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Aszendenten vorhanden, so wird nach den Linien geteilt, so daß die Erbschaft in zwei gleiche Hälften zerfällt, von denen die eine den väterlichen, die andre den mütterlichen Aszendenten des Erblassers zugeteilt wird, und von denen alsdann eine jede auf ihrer Seite sich wiederum nach Köpfen verteilt. Konkurrieren Aszendenten und vollbürtige Geschwister oder bloß letztere oder bloß vollbürtige Geschwisterkinder, so erfolgt die Teilung nach Köpfen; konkurrieren aber Aszendenten, vollbürtige Geschwister und Kinder von solchen, so teilen die erstern nach Köpfen und die letztern nach Stämmen, und ebenso erfolgt, wenn bloß vollbürtige Geschwister und Kinder von solchen konkurrieren, die Teilung rücksichtlich der erstern nach Köpfen und rücksichtlich der letztern nach Stämmen. In Ermangelung solcher Verwandten gelangt die dritte Klasse mit den halbbürtigen Geschwistern des Erblassers und den Kindern von solchen zur Erbfolge. Die Teilungsweise ist hier dieselbe wie in der zweiten Klasse für den Fall der Konkurrenz von vollbürtigen Geschwistern und Kindern von solchen.
Sind auch solche Verwandten nicht vorhanden, so kommt die vierte Klasse zur Erbfolge, welche von allen nicht schon in der zweiten und dritten Klasse gerufenen Seitenverwandten gebildet wird. Während nun in allen übrigen Klassen der dem Grad nach nähere Seitenverwandte den entferntern nur dann ausschließt, wenn dieser von jenem abstammt, schließt in dieser Klasse der Nähere den Entferntern unbedingt und ohne jede Beschränkung aus. Sind gar keine successionsfähigen Verwandten vorhanden, so wird nach römischem Rechte der Verstorbene von seinem überlebenden Ehegatten beerbt.
Hat die nachgelassene Witwe keine Mitgift erhalten, und war der verstorbene Ehemann zur Zeit seines Todes wohlhabend, sie selbst aber arm, so hat sie Anspruch auf ein Viertel des Vermögens ihres Mannes; hinterläßt aber der verstorbene Ehemann eheliche Kinder, so erhält sie jenes Viertel nur dann, wenn der Kinder weniger als vier sind, indem sie im letztern Fall nur auf einen Kindesteil Anspruch hat, und sind endlich diese ehelichen Kinder von ihr selbst mit dem Ehemann erzeugt worden, so hat sie von ihrer Erbportion nur einen lebenslänglichen Nießbrauch.
Man nennt dies das Erbrecht der armen Witwe. Uneheliche Kinder beerben nach römischem Recht ihren Vater nur dann, wenn dieser weder eine rechtmäßige Ehefrau noch eheliche Kinder hinterläßt, in welchem Fall sie mit der zweiten, dritten und vierten Klasse konkurrieren; sie können aber nie mehr als 1/6 des Nachlasses erhalten. Sind außer ihnen gar keine andern Intestaterben vorhanden, so fallen die übrigen 5/6 des Nachlasses dem Fiskus zu. Ferner erbt die Kirche oder das Kloster, wenn Geistliche oder Mönche ohne Hinterlassung von erbfähigen Verwandten gestorben sind. In Ermangelung aller erbfähigen Personen endlich nimmt der Fiskus den Nachlaß als herrenloses Gut an sich.
Die Noterbfolge beruht auf dem Grundsatz, daß der Erblasser seine Deszendenten, bez. Aszendenten, sofern nicht eine rechtmäßige Ursache zu deren gänzlicher Ausschließung (Enterbungsgrund) vorhanden ist, nicht unberücksichtigt lassen darf, sondern ihnen wenigstens den Pflichtteil hinterlassen muß. Auch die Geschwister haben dies Recht auf Hinterlassung des Pflichtteils, jedoch nur dann, wenn eine turpis persona, d. h. eine unehrenhafte Person, instituiert ist (s. Pflichtteil).
Die Erbfolge als Antretung der Erbschaft muß, wenn sie gültig sein soll, unbedingt geschehen; auch eine bloß teilweise Antretung der Erbschaft gilt als Antretung der ganzen. Über die Frist, innerhalb deren die Erklärung über Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft erfolgen muß, s. Bedenkzeit. Mit dem Antritt der Erbschaft tritt der Erbe in die sämtlichen übertragbaren Rechtsverhältnisse des Verstorbenen ein und zwar entweder allein oder zu einer bestimmten Quote, je nachdem er alleiniger Erbe oder bloß Miterbe ist.
Infolgedessen erscheint das Vermögen des Erblassers und das des Erben als ein einziges, so daß die gegenseitigen Forderungsrechte des Erben und des Erblassers sowie die dinglichen Rechte, welche dem Erben an dem Vermögen des Erblassers und diesem an dem Vermögen des Erben zustanden, erlöschen, die Erbschaftsgläubiger sich an den Erben halten müssen und dieser umgekehrt verpflichtet ist, die Schulden des Erblassers nötigenfalls mit seinem eignen Vermögen nach Verhältnis der Größe seines Erbteils zu bezahlen, falls die Erbschaft selbst dazu nicht hinreichen sollte, und endlich der Erbe die ihm in dem Testament gemachten Auflagen erfüllen muß.
Jene unbedingte Schuld
enhaftung des
Erben erleidet jedoch dann eine Modifikation, wenn der
Erbe sich der
Rechtswohlthat des
Inventars (s.
Beneficium inventarii) bediente. Zur Geltendmachung der dem
Erben durch den Erbschaftsantritt erwachsenen
Rechte
dienen mehrere
Klagen und unter ihnen hauptsächlich die
Erbschaftsklage (hereditatis petitio), welche
gegen denjenigen angestellt wird, der sich selbst ein
Erbrecht anmaßt oder zur
Erbschaft gehörige Gegenstände ohne allen
Rechtsgrund innehat. Sie geht auf
Anerkennung des
Erbrechts, Herausgabe der
Erbschaft oder der dazu gehörigen Gegenstände
nebst den
Nutzungen unter Rechnungsablage.
Das römische Recht bildet in Ansehung der noch immer das gemeine deutsche Recht, doch ist es durch eine Menge von partikularrechtlichen Bestimmungen und Gewohnheitsrechten modifiziert. Namentlich räumt das geltende Recht den Ehegatten vielfach wechselseitige Erbrechte ein, was mit dem deutschrechtlichen Grundsatz der ehelichen Gütergemeinschaft zusammenhängt (s. Güterrecht der Ehegatten). Dagegen kommt die dem ältern deutschen Recht eigentümliche Teilung des Mobiliarnachlasses in die Gerade, d. h. diejenigen Sachen, mit denen die Frau »umgeht«, das Frauengut, und das Heergerät nur noch bei gewissen adligen Stammgütern in Betracht, indem die Gerade den nächsten weiblichen, das Heergerät den nächsten männlichen Verwandten (Schwertmagen) zufällt.
Auf der andern Seite finden sich manche partikularrechtliche Überreste des frühern deutschen Rechts, welch letzteres im wesentlichen freilich durch das römische Recht verdrängt ward. So findet sich z. B. noch hier und da das deutsche Parentelensystem, wonach immer zunächst die Nähe der Parentel (Linie, Sippe), d. h. der durch den nächsten gemeinschaftlichen Stammvater Verbundenen, in jeder Parentel aber die Nähe des Grades entscheidet. Dies System liegt der gesetzlichen Erbfolgeordnung des österreichischen Zivilgesetzbuchs zu Grunde.
Dies beruft zuerst die Kinder des Erblassers und die Nachkommen vorverstorbener Kinder; dann kommen die beiden Stämme der Eltern des Erblassers je zur Hälfte an die Reihe; die Eltern selbst gehen ihren Nachkommen, also den Geschwistern des Erblassers, vor. Es folgen die Stämme der vier Großeltern, dann die der acht Urgroßeltern etc. Partikularrechtlich findet sich ferner die Bestimmung, daß die Eltern, zuweilen auch die weitern Aszendenten, die Geschwister ausschließen (Schoßfall), daß Halbbürtige den Vollbürtigen um einen Grad nachstehen, und daß das sogen. Repräsentationsrecht beschränkt ¶
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ist. Im preußischen Landrecht z. B. gestaltet sich die gesetzliche Erbfolge folgendermaßen:
1) Kinder und die Nachkommen vorverstorbener Kinder;
2) Eltern;
3) vollbürtige Geschwister und die Nachkommen von solchen;
4) Großeltern, Urgroßeltern etc. und die Halbgeschwister und deren Nachkommen; die Aszendenten zur einen, die Halbgeschwister zur andern Hälfte;
5) Seitenverwandte nach der Gradesnähe und ohne Unterschied zwischen Voll- und Halbbürtigen.
Auch der eigentümliche Grundsatz des ältern deutschen Rechts, welchen man gewöhnlich durch das Rechtssprichwort »der Tote erbt den Lebendigen« ausdrückt, hat sich partikularrechtlich erhalten. Es hat dies die Bedeutung, daß es keines besondern Antritts der Erbschaft bedarf, sondern daß die Erbfolge unmittelbar durch den Tod des Erblassers bewirkt wird. Dies gilt auch nach französischem Recht: Le [* 3] mort saisit le vif (der Tote »ergreift« den Lebendigen, d. h. den Erben). Die gesetzliche Erbfolge selbst ist im Code Napoléon also geordnet:
1) Eheliche Kinder und Nachkommen von solchen. Ist keine Deszendenz vorhanden, so wird der Nachlaß ohne Rücksicht auf den Ursprung des Vermögens in zwei Hälften geteilt, von denen je eine für die väterlichen und für die mütterlichen Verwandten bestimmt ist.
2) In der zweiten Klasse werden zur Erbfolge berufen Vater und Mutter, die Geschwister und deren Nachkommen. Leben Vater und Mutter nicht mehr, so bedarf es jener Teilung nur dann, wenn neben den vollbürtigen halbbürtige Geschwister vorhanden sind, weil ja bei den vollbürtigen Geschwistern die väterliche und die mütterliche Linie zusammenfallen. Halbgeschwister nehmen nur an der Erbfolge in die eine Hälfte teil. Konkurrieren also z. B. zwei vollbürtige Geschwister mit einem halbbürtigen Bruder des Erblassers, so gestaltet sich das Verhältnis so: die vollbürtigen Geschwister teilen mit dem halbbürtigen Bruder die eine Hälfte, so daß jeder der drei Erben ⅓ von dieser Hälfte, mithin 1/6 der ganzen Erbschaft erhält. Die andre Hälfte fällt je zu ½ und zu ¼ der ganzen Erbschaft den vollbürtigen Geschwistern zu. Es erhalten also in diesem Fall die vollbürtigen Geschwister je 5/12, der Halbbürtige 2/12 = 1/6 der Erbschaft. Leben beide Eltern noch, so erhalten sie die Hälfte, während die andre Hälfte den Geschwistern zufällt. Wenn nur der Vater oder die Mutter konkurriert, so kommt ihm oder ihr ¼ zu. 3) Die dritte Klasse bilden die Aszendenten nach der Gradesnähe ohne Repräsentation.
4) Seitenverwandte, ebenfalls ohne Repräsentation nach der Gradesnähe. In den deutschen Partikularrechten haben sich auch manche deutschrechtliche Eigentümlichkeiten in Ansehung der Erbfolge in Bauerngüter erhalten (s. Bauerngut); dasselbe gilt von der Erbfolge in Familienfideikommißgüter (s. Fideikommiß) und Lehnsgüter (s. Lehnswesen). Was die Succession des Regierungsnachfolgers in die Regierungsrechte des bisherigen Monarchen anbetrifft, so sind hierüber die Bestimmungen des öffentlichen Rechts maßgebend, nicht diejenigen des Privaterbrechts (s. Thronfolge).
Vgl. außer den Lehrbüchern des Pandektenrechts und des deutschen und partikulären Privatrechts: Tewes, System des Erbrechts (Leipz. 1863-64, 2 Bde.);
Munzinger, Erbrechtliche Studien (Basel [* 4] 1874);
Mommsen, Entwurf eines deutschen Reichsgesetzes über das Erbrecht (Braunschw. 1876);
Lassalle, Das Wesen des römischen und germanischen Erbrechts (Teil 2 des »Systems der erworbenen Rechte«, 2. Aufl., Leipz. 1880);
v. Miaskowski, Das Erbrecht und die Grundeigentumsverwaltung im Deutschen Reich (das. 1882);
Schanz, Das Erbfolgeprinzip des Sachsenspiegels (Tübing. 1884).