wahrscheinlich auch starb. Epiktetos selbst hat nichts Schriftliches hinterlassen, aber sein
SchülerArrianos hat seine
Philosophie
in zwei besondern
Schriften dargestellt, in dem »Encheiridion« (deutsch von
Conz, Stuttg. 1864) und in den vier
Büchern »Philosophische
Gespräche«, deutsch von
Schulz
(Altona
[* 2] 1801-1803, 2 Bde.) und von
Enk
(Wien
[* 3] 1866), der auch des
SimpliciusKommentar dazu (das. 1867) übersetzte. Hiernach war der Hauptgrundsatz seiner
Ethik, deren Begründung, abweichend von den
ältern
Stoikern, vom
Menschen selbst ausging: Dulde und enthalte dich. Seine Werke nebst allem Epiktetos Betreffenden wurden zuletzt
von
Schweighäuser herausgegeben (»Epicteteae philosophiae monumenta«,
Leipz. 1799-1800, 5 Bde.).
Vgl. Schranka, DerStoiker Epiktetos (Frankf. a. O. 1885).
griech.
Philosoph, als der Sohn eines gewissen Neokles nach der gewöhnlichen
Annahme 342
v. Chr. im attischen
Flecken Gargettos geboren, lehrte von seinem 32. Jahr an
Philosophie, erst zu
Mytilene, dann zu
Lampsakos, und
gründete um 305 in
Athen
[* 4] in einem ihm gehörigen Landhaus und
Garten,
[* 5] die er seinen
Freunden vererbte, eine
Schule, die er bis
zu seinem um 270 erfolgten
Tod fortsetzte. Am 20. eines jeden
Monats versammelten sich seine
Schüler in dem Erbgarten zu einem
heitern
Fest, wozu er ihnen durch ein
Legat die
Mittel bestimmt hatte.
Das
Wesen der
Glückseligkeit (eudaemonia) findet er in der Lust, nicht aber in der des
Augenblicks, wie
die
Kyrenaiker, sondern in der dauernden Lustempfindung, zu der man durch die
Tugend gelangt. An der
Spitze aller
Tugenden steht
die vernünftige Einsicht, welche erkennt, was dem
Leben Lust oder
Schmerz bereitet. Die höchste Lust ist die völlige
Abwesenheit alles
Schmerzes, ein Zustand, welcher teils durch das ungestörte
Gefühl körperlicher
Gesundheit, hauptsächlich
aber durch eine unerschütterliche
Ruhe der
Seele bedingt ist. Zu empfehlen sind daher Mäßigkeit und Genügsamkeit im sinnlichen
Genuß, nicht allein, um sich vor den schmerzlichen
Folgen des Gegenteils zu bewahren, sondern auch, um sich für
derartige Genüsse um so empfänglicher zu erhalten.
Unrecht ist wegen des daraus erwachsenden Leides der Bestrafung zu vermeiden,
Freundschaft dagegen zu suchen, da sie das
Leben
mannigfach ausschmückt und demselben seine notwendigen Bedürfnisse sichert. Wissenschaftliche Kenntnisse sind nur deshalb
und nur so weit wünschenswert, als sie zur
Entfernung allerFurcht dienen. Der
Natur gegenüber soll die
Physik dem
Weisen alle abergläubische
Furcht benehmen, die seinen Seelenfrieden stören könnte, und für diese soll wiederum
als sichere Grundlage die
Kanonik dienen, die
Erkenntnis- oder
Denklehre.
Die materialistische Naturanschauung des Epikuros schließt sich der Hauptsache nach an die Atomenlehre des
Demokritos an.AlleDinge und
Erscheinungen in der
Natur sind zufällige
Aggregate von
Atomen, durch deren verschiedenartige
Beschaffenheit und
Verbindung
ihre eigne Verschiedenheit bedingt wird; sie sind deshalb auch der Wiederauflösung in ihre
Atome unterworfen. Außer den
Atomen, ihren
Aggregaten und dem
Leeren läßt sich etwas
Reales nicht denken, sondern alles übrige ist
entweder
Attribut oder
Accidens von jenem.
Einer Einwirkung der
Gottheit auf die
Bildung und
Regierung der
Welt widerspricht das viele Unvollkommene und
Böse in derselben;
das Dasein derselben ist zwar nicht zu leugnen, ihr Aufenthalt aber ist von den
Menschen entfernt und deren Bitten unzugänglich
in den sogen.
Intermundien, d. h. in den leeren Zwischenräumen der Weltkörper.
Die
Götter sind nichts als die reinsten
Ideale der
Glückseligkeit, von menschengleicher Gestalt, aus den feinsten
Atomen gebildet,
gleichwohl aber, im
Widerspruch mit der Zerstörbarkeit der übrigen Atomenaggregate, von ewiger Dauer.
Die
Furcht vor dem
Tod wird durch die Betrachtung der
Seele als eines rein körperlichen
Wesens hinweggeräumt.
Daß sie dies sein müsse, ergibt sich aus dem
Grundsatz, daß nur Körperliches bewegen und bewegt werden könne; die
Seele
ist aber das bewegende
Prinzip im
Menschen. Sie besteht aus den feinsten und beweglichsten
Atomen und ist aus
Wärme,
[* 6]
Luft,
Hauch
und einem vierten nicht näher zu bezeichnenden
Stoff, welcher die übrigen drei noch an Feinheit übertrifft
und der eigentliche Sitz der
Empfindung ist, zusammengesetzt.
Dieser vierte
Stoff hat seinen Sitz in der
Brust, während die übrigen drei durch den ganzen
Körper verbreitet sind. Hiernach
muß die
Seele nicht minder als der
Körper, mit welchem sie entsteht und altert, und wie jedes andre Atomenaggregat
der Zerstörung unterworfen sein. Der
Tod zerstreut sie in die
Lüfte, hebt also auch alles
Bewußtsein auf. Der Vorwurf der
Stoiker, der Epikureismus sei ein
Kultus des sinnlichen
Vergnügens, ist ungerechtfertigt; der Epikureische
Weise mußte im Gegenteil
nicht allein ein höchst mäßiger, sondern auch der pflichtgetreueste Mann sein, um durch keinen Vorwurf
des
Gewissens seine eigne
Ruhe zu stören; freilich dies alles, genau genommen, nur aus konsequentem
Egoismus. Epikuros'
Schule, die
auch unter den
Römern viele Anhänger fand, erhielt sich bis ins 3. und 4. Jahrh.
n. Chr., ohne jedoch das
System ihres
Stifters weiterzubilden.
Vgl. Warnekros,Apologie und
Leben Epikuros' (Greifsw. 1795);
(griech.,
»Angriff, Anfall«,
Fallsucht,
böses Wesen, böse
Staupe,
Morbus sacer, franz.
Haut-mal), eine chronische
Krankheit des
Nervensystems, welche deshalb zu den sogen. reinen
Neurosen gerechnet wird, weil man keine
derselben zu
Grunde liegenden gröbern anatomischen Veränderungen des Nervenzentralorgans kennt. Die wesentlichste
Erscheinung
der Epilepsie besteht in eigentümlichen, mit
Bewußtlosigkeit verbundenen Krampfanfällen, zwischen welchen freie Zwischenzeiten
von verschiedener, oft sehr langer Dauer vorkommen, in denen sich der
Patient vollständig wohl befindet. Über das
Wesen¶
mehr
dieser ziemlich häufig vorkommenden Krankheit, über die Art ihrer Entstehung und die sie veranlassenden Ursachen sind wir
nur sehr mangelhaft unterrichtet. Frauen leiden häufiger an Epilepsie als Männer, kein Lebensalter bleibt von derselben verschont;
doch fallen die meisten Fälle auf die Zeit vom 10. bis 20., dann auf die Zeit vom 2. bis 10. und nächstdem
auf die vom 20. bis 30. Jahr. Im eigentlichen Greisenalter sowie in den ersten Lebensmonaten kommt Epilepsie kaum vor. Die wichtigste
Rolle in der Ätiologie der Epilepsie spielt unverkennbar eine gewisse angeborne Anlage, welche sich wohl bei einem Drittel aller Kranken
nachweisen läßt.
Denn Epilepsie kommt vorzugsweise bei solchen Individuen vor, welche von Eltern, namentlich Müttern, abstammen,
die von der gleichen Krankheit befallen waren, aber auch bei solchen, deren Eltern oder Großeltern an Geisteskrankheiten oder
Trunksucht gelitten haben. In manchen Familien leiden zahlreiche Glieder
[* 12] mehrerer Generationen an Epilepsie. Zuweilen bleibt eine Generation
frei davon, und nicht die Kinder der epileptischen Eltern, sondern erst die Enkel werden wieder epileptisch.
Herabgekommene und schwächliche Individuen, Säufer und Onanisten erkranken häufiger an der Epilepsie als gesunde
und kräftige Menschen; allein auch diese bleiben nicht gänzlich davon verschont. Als Gelegenheitsursache zum Ausbruch der
Epilepsie müssen in erster Linie heftige psychische Erregungen, Schreck, Furcht und namentlich auch der Anblick
Epileptischer, genannt werden. In manchen Fällen scheint die Epilepsie bedingt zu sein durch gewisse anatomische Veränderungen
des Gehirns und seiner Hüllen, z. B. durch Geschwülste, welche auf das verlängerte Mark drücken, durch behindertes Wachstum
des Gehirns bei vorzeitiger Verknöcherung der Schädelkapsel. Auch durch den Druck, welchen Geschwülste
auf peripherische Nerven
[* 13] ausüben, hat man zuweilen Epilepsie entstehen sehen. Endlich können abnorme Erregungszustände der Empfindungsnerven
unter Umständen zur Epilepsie führen. So kann der Reiz der Eingeweidewürmer oder Reizungszustände der Gebärmutter
[* 14] Epilepsie veranlassen.
Die Epilepsie besteht aus einzelnen Anfällen oder Paroxysmen. Der Anfall wird bei manchen Kranken
regelmäßig oder doch gewöhnlich durch eine sogen. Aura eingeleitet, d. h. der Kranke hat die Empfindung, als ob er angehaucht
würde, und diese Empfindung steigt von den Händen oder Füßen nach dem Kopf zu auf und geht sofort in den Anfall selbst über.
Häufiger noch leitet ein Gefühl des Kribbelns, der Wärme, der Erstarrung oder eines eigentümlichen
Schmerzes an den verschiedensten Körperstellen, welche von da bis zum Gehirn
[* 15] fortschreiten, den Anfall ein. In andern Fällen
gehen Zuckungen oder Lähmungen einzelner Glieder (motorische Aura), Halluzinationen, Funken- und Farbensehen, Ohrensausen, Wahrnehmung
gewisser Geräusche, Schwindel u. dgl. dem Anfall voraus.
Bisweilen läßt sich der Ausbruch eines epileptischen Anfalles verhüten, wenn man die Stelle, an welcher
die Aura auftritt, durch ein festes, oberhalb derselben angelegtes Band
[* 16] umschnürt. Den Ausbruch des Anfalles, mag demselben
eine Aura vorausgegangen sein oder nicht, bezeichnet gewöhnlich ein greller Schrei, mit welchem der Kranke plötzlich besinnungslos
zu Boden stürzt. Er hat fast nie Zeit, sich auf den Fall vorzubereiten, sondern er fällt rücksichtslos,
oft an den gefährlichsten Stellen.
Daher tragen die Epileptiker nach längerm Bestand der Krankheit fast regelmäßig die Spuren mehr oder minder schwerer Verletzungenan sich. Nach dem Hinstürzen treten gewöhnlich zunächst mehr tonische Muskelkontraktionen, eine
Art
starrkrampfähnlichen Zustandes, ein, wobei der Kopf rückwärts und seitwärts gezogen, der Mund fest geschlossen, die weit
geöffneten Augen nach oben und innen gerollt, der Brustkorb festgestellt und die Atmungsbewegungen zum Stillstand gebracht
werden.
Nach wenigen Momenten stellen sich aber bereits klonische, d. h. Schüttelkrämpfe ein, welche sich
schnell über den ganzen Körper verbreiten. Das Antlitz gerät in lebhafte Bewegung, die Kiefer werden unter
Zähneknirschen gewaltsam aufeinander gepreßt und hin- und hergerissen, wobei nicht selten die Zunge verletzt und fast regelmäßig
Schaum vor dem Mund gebildet wird. Kopf und Rumpf werden durch die Schüttelkrämpfe hin- und hergeworfen, an den Armen und Beinen
wechseln kurz stoßende und schlagende mit drehenden und zuckenden Bewegungen gewaltsamster Art ab. Die Finger sind gewöhnlich
gekrümmt und der Daumenfest in die Hand
[* 17] eingeschlagen.
Die Atmung ist während des Anfalles schwer gestört, der Herzschlag beschleunigt, der Puls gewöhnlich klein, manchmal unregelmäßig,
die Haut
[* 18] mit Schweiß bedeckt, das Gesicht
[* 19] blaurot gefärbt. Oft läßt der Kranke während des Anfalles
Stuhlgang und Urin unter sich gehen. Das Bewußtsein ist während der ganzen Dauer des Anfalles so vollständig erloschen,
daß der Kranke selbst auf die schmerzhafteste Verletzung durchaus nicht reagiert. Nachdem der Anfall 1-10, höchstens 15 Minuten
gedauert hat, erlischt er bald allmählich, bald plötzlich.
Sehr oft beschließt eine lange seufzende Ausatmung den Anfall; seltener endet er mit Erbrechen, Aufstoßen, Abgang von Blähungen
u. dgl. Gewöhnlich verfallen die Kranken unmittelbar
nach dem Anfall in einen tiefen Schlaf mit langsamer und geräuschvoller Atmung. Weckt man sie aus dem Schlaf, so pflegen sie
verstört und ängstlich um sich zu blicken und finden sich schwer in ihrer zufälligen Situation zurecht.
Ihr einziges Streben geht dahin, daß man sie fortschlafen lasse. Am andern Morgen sind sie zwar noch etwas angegriffen und
verdrießlich, können aber ihren gewöhnlichen Verrichtungen wieder nachgehen.
Von dem geschilderten Verlauf eines Anfalles kommen zahlreiche Abweichungen vor, welche sich auf die Dauer,
die Heftigkeit und die Verbreitung der Schüttelkrämpfe beziehen. Zuweilen sind die Anfälle so leicht, daß die Kranken
selbst sie nicht merken und auch die Umgebung nur aufmerksam wird, wenn die Befallenen Gegenstände, die sie gerade in der
Hand haben, fallen lassen oder plötzlich in der Rede stocken oder aus den Reden andrer gewisse Bruchstücke
nicht gehört haben.
Man bezeichnet diese übrigens immer mit Bewußtlosigkeit verbundenen Zustände als »epileptischen Schwindelanfall«.
Auch andre Störungen treten bei Epileptischen zuweilen als Ersatz (technisch Äquivalent) für einen regulären Anfall ein,
wie plötzliche Geistesabwesenheit mit Grimassenschneiden, Verdrehen des Kopfes und der Glieder, Stottern
oder dieselbe Bewußtseinsstörung mit traumhaften, impulsiven Handlungen, wie plötzlichem Ergreifen irgend welcher Gegenstände,
Fortlaufen unter Wegnahme derselben etc., wodurch die Kranken oft des Diebstahls verdächtig werden (sogen. Kleptomanie). In
andern Fällen tritt plötzlicher Schlaf oder während der Nacht plötzliches Aufschrecken und Nachtwandeln ein. Die gesunden
Pausen, welche zwischen den einzelnen epileptischen Anfällen liegen, dauern bei manchen Kranken mehrere Jahre, bei andern
wochen- und monatelang, während wieder andre Kranke fast täglich einen oder selbst mehrere Anfälle zu erleiden haben.
Ein ganz
¶