Sommerhalbjahr 6 Tage 16 Stunden länger ist als das Winterhalbjahr.
Mit der Schiefe der Ekliptik hängt endlich noch zusammen die schon von Parmenides (5. Jahrh. v. Chr.) herrührende Einteilung der Erdoberfläche in fünf Zonen: die heiße zwischen beiden Wendekreisen, zwei gemäßigte zwischen dem Wende- und dem Polarkreis jeder Hemisphäre und die beiden kalten innerhalb der Polarkreise.
II. Physikalische Verhältnisse der Erde.
Wenden wir uns von den mathematischen zu den physikalischen Verhältnissen, welche zum Teil mit den vorigen in innigem Verband [* 29] stehen. Die Erde ist aus drei einander konzentrisch umschließenden Gliedern zusammengesetzt: der Erdfeste, aus dem die Vertiefungen derselben ausfüllenden Ozean und aus der alles umfassenden Atmosphäre. Daß die Erde im Innern, wie man wohl früher auch geglaubt hat, nicht hohl sei, beweist die Größe ihrer Dichtigkeit. Denn obgleich die von verschiedenen Gelehrten und nach ¶